Bas Duch. Thomas Häring

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Название Bas Duch
Автор произведения Thomas Häring
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738045819



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der Engel tauchte ein in eine Welt, die für ihn absolutes Neuland war. Eine Welt voller Terroristen, Armut, Hunger und Krieg, aber auch voller Reichtum, Wohlstand und Luxus. Es handelte sich um eine Welt der Gegensätze. Der ewige Kampf Gut gegen Böse, Supermacht USA, eine abgelehnte EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden, Neuwahlen in Deutschland, wütende Muslime, die sich über Koranschändungen aufregten, eine neue Neider-Partei in Österreich, Rekordarbeitslosigkeit in Deutschland, staatlicher Terror in Usbekistan, eine Frau als Kanzlerkandidatin der Konservativen, noch dazu eine geschiedene aus dem Osten und so weiter und so fort. Dagegen war die Hölle ja ein Zuckerschlecken und sogar der Himmel einigermaßen erträglich. Überall Gestörte und genau von jenem Umfeld war der Autor umgeben, den der Teufel von den eigenen Romanfiguren umbringen lassen wollte. Kerosin war überwältigt von dieser Welt. Seine erste Amtshandlung bestand in einem Kasinobesuch in Las Vegas, danach machte er eine Segeltour, besuchte einen Jahrmarkt, befreite ein paar Entführte und stattete dem Präsidenten im Weißen Haus, der ihn für einen Abgesandten des Kativan hielt und aus dem Oval Office schmiß, einen Besuch ab. Schöne neue Welt!

      Der gute Hirte(njunge)

      „Da ist ja unser schwarzes Schaf“, begrüßte der Bischof Bert freundlich, als jener sein heiliges Büro betrat. Danach fiel sein Blick auf die äußerst attraktive Thea, die in seinen glänzenden Augen für den Bruchteil einer Sekunde Verlangen aufblitzen sah. „Ficken?“ bohrte sie nach. „Jetzt nicht. Ich hatte eben erst einen Ministranten und eine Ministrantin“, wehrte er ab. „Donnerwetter! Gleich zwei Geschlechter auf einmal.“ „Aber selbstverständlich. Schließlich bin ich ja der Bi-schof.“ Bert räusperte sich, denn ihm war jene Unterhaltung ziemlich peinlich. „Ach ja, wir sind ja aus einem anderen Grund hier. Bringt die Frau weg und sorgt dafür, daß wir hier nicht gestört werden“, ordnete der Bischof an, woraufhin Ernie und Roland Thea hinaus geleiteten. Bert war auf das Schlimmste vorbereitet. Er erwartete ein Donnerwetter und rechnete mit übelsten Drohungen und Beschimpfungen. Doch nichts dergleichen geschah. „Wie geht es Dir?“ forschte der Bischof. „Ich habe Angst“, gab Bert zu. „Wovor?“ „Vor Ihnen.“ „Aber wieso das denn? Was ist los mit Dir, Bert?“ „Ich glaube nicht an Gott.“ „Wo ist das Problem? Wer von uns tut das schon? Das ist doch kein Grund zu kündigen.“ „Ich habe mit einigen Frauen geschlafen.“ „War es schön?“ „Befriedigend.“ „Na und? Wir sind auch nur Menschen, wir dürfen alle Fehler machen.“ „Dürfen wir alle Fehler machen oder dürfen wir alle Fehler machen?“ „Du hast mich schon ganz richtig verstanden, Bert. Aber das ist doch alles kein Grund, die Kirche zu verlassen.“ „Ich kann nicht mehr, ich bin am Ende.“ „Keine Sorge, wir päppeln Dich schon wieder auf.“ „Aber ich will nicht in so ein schwules Männerkloster.“ „Was hast Du gegen den Orden der warmherzigen Brüder, Bert? Das sind alles gottesfürchtige Männer, die mit Dir nur das tun, was Du wirklich willst.“ „Ich will aber nicht beten und arbeiten. Verdammt noch mal! Ich glaube nicht an Gott!“ brüllte Bert. „Beruhige Dich! In unserer Gemeinschaft der Scheinheiligen ist auch Platz für Dich. Wen interessiert schon, ob Du an Gott glaubst? Hauptsache, Du hast einen sicheren Arbeitsplatz, nicht wahr? Wir können Dir helfen, Bert. Da draußen bist Du doch ganz allein und völlig aufgeschmissen, hilflos und überfordert. Ernie hat mir erzählt, daß sogar Dein Auto ein Rad ab hat. Also, mein Freund, überlege Dir Deine Entscheidung gut“, ermahnte ihn der Bischof, bevor er den Raum verließ. Plötzlich öffnete sich die andere Tür und eine bildhübsche Frau, des Bischofs Sekretärin, betrat das Zimmer. Sie warf Bert verführerische Blicke zu und lief aufreizend hin und her. „Was soll das denn jetzt?“ wunderte sich Bert. „Ich bin Mutter Kirche und in meinen Schoß sollst Du zurückkehren“, flötete sie. Auf einmal packte Bert das Verlangen, er stürzte sich auf die Sekretärin und vollzog mit ihr unter den wachsamen Augen des Bischofs den Geschlechtsakt. „Sehr schön. Wir haben alles auf Video“, bemerkte jener, nachdem sich die beiden Sexsportler total verausgabt hatten. Nun wußte Bert, daß er das Spiel verloren hatte. Er war nicht nur symbolisch, sondern tatsächlich in den Schoß von Mutter Kirche zurückgekehrt, was bedeutete, daß er sich fortan wieder ihren Anweisungen fügen mußte. Fuck!

