Weihnachtserzählungen - 308 Seiten. Charles Dickens

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Название Weihnachtserzählungen - 308 Seiten
Автор произведения Charles Dickens
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742762993



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nach dem Wasser. Sie ging jetzt aufs Geratewohl, wie ich wußte,

       aber dabei schlug sie doch immer die richtigen Seitenstraßen ein,

       bis sie an den Strand kam. An jeder Ecke sah ich, wie ihr Kopf

       beständig einer bestimmten Richtung zugekehrt war, und das war

       stets die Richtung nach dem Fluß.

       Vielleicht war es nur die Dunkelheit und Stille der

       AdelphiTerrasse, die sie veranlaßte, in diese einzubiegen, aber

       sie tat es so entschlossen, als ob diese von Anfang an ihr Ziel

       gewesen wäre. Vielleicht war es auch wirklich so. Sie ging

       geradewegs auf die Terrasse zu und an ihr entlang und blickte

       dabei über das Geländer, und noch oft in späterer Zeit fuhr ich in

       meinem Bett aus einem Angsttraum empor, indem ich sie wie in

       jenem Augenblick vor mir sah. Die 43

       Verlassenheit des Kais unterhalb und das rasche Strömen der

       hohen Flut an dieser Stelle schienen sie zu locken. Sie warf einen

       Blick um sich, wie um den Weg nach unten herauszufinden, und

       schlug den richtigen oder den falschen Weg ein – ich weiß nicht

       welchen, denn ich bin vorher oder nachher nie dort gewesen –,

       während ich ihr folgte.

       Es war bemerkenswert, daß sie während dieser ganzen Zeit nicht

       ein einziges Mal zurückblickte. Aber in ihrem Gang war jetzt eine

       ein einziges Mal zurückblickte. Aber in ihrem Gang war jetzt eine

       große Veränderung wahrzunehmen; denn während sie bisher

       einen gleichmäßigen raschen Schritt eingehalten hatte, wobei ihre

       Arme auf der Brust gekreuzt waren, lief sie unter den unheimlich

       finsteren Wölbungen in wilder Eile mit weitgeöffneten Armen

       dahin, als wären es Flügel und sie flöge zum Tod.

       Wir befanden uns jetzt auf dem Kai, und sie blieb stehen. Auch

       ich machte halt. Ich sah, wie ihre Hände nach ihren Hutbändern

       griffen – im nächsten Augenblick war ich zwischen ihr und dem

       Kairand und faßte sie mit beiden Armen um den Leib. Sie hätte

       mich mit in die Tiefe reißen können, aber unter keinen

       Umständen wäre es ihr gelungen, sich von mir loszumachen –

       das sichere Gefühl hatte ich.

       Bis zu diesem Augenblick war es in meinem Kopf ganz wirr

       gewesen, und ich hatte nicht die geringste Ahnung gehabt, was

       ich zu ihr sagen sollte, aber sowie ich sie berührte, kam es wie

       ein Zauber über mich, und ich war im Besitz meiner natürlichen

       Stimme und meines Verstandes und konnte fast wieder ruhig

       atmen.

       »Mrs. Edson!« sage ich. »Meine Liebe! Sehen Sie sich vor. Wie

       konnten Sie sich bloß verirren und an einem so gefährlichen Ort

       wie diesen geraten? Sie müssen doch wirklich durch die

       verwickeltsten Straßen in ganz London hierhergekommen sein.

       Kein Wunder, daß Sie sich verirrt haben. Und gerade an diesem

       Kein Wunder, daß Sie sich verirrt haben. Und gerade an diesem

       Ort! Ich dachte wahrhaftig, hier käme nie ein Mensch hin,

       ausgenommen ich selbst, um meine Kohlen zu bestellen, und der

       Major aus dem ersten Stock, um seine Zigarre zu rauchen!« –

       denn ich sah diesen gesegneten Mann ganz in der Nähe, wie er

       so tat, als rauche er.

       »Ha – Ha – Hum!« hustet der Major.

       »Und wahrhaftig«, sage ich, »da ist er!«

       »Hallo! Wer da?« sagt der Major in militärischem Ton.

       »Nun!« antwortete ich. »Das ist doch die Höhe! Kennen Sie uns

       nicht, Major Jackman?«

       »Hallo!« sagt der Major. »Wer ruft Jemmy Jackman an?« Und

       dabei war er ganz außer Atem und spielte seine Rolle weniger

       natürlich, als ich es erwartet hätte.

       »Hier ist Mrs. Edson, Major«, sage ich. »Sie hat einen

       Spaziergang gemacht, um ihren armen Kopf zu kühlen, der ihr

       sehr weh getan hat; sie ist dabei vom Weg abgekommen und hat

       sich verirrt, und Gott weiß, wohin sie noch geraten wäre, wenn

       ich nicht gerade des Wegs dahergekommen wäre, um in den

       Briefkasten meines Kohlenlieferanten eine Bestellung

       einzuwerfen, und Sie nicht hier herumspazierten, um Ihre Zigarre

       zu rauchen! – Und Sie sind wirklich nicht wohl genug, meine

       Liebe«, sage ich zu ihr, »um sich ohne mich auch nur halb so weit

       Liebe«, sage ich zu ihr, »um sich ohne mich auch nur halb so weit

       von zu Hause zu entfernen. – Und Ihr Arm wird sicherlich sehr

       willkommen sein, Major«, sage ich zu ihm, »ich weiß, sie darf

       sich, so schwer sie will, darauf lehnen.«

       44

       Und mittlerweile hatten wir es soweit gebracht – dem

       Allmächtigen sei Dank! –, daß sie zwischen uns beiden

       dahinschritt.

       Ein kalter Schauer schüttelte sie vom Kopf bis zu den Füßen,

       und das Zittern hörte nicht auf, bis ich sie auf ihr Bett legte. Bis

       zum frühen Morgen hielt sie meine Hand fest und jammerte und

       jammerte: »Oh, der Elende, der Elende, der Elende!« Aber als

       ich schließlich so tat, als ob der Kopf mir schwer würde und ein

       tiefer Schlaf mich übermannte, hörte ich, wie das arme junge

       Weib mit so rührenden und demutsvollen Worten dem Himmel

       dankte, daß sie davor bewahrt geblieben sei, sich in ihrer Raserei

       das Leben zu nehmen, daß ich glaubte, ich müßte mir auf der

       Bettdecke die Augen ausweinen, und ich wußte, daß sie es nicht

       wieder versuchen würde.

       Da es mir gutging und ich die Ausgabe tragen konnte,

       schmiedete ich am folgenden Tag mit dem Major meine Pläne,

       während sie den tiefen Schlaf der Erschöpfung schlief; sobald es

       anging, sagte ich zu ihr:

       »Mrs. Edson, meine Liebe, als Mr. Edson mir die Miete für

       »Mrs. Edson, meine Liebe, als Mr. Edson mir die Miete für

       diese weiteren Monate bezahlte ...«

       Sie fuhr empor, und ich fühlte, wie ihre großen Augen auf mich

       gerichtet waren, aber ich fuhr mit meiner Rede und meiner

       Nadelarbeit fort.

       »... ich bin nicht ganz sicher, ob ich die Quittung richtig datierte.

       Könnten Sie sie mir einmal zeigen?«

       Sie legte