Adda Fried. Angelika Nickel

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Название Adda Fried
Автор произведения Angelika Nickel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847662853



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als es ohnehin schon ist, kann es kaum noch werden.«

      Bach sah Elfriede überrascht an. »Wer sind Sie denn? Auch ‘ne Kommissarin? Reichen die beiden nicht?«

      Elfriede antwortete, ohne nachzudenken: »Nein, eine Kommissarin bin ich nicht. Ich bin, nun, wie soll ich sagen«, sie druckste herum, »ich bin eher eine Art Kollegin, Assistentin, von«, sie zwang sich zu husten, krächzte zwischen nochmaligem, gekünsteltem Hustenanfall, kaum verständlich, »von der«, den Ton noch weiter gesenkt, »der Kommissarin.«

      »Wieso eigentlich zwei Kommissare? Bei nur einem Armfund, hätte ein Kommissar doch auch gereicht«, brummte Bach, sichtlich gereizt, und mit den Nerven am Ende.

      »Nur keine Bange, Herr Ingenieur, wir waren rein zufällig hier. Sind sozusagen in Ihre Leiche hinein spaziert. Bin heute nämlich eigentlich gar nicht im Dienst«, rief Adda dem Mann zu, während sie am Arm der Leiche zog und zog, und Kommissar Braun darauf achtete, dass Adda nicht stürzte.

      Urplötzlich gab der Pommesberg nach und unter Addas Händen kam eine Frau, Anfang dreißig, zum Vorschein.

      Als Bach sie sah, rief er entsetzt aus: »Aber … Das ist doch unsere Putzfrau!«

      Braun ließ Adda los, drehte sich um die eigene Achse, und wandte sich Bach zu. »Ihre Putzfrau? Können Sie mir dann bitte einmal erklären, wie die hierher kommt? Sollte die arme Frau womöglich die Pommes schrubben?«

      »Aber, Edgar, dazu gibt es hier doch all die Wasserbäder. Da braucht es niemanden, der die Pommes wäscht.« Wieder einmal sah Adda den Kommissar vorwurfsvoll und zugleich verwundert an.

      »Wohl noch nie was von schwarzem Humor gehört«, knurrte Braun, der immer noch auf Bachs Antwort wartete.

      »Ich kann an der ganzen Situation gar nichts Witziges finden.« Bachs Gesicht färbte sich hochrot. »Auch kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen, was Frau Magin hier gewollt hatte.«

      »Magin, ist das der Name der Toten?«, kam Adda Braun zuvor. Sie gab dem Kommissar einen Hieb auf den Arm. »Aufschreiben, Edgar. Is‘ wichtig.«

      »Bin ja schon dabei,« beeilte er sich, eine Antwort zu geben, und kam sich dabei schon fast wie Columbo vor; dennoch zog er sein Notizbuch aus der Tasche und notierte sich den Namen der Toten. »Magin, und, wie weiter?«

      Columbo, überlegte er, nachdem er den Notizblock wieder weggesteckt hatte, dazu fehlt mir nur noch der zerknitterte Trenchcoat und ‘ne Zigarre in der Hand.

      »Da muss ich in der Personalakte nachsehen. Auswendig weiß ich das nicht«, sagte Bach und machte sich auf den Weg, hin zur Personalabteilung, in der heute allerdings niemand tätig war. Nur die Fabrik zur Führung war geöffnet. Der Verwaltungsbereich jedoch, war samstags niemals personell besetzt; und das stank ihm derzeit allgewaltig. Nicht genug, dass sie einen Leichenfund hatten, jetzt musste er sich auch noch durch Löffelweins Personalablage wühlen. Und er wusste, die Löffelwein hatte ein Ablagesystem, mit welchem nur sie zurechtkam. Er schüttelte den Kopf. Nein, so konnte das nicht mehr weitergehen. Ab nächster Woche würde er das ändern. Eine schriftliche Anweisung, die Ablagetechniken betreffend, würde er schreiben, und sie der Löffelwein unter die Nase halten. Und wehe, sie hielt sich nicht daran. Dann konnte sie sich gleich einen neuen Job suchen. Dass sie bereits viele Jahre die Firma unterstützte, und dabei auch nie Fehlzeiten hatte, das interessierte ihn dabei nicht die Bohne. Wozu auch. Er hatte das Sagen, und damit basta! Finito! That’s it!

      »Das ist aber ’n Hammer. Der kennt noch nicht einmal die Namen von seinen Leuten. Anders als bei uns, wie, Edgar? Wir beiden wissen wenigstens, wie wir mit Vornamen heißen.«

      »Hast Recht, Adda. Und jetzt lass uns endlich wieder aus dem Pommesberg raus gehen. Hier können wir ohnehin nichts mehr tun. Jetzt müssen andere ran.«

      »Lässt du dir das einfach aus der Hand nehmen?«, wunderte sich Adda. »Das ist doch unser, äh, dein Fall!«

      »Nee, nee, kannst beruhigt sein, niemand nimmt mir was aus der Hand. Nur, die hier«, er deutete auf die Leiche, »gehört jetzt erst einmal der Gerichtsmedizin und danach nehmen die Dinge ihren Lauf.«

      »Gerichtsmedizin? Du, Edgar, da müssen wir hin. Auf der Stelle!« Adda stieg über das Geländer, während ihr Elfriede ihren Arm zur Hilfe entgegen streckte.

