Blutland. Josef Hahn

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Название Blutland
Автор произведения Josef Hahn
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783742778857



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geachteten und fixen Platz in der Staatengemeinschaft gefunden hat.

      Wer mehr über die Hebräer wissen will, der lese im Alten Testament der christlichen Bibel oder im Tanach, der hebräischen Bibel, nach. Für die Wahrheit in diesen Büchern übernehme ich allerdings keinerlei Verantwortung.

Grafik 3

      Der Herzog

      Entsetzlich schlecht gelaunt hockte Herzog Albrecht V. in seiner düsteren Stube in der Wiener Burg und starrte missmutig auf den Turnierplatz in der Mitte der Burg.

      Seitdem Friedrich der Streitbare, der letzte Herzog aus dem Geschlecht der Babenberger1, 1246 kinderlos im Kampf gegen die Ungarn gefallen war, hatte der Kaiser die österreichischen Gebiete unter- und oberhalb der Enns an die Sippe der Habsburger als Lehen weitergegeben.

      Die Habichtsburger2 stammten aus der Schweiz und betrieben da eine Zeitlang das damals durchaus ehrsame Gewerbe der Raubritterei.

      Ein gewisser Guntram der Reiche, der im 10. Jahrhundert im Schweizer Kanton Aargau gelebt haben soll, gilt als Stammvater der habsburgischen Dynastie. Später wurden allerlei fabelhafte, aber falsche, Stammbäume der Habsburger konstruiert: Über Julius Caesar und Aeneas bis hin zu den Trojanern. Lange Stammbäume galten damals als eminent wichtig. Hatte man keine, so erfand man eben welche.

      Im 13. Jahrhundert waren die Habsburger zur führenden Familie zwischen Oberrhein und Alpen aufgestiegen und verfügten bereits über reiche Besitzungen.

      1273 wurde der Rudolf IV. zum Herrscher über das >Heilige Römische Reich< gewählt. Die Habsburger sollten diese Position bis 1918 nicht mehr aus der Hand geben.

      Albrecht fühlte sich in den schweren und kalten Mauern der Wiener Burg überhaupt nicht wohl. Missmutig beobachtete er vom Fenster aus einige junge Burschen, die sich da unten mit hölzernen Schwertern im Kampf übten. Was er sehen musste, gefiel ihm auch nicht besonders. „Hinhauen, nicht davonrennen, du stinkender Buretrol3“, brüllte er hinunter, als er sah, wie einer der Übenden vor seinem Gegner davonrennen wollte.

      „Verzeiht, Durchlaucht! Mein Schwert ist zerbrochen“, klang es zurück.

      Wütend schmiss Albrecht das Fenster zu. Dabei zersplitterte das eingesetzte Glas und fiel hinunter. „Das auch noch“, ärgerte er sich. Glas war kostbar und dementsprechend teuer. Na ja, man würde das halt ersetzen müssen. Irgendwie!

      Die Kunst, Fenster mit Glas zu verschließen, war schon in der Spätzeit der römischen Republik bekannt und kam mit den Legionären und Beamten in die besetzten Gebiete Galliens und Germaniens. Danach kam die Glasmacherei fast gänzlich zum Erliegen, ehe im 8. Jahrhundert wieder an die römische Tradition angeknüpft wurde. Wegbereiter waren die großen Abteien wie Lorsch, Fulda, St. Gallen und Tegernsee, von welchen die Technik der Fensterglasherstellung und der Bleiverglasung weitergegeben wurde.

      Die Rohglaserzeugung war Sache von eigens dazu ausgebildeten Leibeigenen, deren Glashütten wegen des immensen Brennholzverbrauchs für die Glasöfen immer tiefer in den Wald eindrangen und diesen gerodet hinter sich zurückließen.

      Flachglas war bis zum Ende des Mittelalters. fast ausschließlich für Kirchenfenster bestimmt. In der ersten Hälfte des 14. Jh. kam die Butzenscheibe auf und wurde bald zur bevorzugten Fensterauskleidung privater Wohnbauten.

      In der Wiener Burg waren nur die Räume des Herzogs mit diesem edlen Material ausgestattet. Andere Öffnungen waren entweder mit Tierhäuten oder mit Pergament versehen. Man kann sich denken, dass das den Lichteinfall behinderte und ohnehin nicht richtig abdichtete.

      Das Leben in einer Burg war weit weniger romantisch als in unseren Vorstellungen. Die einzelnen Räume konnten nur unzureichend geheizt werden und durch über den Boden huschten Ratten und Mäuse.

