Old Surehand I. Karl May

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Название Old Surehand I
Автор произведения Karl May
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783746747453



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Leibern gesucht und sonst weiter nichts zu thun gehabt hat. Also sagt, ob Ihr mit wollt! Wir brechen morgen mit dem Frühesten von hier auf.«

      »Ich nehme Euer Anerbieten dankbar an, Sir, und bitte ganz ausdrücklich um Euern Schutz.«

      »Den sollt Ihr haben, und ich denke, daß Ihr ihn brauchen werdet. Will froh sein, wenn wir von hier fort sind; muß ja gewärtig sein, daß der Kommandant mich oder einen andern von uns als Scout zurückbehält. Meinst du nicht auch, alter Jos?«

      Diese Frage war an einen älteren Mann gerichtet, dessen sympathisches Gesicht einen tief melancholischen Ausdruck zeigte, als ob er an einem innerlich zurückgedrängten Grame leide. Jos ist die Abkürzung von Josua; der Mann hieß, wie ich später erfuhr, Josua Hawley.

      »Bin ganz derselben Meinung,« antwortete er. »Es fehlte grad noch, gezwungen zu sein, für diese Uniformen die Kastanien aus dem Feuer zu holen und sich die Vorderpranken dabei zu verbrennen. Hätten sie doch Old Wabble festgehalten; der war der richtige Mann dazu. Mich bekommen sie nicht. Will froh sein, wenn ich hier fort bin und den Mistake-Cañon im Rücken habe.«

      »Warum? Fürchtest du dich vor dem Geiste des erschossenen Indianers?«

      »Fürchten? Nein; aber aus dem Sinn kommt er mir nicht. Dieser Cañon ist eine ganz infame Gegend für mich. Habe dort etwas erlebt, was nicht jeder erlebt, und dabei Gold gefunden.«

      »Gold? Im Mistake-Cañon?«

      »Yes

      »Unmöglich! Dort gibt es keins.«

      »Es muß doch welches dort gegeben haben, weil wir es gefunden haben.«

      »Also wirklich? Ihr habt es wohl durch einen Zufall entdeckt, alter Jos?«

      »Nein. Ein Indianer hat es uns gezeigt.«

      »Das ist ja gar nicht zu glauben. Ein Roter entdeckt so etwas niemals einem Weißen, selbst wenn es sein bester Freund wäre.«

      »So ist mein Fall eine Ausnahme gewesen. Es war sogar ganz und genau derselbe Rote, der dort aus Versehen erschossen worden ist. Vielleicht erzähle ich Euch die Geschichte, wenn wir den Cañon morgen zu sehen bekommen. Jetzt habe ich keine Lust dazu; wollen darüber schweigen. Gieb das Fleisch her; ich will essen. Es ist zwar nur Antilope, aber es muß dennoch schmecken. Ein Stück Büffelhöcker oder Lende vom Elk, wäre mir lieber.«

      »Elk? Ah, Elk, das ist richtig!« rief Parker aus, indem er mit der Zunge schnalzte. »Das ist der feinste und saftigste Braten, den es geben kann. Wenn ich an Elk denke, fällt mir immer der Westmann ein, der mich eigentlich zum Jäger gemacht hat.«

      »Wer ist das gewesen?«

      »Sein Name wurde vorhin genannt. Old Wabble meine ich.«

      »Was? Wie? Old Wabble? Den ebenso sonderbaren wie berühmten Alten? So hast du ihn gekannt?«

      »Ob ich ihn gekannt habe? Welch eine Frage! Unter seiner Leitung habe ich mein erstes Abenteuer im fernen Westen erlebt, ein Abenteuer, welches – – na, ich will es euch erzählen, obgleich ihr mich dann tüchtig auslachen werdet. Es handelte sich nämlich dabei um meinen ersten Elk.«

      Er räusperte sich bedächtig, machte ein sehr verheißungsvolles Gesicht, und begann dann folgendermaßen:

      »Er hieß eigentlich Fred Cutter, wurde aber wegen seines wackelnden Ganges und weil ihm der Anzug so schlotterig am dürren Leibe hing, stets nur Old Wabble genannt. Er war früher da unten in Texas Cowboy gewesen und hatte sich so in die dortige Kleidung gewöhnt, daß ihn selbst hier oben im Norden niemand dazu bringen konnte, sie abzulegen und mit einer andern zu vertauschen.

      »Noch sehe ich ihn vor mir stehen, lang und überschmall die Füße in ganz unbeschreiblichen Schuffles und die Beine in uralten Leggins steckend. Über dem Hemde, dessen Farbe ich lieber gar nicht erwähne, hing eine Jacke, deren einziger Vorzug eine allgemeine Offenherzigkeit war. Brust und Hals blieben unbedeckt; dafür aber trug er unter dem zerknüllten Hute stets ein um die Stirn gewundenes Tuch, dessen Zipfel auf die Schulter niederhingen, im Gürtel das lange Bowiemesser, an den Ohrläppchen schwere Silberringe und in der großen, braunen, knochigen Hand die stets glimmende, unvermeidliche Cigarette – anders hat ihn wohl selten ein Mensch gesehen.