      Ihr hinterher, kam Edgar. Der Kommissar hatte krebsrote Füße. »Komme mir vor, als wäre alles an mir eingefroren.«

      »Oh, oh, das wollen wir für deine Frau aber nicht hoffen, mein Bester«, scherzte Adda, und zog sich dadurch, wieder einmal einen von Elfriedes tadelnden Blicken zu.

      »Herr Bach, wo sind Sie? Gibt es in diesem Gebäude irgendwo einen Kaffee zum innerlichen Aufwärmen?«, rief Braun, der vor Kälte schlotterte.

      »In der ersten Etage gibt es eine Cafeteria, dort können Sie sich Kaffee holen«, beantwortete die junge Frau, die die Gruppenführung innegehabt hatte, die Frage des Kommissars. »Dort ist heute zwar niemand, aber der Kaffeeautomat funktioniert auch so. Sie brauchen nur Kleingeld.«

      »Dann nichts wie los und hinauf zur Cafeteria. Ich muss mich jetzt erst einmal von innen heraus aufwärmen. Vorher geht gar nichts mehr.« Er wandte sich an Adda: »Bevor wir beide« er deutete von ihr auf sich selbst, »uns in die nächste Kältekammer aufmachen, muss ich erst einmal einen heißen Kaffee haben. Du auch, Adda?«

      »Ja, aber mit Zucker im Kaffee.«

      Elfriede sah die beiden sprachlos an. Kaffee! Wie konnte ihre Mutter nur in solch einem Augenblick an Kaffee denken?

      »Komm mit, Elfriede. Hast’s ja gehört, danach müssen wir drei auch noch in die Gerichtsmedizin.«

      »Mutter!«, empörte sich Elfriede aufs Neue.

      »Ja, ja, ich weiß. Deine schon einige Jahrzehnte.« Adda folgte Kommissar Edgar Braun in die Cafeteria, so dass Elfriede nichts anderes übrig blieb, als es ihnen gleichzutun, und mit ihnen mit zu gehen.

      7 - Kühl gelagert

      Adda trank ihren Kaffee in schnellen Zügen. Mit einem Blick auf den Kommissar, einem weiteren auf ihre Armbanduhr, stellte sie fest: »Für heute brauchen wir uns nichts mehr weiter vorzunehmen, Elfriede. Bis Edgar und ich erst noch im Leichenschauhaus waren …«

      Elfriede riss ihre Augen weit auf. »Wo willst du hin? Ins Leichenschauhaus?« Verständnislos schüttelte sie kaum merklich, den Kopf. Das durfte doch alles gar nicht wahr sein. Ahnte Adda nicht, welches Risiko sie damit einging? Als wenn sie ohnehin nicht schon froh sein konnte, dass dieser Kommissar ihr regelrecht aus der Hand fraß, anstelle sich bei seiner Dienststelle nach Kommissarin Adda Fried zu erkundigen. »Meinst du nicht, dass es jetzt so langsam reicht, Adda!«

      Braun blickte von seiner Tasse auf. »Aber, aber, junge Frau. Auch das gehört nun einmal zu unserem Beruf. Sicher, die Gerichtsmediziner tun ihre Arbeit, dennoch entbindet uns das nicht davon, uns auch noch in der Gerichtsmedizin, die Leichen nochmals näher anzusehen.«

      »Leichen …« Elfriede schluckte. »Soll das heißen, dass dort unter dem Pommesberg mehr als nur eine Leiche liegt?«

      »Aber ich bitte Sie, das war doch nur allgemein gesprochen.« Er wandte sich an Adda. »Für das, dass deine Tochter deine Assistentin ist, stellt sie aber recht eigenartige Fragen. Man könnte gerade meinen, dass sie Neuland betritt.«

      Adda maß Elfriede mit einem strafenden Blick, während sie nach Edgar Brauns Hand suchte. »Nicht doch, Edgar. Sicher ist das auch für sie kein Neuland. Nur, du musst verstehen, es ist Samstag, da hat sie«, Adda korrigierte sich, »haben wir normalerweise frei. Und Elfriede geht in dieser Hinsicht sogar so weit, dass sie in dieser Zeit ganz vergisst, was sie ansonsten immer tut.« Sie flunkerte das Blaue vom Himmel, ohne auch nur den Schatten von Röte ins Gesicht zu bekommen; und innerlich amüsierte sie sich über diesen Kommissar, der doch tatsächlich, zu ihrem Glück, naiv genug war, ihr jedes Wort zu glauben. Nur mit ihrer Tochter war das so eine Sache. Die hielt nichts vom