Der Tote von Trévarez. Jean-Pierre Kermanchec

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Название Der Tote von Trévarez
Автор произведения Jean-Pierre Kermanchec
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738056501



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Aperitif steht auf der Terrasse mein Schatz“, rief sie Ewen zu, als sie sich auf den Weg in die Küche machte, um die gerade frisch geschnittenen Rosen in eine vorbereitete Vase zu stellen.

      Ewen war automatisch auf die Terrasse gegangen und hatte sich bereits in seinen Sessel gesetzt, das Weinglas mit dem gekühlten Rosé gefüllt und den danebenliegenden Ouest France in die Hand genommen. Einzig die amuses gueules, die sonst auch auf dem Tisch standen, fehlten heute. Nicht, dass Ewen ein Macho-Typ war, er war aber ein ausgesprochener Gewohnheitsmensch. Bevor er Carla noch nach kleinen Häppchen zum Aperitif fragen konnte, trat sie bereits auf die Terrasse mit einem Teller voller erwarteter Köstlichkeiten.

      „Ich habe heute etwas anderes gemacht, Ewen, du wirst auf deine Paté aux pommes verzichten müssen. Ich habe Galettes Bretonnes mit Roastbeef gemacht.“

      „Oh, Galettes mit Roastbeef? Das ist neu, die habe ich noch nicht probiert.“

      Ewen war gespannt auf die Galettes. Crêpes und Galettes mochte er durchaus. Er besuchte regelmäßig mit Carla eine gute Crêperie. Er mochte vor allem die Crêpes-complète, die mit Käse, Schinken, Ei und manchmal noch mit Kartoffeln gefüllt waren. Dazu genossen sie gerne einen guten bretonischen Cidre. Aber jetzt gab es nicht eine ganze Galette, sondern kleine geschnittene Streifen.

      „Versuch doch bitte einmal und sag mir, wie sie dir schmecken.“ Carla hielt Ewen den Teller hin. Er nahm sich ein Scheibchen und biss hinein. Es schmeckte köstlich.

      „Die sind ja wunderbar gefüllt! Wie hast du das gezaubert?“ Ewen griff erneut zum Teller und nahm sich eine zweite Scheibe.

      „Ach, das ist gar nicht viel Arbeit gewesen. Ich habe eine Mischung aus Frischkäse, Meerrettich und etwas klein geschnittener Kresse hergestellt, mit Salz, Pfeffer und etwas Piment d´Espelette gewürzt. Dann brauchte ich nur noch die Galettes mit dem Käse zu bestreichen, habe das Roastbeef daraufgelegt und etwas Sel de Guérant und einige Spritzer Zitrone hinzugefügt. Dann habe ich die Galettes eingerollt, sie mit Frischhaltefolie umwickelt und zwei Stunden kaltgestellt. Danach brauchte ich sie nur noch in kleine Häppchen zu schneiden. Du siehst es geht ganz schnell.“

      „Und schmeckt einfach köstlich zu einem Rosé.“

      Ewen war wieder einmal von Carla überrascht worden. Sie brachte es fertig, immer wieder eine neue Köstlichkeit zuzubereiten.

      Nach dem Abendessen blieben sie noch auf der Terrasse sitzen und genossen zusammen ein Glas Bordeaux.

      Kapitel 6

      Am nächsten Morgen fuhr Ewen gegen neun Uhr ins Büro. Paul Chevrier stand mit Dustin auf dem Gang, vor den Büroräumen auf der zweiten Etage des Kommissariats.

      „Bonjour Paul, Bonjour Dustin, begrüßte er seine Kollegen. Gibt es etwas Neues?“

      Dustin wandte sich an Ewen und nickte.

      „Ja und nein, wir haben bei Robert Courtain nicht viel gefunden. Entweder hat der Mann alles sofort beseitigt, oder die Erpressung ist nicht von ihm ausgegangen.“

      „Dustin, das geht mir jetzt zu schnell. Du willst sagen, dass ihr keinerlei Hinweise darauf gefunden habt, dass der Mann Erpresserbriefe geschrieben hat? Nur den einen, den Paul im Papierkorb gefunden hat? Wenn er so vorsichtig gewesen ist, warum wirft er dann ausgerechnet den letzten Brief in den Papierkorb? Das ist doch wie auf den Präsentierteller gelegt.“

      „Darüber habe ich gerade mit Paul gesprochen. Wenn Courtain wirklich die Briefe verfasst hat, und stets darauf geachtet hat keinerlei Spuren in seinem Haus zu behalten, warum hat er dann diesen Brief in den Papierkorb geworfen? Ich neige dazu zu behaupten, dass der Brief dort deponiert worden ist.“

      „Deponiert? Aber von wem? Habt ihr Spuren eines Einbruchs finden können?“

      „Spuren einer gewaltsamen Öffnung der Haustür oder eines Fensters haben wir nicht gefunden. Wenn jemand den Erpresserbrief absichtlich in den Papierkorb von Courtain gelegt hat, dann musste er einen Hausschlüssel gehabt haben.“

      „Wer käme da in Frage? Vielleicht sein Freund, Thierry Guillem? Der hat uns gesagt, dass Robert Courtain keinerlei Verwandte hat. Er hat auch nicht mit einer Frau zusammengelebt. Dann bleibt doch nur er übrig.“

      „Guillem hat ihn aber als vermisst gemeldet.“ Paul sah Dustin und Ewen fragend an.

