R.A.O.D.. Orelinde Hays

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Название R.A.O.D.
Автор произведения Orelinde Hays
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847656807



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als die Tür neben mir aufging und der Doktor eintrat. Zu Siobhan gewandt meinte er: "Komm, Mädchen, geh jetzt nach Hause, ich kümmere mich um ihn!"

      Doch indem sie aufblickte, sah sie auch zu mir herüber und lächelte mich an. "Schau mal, er ist ja wach!"

      Amus kam an mein Bett, kontrollierte meinen Blutdruck und meinte dann: "Na, das sieht ja schon wieder ganz gut aus!"

      Siobhan nahm neben mir Platz und sah mich forschend an.

      Mir schossen tausend Fragen durch den Kopf, doch meine Lippen konnten nur ein: "Wo bin ich?" stammeln.

      "Keine Sorge, Sie sind hier gut aufgehoben. Ich bin Siobhan Kavanaugh und das ist Doktor Amus Kavanaugh, mein Schwiegervater. Meine Nachbarn Rose und John McKenzie haben Sie gefunden und in unsere Obhut gebracht. Können Sie sich an irgendetwas erinnern? Was mit Ihnen passiert ist? Oder können Sie mir vielleicht sagen, wie Sie heißen? Ob wir irgendwelche Angehörigen benachrichtigen können?"

      Das waren viele Fragen. In meinem Kopf schwirrte es. Der Versuch, mich zu erinnern, scheiterte kläglich.

      "Ich, ich weiß meinen Namen nicht... Was... was habe ich denn, was ist denn los?"

      Amus schaltete sich ein. "Nun, Sie haben eine schlimme Kopfverletzung und so wie es aussieht, eine schwere Gehirnerschütterung davongetragen. Das erklärt wohl auch, warum Sie sich im Moment an nichts erinnern können. Was uns mehr Sorgen macht...", er stockte plötzlich und schaute mich unsicher an. Dann fuhr er fort: "Na ja, wir würden schon gerne wissen, wie Sie zu der Schussverletzung an Ihrer Hüfte gekommen sind!"

      Oh Gott, eine Schussverletzung! Meine Verwirrung war komplett, jetzt verstand ich gar nichts mehr. Verzweifelt schaute ich auf Siobhan: "Was ist denn bloß passiert?"

      Sie beruhigte mich und nahm meine Hand. "Jetzt lassen wir es erst einmal gut sein, ja? Sie müssen wieder zu Kräften kommen, alles andere kommt dann von selbst. Ist Ihnen schwindelig, Sie werden ja ganz blass?"

      Ich konnte nur noch schwach nicken. In meinem Kopf drehte sich alles, eine bleierne Müdigkeit überrollte mich. Irgendwie schafften Siobhan es noch, mir etwas Tee einzuflößen und während sie meine Hand hielt, schlief ich wieder ein.

      Mein eigenes Zittern weckte mich gegen Mitternacht: Ich fror; ich fror entsetzlich und meine Zähne klapperten. Durch mein Stöhnen wachte auch Siobhan auf, die aus irgendeinem Grunde immer noch da und im Sessel eingeschlafen war. Sie holte Amus hinzu: "Er hat einen Fieberkrampf, was machen wir jetzt?"

      Der Arzt handelte schnell. "Ich gebe ihm was gegen die Krämpfe. Das kostet ihn sonst zu viel Kraft und die hat er nicht mehr." Dann wurde er nachdenklich. "Ich habe heute Abend mit Carl im Krankenhaus telefoniert, er hat für mich die Blutprobe nach Feierabend untersucht. Die Leberwerte sind sehr schlecht, es müssen wohl harte Drogen gewesen sein. Allerdings keine der üblichen Substanzen, anscheinend irgendeine Mischung. Es kam ihm schon merkwürdig vor. Er hat mir übrigens auch versprochen, Stillschweigen zu bewahren, nachdem ich ihm die Situation erklärt habe."

      Siobhan blickte ihn fragend an: "Was heißt das jetzt?"

      "Carl war sich nicht sicher wegen der Blutwerte, sie deuten auf eine bestimmte Lebererkrankung hin. Einen Teil der Probe hat er deshalb unter meinem Namen nach Dublin geschickt, dort ist das einzige Labor für diese Untersuchung. Hast du im Krankenhaus vielleicht mal damit zu tun gehabt: Das nennt sich hepatische Porphyrie?"

      Sie grübelte. "Nein, zumindest nicht direkt. Ich weiß allerdings, dass es mit der Entgiftungsfunktion der Leber zu tun hat. Irgendwie werden die Giftstoffe nicht wieder abgebaut, sondern dem Körper zurückgeführt oder so ähnlich... was bedeutet das für ihn?"

      "Nun, soweit Carl mir erklären konnte, müssen wir vorsichtig sein. Schmerzmittel dürfen wir nicht geben, denn dadurch könnten wir unter Umständen einen Leberkollaps auslösen. Den würde er in seinem Zustand vielleicht nicht überleben. Wenn sich das Giftzeug jetzt abbaut, kann er starke Schmerzen bekommen. Auf keinen Fall dürfen wir medikamentös eingreifen, das kann den nächsten Anfall auslösen. Uns bleibt also keine Wahl..."

