Die Zukunft ist der Roboter. Martin Cordemann

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Название Die Zukunft ist der Roboter
Автор произведения Martin Cordemann
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742798411



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„Sie sind eine Großmacht, die der Menschheit weit überlegen ist. Sie haben die Macht, uns zu vernichten…“

      „Also warum sollten wir es nicht tun?“

      „Sehen Sie“, Stuart lächelte, „das ist genau die richtige Frage. Ich meine, ganz ehrlich, warum haben Sie mich hierher geholt? Um mir zu zeigen, was Sie tun können, bevor Sie es getan haben? Ihr Angriff auf die Erde hat doch noch gar nicht stattgefunden.“

      „Eben deshalb haben wir Sie hierher geholt. An Bord dieses Schiffes sind Sie sicher. Und wir möchten einen Überlebenden haben, der den anderen später darüber berichten kann.“

      „Den anderen… Menschen?“

      „Den anderen Welten. Sie sind unser Ausstellungsstück. Einer der letzten überlebenden Menschen. Es wird noch ein paar andere geben. Aber nicht viele. Seien Sie stolz, Sie sind einer der Auserwählten. Sie haben die Ehre, über uns zu berichten, unsere Taten zu lobpreisen und Ihr Schicksal mit anderen Völkern zu teilen.“

      Stuart schluckte. Offensichtlich hatte er die Situation falsch eingeschätzt. Sehr falsch!

      „Aber… was ist denn genau Ihr Ziel?“ fragte er nun ein wenig kleinlaut.

      „Wir werden die Erde angreifen und alle militärischen Einrichtungen vernichten. Wenn der Widerstand gebrochen ist, versklaven wir den Rest der Menschen und lassen sie für uns arbeiten.“

      „Arbeiten?“

      „Ihr Planet besitzt Rohstoffe. Dinge, die wir wollen. Wir sind eine Herrscherrasse, wir arbeiten nicht selbst, wir lassen die unterworfenen Welten für uns arbeiten.“

      „Oh.“ Das klang irgendwie gar nicht gut. Und es klang sehr gut durchdacht. Offenbar war es eine Taktik, die sich in der Vergangenheit oft bewehrt hatte.

      „Können wir dann jetzt mit unserer Invasion fortfahren?“

      „Ja.“ Stuart nickte. „Obwohl…“

      „Was?“ Zorn war auf dem Gesicht des Großkommandanten zu sehen.

      „Sie… machen es sich schwieriger, als nötig“, meinte Stuart leise.

      „Inwiefern?“

      „Die Menschheit ist eine sehr sture Rasse. Die wird Sie immer bekämpfen. Ganz gleich, wie viele Sie umbringen, es wird immer Widerstand geben, bis Sie endlich verschwinden. Man wird Sie sabotieren, Ihre Lieferungen stoppen, Ihnen das Leben zur Hölle machen. Auch ohne Waffen, es wird immer Widerstand geben!“

      Der Großkommandant sah Stuart nachdenklich an. Dann sagte er: „Sie klingen so, als hätten Sie eine Lösung für unser kleines Problem.“

      Stuart nickte. „Ich glaube schon.“

      „Und die wäre?“

      „Tun Sie so… als wären Sie Freunde. Sagen Sie, Sie wollen handeln. Sie wollen die Menschen belohnen.“

      „Mit was?“

      „Geld. Billigem Tand. Geben Sie ihnen etwas, das Sie nichts kostet. Geld kann man drucken, das hat keinen wirklichen Wert. Wenn Sie das Geld kontrollieren, dann…“

      „Dann was?“

      „Dann brauchen Sie keine Sklaven. Dann können Sie die Leute reich machen, die, die wirklich für Sie arbeiten. Geben Sie ihnen viel Geld.“

      „Warum?“

      „Dann werden sie gerne schuften. Freiwillig. Man wird Ihnen die Türen einrennen, man wird sich darum reißen, für Sie zu arbeiten, nur um an dieses viele Geld zu kommen. Machen Sie die Arbeit für sich zum einzigen wirklich profitablen Job auf der Erde und Sie müssen sich um Arbeiter keine Sorgen mehr machen.“

      „Und dass wir alle Rohstoffe abbauen?“

      „Hat der Mensch auch immer gemacht, hat sich niemand gegen aufgelehnt. Geld ist dem Menschen so viel wichtiger als eine intakte Umwelt.“

      „Ist das alles?“

      „Geben Sie den Menschen Wahlen.“

      „Wahlen?“

      „Ja, dann haben sie das Gefühl, frei zu sein. Weil sie wählen dürfen. Und wenn alle genug Geld und genug zu essen haben, wenn alle in der Illusion leben, frei zu sein, dann wird auch keiner aufmucken.“ Es war traurig, aber die Geschichte der Menschheit hatte bewiesen, dass es genau so war.

