Название | Scheinheilung und Patientenerschaffung - Die heillose Kultur - Band 3 |
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Автор произведения | Dr. Phil. Monika Eichenauer |
Жанр | Зарубежная психология |
Серия | |
Издательство | Зарубежная психология |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783844217759 |
Die Arten und Weisen der Zerstörung des Menschen sind zahlreich. Man hat Prinzipien auf Menschen angewandt, die seiner unwürdig sind. Dazu zählt auch der generelle Umgang mit Menschen und deren medizinischer Versorgung. Der Mensch wird angegriffen, statt geschützt – und das, weil es primär allerorts um Geld und nicht um Heilung und Erhalt des Menschen geht. Im Gegenteil ist es so, dass der Mensch lernen muss, trotzdem zu leben! Politisch und wirtschaftlich wird so getan, als seien die Folgen von Kapitalismus und Globalisierung eine geschichtlich natürliche Konstante, die im Rahmen der Evolution entstünde: Der Stärkste setzt sich durch und überlebt. Zu bedenken wäre, dass es vielleicht nicht diejenigen sein werden, die momentan denken, dass ihnen kein Unheil zustoßen könne: Die Hungernden wehren sich seit April 2008 in vielen Teilen der Welt.
Steht nicht mehr der Mensch und Menschen, die anderen helfen wollen und für einander einstehen, im Zentrum einer Gesellschaft, ist sie für den Untergang prädestiniert. Denn dann bestimmt ein nicht-menschlicher und nicht-natürlicher Wert das Leben von Menschen. Das Unnatürliche wird vermenschlicht – der Mensch hingegen entmenschlicht, versachlicht und geopfert. Die Umkehrung von Selbstwert in einen künstlichen Selbstwert, der vom Kontostand abhängig ist, oder umgekehrt, einem Mehrwert, der den Selbstwert eines Menschen bestimmt und steuert, ist unmenschlich, nicht menschlich. Diese Umkehrung bestimmt alle anderen Werte und zielt primär auf die Vermehrung von Geld, das zu Kapital wird, um es wieder im Roulette als existenzielle Kugel zwischen Leben und Tod international einzusetzen.
Im Hinblick auf den Zustand und die Zukunft der Gesundheitswirtschaft plädiere ich für Mensch und Heilung, für Selbstwert und dem Wert von Leben. Mensch und Heilung haben unabhängig von allem anderen an der Spitze der Werte einer Kultur und der globalen Politik zu stehen. Aktuell ist der Mensch erst in zweiter Linie platziert. Der Mensch darf zusehen, wie er unter diesen Lebensbedingungen zurechtkommt. Ich möchte nicht behaupten, dass man mit Macht ebenso wie mit Geld nicht auch Gutes bewirken kann. Es kommt nur darauf an, wer es als Mensch in den Händen hat und wie glaubwürdig eine solche Person ist – und vor allen Dingen, ob sie es tut! Sprich, ob derjenige einen gesunden Selbstwert besitzt, der Mitgefühl und Verantwortung anderen Menschen gegenüber widerspiegelt. Der Mensch ist Dreh- und Angelpunkt.
Ganz anderes sehen allerdings die Wettbewerbsideologen in der Gesundheitswirtschaft vor: Hier lautet das oberste Gebot nicht, Menschen gesund zu machen. Schließlich lässt sich mit kranken, halbkranken, chronisch kranken und auf Prävention bedachten Menschen mehr Geld verdienen. Und das hat allein mit dem System „Gesundheitswesen in der Gesundheitswirtschaft“ zu tun. Leben und Tod werden in Zahlen und Abrechnungsziffern neutralisiert. Heute gibt die Art der Krankenversicherung Auskunft darüber, welche Heilungschancen ein Patient hat und letztlich auch, welche Lebenserwartung. Das ökonomisch ausgeklügelte System übernimmt die Zuweisungen von Gut und Böse, von Leben und Tod. Menschen, ob Behandler oder Patienten, sind Ware und werden im Gesundheitsmarkt entsprechend gehandelt und gesetzlich gesteuert. Das ökonomische System weist den beteiligten Ärzten und Psychotherapeuten wie den Patienten Plätze auf dem ökonomischen Schachbrett zu. Jeder hat eine ganz bestimmte Funktion zu erfüllen. Die Spielregeln bestimmt vor allem das kapitalistische Wirtschaftssystem, individuell-national eingefärbt durch die jeweiligen Politiker. Die deutsche Wertarbeit als Beleg für reibungsloses Funktionieren und Qualität gilt und garantiert, dass sich systematisch die Gesundheitswirtschaft gegen Menschen, Patienten, Ärzteschaft und Psychologische Psychotherapeuten in der Gesundheitswirtschaft richtet. Eine Perfektion an der falschen Stelle, wie man es als Phänomen in allen wirtschafts-politischen Bereichen antrifft und von mir als bewusste Ignoratio-Elenchie-Haltung zusammengefasst wird.
