Zeit der Drachen. Josef Hahn

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Название Zeit der Drachen
Автор произведения Josef Hahn
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750216792



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Unterstützung der Mullahs einen stärkeren Einfluss in der Region. Der Iran zählt immerhin zu den 20 bevölkerungsreichsten und größten Staaten der Erde und hatte auch einigen Einfluss auf die Versorgung der Welt mit fossilen Energieträgern. Seine Lage zwischen dem Kaspischen Meer und der Straße von Hormus machte ihn zu einem Gebiet von hoher strategischer Bedeutung. Die Straße von Hormus war und ist das wichtigste Nadelöhr für den Ölexport nach Japan, Westeuropa und in die USA. 40 Prozent des Weltölverbrauchs durchfahren sie täglich. Schon mehrmals hatte der Iran mit der Sperrung der Straße von Hormus gedroht. So auch diesmal.

      Genau das wollten aber die Amerikaner und ihre westlichen Verbündeten nicht. Sie argumentierten, der Iran missachte die Menschenrechte und seine Kontrolle auf religiöse und ideologische Konformität durchdringe das Leben aller Bürger. Es gäbe keine Presse- oder Meinungsfreiheit und man hätte unter anderem die Vernichtung Israels fest in der Staatsideologie verankert. Eine Sperre dieses Verkehrsweges durch den Iran würde eine sehr gefährliche Krise nach sich ziehen. Der Iran sollte sich also nicht wundern, wenn das Land kritisch beäugt wurde; besonders von den Israelis!

      Die sunnitischen Araber, insbesondere Saudi-Arabien schlugen sich dagegen auf die westliche Seite. Die Saudis hielten den iranischen Revolutionsexport des schiitischen Islam für äußerst gefährlich. Sie fürchteten um ihre eigene Machtposition. Auch kritisierte man scharf die Finanzierung und militärische Unterstützung schiitischer Terrorgruppen.

      Was aber nun geschehen könne, wenn Israel die Theokraten in Teheran angriffe, wollte man sich gar nicht vorstellen. Die Armee des Iran umfasste Millionen fanatische Soldaten und auch entsprechend modernes Material. Geliefert von Russen, Chinesen und Nordkorea.

      Die Israelis verfügen inklusive der Reservisten über 790.000 Soldatinnen und Soldaten. Dazu die modernste Ausstattung und, sie haben auch Atomwaffen!

      Vermutlich hatte diese aber auch bereits der Iran! Atomsperrvertrag hin oder her. Niemand kann einem Volk das Denken und Forschen verbieten. Das hat noch nie geklappt. Dank der Unterstützung der vorgenannten Staaten mit Uran 235 war der Iran zu einem gefährlichen Gegner für alle geworden. Niemand wusste aber genau, wie weit fortgeschritten das iranische Nuklearprogramm bereits war. Die, die es wussten, würden sich lieber die Zungen herausschneiden lassen, als darüber zu reden.

      Dass die Israelis zuschlagen würden, stand für die UNO und die Delegierten, trotz fortlaufender Apelle zum Frieden, fest. Nicht bekannt allerdings war das Wann und Wie. Die halbe Welt demonstrierte für den Frieden. Der Papst in Rom traf sich mit dem obersten schiitischen Religionsführer und dem Oberrabbiner von Jerusalem. Alle drei bekräftigten, für die Erhaltung des Friedens inbrünstig zu beten. Versuche mit untauglichen Mitteln! Bei der Uno wurden die Auseinandersetzungen und gegenseitigen Beschuldigungen immer intensiver. Dass die Perser mit den Israelis kein direktes Wort wechselten, war schon Tradition. Dass aber jetzt auch Amerikaner und Russen sich nur mehr gegenseitig anschwiegen, deutete eine noch gefährlichere Entwicklung an.

      Die weltpolitische Lage eskalierte weiter.

      Die baltischen Staaten, früherer Teil der einstigen Sowjetunion, fürchteten um ihre Unabhängigkeit. Russland würde an ihren Grenzen massiv Truppen zusammenziehen. Plante der russische Führer eine ähnliche Aktion mit dem Baltikum wie vor Jahren mit der Krim und der Ukraine? Im Sicherheitsrat bestritt das der russische Delegierte energisch und faselte etwas von lange geplanten Manövern. Russland fühle sich eben durch die Präsenz der NATO an seiner Grenze direkt bedroht. Das Baltikum wieder russisch zu machen, läge ihnen ferne. Diese Absicht hätten sie nicht. Keinesfalls! Und an eine Wiederherstellung der alten Sowjetunion denke in Moskau ohnehin niemand.

      Der Oberbefehlshaber der NATO-Truppen im Baltikum sah das anders. Ohne Rücksprache mit seinem Oberkommando befahl er, die Truppen in Alarmbereitschaft zu versetzen. Ein deutlicher Affront gegenüber Russland. Schwerbewaffnete kampfbereite Soldaten lagen sich nun an der so genannten NATO Ostfront gegenüber. Es bedurfte nur mehr eines nichtigen Anlasses um das Feuer zu entzünden.

