Genesis IV. Alfred Broi

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Название Genesis IV
Автор произведения Alfred Broi
Жанр Языкознание
Серия Genesis
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750219854



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der Menschheit verändert wurde.

      Dies war der Grundgedanke für die Boritas gewesen.

      Alle Maschinen, die der Mensch besessen hatte, waren nicht stark genug gewesen, um es mit diesen Monstern aufzunehmen, schon gar nicht, wenn sie – wie fast immer – im Rudel von mehr als einem Dutzend auftraten.

      Hauptgrund dafür war, dass Panzer, Geschütz-LKWs und Anderes nicht schnell, vor allem aber nicht wendig genug für einen erfolgreichen Kampf gegen sie waren. Unzählige zerstörte und ausgebrannte Wracks überall auf ganz Santara zeugten von dieser Tatsache und verursachten bei Mavis eine Übelkeit erregende Gänsehaut, weil er wusste, dass hinter jedem davon noch mehr Todesopfer standen.

      Wollte man also die Fronten ändern und den Ausgang des Krieges beeinflussen, musste man genau dort ansetzen.

      Das hatte man nun endlich getan und das Ergebnis waren diese Boritas, die Mavis und seine Männer jetzt hier einem abschließenden Test unterziehen wollten.

      Als Mavis das Geröllfeld erreichte, zeigte die Geschwindigkeit 65 Meilen in der Stunde.

      So weit, so gut, dachte er. Schnell genug waren sie, dafür sorgte allein schon das kraftvolle Triebwerk, das installiert war. Jetzt galt es, die Wendigkeit auch unter realen Bedingungen zu beweisen.

      Entsprechend begann Mavis die beiden Joysticks zu bewegen, sodass sich der Boritas zur Seite legte und den ersten Gesteinsbrocken sanft umkurvte, ohne dass er die Geschwindigkeit verringern musste. Die Bodenhaftung der Drahtgestelle war hervorragend. Zusätzlich dienten die seitlichen Laufwerke als Stabilisatoren, die mit kurzen Bodenkontakten wie bei einem Slalomfahrer dafür sorgten, dass alles reibungslos ablief.

      Mavis war zufrieden und stellte fest, dass auch die anderen keinerlei Probleme, sondern im Gegenteil sogar Spaß mit ihren Maschinen hatten. Einige Minuten testeten sie so die Fahreigenschaften.

      Okay, auf zu Stufe Zwei des Tests, dachte Mavis dann bei sich, denn obwohl sich die Boritas gut bewegten, bedeutete Wendigkeit im Kampf gegen die Insektenmonster doch noch etwas vollkommen Anderes.

      Er konzentrierte sich und raste auf den nächsten Gesteinsbrocken zu, legte die Maschine zur Seite, um ihn auf der rechten Seite zu umkurven, tat das auch bei fast sechzig Meilen in der Stunde, nur um genau in dem Moment, da er sicher war, an ihm vorbei zu sein, das linke seitliche Laufwerk wuchtig in den Boden zu hämmern. Augenblicklich wurde die Kugel nach links herumgerissen, während das Laufwerk wie ein Anker im Boden steckte. Kaum hatte der Boritas so eine neunzig Grad Drehung vollführt, löste Mavis das Laufwerk wieder und die rasante Fahrt konnte ohne jeglichen Geschwindigkeitsverlust in die andere Richtung weitergehen.

      Mavis blieb in dieser Zeit absolut aufrecht, da der Kreiselkompass fehlerlos arbeitete, die Fliehkraft der abrupten Richtungsänderung und die Trägheit seiner eigenen Körpermasse aber sorgten dafür, dass er das Gefühl hatte, er würde jeden Moment nach rechts wüst aus der Bahn getrieben werden. Er musste unweigerlich aufschreien, da es aber gleichzeitig auch eine tierisch geile Erfahrung war, ähnelte es eher einem wilden Jauchzer.

      Während Mavis hiernach die Geschwindigkeit seines Boritas deutlich reduzierte, damit er sein Herz und sein Gehirn erst einmal wieder einfangen konnte, machten es ihm die Anderen natürlich nach und vollführten ebenfalls rasante Richtungsänderungen bei hoher Geschwindigkeit, was zu einem ziemlich wüsten Geschrei im Äther führte.

      Mavis erholte sich überraschend schnell und beschleunigte sofort wieder sein Boritas. Es galt hier zu testen und das musste natürlich mehr als einmal geschehen. Also vollführte er in den nächsten Minuten weitere Kunststücke, wobei er sich bei jedem weiteren Test immer besser an das irrwitzige Gefühl in seinem Körper gewöhnte, die Maschine dabei immer sicherer in den Griff bekam und natürlich auch immer mutiger in seinen Aktionen wurde.

      Die anderen Fünf standen ihm hierbei um Nichts nach und für die nächste Zeit hatten sie alle sehr viel Spaß, den sie fast wie Kinder ausgelassen genossen.

