Die Zukunft ist der Roboter. Martin Cordemann

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Название Die Zukunft ist der Roboter
Автор произведения Martin Cordemann
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742798411



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Die Sonne tauchte das Schiff nun in ein feuriges Rot...

      Kann man auf dem Mond leben?

      Es war niemand anders als der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, der den Mitgliedern des Forschungsteams als letzter die Hand schüttelte, bevor sich die Sicherheitsschleuse des Experiments 'Lunarbase' für vier Jahre schließen sollte. Während er den Männern seine Bewunderung aussprach, klopfte er ihnen freundlich auf die Schultern, Bilder, die durch die Presse gingen. Schon jetzt galten die vier Männer als Helden – der Präsident sah der Wahl im kommenden Monat mit Zuversicht entgegen.

      Das Zischen der automatischen Schleuse verklang und der Leiter der kleinen Gruppe, Morrow, sah sich skeptisch um. Sie waren allein. Abgeschlossen von der Außenwelt, für vier Jahre ohne Kontakt nach draußen. Er hatte diesen Auftrag nur angenommen, weil seine Frau ihn verlassen hatte, welche Gründe mochten die drei anderen haben, diese lange Zeit eingeschlossen verbringen zu wollen?

      Während sie langsam in den Versammlungsraum der Basis trotteten, musterte Morrow seine „Mitgefangenen“. Fisher, 20 Jahre, sportlicher Typ. Machte auf ihn den Eindruck eines Karrieristen, der alles für seinen Aufstieg tun würde. Nur Beziehungen und seine gute körperliche Verfassung hatten ihn in diese Gruppe gebracht. Collins, 36 Jahre, leicht übergewichtig, Biochemiker. Schien ein netter Typ zu sein, gemütlich. Wenn sein erster Eindruck nicht trog, würde Morrow gut mit ihm auskommen können. Und als letzter im Team Plummer, 68, weißhaarig, Arzt, Pfeifenraucher. Aus den Akten ging hervor, dass er bei der Entwicklung des 'Lunarbase'-Experiments mitgeholfen hatte. Das konnte seine Anwesenheit erklären. Vielleicht gab es auch andere Gründe, Morrow wusste es nicht.

      "Wir sind schon jetzt Helden", brach Fisher jugendlich grinsend das Schweigen. "Helden..."

      "Ja, Helden, junger Mann." Plummers Stimme klang trocken, etwas sarkastisch. Er wandte sich an Morrow. "Haben Sie einen Befehl, Kommandant?"

      "Ja. Das ist heute der erste Tag in diesem" – nur mit Mühe unterdrückte er das Wort 'Gefängnis' – "Heim und wir sollten umgehend zur Tagesroutine übergehen. Jeder erfüllt die Aufgaben, für die er ausgebildet wurde. Ich möchte Sie daran erinnern, dass wir in einer eigenen kleinen Welt leben und für die nächsten vier Jahre hier leben müssen. Das ist kein Grund zum Feiern. Ich erwarte, dass ich mich auf Sie verlassen kann."

      Nach dieser förmlichen Ansprache nickte Morrow jedem der anderen zu und machte sich auf den Weg in den Kontrollraum. In wenigen Stunden würden sie auf mehrere hundert Meilen die einzigen menschlichen Wesen sein, weit ab von der nächsten Stadt. 'Lunarbase' bestand aus einer Glaskuppel, unter der sich der Garten befand, eine Art Treibhaus, und mehreren untereinander verbundenen Gebäuden. Die Anlage war so angelegt, dass das Team ohne jeden Kontakt zur Außenwelt überleben konnte – d.h. es sollte herausgefunden werden, ob es möglich war, ohne eine solche Verbindung zu überleben. Wenn sich das Projekt als erfolgreich herausstellen sollte, konnte man auf dem Mond ähnliche Stationen errichten. Vorausgesetzt, die vier Männer überlebten.

      Selbstverständlich kannten sich die Männer schon vorher, allerdings nur flüchtig. Der Computer hatte sie ausgewählt und sie waren unabhängig voneinander ausgebildet worden. Eigentlich hätte jemand anderer, Berrenger, Morrows Stellung einnehmen sollen, aber einen Monat vor der Isolierung kam er bei einem Autounfall ums Leben. Und wenn Morrow nicht von seiner Frau verlassen worden wäre...

      Die Arbeit in der 'Lunarbase' war eintönig, langweilig, immer dasselbe. Routine, dachte Morrow mit sarkastischem Unterton. In den Handbüchern nannte man es Routine. Seit sieben Monaten befanden sie sich nun schon in ihrem Heim und sie alle kannten sich gut genug, um einander auf die Nerven zu gehen. Die Unterhaltungen boten nur noch Wiederholungen früher erzählter Geschichten, die meisten Bücher und Filme kannten sie schon. Nicht einmal die Schachpartien konnten noch eine Abwechslung bringen. Alle Insassen der 'Lunarbase' fühlten sich angeödet – und sie hatten noch nicht einmal ein Viertel der zu verbringenden Zeit hinter sich. Die Routine wurde mehr und mehr Routine.

      Offensichtlich hatte der Psychotest versagt. Oder hatte niemand damit rechnen können, welche Auswirkungen die Abgeschlossenheit auf die Männer haben konnte?