      Währenddessen irrte Thea orientierungslos durch die Altstadt von Regensburg und wußte nicht, was sie treiben sollte. Bert war hoffnungslos verloren, das war ihr klar, denn die große Sekte hatte zurückgeschlagen. Nun galt es, das neue Leben alleine fortzusetzen. Oder sollte sie doch wieder zu ihren Wurzeln zurückkehren?

      Das Duell der Giganten

      Gitta war offen für jede erdenkliche Boshaftigkeit und da der Teufel ein Gespür für sowas hatte, war er in die tatsächliche Welt des Autors geflogen, um sich dort eine Verbündete zu suchen. Die Kritikerin hatte Gefallen an dem gutaussehenden, schwarz gekleideten Mann gefunden, der da plötzlich an ihrer Haustür geklingelt hatte und nun in ihrer Küche saß. „Hier, trinken Sie das! Bed Rull verleiht Flügel“, versicherte sie ihm. „Das brauche ich nicht, die habe ich schon“, ließ er verlauten. „Sie haben wirklich einen köstlichen Humor. Aber ich habe immer noch nicht so richtig verstanden, was Sie eigentlich hier wollen.“ „Es geht um diesen Autor.“ „Was ist mit ihm?“ „Ich habe in Ihren Gedanken gelesen, daß Sie ihn, nachdem er Ihre Liebe nicht erwidert hat, gerne umbringen möchten.“ „Das ist wahr. Ich hasse diesen Kerl.“ „Wunderbar. Gute Frau, wir Beide haben dasselbe Ziel.“ „Wirklich? Was hat er Ihnen denn angetan?“ „Ich mußte alle seine Bücher lesen. Ein Gericht hatte mich dazu verurteilt.“ „Wie furchtbar! Sie Ärmster! Ja, diese Bücher sind eine wahre Zumutung. Zum Glück bin ich Kritikerin.“ „Es geht um Folgendes: Ich kenne da vier Leute, die noch eine Rechnung mit dem Autor offen haben und die ihn killen würden. Das Problem ist, daß sie von sehr weit her kommen und einen Unterschlupf brauchen. Könnten die Vier für ein paar Tage bei Ihnen wohnen?“ „Aber selbstverständlich. Nur, warum macht das nicht einer für alle? Warum alle vier?“ „Weil er sie gleichermaßen erniedrigt und ausgebeutet hat. Sie müssen das Werk gemeinsam vollbringen, da nur so der Gerechtigkeit zu ihrem Recht verholfen wird.“ „Alles klar. Na da freue ich mich ja schon auf meine Gäste. Auf diese Art und Weise brauche ich mir die Hände nicht selbst schmutzig machen.“ „Also dann, in ein paar Tagen bin ich mit den Leuten zurück. Wir sehen uns, Gitta.“ „Ciao, Süßer!“

      Doch die Konkurrenz schlief nicht. Auch der Autor hatte Besuch bekommen und zwar von einer weißgekleideten jungen Frau, dem Heiligen Geist. „Ich muß Dich warnen. Dein Leben ist in Gefahr“, machte sie deutlich. „Das ist normal, daran habe ich mich gewöhnt“, entgegnete er gelassen. „Du Vollidiot! Es geht doch hier um viel mehr als um Dein nichtsnutziges, beschissenes, sinnloses kleines Leben. Es geht hier um alles oder nichts.“ „Moment mal! Das verstehe ich jetzt nicht.“ Und so erzählte sie ihm alles und noch mehr. Er erfuhr von der teuflischen Wette, von ihrer Ausbootung, von den schwulen Engeln, von seiner Todfeindin Gitta, die mit dem Teufel kollaborierte, sowie den neuesten Tratsch und Klatsch aus der Ewigkeit. „Also das hätte ich wirklich nicht für möglich gehalten, daß Elvis Presley und Lady Di ein Paar sind“, äußerte sich der Autor überrascht. „Das ist doch völlig unwichtig, Du Dummsülzer. Es geht hier um Dein Leben und um meine Allmacht“, wiederholte der Heilige Geist gereizt. „Und was soll ich jetzt tun? Mit meinem Buch aufhören oder die Hauptfiguren sterben lassen?“ „Bloß nicht. Du mußt immer weiterschreiben und darfst Deine Figuren nie aus den Augen lassen. Wenn der 13.Tag vorbei ist und Du noch lebst, dann haben wir es geschafft.“ „Aber was habe ich davon?“ „Du lebst weiter.“ „Vielleicht will ich das ja gar nicht.“ „Schön langsam gehst Du mir auf den Geist. Was willst Du?“ „Ich will wissen was Liebe ist. Ich bin so gefühlsarm, es ist furchtbar“, beklagte sich der Autor. Und sie zeigte es ihm.

      Vom Himmel hoch, da schieß’ ich quer

      „Unglaublich, was die alles macht, um ihre Macht zu behalten“, erwähnte Gott kopfschüttelnd. Nichtsdestotrotz war die Allmächtige mit sich und der Welt sowie mit der Ewigkeit zufrieden, was sie jedoch nicht daran hinderte, wie üblich ihren Psychiater aufzusuchen. „Ihre Versichertenkarte bitte“, verlangte ein bärtiger alter Herr. „Aber Doktor Freud, ich bin es doch, Gott“, meldete sie sich zu Wort. „Ich verstehe. Sie sind natürlich privat versichert. Was kann ich heute für Sie tun?“ „Ich möchte meine Kindheitstraumata aufarbeiten.“ „Meinetwegen. Dann sprechen