      Auch Mavis hielt sich nicht zurück. Die Boritas erwiesen sich bisher als weitaus brillanter, als er das erhofft hatte.

      Und mit einem immer mehr aufkommenden Gefühl von Zuversicht, konnten sie auch den dritten und letzten Teil ihres Tests angehen.

      Aber doch erst, nachdem er noch ein bisschen mehr von diesem geilen Ritt genossen hatte.

      Es war für ihn ein inneres Bedürfnis jetzt hier an diesem Ort zu sein, auch wenn er deutliche Schmerzen im Herzen verspürte.

      Doch Jorik konnte gar nicht anders.

      Die Höhle, in der er zusammen mit einigen anderen Personen stand, lag weitab der anderen Höhlen, in denen die Flüchtlinge dieses Lagers versuchten, mit den einfachsten Mitteln und trotz aller Widerstände zu überleben. Hier war es sehr ruhig, aber auch sehr traurig, denn dieser Teil des Lagers war den Toten vorbehalten.

      Und mittlerweile gab es so schrecklich viele von ihnen, dass es kaum möglich war, das Meer an Kreuzen, das sich beinahe über die gesamte Halle erstreckte, mit einem Blick zu erfassen.

      Jorik hatte es stets vermieden, hierher zu kommen. In der Tat war er heute das erste Mal hier und eine eiskalte, ekelhafte Gänsehaut überfiel ihn für einige, lange Minuten.

      Doch obwohl ihm von vornherein klar war, dass es für ihn und seine Gemütsverfassung kaum förderlich sein würde, diesen Weg zu gehen, hatte er nicht eine Sekunde gezögert, ihn zu beschreiten.

      Der Grund war so einfach, wie schmerzhaft, denn er war der Letzte gewesen, der den Menschen, das Mädchen, auf deren Sarg er gerade blickte, lebend gesehen hatte. Mehr noch, es war in seinen Armen gestorben. Jorik hatte ihm in die Augen geblickt, als es seinen letzten Atemzug getan hatte, gesehen, wie das sanfte, wundervolle Lächeln auf seinen Lippen erstarb und einem roten Blutfaden wich und sich der dunkle Schleier des Todes über es gelegt hatte.

      Doch es war nicht diese Tatsache allein, die ihn so unsagbar traurig in diesem Moment machte.

      Dieser gottverdammte Krieg hatte so unfassbar viele Opfer gefordert, dass einem nur übel davon werden konnte. Und in ihren unzähligen Rettungsaktionen hatte Jorik immer und immer wieder Menschen sterben sehen. Die meisten davon mit panischer Angst in ihren Augen im Angesicht eines grausamen Todes. Und einige von ihnen waren auch in seinen Armen gestorben, so dass ihn dieser recht friedliche Tod des Mädchens in dem Sarg vor ihm eigentlich nicht so hätte treffen dürfen.

      Doch es war nicht die Art und Weise, wie es gestorben war, sondern es war der Zeitpunkt seines Todes gewesen.

      Als Marivar ihm das Mädchen gegeben und er es in seine Arme geschlossen hatte, war es gerade einmal zwei Minuten auf dieser Welt gewesen. Und doch lag es schon im Sterben. Mit diesem grausamen Wissen, war er mit ihm über die Galerie des Stützpunktes an die Oberfläche des Planeten gerannt, um ihm wenigstens einmal das Licht der Sonne zu zeigen. Warum das für ihn in diesem Moment so wichtig gewesen war, wusste er nicht mehr zu sagen, doch das strahlende Lächeln in den Augen des Babys hatte ihm mehr als deutlich gezeigt, dass er das Richtige getan hatte.

      Doch mitten hinein in diese kurze Euphorie brach der Tod hervor und nahm ihm mit einem letzten, tiefen Atemzug das Leben.

      Und Jorik wurde sich brutal bewusst, dass er auch dieses Mal verloren hatte.

      Denn er hatte in diesen Momenten natürlich nicht nur ein fremdes, neugeborenes Mädchen ohne Namen auf den Armen, sondern auch seine eigene, so sehr geliebte Tochter Daria.

      Und es war ihm, als würde er alles noch einmal durchleben. Die Unsicherheit, neugeborenes Leben auf den Armen zu halten. Die Wandlung dieses Gefühls in Freude, etwas so Wunderbares sehen und spüren zu dürfen. Die Erhöhung des eigenen Pulsschlages zu fühlen und die wunderbare Wärme im Herzen zu spüren. Das alles so intensiv, so allumfassend, dass man für einen Moment alles um sich herum vergisst und nur dieses Gefühl höchsten Glücks empfindet. Nur um eine Sekunde später wieder die Augen zu öffnen und in den tiefsten Abgrund der Hölle zu schauen.

      Er spürte es ganz deutlich. Den Schmerz, die