      Im NATO Hauptquartier war man davon völlig überrascht, ebenso in Brüssel bei der hilflosen Europäischen Union. Auf Drängen der Balten, der Polen, Tschechen und Slowaken wurde aber die Alarmbereitschaft der NATO an der Ostgrenze belassen. Man wusste: die russischen Truppen waren sowohl personalmässig als auch mit der konventionellen Ausrüstung an Artillerie und Panzern der NATO überlegen. Die NATO hatte aber die modernere technische Ausrüstung und war auch in der Lage, sich bei einem eventuellen Konflikt mit Russland die Lufthoheit zu sichern; glaubte man. Außerdem konnten die NATO durch die gut ausgebauten Verkehrs- und Wasserwege rasch Verstärkungen herbeiführen. Nur, die russischen Truppen waren schon da!

      Die Mobilisierung der NATO nahm Russland zum Anlass, ihren überraschenden Austritt aus den Vereinten Nationen zu verkünden. Diesem Schritt schlossen sich der Iran, China und auch Nordkorea an. Die vier mächtigen Staaten schlossen sich zu einer Interessensgemeinschaft zusammen und versicherten sich der gegenseitigen bedingungslosen Unterstützung bei allen denkbaren Krisen.

      Die Vereinten Nationen waren so von einem zahnlosen Tiger zu einem noch zahnloseren geworden. Nun hing es lediglich von den USA ab, ob es noch zu einer friedlichen Lösung käme. Würden sich die Vereinigten Staaten an ihre Bündnispflicht erinnern und die europäischen NATO-Truppen mit ihren fast grenzenlosen Möglichkeiten unterstützen?

      In Washington tagte der Kongress.

      ●●●

      Lydda 1948

      „Allah hat uns verlassen“, seufzte der 40jährige Orangen- und Mandelbauer Ibn Gossarah. „Sie werden kommen und uns vertreiben, wenn sie nicht noch Schlimmeres mit uns anstellen. Wie sie es bisher überall getan haben“. Er schlürfte dabei aus einer Tasse Tee. Ibn Gossarah war von großgewachsener Gestalt, hager und sein würdiger pechschwarzer Vollbart und der wache Blick seiner Augen zeugten von klarem Verstand und Klugheit.

      „Aber warum denn, Vater?“, fragte Ibrahim, sein ältester Sohn. „Wir leben doch schon Jahrhunderte hier in Lydda. Wir sind doch ein Teil dieses Landes. Es gehört uns doch. Warum sollte uns irgendwer vertreiben wollen?“

      „Irgendwer?“, widersprach Ibn Gossarah. „Nicht irgendwer! Die Juden werden es sein! Unersättlich ist ihr Hunger nach Land und wir, die Kinder Allahs, sind zu ihren Feinden geworden. Nur flehen können wir zu Allah, dass er unseren tapferen Brüdern von der Liga den Sieg und den Tod über das erbarmungslose jüdische Pack schenken möge. Wie weise hat doch der große deutsche Führer gedacht, der die Juden ebenso hasste, wie wir es jetzt tun. Glaube mir, mein Sohn, so wie sich verhalten sind sie der Abschaum des menschlichen Geschlechts. Allah möge sie in die tiefste Dschehenna verbannen. Und mit ihnen auch gleich die hundsföttischen Briten, die unser Land geteilt haben. Niemand hat uns vorher gefragt, ob wir das wollten!“

      Er setzte fort: „Höre! Niemand kann wissen, welches Los uns Allah bestimmt hat. Im Garten unter den Wurzeln des Orangenbaums habe ich eine kleine Truhe vergraben. Goldstücke sind es, mühselig von unseren Vätern und mir zusammengetragen. Merke es dir und wenn du unser Land verlassen musst, nimm sie mit. Das kann der Beginn eines neuen Lebens, irgendwo, für dich werden!“

      „Aber Vater!“

      Doch der hatte sich bereits abgewandt und horchte nach draußen. Das Haus der Familie Gossarah und die gediegene Einrichtung zeugten von einem gewissen Wohlstand. Im kleinen Gärtchen standen zwei schattenspendende Mandelbäume und ein Orangenbaum Das gepflegte Gemüsebeet lieferte ausreichend Vitamine und Proteine. Beide Begriffe kannten sie zwar nicht, aber frisches Gemüse schätzten sie sehr. Ein kleiner Stall war die Heimat einiger Hühner und Kaninchen, die zu festlichen Tagen geschlachtet und gegessen wurden. Seit Generationen waren sie Bauern gewesen. Am Markt von Lydda boten sie und andere Händler ihre frischen Waren an.

      Allah aber ignorierte das Flehen der Palästinenser! Wahrscheinlich war er anderweitig beschäftigt oder hatte sich mit dem hebräischen Jahwe in irgendeiner Form geeinigt.

      Die Israelis kamen. Mit militärischer Übermacht und ausgestattet mit dem festen Willen, das Land, das ihnen ihr Gott versprochen hatte, nun endlich wieder in Besitz zu nehmen. Die neue