Spurlos in Sallyview. Patricia Causey

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Название Spurlos in Sallyview
Автор произведения Patricia Causey
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742733597



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in unserem Bezirk zu werden. Daher brauchten wir ein wenig von dieser besonderen Aura eines erfahrenen Ermittlers, was auf uns abfärben sollte.

      Das dritte Jahr im Bereich Strafrecht tat uns beiden nicht wirklich einen Gefallen und war einfach zu viel der Theorie. Wir lebten stattdessen gern nach dem Credo learning by doing. Bedauerlicherweise hatten wir schnell erkannt, wie viel Zeitverlust das Studium in der Tat für uns bedeutete, und unser Traum, eines Tages die bösen Jungs durch eine Straßengasse mit einer schweren Dienstwaffe auf unseren Taillen zu jagen, begann allmählich zu verblassen. Das war noch zu der Zeit, bevor Jamal die Idee hatte, unsere eigene private Detektei zu eröffnen. Nun brauchten wir nicht länger zu träumen, sondern konnten uns direkt ins Ermittlerleben hineinstürzen, zumindest, wenn wir dafür genügend Aufträge hätten.

      Die bisherigen Aufträge bestanden aus eifersüchtigen Ehemännern oder Ehefrauen, welche den Verdacht hegten, dass ihre Partner fremdgegangen waren. Wir legten den Klienten für solche Fallarten mehrere Beweisfotos vor und kassierten eine nette kleine Summe.

      Zwar hatten wir keinen eigenen Dienstwagen oder gar ein eigenes Büro, jedoch war es am besten, uns nicht vorschnell zu beurteilen. Denn wir arbeiteten sehr hart daran, dass sich unser Traum erfüllte.

      So stand ich nun vor der Polizeistation und war völlig in meinen Gedanken der Rückblende unserer Geschichte versunken. Das Gebäude auf meiner Seite, in der sich die Polizeistation befand, war eine lange Ausdehnung aus mehreren Geschäften, und ich betrachtete in einer Glasfassade mein eigenes Spiegelbild.

      Das Spiegelbild meines eigenen Ichs, mit dem guten bürgerlichen Namen Derek Teagan. Mein braunes Haar war ein reines Chaos, das sich entlang meiner Schweißperlenstirn zierte. Mehrere Schnittwunden befanden sich auf meinen schlanken Armen, und zudem ein großer Riss in meinem Shirt. Es war etwas schwer zu erkennen, doch war auch eine Schnittwunde auf meinem Kopf zu sehen. Ich zuckte zusammen, als ich bemerkte, dass die Wunde über meine blasse Haut bis oberhalb der Augenbrauen ging. Es würde sicherlich eine Weile dauern, bis diese vollständig verheilt war. Sie befand sich nur wenige Millimeter von meinen grün-grauen Augen entfernt, und ich lächelte stolz, als ich erkannte, dass daraus eine einschüchternde Narbe entstehen würde. Meine Augen hatten den Rest meines Körpers gescannt, doch nach einer Weile bemerkte ich, dass das alles an Verletzungen war. Ich zupfte noch mein Haar zurecht, als eine korpulente Dame an der Scheibe des Shops mit einem Besen in der Hand auftauchte. Das Glas beschlug, als sie etwas sagte, und ich trat näher, um sie hören zu können.

      „Verschwinde von meinem Laden, du Rumtreiber“, kreischte ihre dumpfe Stimme kläffend durch das Glas.

      Dies war also das Ergebnis meines momentanen Erscheinungsbildes, sagte ich mir selbst in Gedanken und entfernte mich, durch die kleine Verfolgungsjagd erschöpft, vom Laden. Ich ging hastig über den Bürgersteig und an den starrenden Gesichtern vorbei, welche sich über mein Erscheinungsbild wunderten, bis ich an der Straßenecke ankam, an der Jamal auf mich gewartet hatte.

      Dies war die Straßenecke, an der wir uns stets getroffen hatten, sobald wir durch eine Fallermittlung voneinander getrennt waren. Sein Gesicht erhellte sich, als er mein hinkendes und ungepflegtes Aussehen auf der anderen Straßenseite erspäht hatte.

      „Was zum Geier ist mit dir passiert?“, fragte er mit einem amüsanten Ton.

      „Sagen wir einfach, ich war schnell genug“, gab ich ihm zur Antwort.

      „Das kommt davon, wenn du der Meinung bist, besser als ich in Form zu sein“, erklärte er und beäugte mein chaotisches Aussehen. Es stellte sich heraus, dass Jamal mehr Glück bei seiner eigenen Verfolgungsjagd gehabt hatte. Sein Verfolger hatte schnell die Fährte verloren, weshalb Jamal auf mich sehr entspannt wirkte.

      „Bist du noch hungrig?“, fragte er.

      „Gibst du einen aus?“, begegnete ich ihm mit einer Gegenfrage.

