Der Kronzeuge. Ava Patell

Читать онлайн.
Название Der Kronzeuge
Автор произведения Ava Patell
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783746718675



Скачать книгу

nehmen Mr. Miller bei sich auf. Garantieren für seinen Schutz. Egal was dafür nötig ist. Es ist mir in dem Fall egal und ich möchte es gar nicht wissen. Sie wissen genauso gut wie ich, wie Cortez arbeitet. Vermutlich sogar noch besser. Sie sorgen dafür, dass er die Zeit bis zur Hauptverhandlung unbeschadet übersteht. Dass er aussagen kann.«

      »Und die Gegenleistung, Detective? Vergessen Sie eines nicht, ich bin Geschäftsmann.«

      Sam ballte die Faust. Sicher, Geschäftsmann .

      »Nun, zum einen, Cortez wandert hinter Gitter. Lebenslang. Und tun Sie nicht so, als würde Sie das nicht interessieren, Barone. Ich weiß sehr genau, dass er ihr schärfster Konkurrent ist und noch dazu in der Lage, Ihnen ihr ganzes Geschäft zu ruinieren.«

      Barone rührte sich nicht, hörte nur weiter zu.

      »Enrico Cortez experimentiert seit einigen Monaten mit einer neuen Modedroge. Und seine Experimente verlaufen nicht sehr gut, um es einmal milde auszudrücken. Ich weiß nicht, woher ihre Abneigung gerade gegen diese illegalen Machenschaften kommt, wo Ihnen doch sonst nichts heilig ist, aber sehen Sie es doch so. Kein Cortez mehr, keine Drogen, die dafür sorgen, dass die Käufer nach einer verdammt kurzen Konsumdauer in einem Pflegeheim landen, da alles, was sie noch selbstständig tun können, atmen ist. Und ich muss Ihnen wohl nicht sagen, dass die meisten Betroffenen noch zur Schule gehen. Ich bin mir sicher, viele Ihrer Kunden in den Casinos springen bald auf den Zug auf. Das könnte Ihnen die Umsätze kaputt machen.«

      Diese neue Droge war ein Teufelszeug. Er hatte wirklich keine Ahnung, warum Barone sich gerade aus dem Drogenhandel heraushielt. Er wusste nur, dass er es tat und dass es dafür persönliche Gründe gab. Es gab Gerüchte in der Szene, aber keines davon konnte man ernst nehmen. Fest stand nur, Barone hatte etwas gegen Drogen. Massiv. Diese Karte würde er nun spielen. Und seinen Einsatz auch gleich erhöhen.

      »Cortez wandert also hinter Gitter. Sein Drogenvertriebssystem wird zusammenbrechen. Dafür sorge ich.«

      »Sie werden seine Vertriebswege niemals ganz lahmlegen können, Detective. Das ist Ihnen hoffentlich klar. Es wird einen Nachfolger geben. Ein solch lukratives Geschäft bricht nicht einfach zusammen.«

      Sam beugte sich vor. Jetzt waren sie beinahe auf Augenhöhe. »Nun, nein. Das wird es nicht. Aber es wird Schaden nehmen. Und diese Chance werde ich nicht ungenutzt verstreichen lassen. Dafür sollten Sie mich inzwischen gut genug kennen, Mr. Barone.«

      Es zeigte sich beinahe die Andeutung eines Lächelns auf dem ebenmäßigen Gesicht Barones.

      »Und ich werde dafür sorgen, dass man Ihre Geschäfte für das nächste Jahr unter dem Radar laufen lassen wird.« Sam Wilkins wusste nicht, woran er es festmachte, aber er ahnte, dass er Barone soeben an den Haken genommen hatte. Die Waage kippte zu seinen Gunsten. Der kühle, selbstsichere Blick lag auf ihm.

      »Zwei«, meinte der Mann dann nur knapp. »Zwei Jahre, Detective. Und Sie persönlich werden nie wieder auch nur in die Nähe von mir oder einem meiner Häuser kommen. Sie geben mir hier und heute die Hand darauf, dass Sie sich mit keinem Fall mehr beschäftigen werden, der mich betrifft.«

      Da ging sie hin, Sams Kontrolle. Für einen Moment hatte er sie gehabt. Das war eine harte Bedingung.

      Er war nicht mehr der Jüngste. Er wusste nicht, wie seine Zukunft aussah. Mit Rebecca oder seinem Sohn. Aber er wusste auch, dass es ihm schwerfallen würde, wegzusehen. Sich nicht mehr an Barone festzubeißen. Ihn ziehen zu lassen. Auf der anderen Seite gab es da Enrico Cortez. Den Drogenbaron, der seine Stadt mit diesem Gift überschwemmte und gesunde Jugendliche zugrunde richtete. Und es würde andere Detectives geben, die an seiner statt gegen Barone ermitteln konnten. Lange sahen sie sich schweigend an. Dann erhob sich Sam und streckte Barone die Hand entgegen.

      »Deal.«

      Der erhob sich nun ebenfalls. Und schlug ein. Ein fester und solider Handschlag.