Zur Bedeutung des Einflusses kapitalistischer Wirtschaftsordnung und Gesundheitswesen schrieb Jacques Attali in seinem Buch „Die kannibalische Ordnung“ (1981), der Arzt würde durch Maschinen und Prothesen ersetzt. Eine Industrie mit Genetik und Informatik im Gepäck würde ihn, den Behandler, überflüssig machen. Aus heutiger Sicht lässt sich sagen, die Invasion der Apparate-Medizin der letzten 20 Jahre war bereits gigantisch und wird weiterhin fortgesetzt. Die Maschine ersetzt bereits vielfach Körper und Körperteile. Die ärztlichen Standesorganisationen steuerten mittels ihrer politischen Positionierung als „Götter in Weiß“ dagegen: Statt dass sich die Zahlen der behandelnden Ärzte aufgrund dieser Innovationen mittels Maschinen, Apparate und Prothesen reduzierte, stiegen die Kosten im Gesundheitswesen unerbittlich in nicht mehr bezahlbare Dimensionen. Die Apparatemedizin wurde in der Praxis umfunktiona-lisiert: Sie zahlte sich für Hersteller wie Ärzte aus. Die kalkulierte Prognose der Kostenreduzierung bewahrheitete sich ebenso wenig wie der Arzt nach der Analyse und Prognose durch Attali (1981) überflüssig wurde. Die Standesorganisationen konnten den alt bekannten Spieß bezüglich der Einnahmen insofern noch einmal umdrehen – aber nicht, ohne Schaden zu nehmen: Der gute Ruf der Ärzte schwand. Die Patienten wurden nicht gesünder, viele behielten ihre Krankheiten und Symptome, oder Krankheiten verschoben sich in andere Leiden mit gewinnbringendem Krankheitswert. Chronifizierung von Krankheit war die Folge. Insofern kann man von Nebenwirkungen mit Blick auf den Patientenerhalt sprechen, die sich für Krankenkassen als nicht mehr bezahlbar herausstellten und für Ärzte ein flottes Leben in damaliger Zeit bescherten. Heute rudern und tummeln sich die Standesorganisationen in der Gesundheitswirtschaft munter weiter. Das Nachsehen haben die Ärzte. Ihnen wurde die alleinige Sündenbockrolle offiziell zugeschoben, da sie ihre Patienten so behandelten, wie mit heilungsfernem und strukturiertem Fokus durch die KVen erarbeitet. Die Standesorganisationen, die in der Vergangenheit die alten Strukturen etablierten und für die Gegenwart vorbereitende Strukturen für die Arbeit in der Gesundheitswirtschaft in Form von medizinischen Versorgungsstrukturen überhaupt einführten, leiden nicht unter den Veränderungen – aber die Patienten, die Ärzte- und Psychotherapeutenschaft.
Die Psychologischen Psychotherapeuten, sind die Berufsgruppe innerhalb der Ärzteschaft, die, um in einem Bild zusprechen, zwischen festem Boden (Oben) und Wasser (Unten) im (globalen) Schlamm stehen, um sie wieder auf den festen Boden zu ziehen und dem Leben wieder zurückzugeben. Wir sind gleich den Enkis, jenen kreativen, winzigen Geister aus der sumerischen Mythologie, diejenigen, die Konfliktlösungen in mikroskopischer Kleinarbeit entwickeln, seelische Kräfte wecken und Erinnerungen an den Selbstwert des Menschen anstoßen. Eine solche Berufsauffassung dürfte inzwischen eine Rarität in Deutschland sein, zumal die Heilungsorientierung natürlicherweise in ihrer Tätigkeit liegt und sich durch diese weiter entfalten kann.
Psychologische Psychotherapeuten (PP) haben heute die Aufgabe, gemäß den wissenschaftlich anerkannten Richtlinienverfahren zu behandeln. Damit verfügen sie allerdings dennoch über eine inhaltliche Freiheit, die den Ärzten seit den ökonomisierten Behandlungsleitlinien und der vorgeschriebenen Verschreibungsverordnung genommen wurde. Jede psychotherapeutische Behandlung richtet sich naturgemäß individuell aus und verläuft dementsprechend völlig anders als bei einem anderen Menschen. Da diese (zwar eingeschränkte) Freiheit vorhanden ist, stört es doch das Bild in der naturwissenschaftlich-ökonomisch orientierten Gesundheitswirtschaft gewaltig: Geisteswissenschaftler im gesetzlichen Gesundheitswesen denken und arbeiten völlig anders und haben eine größere Behandlungsfreiheit, in der nicht jeder einzelne Schritt wie bei Ärzten vorgeschrieben ist.
Plötzlich sind es allein die zugelassenen Psychotherapeuten, die das Heilungsprinzip vom ersten Augenblick des Patientenkontaktes an verwirklichen können, obwohl sie nie auf den Hippokratischen Eid schwören mussten. Ärzte hingegen müssen um ihre Berufsidentität im Sinne des Hippokratischen Eides kämpfen – worunter sie vermutlich zumindest teilweise sehr leiden.
Dass nun ausgerechnet die jüngsten KV-Mitglieder, die Psychologischen Psychotherapeuten, in dieser Hinsicht politisch die Ersten sind, die für den Kern der Heilung schon immer ohne es zu wissen oder politisch betonen zu müssen, eingetreten sind, kann von der KV und der Politik im Sinne der Gesundheitswirtschaft nicht hingenommen werden. Die Psychologischen Psychotherapeuten