      Die Moral der Männer in der 'Lunarbase' nahm von Tag zu Tag, von Woche zu Woche, von Monat zu Monat zusehens mehr und mehr ab. Inzwischen kannte jeder die Filme und Bücher auswendig, nicht einmal Gespräche über das Gelesene kamen mehr auf. Auch die Verrichtung der Routinearbeiten wurde mit zunehmender Nachlässigkeit durchgeführt. Es gab nicht die geringste Abwechslung. Und draußen in der Wüste, nur durch ein Glasfenster von den Insassen der 'Base' getrennt, brannte die Sonne heiß herab, der Wind wehte und die Luft war sauber.

      Sehnsüchtig blickte Morrow hinaus. Was hielt sie eigentlich davon ab, den Komplex zu verlassen? Die Regierung? Die Wüste? Er wusste es nicht. Selbst auf dem Mond gab es mehr Abwechslung als hier. Und warum die totale Nachrichtensperre? In einer realen Mondstation gab es eine Verbindung zur Erde, aber sie hier waren völlig ohne jede Information über das, was außerhalb ihrer eng begrenzten Welt geschah.

      Vielleicht hatte man sie schon vergessen. Wie waren die Wahlen ausgegangen? Vielleicht strich man die Zuschüsse für Projekt 'Lunarbase' und man hatte es ihnen nicht mitgeteilt. Auf jeden Fall konnte 'Lunarbase' sie ernähren und mit Sauerstoff versorgen. Bis zum Ende ihrer Frist war ihr Überleben gesichert. Ausgenommen, jemand drehte durch...

      An einem Abend berief Morrow eine Konferenz ein. Er wagte es, die Frage zur Diskussion zu stellen, die sie alle seit mehreren Monaten beherrschte. "Können wir den Gebäudekomplex verlassen?" Die Antwort würde 'Nein!' sein. Mit ernster Miene machte Plummer ihnen klar, dass die Hauptschleuse versiegelt und mit einem Zeitschloss versehen war, das sich erst zu gegebener Zeit öffnen würde – in einem Jahr und drei Wochen. Zwar konnten sie jederzeit durch eine der Notschleusen nach draußen gelangen, aber das Öffnen würde der Zentrale mitgeteilt werden und das bedeutete Fragen. Plummer lächelte müde: "Wir haben es so lange ausgehalten, ohne verrückt zu werden... wir schaffen auch noch das letzte Jahr."

      Plummer behielt unrecht. Der Drang nach Freiheit wuchs immer mehr in jedem von ihnen. Die Stille in der Station und das Gefühl der Enge wurden immer unerträglicher, sie wünschten sich, unter Menschen zu sein, durch die Straßen einer Großstadt zu laufen, auf großen Plätzen zu stehen, zu leben, wie es gar nicht so weit entfernt Millionen anderer Menschen taten. Leben...

      Plummer erlebte nicht mehr das Zischen der Hauptluftschleuse. Er glaubte eines Abends, ersticken zu müssen und rannte zu einer der Notluftschleusen. Er war müde und sein Geist verwirrt, sein Wille, aus der Enge, in der er sich schon viel zu lange aufhalten musste, auszubrechen war so sehr angewachsen, dass er alles andere überdeckte. Nur erfüllt von diesem einen Gedanken, stolperte er auf einer Treppe und zog sich bei seinem Fall schwere Brüche zu. Er starb noch in der gleichen Nacht – eine Rippe hatte sich in sein Herz gebohrt.

      Dieser Unfall gab den anderen zu denken. Und mehr noch, er gab ihnen zu reden. Wochenlang diskutierten sie, sprachen über die Möglichkeit, 'Lunarbase' zu verlassen, die nächste Stadt zu erreichen. Selbstverständlich stand ihnen ein Fahrzeug zur Verfügung. Sie konnten es schaffen. Dieser Gedanke gab ihnen neuen Mut, sie beherrschten sich und gingen ihrer Arbeit wieder konzentrierter nach. Das Fahrzeug wurde ständig gewartet, alles durchgecheckt. Der Tod Plummers hatte ihnen geholfen, mit der Lage fertig zu werden.

      Als sich die Schleusen nach vier Jahren automatisch öffneten, befand sich die 'Lunarbase' in ausgezeichnetem Zustand. Ihre Besatzung fieberte danach, wieder unter Menschen zu sein, Leben zu fühlen, den Geruch der Großstädte, Freiheit. Endlich hatte sie es geschafft. Die Zeit des Wartens lag hinter ihnen. Sie hatten erlebt, was es bedeutete, die letzten Menschen zu sein, abgeschlossen in ein paar Häusern, aber das war jetzt vorbei. Was konnte ihnen 'Lunarbase' schon im Vergleich zur Zivilisation bieten? Das schönste war ein Gewitter gewesen, das sie vor zwei Jahren gesehen und das sich über den ganzen Horizont gezogen hatte. Ein großes Gewitter, sehr eindrucksvoll. Aber was war das schon gegen eine Menschenmenge?

      Doch niemand erwartete sie. Der Gang vor der Hauptschleuse war leer. Warum holte man sie nicht ab? Hatte man sie wirklich vergessen?

      Sie