      Man wusch sich auch nur in unregelmäßigen Abständen und nur dort wo es >nötig< war. Ein warmes Bad war, wegen des teuren Brennholzes, ohnehin nur den Burgherren vorbehalten. Eine Plage war in einer Burg auch weit verbreitet: Läuse! Meist mehrmals täglich wurden sie ausgekämmt.

      Geschlafen wurde auf dem Fußboden oder in einem Himmelbett, das von allen Seiten verschlossen werden konnte, da es überall zog. Als Beleuchtung dienten lange Kienspäne, die an der Wand in Eisenringen steckten Es gab auch Kerzen – den Regenten vorbehalten - und kleine Talglampen.

      Seitdem die Herzogtümer Österreich und Steiermark der direkten Reichsgewalt unterstellt worden waren und auch Wien zu einer freien Reichsstadt erhoben wurde, musste man über eine Stadt- und Residenzburg verfügen. Die Wiener Burg entstand als die älteste Kastellburg im Heiligen Römischen Reich4. Sie ersetzte die alte Residenz5 der Babenberger und avancierte im 14. Jahrhundert mehrfach zum Treffpunkt der politischen Elite Europas.

      Hier residierte und regierte – ungemütlich und primitiv wie auf allen damaligen Burgen - seit neun Jahren, mit fast absoluter Machtfülle ausgestattet, der Herzog von Österreich, die Gebiete ober- und unterhalb der Enns6.

      Albrecht war ein noch junger Fürst, 23 Jahre, und der Sohn Herzog Albrechts IV7 und der Herzogin Johanna Sophie von Bayern-Straubing. Beide starben früh und so verwalteten während seiner Minderjährigkeit drei seiner Großonkel, (Wilhelm der Artige, Leopold der Dicke und zuletzt Ernst der Eiserne), unter fortwährenden Streitigkeiten sein Erbe und trachteten primär danach, sich möglichst viel davon unter den Nagel zu reißen und sich das Leben gegenseitig schwer zu machen; obwohl sie alle auch Habsburger waren.

      Albrecht war das, was man nach damaligen Begriffen als hübschen und auch kühnen Mann bezeichnete: Schwarzes langes Haar, dunkle stechende Augen und ein mächtiger Schnurrbart zierten sein Gesicht. Seine muskulöse Gestalt wies auf einen durchtrainierten Menschen hin.

      Er war ein strenger, fanatischer Katholik und jede kleinste Abweichung von der Doktrin der Römischen Kirche war für ihn Gotteslästerung, die man – wenn es erforderlich schien – mit Waffengewalt bereinigen musste.

      Seine Verlobung mit Elisabeth von Luxemburg, der Tochter des römisch-deutschen Kaisers und böhmischen Königs Sigismund, war ein rein politischer Akt und zugleich ein Hinweis an den Adel des Reiches, dass der Kaiser den österreichischen Herzog mehr schätzte als andere Adelige im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation.

      Er nutzte ihn dafür aber auch mehr aus als andere Adelige!

      Die Hochzeit mit Elisabeth, die er noch nie gesehen hatte, musste allerdings noch warten. Die stolze Braut zählte zum Zeitpunkt der Verlobung erst zwei Jahre. Selbst im freizügigen Mittelalter durfte man keine Kinder heiraten; sich gegenseitig – noch im Kindesalter - die Ehe zu versprechen war aber durchaus üblich. Genauso verhielt es sich auch mit Albrecht und Elisabeth.

      Seine Hauptstadt Wien umfasste das Gebiet der heutigen Wiener Innenstadt und hatte damals in etwa 25.000 Einwohner. Vorwiegend Adelige, den gehobenen Klerus und saturierte Bürger; auch zahlreiche Bordelle gab es, die emsig frequentiert wurden. Obwohl der Zölibat und die Keuschheit für katholische Pfaffen seit 1022 Kirchengesetz war, hielt sich fast keiner daran. Priester, Bischöfe und Ordensmänner waren in den Bordellen immer gern gesehene Gäste.

      Die Stadt umschloss die um 1200 errichtete Wiener Ringmauer, die aus dem von Richard Löwenherz erpressten Lösegeld finanziert wurde. Sie umschloss ein wesentlich größeres Areal als die bisher die Stadt sichernde Burgmauer. Die zinnengekrönte Ringmauer rund um die Stadt hatte bei den Toren starke Türme und jedes Tor besaß eine Zugbrücke, die einen breiten Graben und sonstige Hindernisse überwand und so den Zugang zu den Vororten ermöglichte.

      Wie viele Menschen in den Vororten der Stadt hausten, wusste Albrecht nicht. Aber das wusste niemand. Es interessierte ernsthaft auch niemanden. Bauern, Tagelöhner und ähnliches Gesindel waren für ihn und die Bewohner der Stadt eigentlich keine Menschen im herkömmlichen