      „Wird es niemanden geben, der uns misstraut?“

      „Doch, eine ganze Menge sogar. Besonders die Mächtigen. Und die Geheimdienste.“

      „Und was machen wir mit denen?“

      „Da wird Ihnen bestimmt was einfallen.“

      „Wird es Widerstand geben?“

      „Den gibt es doch immer. Egal wie gut das System ist, es gibt immer jemanden, dem was nicht passt. Damit müssen Sie dann einfach klarkommen.“

      „Exekutionen.“

      „Auf eine Weise, die nicht direkt Ihre wahre Natur zeigt.“

      Der Großkommandant dachte nach. Dann nickte er.

      „Das klingt interessant. Und was machen wir, wenn wir den Planeten ausgebeutet haben?“

      „Sie meinen, ob Sie die Menschheit dann auslöschen sollen?“

      „Ja, darf ich das dann?“

      „Wenn Sie die Menschheit ohne Technologie und ohne die Möglichkeit, jemals wieder Technologie zu entwickeln, zurücklassen, wie sollte die Ihnen dann gefährlich werden können?“

      Stuart lächelte. Das wäre die drastischste Form von „zurück zur Natur“, die man sich vorstellen konnte. Aber vielleicht würde die Menschheit dadurch überleben. Vielleicht sorgte er aber auch gerade dafür, dass die Menschheit in die größte Katastrophe gestürzt wurde, die möglich war. Andererseits stand sie eh kurz vor der Vernichtung. Er seufzte. Hatte er richtig gehandelt? Hatte er die Menschheit gerettet? Oder hatte er sie verraten? Das… würde die Zukunft zeigen!

      Ein gesunder Geist und eine allwissende Maschine

      Jahre hatte man damit zugebracht, ihn zu entwerfen, zu entwickeln, zu dem zu machen, was er nun war: Galacom, der größte, alles umfassende Computer, der je von Menschen geschaffen worden war. Tatsächlich war er nicht von Menschen geschaffen, sondern von Computern, die von Menschen geschaffen worden waren, aber das fiel nicht sehr ins Gewicht. Er war so programmiert, dass er jede Information, die er aufschnappte, speicherte, überarbeitete, erneuerte, veri- oder falsifizierte, hinterfragte, analysierte, verglich, in Frage stellte und sich auf diese Weise immer weiter entwickelte (oder, laut Prospekt, sogar weiterentwickelte). Durch ihn versprach man sich, Fragen, die die Wissenschaft und Technik noch nicht hatte beantworten können, zu klären. Alle Informationen, so unwichtig sie auch waren, kamen sie nun von Raumschiffen oder Unterseemissionen, wurden in ihm gespeichert, überarbeitet, erneuert... und irgendwo abgelegt. Keiner seiner Konstrukteure war nach drei Jahren der Selbstentwicklung und Weiterbildung Galacoms mehr in der Lage, zu sagen, in welchem Teil der Maschine was verarbeitet wurde. Aber das war ja auch nicht so wichtig, wichtig waren die Resultate.

      Galacom, das stand fest, war so großartig, wie man ihn sich erhofft hatte (das war er auch, weil man es sich erhofft hatte). Ohne Probleme löste er die ihm gestellten Fragen, zum Beispiel, wie man eine saubere Energiequelle finden, die Lichtmauer überbrücken, einen Hyperraumantrieb entwickeln, fremde Welten entdecken und, ganz rational betrachtet, üble gesellschaftsfeindliche Dinge wie Eifersucht verhindern konnte. Man hatte ihm die Möglichkeit zur freien Entfaltung gegeben und mochten seine Antworten teilweise etwas krass sein, so waren sie doch immer korrekt.

      Doch auch wenn man einen Fortschritt gemacht hatte, dem Menschen war dieser Fortschritt nicht fortschrittlich genug: Reisen in Raumschiffen, durch Galacom um Jahrhunderte, Jahrtausende