Blauer Himmelsstern. Bianca Wörter

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Название Blauer Himmelsstern
Автор произведения Bianca Wörter
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847656685



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gibt nur einen Unterschied zwischen uns."

      Jetzt wusste ich bestimmt, dass dies ein Traum war, wie sonst konnte er meine Gedanken lesen? Dass ich da nicht schon vorher daran gedacht hatte! Ich würde bestimmt bald aufwachen und hätte nur noch eine fantastische Erinnerung an diesen sagenhaften Traum.

      „Komm, fass mich an! Berühr mich! Ich bin Wirklichkeit!"

      Ich folgte der Aufforderung nicht, denn ich hatte den Mann schon berührt und es hatte mich nicht davon überzeugt, dass ich nicht doch träumte. Ja, sollte es denn? Es war doch nur ein schöner Traum und ich spürte schon das Bedauern, wenn ich aufwachen würde.

      „Im Traum kann man Menschen berühren und man hat den Eindruck, dass sie echt sind!", widersprach ich.

      Ich kam mit der Situation nicht mehr klar - so einen Traum hatte ich noch nie gehabt. Keine Traumgestalt hatte je darauf bestanden Wirklichkeit zu sein.

      „Nenn mich Don‘kar. Einfach nur als ‚Mann‘ bezeichnet zu werden ist nicht sonderlich schön", schmunzelte er.

      In diesem Moment sah ich nicht besonders intelligent aus - warum musste er dauernd meine Gedanken lesen, das verwirrte mich dermaßen!

      Don‘kar streckte seine Hand aus und streichelte mein Haar, mein Gesicht. Ich war wie elektrisiert! Er kam meinem Gesicht näher und näher, berührte meine Lippen mit seinen. Sie waren warm und weich.

      „Crisca, ich liebe dich."

      Woher kannte er meinen Namen? Ach so, es war ja ein Traum. Ein angenehmes Kribbeln erfüllte mich - ich brannte innerlich lichterloh. Genauso, wie meine Begeisterung stieg, so sehr überkam mich Angst, dass alles wirklich nur ein Traum war! Panik überfiel mich, dass ich irgendwann aufwachen und diesen seelischen Schmerz in der Magenspitze verspüren würde, weil ich jemanden verloren hatte, der mir im Traum zu sehr ans Herz gewachsen war und ich wusste, dass ich ihn nie wiedersehen würde, dass ich nie ein Leben mit einem Mann verbringen könnte, der so war wie ich, sodass der einzige Unterschied wirklich nur der war, dass er mein Mann und ich seine Frau war. Ich schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu verjagen. An diesem Tag wollte ich nur brennen, wenn es sein musste sogar verbrennen, wollte alles genießen, egal, wie es sich nach dem Aufwachen anfühlen würde.

      Don‘kar nahm mich in seine Arme, küsste mich und ich gab mich dem angenehmen Schauer in meinem Inneren hin.

      „Meinst du immer noch, dass dies ein Traum ist, oder hab ich dich überzeugt?"

      Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, hoffte nur noch, dass ich wach war.

      „Ich weiß nicht, ich habe in der Vergangenheit öfter Träume gehabt, in denen ich einen Mann geküsst hatte und manchmal noch mehr. Immer hat es sich echt und schön angefühlt, aber es war dennoch nur ein Traum gewesen."

      Don‘kar nahm meinen Finger und biss hinein. Sanft zwar, aber es tat weh. Nun ahnte ich, dass dies alles Wirklichkeit war. Egal in welchem Albtraum ich mich befand, ich empfand keinen Schmerz. Ein Albtraum, als mich eine Horde wilder Hunde jagte und die vorderen Hunde gerade zubeißen wollten, dann, als ich nicht mehr davonlaufen konnte und mich ihnen ergab, um ein schnelles Ende herbeizuführen, sprangen mich die Hunde abwechselnd an, stellten sämtliche Drohgebärden zur Schau, bellten, knurrten, sodass ich vor Angst fast verrückt wurde, doch sie bissen nie, ich empfand keinen Schmerz - irgendwann wachte ich stocksteif und schweißüberströmt auf.

      „Du bist wirklich! Du bist echt! Du...", ich war zu aufgeregt, um nur einen Satz vollständig denken, geschweige denn aussprechen zu können.

      Ich konnte meine Gefühle nicht mehr verbergen, nicht einmal vor mir selbst und wollte es auch nicht mehr. Ich streichelte über Don‘kars Gesicht, spürte die warme Haut.

      „Warum bist du hier? Warum sagst du, dass du mich liebst? Wieso mich?"

      Unzählige Fragen drehten sich in meinem Kopf. Er antwortete nicht und lächelte. Was sollte ich davon halten? Warum schwieg er?

      „Komm mit in den Stern, ich werde dir alles zeigen, es ist zu schwer, dir alles zu erklären. Sieh es selbst", ließ er mich wissen.