      „Warum hat er ihm dann den Brief untergeschoben und seinen Freund damit belastet? Die Spur führt so doch unweigerlich in seine Richtung.“

      „Stimmt schon, aber vielleicht hat er nicht daran gedacht weitere Spuren zu legen.“

      „Wir werden es wohl überprüfen müssen. Es wäre natürlich auch möglich, dass Courtain nur nicht mehr dazu gekommen ist, die verräterischen Spuren zu vernichten.“

      „Wir haben keinen Hausschlüssel bei ihm gefunden. Der Mörder könnte durchaus mit Hilfe des Schlüssels von Courtain in sein Haus gelangt sein und den Brief in den Papierkorb gesteckt haben. Wir müssen zuerst zu 100 Prozent ausschließen können, dass er nicht der Erpresser gewesen ist. Ich kümmere mich sofort um die Frage seines Aufenthaltes auf der Île-de-Bréhat.“

      „Wir haben uns auch sein Büro angesehen“, fuhr Dustin mit seinem Bericht fort.

      „Auf dem Schreibtisch haben wir einen Notizzettel mit einigen Buchstaben und Ziffern und dem Wort Samstag gefunden. Vielleicht werdet ihr ja schlau daraus.“

      Dustin reichte Ewen einen kleinen Zettel auf dem Stand lediglich:

       Samstag 22 n E P T

       Sig 200.000

      „Ich habe dir einige Aktenordner die wir gefunden haben in dein Büro gelegt. Vielleicht findest du ja etwas Bedeutungsvolles.“ Damit verabschiedete sich Dustin von Ewen.

      Auch Paul verließ seinen Kollegen und ging in sein Büro. Das Fehlen von weiteren Hinweisen kam Ewen schon seltsam vor. Üblicherweise fand sich immer irgendeine Kleinigkeit. Ewen öffnete seine Bürotür und trat ein, legte sein Jackett über den Besucherstuhl vor seinem Schreibtisch und ging zum Telefon. Er wählte die Nummer von Robert Gallic, der sich mit dem Notebook von Courtain beschäftigen sollte.

      „Bonjour Robert, hast du schon etwas finden können auf dem Notebook?“

      „Bonjour Ewen, du hast es aber eilig. Normalerweise fragst du zuerst wie es mir geht. Spaß beiseite, ich habe mir das Notebook von Courtain angesehen. Er hat eine ganze Menge an Emails und erstaunlich viele Bilder auf dem Rechner. Ich vermute, dass er das Fotografieren als Hobby betrieben hat. Natürlich habe ich noch nicht alle Fotos ansehen können. Die Emails sind größtenteils geschäftlicher Natur gewesen. Ich habe noch nichts gefunden, dass in irgendeiner Weise mit einem Verbrechen zusammenhängen könnte. Allerdings, wie ich schon gesagt habe, bin ich noch nicht mit allem fertig.“

      „Danke Robert, du informierst mich, falls du doch noch etwas finden solltest.“

      Damit legte Ewen den Hörer auf und starrte auf seinen Schreibtisch, auf dem noch immer die Berichte des Pathologen und der Spurensicherung vom Tatort lagen, ebenso die Ordner von denen Dustin gerade gesprochen hatte. Ewen sah sich den Bericht des Pathologen an. Der Mann war mit einer Waffe vom Kaliber 9 mm erschossen worden. Das Projektil war bereits von Yannick an die Kriminaltechnik übergeben worden. Er schlug den Bericht der Spurensicherung auf.

      Dustin hatte einen Zigarettenstummel aus Ägypten gefunden, der Marke Cleopatra, die es in Frankreich nicht zu kaufen gab. Sie mussten überprüfen, ob in den letzten Monaten eine Person, die auf irgendeine Weise mit dem Fall in Verbindung stehen konnte, in Ägypten gewesen war. Ewen stand auf und ging an seine Pinnwand. Wer war bis jetzt in diesem Fall als Zeuge oder Beteiligter verhört worden?

      Da war zuerst einmal das Ehepaar, das den Toten gefunden hatte. Christophe und Pascale Kerdiles. Dann war da der Freund des Toten, Thierry Guillem. Der Bewohner des Hauses, das unmittelbar am Zaun zum Park von Trévarez lag. Der Mann hieß David