SILBER UND STAHL. Nicole Seidel

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Название SILBER UND STAHL
Автор произведения Nicole Seidel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738096156



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Pardon, die magisch begabten Hexer lieferten sich einen erbitterten Kampf. Bis sie in die Grotte hinabstürzten und aus den Blicken der anderen Kämpfenden verschwanden. Dort unten erwies sich Letho zwar als der bessere Kämpfer, aber er ließ Geralt am Leben, da ihm dieser einst mal das Leben rettete. Der Muskelprotz verriet ihm sogar, was seine nächsten Schritte sein würden: dass er Geralts Hexe dazu nutzen wollte, um schnellstmöglich ins Pontartal zu gelangen.

      Dann verschwand der Königsmörder.

      Iorweth fand Geralt allein in der Grotte vor.

      "Wo ist Roche?" wollte der Hexer wissen und hoffte, dass die Scoia'tael die "Blauen Streifen" nicht vernichtet hatten.

      "Wir haben ein paar erwischt, der Rest ist entwischt. Und Letho, tot?" Doch Iorweth suchender Blick entdeckte keine Hexerleiche.

      "Unterwegs nach Flotsam."

      "Woher weißt du das?" Musste er dem wortkargen weißen Wolf wieder jedes Wort aus der Nase ziehen?

      "Er will Triss. Ich muss los."

      "Bring ihn um, bevor er mit den anderen Kontakt aufnimmt."

      "Du hättest dem Dh'oine nicht vertrauen sollen." Geralt schob sein Stahlschwert zurück in die Lederhülle am Rücken und ging Richtung Ausgang. "Komm!"

      "Nein, Geralt. Wir können da nicht hin. Die Garnison."

      "Natürlich, mir war entfallen, was ihr für Krieger seid."

      Iorweth kommentierte die Kritik mit einem Schulterzucken. "Verhedd herde, Gwynbleidd. Viel Glück." Der Elf hob die Hand zum Abschied und ging einen anderen Weg.

      Dass Geralt von Riva dem Scoia'tael-Anführer Iorweth geholfen hatte, war bei seiner Ankunft bereits in Flotsam angekommen. Loredos Soldaten taten ihr übriges dazu und stachelten die Bewohner gegen die Anderlinge auf. Der Hexer hatte allerhand zu tun, um weitere tödliche Übergriffe auf Elfen zu verhindern. Doch das Pogrom war ausgerufen und die Innenstadt abgeriegelt worden.

      Zudem war ihm Letho zuvor gekommen, und entkam mithilfe Triss Merigold und dem Teleporter der Zauberin Sheala de Tancarville, die in der Faktorei auf Kayranjagd gewesen war.

      Kommandant Loredo schien allmählich durchzudrehen. Vernon Roche und seine "Blauen Streifen" wollten so schnell wie möglich aus Flotsam fort und ins Pontartal reisen, hinter dem Königsmörder her.

      Geralt sollte ihn begleiten, doch er entschied sich Iorweth zu helfen.

      Zoltan begleitete den Hexer zum nächsten Treffen der Scoia'tael. Geralt berichtete Iorweth, was in Flotsam vorgefallen war und dass Letho ihm zuvorgekommen war.

      "Wo ist er?" fragte der Elf.

      "In Aedirn. Er hat Triss zum Teleport gezwungen."

      "Oh, verdammt! Aedirns Scoia'tael werden für meine Dummheit blutig bezahlen." Als Anführer durfte man sich keine Fehler erlauben. Iorweth überlegte kurz und befahl dann seinem Begleiter. "Elias, Abteilung Abmarsch bereit machen. Sofort aufbrechen!"

      "Das sind zwei Tagesmärsche. Das schaffst du nicht", erwiderte Geralt.

      "Doch!"

      "Wie das?"

      Iorweth betrachtete den Hexer eingehend. "Entscheide dich erst, ob du uns hilfst."

      "Ja, ich helfe euch." Schließlich stand der Hexer ja hier. "Zusammen kriegen wir Letho."

      "Sehr gut." Iorweth hatte die verräterische Schlange gegen den legendären weißen Wolf eingetauscht. Einen besseren Verbündeten konnte sich der Elf nicht wünschen. "Es gibt keine Zeit zu verlieren. Wir holen uns die Gefangenenbarke."

      "Mit einer Handvoll Elfen willst du ein Schiff entern. In einer Stadt, die gerade ein Pogrom veranstaltet hat? Ich habe mich geirrt. Du bist nicht anmaßend, sondern schlicht verrückt."