      „Hast du eigentlich jemals Geld?“, lachte Jamal herzlich.

      „Erinnere mich daran, diese Frage zu beantworten, wenn mein Job gerade nicht darin besteht, das Geschirr in der Cafeteria des Colleges zu reinigen“, scherzte ich.

      „Wie viel die Stunde?“, erkundigte er sich belustigt, als wir geradewegs auf ein Café am Ende der Straße zuliefen.

      „Zehn Dollar“, sagte ich, nachdem ich in Gedanken fünf Dollar hinzugefügt hatte, um dabei nicht meine Würde zu verlieren.

      „Das ist moderne Sklaverei“, protestierte er heftig.

      „Was würdest du den Kerlen sagen, die wirklich diesen Job ausführen müssen?“, erkundigte ich mich neugierig bei ihm.

      „Ich würde ihnen mitteilen, dass sie lieber in die Abendschule gehen oder ein Handwerk erlernen sollten, denn die Art von Tätigkeit hält die Heizung nicht auf Dauer am Laufen“, erklärte er mir.

      „Kumpel, aber jemand muss das Geschirr waschen. Sieh mal, einige Leute spielen in unserer Gesellschaft nun mal eine Rolle, selbst wenn manche Tätigkeiten nicht so glamourös sind“, erklärte ich ihm darauf und dachte dabei mit einem leichten Anflug an Scham an meinen Vater, weil dies genau seine Worte hätten sein können.

      „Da magst du Recht haben“, sagte er. „In wenigen Jahren werden wir einige Jungs aus unserer Highschool wiedersehen, die dann an der Schule lediglich als Sporttrainer in Teilzeit arbeiten. Wer hätte dies noch gedacht, zu Zeiten, in denen wir Algebra gelernt haben?“

      „Genau. Das Universum hat einfach einen Plan für jeden von uns“, stellte ich fest.

      „Ich bin im Herzen ganz bei Jesus, dennoch sitzt dein Herz an der richtigen Stelle“, klopfte Jamal mir lobend an die Schulter.

      Die Glocke über uns hatte laut geklingelt, als wir das Café betraten. Sämtliche Köpfe hatten sich in unsere Richtung gedreht, als sie dabei mein lumpiges Aussehen bemerkt hatten. Mich beschlich das Gefühl, dass Jamal und ich in der Klischeerolle die Charaktere vertauscht hatten. Jamal sah im Gegenzug zu mir gepflegt aus, während die Verfolgungsjagd über die Dächer dieser Stadt mein Aussehen in etwas Schäbiges verwandelt hatte. Diese Menschen und ihre Vorurteile, dachte ich insgeheim.

      „Bist du sicher, dass du ausgerechnet hier essen möchtest?“, erkundigte sich Jamal mit einem Grinsen auf dem Gesicht und nachdem er ebenso die verurteilenden Schwingungen bemerkt hatte.

      „Warum, zum Teufel, nicht?“, antwortete ich prompt und schnipste mit meinem Finger nach dem Kellner, der mich dabei irritiert ansah, als ich für uns beide einen Sitzplatz gefunden hatte.

      Ich mochte verurteilende Menschen nicht, die nur nach den Äußerlichkeiten einer Person gingen, ohne deren Beweggründe zu kennen.

      „Entschuldigen Sie bitte, leider haben wir keine Schnäppchen-Mahlzeiten“, sagte er mir gegenüber herablassend.

      Jamal zog ein großes Bündel Bargeld hervor, das in ein Gummiband gewickelt war, und ließ es auf den Tisch fallen.

      „Würde dies in der Situation helfen?“, fragte er, und der Kellner lief sofort rot an. Dieser räusperte sich und zeigte uns widerstrebend das Menü.

      „Ich möchte das Schinken-Truthahn-Sandwich mit einer Tasse Kaffee“, bestellte Jamal, und der Kellner nickte, bevor er mich daraufhin langsam ansah. Seine Augenbrauen waren mit schlecht verschleierter Verachtung angehoben.

      „Wissen Sie, ich fühle mich heute noch unentschlossen“, sagte ich und rieb mir die Hände. Der Kellner nickte und war drauf und dran, wegzugehen, als ich ihn mit Absicht wieder zu mir rief. Für seine herablassende Art musste er einfach büßen.

      „Wenn ich es mir genau überlege, möchte ich das Gleiche wie mein Freund hier“, sagte ich, während sich seine Augen vor Wut verengt hatten. Dennoch nickte er. Er ging wieder fort, als meine Finger lautstark erneut nach ihm schnipsten, um ihn wieder mit Absicht zurückzubestellen. Einige der Gäste schienen meine Absicht durchschaut zu haben, denn beinahe jeder im Raum warf mir einen verärgerten Blick zu, so, als ob sie mir mitteilen wollten, dass dies der Genugtuung genug sein sollte.

      „Ich habe wirklich nur gute Dinge