Название | Das magische Armband |
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Автор произведения | Janine Zachariae |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783748565260 |
»Wie wollte sie sich das Leben nehmen?«, seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, sehr zurückhaltend.
»Es gab einen Wald, den ich immer entlang lief - wenn ich zum Haus meiner Oma wollte - und da war sie. Der Wald war an einem Hang. Sie wollte hinunter springen. Eigentlich wäre ich auch nie so tief hinein gegangen, aber plötzlich war ich dort. Sie stand da und wirkte so ängstlich. Sie wollte nicht springen. Aber sie glaubte es. Ich ging so nahe, dass ich sie fast berühren konnte. Als sie noch immer nicht umkehrte, stellte ich mich genau neben sie.«
»Du hast dich an diese Klippe gestellt?«
»Ich nahm ihre Hand und zitierte ›Titanic‹: ›Wenn du springst, springe ich auch, Jack‹. Erst später habe ich erfahren, dass es ihr Lieblingsfilm ist. Sie schaute mich an und fragte, warum ich das mache. ›Du wirst ein wunderbares Leben führen. Wenn du das jetzt alles beendest, wirst du nie erfahren, was für Wunder du erleben wirst. Du wirst niemals erleben, wie du dich verliebst. So richtig mit Schmetterlingen, Herzklopfen und schlaflosen Nächten, in denen ihr nur SMS schreibt. Du wirst nie einen Heiratsantrag erleben, deine Hochzeit. Die Geburt deines Kindes. All das wird dir nie passieren, wenn du jetzt aufgibst. Ja, das Leben ist manchmal scheiße. Ja, Kinder oder Jugendliche können gemein sein, brutal sogar. Aber eines Tages wirst du darüber stehen können. Du wirst Größe beweisen und stärke zeigen. Eines Tages wirst du zurückblicken und froh sein, heute nicht gesprungen zu sein. Lass nicht zu, dass solche Idioten siegen. Und wenn du es nicht deinetwegen machst, dann meinetwegen.
Ich möchte nicht sterben, aber ich werde deine Hand auch nicht loslassen. Du entscheidest. Hier und jetzt kannst du bestimmen, ob du das Mädchen bist, was ich glaube, du bist es oder ob die Schwachköpfe an der Schule recht haben. Aber du bist mehr Wert, als das hier.‹« Ich lächelte. Bisher habe ich das nur meiner Oma erzählt. »Das Mädchen sah mich an und ging einen Schritt zurück, in Sicherheit. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich umarmte sie und ging mir ihr hinaus, raus aus dem Wald. Ich lud sie ein mit zu meiner Oma zu kommen. Und wir drei aßen ein leckeres Eis. Anschließend ging ich mit ihr noch spazieren und sie sprach sich aus. Als sie fertig war, gab ich noch einen Rat mit auf den Weg. Ich sagte ihr, sie solle alles hinter sich lassen und neu anfangen. Kurz darauf zog sie weg. Wir blieben in Kontakt und schreiben uns E-Mails.«
»Noch immer?«
»Ja. Wobei, da fällt mir ein, darf ich Ihr WLAN irgendwann benutzen?«
»Oh, ja, selbstverständlich. Ich gebe dir morgen das Passwort, wenn es reicht.«
»Super, danke.« Das war gut. Denn ich war seit einigen Tagen nicht mehr online.
»Was du für das Mädchen gemacht hast, war sehr mutig. Wie heißt sie?«
»Johanna. Aber ich nenne sie Jo, so wie ihre Lieblingsfigur der Literatur.«
»Aus ›Betty und ihre Schwestern‹«, stellte er fest.
»Es ist auch eines meiner Lieblingsbücher. Wir haben, bevor sie wegzog, den Film angeschaut. Wunderschön. Und als sie Geburtstag hatte, schenkte ich ihr die animierte Serie dazu. Sie kannte sie nicht, aber hat sich sehr gefreut darüber. Kennen Sie sie?«, fragte ich ihn.
»Ja, natürlich. Die Bücherreihe davon auch.«
»Wunderschön, nicht wahr?! Gut, es ist eigentlich eher Kinderliteratur. Aber wen kümmert es?«
»Da hast du recht«, stimmte er mir zu.