      "Das hat meine Mutter auch gesagt", kommentierte der Elf und drehte ab.

      Am späten Nachmittag trafen sich Geralt und Iorweth erneut, alles war zum Aufbruch bereit. Der Elf hatte all seine Scoia'taelkrieger aus dem Wald zusammen gerufen. Und der Hexer war mit seinen beiden Freunden dem Zwerg Zoltan Chivay und dem Barden Rittersporn gekommen.

      "In der Faktorei ist die Hölle los. Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?" Selten wich der Hexer einem Kampf aus, wenn er nicht gerade den sicheren Tod bedeutete.

      "Wir betreten die Stadt gar nicht. Wir trennen uns. Greif du von der Anlegestelle aus an. Nimm unsere besten Späher mit." Iorweth verstand Geralts Zögern nicht, hatte er ihm doch noch vor kurzem Feigheit vorgeworfen. "Ich fahre mit den anderen über den Fluss. Die meisten Wachen dürften sich in der Faktorei aufhalten."

      "Das Pogrom passt uns also gut in den Kram?" warf der Hexer ihm angewidert entgegen.

      "So ist das nicht gemeint."

      "Natürlich nicht. An der Anlegestelle könnte es brenzlich werden."

      "Dachtest du, wir machen einen Spaziergang?" Warum zauderte der Hexer, schien dieser Plan so aussichtslos?

      "Darum geht es nicht." Geralt war eher praktisch veranlagt. "Greifen wir besser zu einer List, wie bei Letho."

      "Beim Anlieger gibt es keinerlei Unterstützung", wandte Iorweth ein. Erneut bewies der Hexer Mut.

      "Aber dafür halten uns die Wächter nicht auf. Und auf der Barke haben wir nur eine Handvoll gegen uns."

      "Gut, die sind tot, bevor sie ihre Schwerter ziehen können."

      "Dann geben wir den anderen ein Signal."

      "Diesmal entkommt uns keiner", entgegnete Iorweth bereits siegessicher "Einverstanden. So machen wir es. Scoia'tael em'vennian Vrihedd!"

      "Vrihedd!" antworteten ihm seine Krieger.

      "Mir nach!"

      Wieder gab sich Iorweth als Gefangener des Hexers aus. War ihm ausgeliefert. Doch der Scoia'tael-Anführer vertraute Geralt. Sie näherten sich den Außenbezirk und gingen in Richtung Hafen.

      "Ich habe den Dh'oine das Leben zur Hölle gemacht", gestand Iorweth, "war aber noch nie hier."

      "Wie gefällt dir die andere Seite der Medaille?" flüsterte Geralt zurück und schob den gefesselten Elf vor sich her.

      Einige Bewohner traten neugierig aus ihren ärmlichen Häusern, hielten in ihrer Arbeit inne, als die beiden Männer an ihnen vorbei gingen.

      "Sie sehen mich auch zum ersten Mal." In so manchen Augen sprühte ihnen Hass entgegen, als der entstellte Elf erkannt wurde. "Sehen nicht aus, als würde ihr Gewissen sie plagen."

      Unerwartet setzte Regen ein.

      "Sollte es denn?"

      "Wohl nicht", flüsterte Iorweth. "Sie wollen mich sterben sehen. ICH will sie sterben sehen. So ist das eben auf dieser Welt. Die andere Seite der Medaille haben sich die Philosophen in Oxenfurt ausgedacht. Die kennen Orte, wie Flotsam nicht."

      "Heute stirbt keiner, Iorweth. Abgesehen von den Söldnern des Kommandanten."

      Sie näherten sich einem Engpass in den Straßen, den zwei von Loredos Handlangern bewachten. Der Regen verdichtete sich inzwischen immer mehr und durchnässte jeden bis auf die Haut.

      "Halt! Wohin willst du mit dem Elf?" sprach sie der bullig-untersetzte Soldat an.

      "Das ist Iorweth. Loredo hat befohlen, ihn auf die Gefängnisbarke zu bringen."

      "Meiner Treu, Iorweth, Höchstselbst. Diese Wanze hat meinen Bruder auf dem Gewissen. Würd mich gern mal eben mit ihm unterhalten." Der fette Soldat klopfte an seinen Dolch.

      Geralt hatte nicht erwartet, dass es ohne Probleme ablaufen würde. "Dafür ist keine Zeit!"

      "Ach, und wieso nicht", blaffte der Soldat ungehalten.

      "Mein Befehl lautet, ihn auf die Barke zu bringen." Iorweth beobachtete alles unruhig mit gesenktem Kopf.

      "Und