An der Pforte zur Hölle. Thomas Riedel

Читать онлайн.
Название An der Pforte zur Hölle
Автор произведения Thomas Riedel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750260887



Скачать книгу

was du fragen willst, Remington Cartwright«, erklärte sie, und wieder lag jenes grausame Lächeln um ihre Lippen, welches ihm eisige Schauer über den Rücken jagte. »Du willst wissen, wo deine Frau steckt und was aus ihr geworden ist!« In ihren schwarzen Augen funkelte es teuflisch. »Mein Herr und Meister hat sie zu sich geholt. Lebend wirst du sie nicht wiedersehen.«

      Fassungslos schlug er sich seine rechte Hand vor den Mund. Es schien ihm, als würden sich eiskalte Hände um seinen Hals legen und ihn würgen.

      »Es wird nicht lange dauern und du wirst meine Worte bestätigt bekommen«, fuhr die unheimliche Frau mit dem langen, lockigen und rabenschwarzen Haar fort. »Und wenn das geschehen ist, werde ich dich aufsuchen, um den Lohn einzufordern!«

      Sie sprach ruhig und leise, aber der drohende Unterton war unüberhörbar.

      Diese durchaus attraktive Frau, die er auf höchstens dreißig Jahre schätzte, schaffte es, ihn derart zu ängstigen, dass er auf keinen Fall länger in ihrer Nähe bleiben wollte. Ohne etwas zu entgegnen ergriff er die Flucht. Ihm war es völlig gleichgültig, ob er es mit einer Verrückten oder einer Mörderin zu tun hatte. Er konnte es einfach nicht mehr ertragen in ihr bleiches Gesicht, mit den dunklen, seelenlosen Augen zu sehen.

      Er lief in seine Wohnung zurück und schloss die Tür hinter sich. Zitternd und völlig außer Atem lehnte er sich gegen die Wand. Er versuchte sich zu beruhigen, aber es wollte ihm nicht gelingen. Nach einer Weile ging er in die Küche auf, suchte nach einer Flasche Scotch, drehte mit der Linken den Verschluss herunter und ließ ihn achtlos auf die Arbeitsfläche des Küchenblocks fallen. Mit der Rechten setzte er die Flasche an seine Lippen und kippte einen derart kräftigen Schluck in sich hinein, dass es ihn schüttelte.

      Plötzlich vernahm er Schritte vor der Wohnungstür.

      »Bist du das, Ashley?«, fragte er verwirrt. »Wo bist du nur geblieben?«

      Vor der Tür wurde es wieder leise. Die Schritte waren verstummt. Gleich darauf ertönte die Melodie des Türgongs.

      Er lief in den Flur zurück, doch dann blieb er, einer inneren Eingebung gehorchend, stehen.

      Vielleicht ist es wieder diese Irre, dachte er, die mich einfach nicht in Ruhe lassen will.

      »Wer ist da?«, fragte er durch die Tür mit kratziger Stimme.

      »Wir müssen mit Ihnen sprechen, Mister Cartwright«, hörte er eine tiefe, ihm unbekannte Männerstimme.

      Erleichtert atmete er auf, verspürte aber immer noch eine heftige Unruhe. Mit zitternder Hand öffnete er die Wohnungstür. Vor ihm standen eine Beamtin und ein Beamter des ›Metropolitan Police Service‹. Ihre Gesichter sahen nicht gerade ein glücklich aus.

      »Sind Sie Mister Cartwright?«, wollte der Police Constable wissen.

      »Ja«, antwortete er gedehnt und sah die beiden fragend an.

      In diesem Augenblick fand er zu seiner alten Ruhe zurück. Mit einem Mal wusste er genau, warum ihn die beiden aufgesucht hatten und was sie ihm jetzt schonend beizubringen versuchten.

      »Wir müssen Ihnen leider eine schlechte Nachricht überbringen, Mister Cartwright«, räusperte sich der Polizeibeamte und sah ihn betrübt an. »Es wäre besser, Sie würden uns einlassen und sich setzen.«

Kapitel Ende.jpg Unbenannt - 2.jpg

      Kapitel 5

      D

      ie Schärfe in Blakes eisiger Stimme hatte die drei eng befreundeten Studenten unwillkürlich zusammenzucken lassen. Sie wechselten untereinander einen kurzen Blick.

      »Würden Sie uns vielleicht erklären, warum Sie ausgerechnet uns hierbehalten haben, Chief Inspector?«, wagte sich Chuck vor, der sich damit zum Sprecher der kleinen Gruppe machte.

