Название | Marx und Nietzsche mischen sich ein - Die heillose Kultur - Band 1.1 |
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Автор произведения | Dr. Phil. Monika Eichenauer |
Жанр | Зарубежная психология |
Серия | |
Издательство | Зарубежная психология |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783844217728 |
Der Staat hingegen ist in 1-Euro-Münzen gemessen „Achtmal zum Mond und zurück“ verschuldet – seit bestehen der Bundesrepublik hat der Staat 1,5 Billionen Schulden angehäuft. Werden die sprunghaft angestiegenen Privatinsolvenzen und die Staatsverschuldung den Gewinnen in der Wirtschaft „gefühlt“ gegenüber gestellt, zeichnet sich ein klares Bild davon ab, wie perfekt das oben benannte Kernverhältnis von Besitzenden und Besitzlosen im Kapitalismus arbeitet: Präzise wie ein Schweizeruhrwerk. Die Kapitalisten ziehen sich aus der Verantwortung zurück und sorgen noch nicht einmal mit ihrem Geld für gute Ausbildungen derjenigen Menschen, die in ihren Betrieben arbeiten sollen: Die EU will 20 Millionen Einwanderer mit guten Ausbildungen aus Afrika und Asien unter erleichterten Bedingungen in die EU-Länder holen (Vgl., WR, 14.11.2007).
Warum dann die Betriebe selbst noch gute Facharbeiterausbildungsplätze für die arbeitslosen Jugendlichen zur Verfügung stellen sollten, steht offenbar nicht nur für Deutschland im Mond geschrieben, sondern auch für andere kapitalistische Staaten. Die Pro-Besitzenden-Politik in der Demokratie kehrt sich gegen Staat und Besitzlose. Die jahrzehntelange Bildungspolitik verkehrt sich gegen die eigenen Lebensgrundlagen und gegen das Grundgesetz – natürlich „gefühlt“. Es gibt immer wieder Studien und Argumente, die das Gegenteil belegen wollen: Aber, was Millionen von Menschen seit Jahren fühlen, weil sie die Auswirkungen täglich leben müssen, scheint mir genauer die Politik und den Kapitalismus zu beschreiben, als jede mathematische Berechnung. Bösere Zusammenhänge stiftet Naomi Klein in ihrem neuen Buch „Schocktherapie“: Katastrophen werden zu Vorteilen der weiteren Kapitalgewinnung genutzt. Auf dieser Ebene lässt sich fragen, ob Katastrophen im Kapitalismus genutzt werden oder gesteigert, erwünscht sind, um nicht zu sagen, provoziert werden, um zu Mitteln oder Waffen zu werden, damit politisch soziale Anpassungsleistungen, die jahrzehntelang zwecklos durch Regierungen versucht wurden einzuführen, im Nu Gesetz werden können. Naomi Klein vergleicht diese durch Katastrophen evozierten Gewaltkuren mit Schocktherapien. Insbesondere die letzten Jahre nach der Initiation zur Weltveränderung mittels Außerkraftsetzen internationaler Vereinbarungen, bedingt durch die Vorkommnisse des 11. September 2001, lässt sich allerorts der Abbau von Grundrechten und die weltweite Verschärfung des Gegensatzes zwischen Armut und Reichtum im Großen und Kleinen statistisch und gefühlt aufzeigen. Dies entspricht auf die Spitze getrieben dem Prinzip, negative Kräfte und Ereignisse als Motor und Grundlage für neue Entwicklungen zu nutzen. Dagegen ist zunächst nichts einzuwenden. Jeder kennt das Sprichwort „Not macht erfinderisch.“ Im Kapitalismus wird die Not von Menschen jedoch zur Voraussetzung der Gewinnmaximierung: Nicht Menschen berühren das Mitgefühl (oder zumindest nicht über ein paar Stunden hinaus), sondern die sich daraus ergebenden sozialen Situation in Katastrophenländern werden zur Kapitalsgewinnung umfunktioniert: Endlich verkaufen die kleinen Bauern das Land, das Spekulanten schon lange haben wollten. Darüber hinaus starben 230.000 Menschen bei dem Tsunami im Dezember 2004. Inzwischen gab es einige weitere Katastrophen. Es resultiert Gewöhnung, die aus der Notwendigkeit des Überlebens gegen Hilflosigkeit und Ohnmacht im Alltag Distanz schaffen muss. Katastrophen und Armut, immer größere Abgaben des Bürgers an den Staat, um die Kosten der Globalisierung und deren Konsequenz durch die zunehmende Verarmung auffangen zu können: Der Staat bzw. die Steuergelder als doppelter Boden für Kapitalisten, damit diese in Ruhe ihre Gewinne weiterhin vermehren und abschreiben können.