»Was ist Ihr Lieblingsbuch?«
»Huch, das ist schwer.«
»Ich weiß. Aber es gibt immer eins, was man lieber mag. Das Gleiche gilt ja auch für Musik. Irgendwas mag man immer mehr.«
»Ja, das stimmt. Rate doch einfach mal.«
Ich schaute ihn skeptisch an, stand auf und ging zu seinem Bücherregal - oder besser gesagt, zur Bücherwand. Es müssen hunderte gewesen sein. »Sie haben eine wirklich tolle Auswahl.«
»Wenn du magst, kannst du dich gerne bedienen.«
»Vielen Dank, ich werde sicherlich darauf zurückkommen.« Dann schaute ich mich weiter um. Aber das war schwieriger als gedacht. Es war einfacher, seine Lieblingsband zu erraten, und das teilte ich ihm auch mit. »Sie haben eine gute Musiksammlung. Sie haben viele verschiedene Richtungen. Aber ich glaube, Ihre Lieblingsband haben Sie nicht auf CD.«
»Und warum nicht?«
»Weil Sie es auf LP haben. Platten sind wertvoll und einzigartiger. Sie drücken mehr aus. Heutzutage gibt es fast nur noch alles als MP3. Aber Sie sind gleichermaßen modern, wie altmodisch. Daher tippe ich auf die Beatles. Jedenfalls aus England. Aber Sie kategorisieren und haben auch aus Amerika einen Lieblingssänger und das wäre ›Buddy Holly‹. Band würde ich behaupten, mögen Sie ›Green Day‹, da diese Band das sagt, was viele denken und sich nicht zurücknehmen. Was eine gute Wahl ist. Ach ja, und Lieblingsengländer ist Robbie Williams. Wie gesagt, Sie mögen Oldies, genauso wie modern Rock oder Pop.« Während ich das sagte, schaute ich mir weiterhin die Bücher an. Da ich nichts hörte, drehte ich mich um. Er wirkte leicht verstört. »Habe ich falsch gelegen oder was gänzlich Dummes gesagt? Ja, okay, Sie haben alle, außer ›Buddy Holly‹ und ›The Beatles‹, auf CD.« Noch immer sah er sehr perplex aus.
»Äh, wie hast du das gemacht?«
»Wie habe ich was gemacht?«
»Mir gesagt, was ich gerne höre.«
»Oh, das. Das war sehr einfach.« Er wirkte verwirrt. »Ich erkläre es Ihnen. Sie haben Ihre Musik nach Land und Genre sortiert. Und das sehr gut, nebenbei bemerkt. Ihre Sammlung weist allerdings Lücken auf, wenn ich mich nicht irre. Dennoch erkennt man Ihre Vorlieben. Manches hören Sie mehr, als anderes. Sie richten sich da nach Stimmung. Wenn Sie Arbeiten korrigieren, brauchen Sie oftmals eine bestimmte Musik - die aber auch zum Fach passen muss. Sie mögen keine Coverbands, haben aber ›Erasure‹, die bekannterweise ›Abba‹ coverten. Natürlich hören Sie auch Radio. Aber meistens zum Essen, oder wenn Sie kochen. So bekommen Sie das Neuste mit und haben nebenbei auch noch Nachrichten, die alle halbe Stunde gesendet wird. Zum Joggen brauchen Sie was Poppiges. Wenn Sie gestresst sind, dann darf es auch mal Rockabilly sein. Das baut Sie wieder auf. Und wie ich nun auf Ihre Lieblingsmusik kam? Nennen Sie mich spontan, aber das war Bauchsache.« Jetzt starrte er mich an. Nun war ich es, die verwirrt war. Und blickte unsicher zu seiner Musiksammlung.
»Wow«, war alles, was ich zu hören bekam.
»Und was Ihr Lieblingsbuch angeht, so bin ich leicht durcheinander.«
»Wieso?«
»Sie haben, natürlich, eine ziemlich große Auswahl. Moderne Literatur, Literatur des 19. Jahrhunderts, und so weiter. Aber ich glaube, Ihr Lieblingsbuch ist ›Peter Pan‹ von James Barrie.«
»Unglaublich. Wie kommst du darauf?«
»Sie erzählten mir, Ihre Mutter sei vor langer Zeit verschwunden, also haben Sie sich an das Einzige geklammert, was Sie von ihr hatten.« Ich zog ein vergilbtes, sehr mitgenommenes und lädiertes Buch heraus. Es war etwas versteckt. »Sie hieß Calista, oder?« Er nickte. »Jedem ist etwas wichtig. Man hebt es auf. Wenn es brennen würde, würde man das retten, was einem am Herzen liegt. Geld, Papiere können zur Nebensache werden. Man rettet die Liebsten, aber auch wenigstens ein Andenken. Wenn ich mir all die Bücher ansehe, dann ist das hier, welches am meisten benutzt aussieht, aber natürlich nicht das Älteste ist. Schlussfolgerung.«
»Und deshalb glaubst du, ›Peter Pan‹ wäre mein Lieblingsbuch? Weil es benutzt aussieht?« Da musste ich lachen.
»Nein, natürlich nicht nur. Sie erzählten mir, Ihr Vater wollte immer nur Höchstleistungen. Sie mussten immer und überall der Beste sein. Stimmt’s?«
»Das ist korrekt.« Wieder musste ich lachen.
»Und Sie mussten früh Erwachsen werden. Wer viel erreichen soll, der muss früh anfangen. So einfach und doch so schwierig. Nie hatten Sie wirklich eine Kindheit. Sie können einige Instrumente spielen,