      Blake nahm einen weiteren Zug von seiner Zigarette, inhalierte und blies den Rauch seelenruhig durch die Nase aus. Eindringlich sah er den jungen Mann in der verwaschenen Jeans und der olivgrünen Militärjacke an.

      »Das ist sehr einfach. Ich habe Sie aufmerksam beobachtet«, erwiderte er ohne jede sichtbare Gefühlsregung. »Es scheint mir, als gehören Sie irgendwie zusammen. Sie sind Chuck Armstrong, zweiundzwanzig Jahre alt, geboren in Edinburgh und Sie studieren im vierten Semester Humanmedizin am ›Imperial College‹, Schwerpunkt Ophthalmologie – also Augenheilkunde.«

      »Ich sehe darin nichts, was eine Festnahme rechtfertigt!«, entgegnete Chuck mit fester Stimme.

      Blake wiegte leicht den Kopf.

      »Im Augenblick ...«, antwortete er bedrohlich leise, »... sind Sie für uns Mordverdächtige!«

      Chuck zuckte die Schultern.

      »So ein Schwachsinn«, grummelte er leise.

      »Das ist doch riesiger Bullshit!«, schrie James dazwischen. »Sie müssen ja total bescheuert sein, um auf so einen Gedanken zu kommen!«

      »Hatte ich Ihnen nicht gerade etwas zu Ihrem Verhalten gesagt, Mister Sheppard?«, fuhr McGinnis ihn hart an. »Sie können gern eine Weile unsere Gastfreundschaft genießen.« Er stand auf und ging zur Tür. »Constable Brown!«, rief er in den Flur.

      »Ja, Sir?«, meldete sich der Herbeigerufene.

      »Haben wir noch eine Zelle frei?«, erkundigte sich McGinnis. »Oder müssen wir ins Untersuchungsgefängnis verlegen?«

      »Nein, Sir!«, antwortete der Constable. »Wir haben reichlich freie Zimmer. Haben Sie einen Gast für uns?«

      »Das wird sich noch zeigen, Constable«, entgegnete McGinnis. »Ich werde Sie gegebenenfalls rufen.«

      »Jawohl, Sir!«, bestätigte Brown.

      McGinnis schloss die Tür hinter sich, warf James einen androhenden Blick zu und setzte sich wieder.

      Chuck hatte seinem Freund beruhigend eine Hand auf die Schulter gelegt.

      »Reg‘ dich ab, James«, bat er ihn. »Das bringt niemandem etwas.« Dann wandte er sich an Blake. »Vielleicht erklären Sie uns, was Sie auf diesen absurden Gedanken bringt. Alles was ich sagen kann ist, dass wir harmlos sind und niemandem etwas getan haben. Was bitte, soll diese Aktion gegen uns?«

      Ehe Blake ihm eine Antwort auf seine Frage gab, musterte er den jungen Heißsporn, der zumindest im Augenblick bemüht war, sich zurückzuhalten. Silky Brightman hatte ihre weichen Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepresst.

      »Wenn Sie das wirklich nicht wissen, dann sollten sie mitkommen«, sagte er plötzlich und nickte McGinnis zu, der den beiden Constables im Hintergrund des Raumes ein Zeichen gab. Von Blake, McGinnis und den beiden Constables eskortiert, ging es zu einem Fahrstuhl der hinunter in die Pathologie führte.

      »Die Tote hatte Erde unter ihren Fingernägeln, die unser Labor sofort eindeutig bestimmen konnte«, bemerkte Blake, während sich die Fahrstuhltür schloss. »Es hat vor vier Jahren schon einmal einen Mordfall auf ›Chiswick Island‹ gegeben. Damals spielte die Erde eine bedeutende Rolle in der Beweisführung, da sie nur dort vorkommt.«

      »Daneben erhielten wir einen anonymen Hinweis«, ergänzte McGinnis. »Eine Email, deren Absender wir gerade herauszufinden versuchen. Der Mail nach sei es auf der Insel zu einer okkulten Handlung gekommen, einer Beschwörung oder etwas Ähnlichem ...«

      »... und das wiederum passt exakt zu den Verletzungen der toten Frau«, übernahm Blake erneut das Wort.

      Silky sah ihn verwirrt an.

      »Ich höre was Sie sagen, aber ich verstehe es nicht«, sagte sie zitternd. »Was für Verletzungen?«

      Blake ging nicht auf ihre Frage ein.

      »Wir kennen die Themseströmungen und ich war lange genug bei der ›River