      Wie sollte ich auf die Einladung reagieren? Was war in dem Stern? Der Himmel? Die Hölle? Alles - nichts? Egal, ich wollte es wissen und nickte, zuerst zögerlich, dann ernst, da ich mich entschieden hatte.

      Don‘kar beugte sich zu mir herüber und nahm mich auf seine Arme. Um uns herum wurde alles in einer überdimensionalen Geschwindigkeit gleißend hell. Das Blau nahm an Intensität zu und schimmerte im Anschluss in allen Blauvarianten, die ich kannte und solche, die ich noch nie gesehen - von denen ich noch nie geträumt hatte. Plötzlich reduzierte es sich auf das flutend blaue Licht, das ich von meinem Schlafzimmer her kannte, ich blickte mich neugierig um - wir befanden uns in einem Tunnel, der vom Unendlichen kam und ins Unendliche führte.

      Don‘kar ließ mich sanft herunter: "Ich hab dich bis hierher getragen, weil dir so der Übergang leichter gefallen ist, aber du hättest auch allein gehen können."

      Nach dem nahen Kontakt zu seinem Körper wusste ich, dass mir das Getragen werden sehr viel besser gefallen hatte, leider war dieser herrliche Moment viel zu schnell vorbei gewesen. Don‘kar nahm mich an der Hand und gemeinsam liefen wir in dem blauen Lichttunnel, der ab und zu mit Lichtfontänen aus den instabil scheinenden Wänden, die wolkenartig um uns ragten, nach uns griff.

      Plötzlich kamen wieder Zweifel in mir auf, Zweifel, deren ich mich schämte, dass sie überhaupt in mir existierten, deren ich mich nicht erwehren, sie nur halbherzig unterdrücken konnte. Ich kämpfte gegen die Gedanken einer Entführung unter Drogen, einer Gehirnwäsche, einer Halluzination, eines tiefen Wahnsinns in mir an. Ich blickte schnell zu Don‘kar, ob dieser meine Gedanken wahrnahm und vielleicht enttäuscht war. Sein Gesicht war von mir abgewandt und ich konnte nichts an seiner Mimik erkennen, aber seiner starren Haltung und aus dem krampfhaften Versuch, mich nicht anzuschauen, obwohl er zuvor keinen Blick von mir gewandt hatte, entnahm ich, dass er um meine Gedanken wusste. Ich beschloss von diesem Moment an, nicht mehr nachzudenken. Ein sinnloses Unterfangen, aber es brachte mich für eine kurze Zeit tatsächlich dazu, sich den kreisenden Gedanken zu widersetzen. Was geschehen musste, geschah. Auch, wenn ich es nicht wollte - oder?

      Vor uns tauchte ein heller, blauer Lichtkegel auf, der nach innen gewandt immer heller wurde, so hell, dass das Blau in seinem Innersten wie ein grelles Weiß in meine Augen stach. Wir liefen weiter und waren dem Lichtkegel so nahe gekommen, dass ich die Intensität des Leuchtens nicht mehr mit meinen beschränkten Sinnen gemäß der menschlichen Natur erfassen konnte. Eigentlich hätten mir bei dieser Helligkeit die Augen schmerzen müssen, aber ich verspürte noch nicht einmal den Reflex, sie zum Schutz zu schließen.

      „Es ist ein kaltes Licht, das den Augen nicht schadet", erklärte mir Don‘kar.

      Warum musste er meine Gedanken lesen und warum musste ich immer denken?

      „Du wirst es bald erfahren."

      Schon wieder! Ich würde mich wohl daran gewöhnen müssen. Don‘kar funkelte mich lächelnd an.

      Der Lichtkegel war nun so groß, dass ich meinen Kopf heben musste, um seine obere Wölbung gerade noch sehen zu können. Er erinnerte mich an ein Tor zu einer anderen Welt, einer anderen Dimension. Don‘kar nahm mich wieder auf seine Arme, ging auf das kalte Licht zu, wir berührten es mit unseren Körpern, fühlten einen kleinen, elektrisierenden Widerstand und dann war es soweit: In diesem Moment wurde es noch heller, das Licht wirbelte, zerfloss, strömte um uns, schien uns zu heben und mit sich zu reißen - es war unendlicher als das Universum, unglaublicher als Magie. Als das Wirbeln aufhörte, ließ mich Don‘kar herunter. Ich wankte noch unsicher auf meinen Beinen, stand schließlich fest und sicher und blickte mich um: Das war also die Welt in dem blauen Himmelsstern?

      Das, was ich vor mir erkannte, versetzte mich in enttäuschtes Erstaunen. Enttäuschung, weil die Welt in dem Stern nur aus einem weiteren Tunnel bestand, wie der Gang, durch den wir in diese Welt gelangt waren. Erstaunen, weil es hier genauso schön, fantastisch blau und unwirklich wie in dem Tunnel war.

      „Was