      »Das Kostbarste war sein altes, wetterhartes, faltenreiches und stets glattrasiertes Gesicht mit starken Niggerlippen, langer, spitzer Nase und scharfen grauen Augen, denen, obgleich die Lider stets halb geschlossen waren, nicht so leicht etwas entgehen konnte. Mochte dieses Gesicht ruhen oder in Bewegung sein, es hatte immer und immer den Ausdruck einer Überlegenheit, welche absolut durch nichts aus dem Gleichgewicht zu bringen war. Und diese Superiorität bestand zu vollem Recht, denn Old Wabble war trotz seiner Schlotterigkeit nicht nur ein Meister im Reiten, im Gebrauche der Rifle und des Lariat, sondern es entging ihm auch nicht eine der andern Eigenschaften, welche ein richtiger Westmann besitzen muß. ›Th'is clear,‹ das war seine ständige Redensart, welche bewies, daß ihm oft das Schwierigste als leicht und ganz selbstverständlich erschien.

      »Was mich betrifft, so war ich unten in Princeton so etwas wie Bauschreiber gewesen und hatte da so viel verdient, daß ich mich ausrüsten und meinen ursprünglichen Plan, als Goldgräber nach Idaho zu gehen, ausführen konnte. Ich war ein Greenhorn, ein vollständiger Neuling, und nahm, um die erhofften Reichtümer nicht mit vielen teilen zu müssen, nur einen Begleiter mit, Ben Needler, welcher den wilden Westen ebensowenig kannte wie ich. Als wir in Eagle-Rock den Wagen verließen, waren wir ausstaffirt wie Stutzer und bepackt wie Lastesel, mit lauter schönen, guten und glänzenden Dingen, welche nur leider die Eigenschaft hatten, daß sie nicht zu gebrauchen waren. Und als wir nach einer Woche am Payette-Fork ankamen, sahen wir aus wie echte Vagabunden, waren fast verhungert und hatten unterwegs die überflüssigen Gegenstände unsrer Ausrüstung, das will heißen, alles außer den Waffen und der Munition, von uns geworfen. Ich will euch aber aufrichtig gestehen, daß ich für ein gutes Butterbrot auch noch meine ganze Armierung hingegeben hätte, und Ben Needler dachte gewiß ebenso.

      »Wir saßen an einem Buschrande, hielten unsre wund gelaufenen Füße in das Wasser und sprachen von allerlei Delikatessen, von denen keine Rede gewesen wäre, wenn wir sie gehabt hätten, von Rehkeulen, Büffellenden, Bärentatzen und Elkbraten. Ja, Elks sollte es hier in dieser Gegend geben, fast so schwer wie Bisonstiere. Eben meinte Ben, indem er mit der Zunge schnalzte:

      »›Good lack! Käme jetzt so ein Kerl in die Nähe, ich knallte ihm mit einer wahren Wollust meine beiden Kugeln zwischen die Hörner, und dann – –«

      »›Und dann wäre es aus mit Euch!« ertönte eine lachende Stimme hinter uns aus dem Gebüsch. ›Der Elk würde Euch mit dem Gestänge zu Brei verarbeiten. Man schießt so ein Tier nicht zwischen die Hörner; denn Hörner hat es überhaupt nicht. Ihr seid wohl drüben in New-York als Schoolboys aufgeflogen und nun hier aus der Luft gefallen, Mesch'schurs?«

      »Wir sprangen auf und sahen uns den Sprecher an, welcher sich jetzt aus den Büschen, in denen er uns belauscht hatte, hervorarbeitete. Da stand er vor uns, wie ich ihn euch vorhin beschrieben habe, Old Wabble, mit einem für uns gar nicht ehrenvollen Ausdrucke im Gesichte und einem nachsichtig überlegenen Blicke aus den halbgeschlossenen Augen. Das nun folgende Gespräch will ich übergehen. Er examinierte uns wie ein Lehrer seine Buben und forderte uns dann auf, mit ihm zu gehen.

      »Ungefähr eine Meile vom Flusse entfernt, lag auf einer kleinen, rings von Wald umgebenen Prairie eine Blockhütte, welche er seinen Rancho nannte. Hinter derselben gab es einige offene Stables, bei schlechter Witterung für die Pferde, Maultiere und Rinder bestimmt, welche jetzt im Freien weideten. Old Wabble war nämlich aus einem Cowboy ein selbständiger Viehzüchter geworden. Seine Leute bestanden aus Will Litton, dem weißen Aufseher, und einigen Schlangenindianern, welche von ihm als Vaqueros bezeichnet wurden und ihm sehr treu und anhänglich waren. Wir sahen diese Leute beschäftigt, einen leichten Wagen mit einem Zelttuche und andern Gegenständen zu beladen.

      »›Das ist etwas für euch meinte der Alte. ›Ihr wollt Elks schießen, und dort trifft man eben die Vorbereitung zu einem Jagdausfluge. Will mal sehen, was ihr leistet; ihr sollt mit. Seid ihr brauchbare