      Sie sahen sich an und er konnte ihre Bereitschaft, zu kämpfen, fast körperlich spüren. Sie setzte sich immer mit aller Kraft für Menschen ein, denen es zu helfen galt, hatte stets ein offenes Ohr für ihre Sorgen und Nöte. Durch ihre herzliche Art hatte sie hier in Ballyvaughan schnell das Vertrauen der Leute gewonnen. Nach ihrer Ausbildung als Krankenschwester und der Tätigkeit im Hospital hatte sie sich noch zur Hebamme ausbilden lassen und dann die Stelle als Gemeindeschwester bekommen. Und diesen Mut der Verzweiflung, den er in ihrem Blick nun wahrnahm, diese Entschlossenheit kannte er nur zu gut.

      Unter einem Vorwand verließ Amus den Raum, denn sie sollte die Tränen nicht sehen, die ihm in die Augen schossen. Knapp vier Monate war es her, dass er in gerade diesem Zimmer seinen Sohn hatte sterben sehen. Er war einem Krebsleiden erlegen, mit nur vierunddreißig Jahren. Tag und Nacht hatten sie an seinem Bett gesessen und mit ihm gelitten, bis der Tod ihn erlöst hatte. Sein Sohn Brien, sein einziges Kind, sein ganzer Stolz. Wie sein Vater hatte er Medizin studiert, wollte später seine Praxis übernehmen. Amus sah auf das Hochzeitsfoto am Kaminsims und erinnerte sich an die glücklichen Augen seines Sohnes, als er ihm Siobhan vorgestellt hatte. Die junge Frau hatte wieder die Wärme ins Haus gebracht, die ihm seit dem Tode von Briens Mutter so gefehlt hatte. Mit einem Seufzer wischte er sich die Tränen aus dem Gesicht, holte tief Luft und ging dann in die Küche, um Tee aufzugießen.

      ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

      Dublin: Zwei Tage vorher.

      "Hallo?"

      "Ja?" Paul Egan erkannte die Stimme seines Freundes sofort. "Wie ist das Wetter heute?"

      "Okay, Code doppelrot, es ist das Trinity College, heute Nachmittag um 17:00 Uhr, ich wiederhole:17:00 Uhr! Wahrscheinlich die Heizungskeller, außerdem haben sie ein Waffenlager: O'Donnell's Bookshop, ein kleiner Laden in der Nähe vom Trinity, unten im Keller rechts hinterm Bücherregal ist der Zugang - Blau ist verschwunden - hast du verstanden?!"

      "Ja, ich habe verstanden! Wo um Gottes Willen bist du?!"

      "Ähm, ja in Ordnung Vater, ich besuche dich zu Hause... Hey, was soll das...!"

      Jemand legte den Hörer auf und Paul Egan wusste: Sein Freund war in ernsten Schwierigkeiten, ebenso wie sein Kontaktmann Sean Flannagan. Aller Wahrscheinlichkeit nach waren jetzt beide in den Händen der Terroristen und die würden nicht zimperlich mit ihnen umgehen. Den Anruf konnten sie nicht zurückverfolgen, geschweige denn, dass es auch nur den geringsten Hinweis gab, wo sie sich aufhielten.

      Sean Flannagan schluckte. In all den Jahren, in denen er für den Frieden im Untergrund kämpfte, hatte er viele Grausamkeiten erlebt. Aber dieser Connor, der hier das Sagen hatte, war von einer derartigen Kaltschnäuzigkeit... Er sah hoch und blickte Pauls Freund in die Augen, den sie halb bewusstlos geschlagen und nun mit den Händen nach hinten an einer Säule festgebunden hatten. Sie sahen sich an und wussten beide in diesem Moment, dass sie eigentlich schon verloren hatten, wenn Paul sie nicht rechtzeitig finden würde.

      "Nun...!", meinte Connor sarkastisch grinsend zu seinen Begleitern. Mit einer ruckartigen Bewegung packte er Sean an den Haaren und zwang ihn in die Knie. "Na, dann wollen wir mal sehen, ob dein Freund nicht doch mit uns plaudern möchte!"

      Flannagan hörte das Klicken der Pistole, die Connor an seine Schläfe hielt.

      "Oder möchtest Du lieber singen, Flannagan?! Was denkst du, sollen wir deinem Freund zuerst zerschießen: Die Beine oder die Hüfte?" Kaum, dass er es ausgesprochen hatte, knallte ein Schuss durch die alte Lagerhalle, in welche die Männer sie gebracht hatten. Sean sah entsetzt, wie sein Gegenüber aufschrie und mit schmerzverzerrtem Gesicht in sich zusammensank. Connor hatte ihm in die Hüfte geschossen. "Hör zu!", stieß er hastig hervor. "Hör zu, Mann, es war reiner Zufall, dass er mich besucht hat, er weiß nichts, er hat überhaupt nichts damit zu tun. Er wollte mir nur einen Gefallen tun mit den Lieferungen, war bloß an der Kohle interessiert! Alles andere ist ihm egal! Er hat von all dem keine Ahnung, glaub mir!!" Sean hatte versucht, mein Leben zu retten. Wie gelähmt sah ich hilflos zu, als Connor die Pistole an seine Schläfe hielt und abdrückte. "N E I I I N! ! !" Ich schrie, als könne es noch etwas ändern. Dann war meine Kraft zu Ende und ich verlor das Bewusstsein. Einen Tag später