      »Eine Frage noch, Detective. Ich schätze, ich kann ihn nicht einfach in ein Zimmer sperren?«

      Sam schüttelte den Kopf. »Wir bewegen uns im Rahmen der Genfer Konventionen und der Menschenrechte, Mr. Barone. Das versteht sich hoffentlich von selbst. Ihm wird kein Haar gekrümmt. Weder von Ihnen, noch von sonst jemandem. Ich habe jederzeit Zugang zu ihm und sollte ich auch nur einen Punkt finden, der Grund zur Beanstandung bietet, dann ist dieser Deal hinfällig.«

      Barone sah jetzt zu Aiden, musterte ihn von oben bis unten. »Dann wäre es wohl besser, eine Vorher-Nachher-Aufnahme zu machen. Sie liefern ihn nicht gerade in gutem Zustand ab, Detective.«

      »Ich betrachte es als Ausdruck ihres guten Willens, dass Sie ihn besser zurückgeben als Sie ihn bekommen haben.«

      Barone hob erneut eine Augenbraue. »Guter Wille? Detective... Sie sollten wissen, dass ich so etwas nicht besitze.«

      Aiden blinzelte. Inzwischen hatte er die Stirn gerunzelt und an dieser Stelle konnte er sich nicht mehr zurückhalten. »Ich bin übrigens nicht taub und kann Sie beide hören«, sagte er. Seine Stimme klang weniger fest als er es sich wünschte. Die Männer standen vor ihm, sahen auf ihn herab und sprachen über ihn wie über einen mit Blut getränkten Stofffetzen, der als Beweismittel galt, das nicht zu Schaden kommen durfte, aber er war ein Mensch!

      »Oh. Er kann sprechen«, stellte Barone mit dieser überheblichen Stimmlage fest, die Sam erneut die Hand zur Faust ballen ließ. Sie standen sich gegenüber wie zwei Ringkämpfer und nur der Schreibtisch trennte sie voneinander. Hinderte sie vermutlich daran, aufeinander loszugehen.

      »Unbeschadet, Mr. Barone. Oder der Deal ist hinfällig.«

      Ein überhebliches Lächeln legte sich auf das Gesicht des einflussreichen Mannes. »Natürlich, Detective Wilkins. Ich bin ein Mann von Ehre. Mein Wort zählt.«

      Dieses Mal konnte sich der Polizist ein Schnauben nicht verkneifen.

      »Natürlich«, murmelte er.

      Aiden hatte gerade überlegt, auf welches Alter er Barone wohl schätzen würde und war bei Mitte bis Ende 30 angelangt, als der Detective ihn ansprach.

      »Ich melde mich bei Ihnen, sobald ich neue Informationen habe.«

      »Gut. Denken Sie an mein Handy?«

      »Sobald ich es einrichten kann.« Der Detective nickte und sah dann noch einmal zu Barone. Ein langer, fester Blick. Dann wandte er sich zum Gehen. Es hinterließ ein ungutes Gefühl bei ihm, den jungen Mann sozusagen in der Höhle des Löwen zurückzulassen, aber welche andere Wahl hatte er? Es gab nur diesen einen Weg. Alles andere hätte den sicheren Tod bedeutet für seinen Kronzeugen. Das hier war der Ausweg. Auch wenn es im Moment wie eine Falle aussah.

      Kapitel 2

      Wie in einer Falle fühlte sich auch Aiden. Sam Wilkins schloss die Tür hinter sich und mit einem Mal wurde Aiden klar, dass er nun mit diesem Mann, der in seinem Rücken stand, allein war. Barones Blick spürte er deutlich in seinem Nacken und nur schwer schaffte er es, ein Schaudern zu unterdrücken. Sich leise räuspernd drehte sich Aiden auf dem Stuhl zurück und sah zu Barone auf. Der war einen halben Kopf größer als er selbst, vielleicht sogar etwas mehr. Aiden fühlte sich wie eine lebendige Maus in einem Adlerhorst und wusste nicht, was er sagen sollte.

      Gabriel Barone sah auf den jungen Mann vor sich. Vielleicht Ende 20. Dunkelbraunes Haar. Blasse, fahle Haut und blasse Lippen, von denen er vermutete, dass sie der Situation geschuldet waren. Helle, braune Augen sahen ängstlich zu ihm auf und warteten offensichtlich auf den nächsten Schritt, den er tun würde. Detective Sam Wilkins hatte ihm eine ganze Menge Informationen geliefert und dieser junge Mann war offensichtlich der Schlüssel dazu, Cortez das Handwerk zu legen. Den Mann aus dem Verkehr zu ziehen, den er bis aufs Blut hasste. Der vor nichts zurückschreckte. Der ein gewissenloser Bastard war und kein Fünkchen Ehre im Leib trug. Gabriel setzte sich wieder und griff nach dem Stift.

      »Also gut. Was genau haben Sie beobachtet?«

      Aiden seufzte leise. »Wenn ich das noch einmal jemandem erzählen soll, bekomme ich Fusseln