Kapitalisten nutzen jede soziale und katastrophale Lage zur eigenen Vorteilslage und verkehren sie für sich selbst ins Gegenteil, ins Positive, auf dem eigenen Konto: Als Kraft zur weiteren Kapitalgewinnung. Diese Kunst wird in Schriften der Kriegskunst wie in der von Sunzi, „Die Kunst des Krieges“ (Knaur 2001), oder als Prinzip im Aikido aufgezeigt und im alchemistischen Sinne als Lebensgeheimnis nachlesbar. Letztendlich bleibt bei jeder Bewegung die Frage, in welchen Dienst sie steht: Ob für den Menschen oder gegen den Menschen. Für das Leben, oder gegen das Leben.
Ergänzt wird dieser unhaltbare Zustand der reziproken Zuspitzung von Reichtum und Armut durch Gesetze, die Grundrechte aufgrund von Katastrophen-Situationen und Folgen oder durch Terrorwarnungen einschränken. Anti-Terror-Gesetze wurden ebenso ohne Volksentscheid verabschiedet wie Friedenstruppen und diskutiert werden Registrierungen von Konvertiten und zeitgleich sollen Facharbeitereinwanderungen bei weiterhin künstlich erzeugten schulischen Bildungsgefällen in Deutschland für die Wirtschaft gefördert werden. Zu fragen bleibt dann eigentlich nur: „Wer ist Deutschland?“ Der Bürger? Der Bürger ist schleichend „gläsern“ geworden und das mit Argumenten, die zunehmend aufgrund der deutschen Außenpolitik Realität werden: Er, der Bürger, könne von Terroristen in Deutschland überfallen werden – aber Verbindungen zwischen internationaler Wirtschaftspolitik zur Mehrung und Erhalt von Kapital und diesbezüglicher Ausbreitung von Macht, werden in der Demokratie nicht Infrage gestellt. Die Gewalt des Kapitals durch Permanenz und Erhalt einer Werteordnung, die Profit will und Zerstörung in Kauf nimmt, funktioniert aufgrund von Einteilungen wie, hier die Wirtschaft, da die Politik, da die Ethik und Moral. Dies gestattet ein Unpolitisches auftreten derjenigen Menschen, die in hohem Maßen mit kapitalistischen Zielen in ihrem Berufsfeld identifiziert sind. Die Wirtschaft kann sich von Politik, von Ethik, von Menschen distanzieren, und niemand kann ernstlich etwas dagegen als Argument ins Feld führen, weil sie alle ihren Job tun. Respekt vor dem Ressort des anderen, garantiert weitere Einverleibung des für den Kapitalismus notwendigen Lebendigen, das in Mehrwert zu übersetzen ist und deren Folgen Menschen wie ein Stempel auf und in den Leib gedrückt wird. Die Art und Weise, wie diese „unpolitische“ Wirtschaft arbeitet, folgt Gesetzen aus dem Tierreich: Kommunikative, verführungsträchtige Spinnennetze sorgen dafür, dass Menschen im ersten Schritt von tollen Angeboten angelockt werden. Sind sie im Netz, werden sie gelähmt, sprich, ihrer eigenen Gefühle, Vorstellungen und Meinungen entledigt. Dann kann man sie den eigenen, nicht mitgeteilten Zielen unterordnen oder einverleiben, um sie auszuweiden und systematisch weiter zu destabilisieren. Die Absicht und die Ziele, die durch Kapitalismus vorgegeben werden, nämlich, dass es den Menschen eines Volkes gut geht, wenn sie dieses Wirtschaftssystem akzeptieren, sind nicht die tatsächlichen Gründe, warum das System funktioniert und erhalten bleiben soll. Denn das primäre Ziel ist Profit und nicht Menschenliebe und Wohlergehen der vielen, sondern der wenigen Menschen.
Ohnmacht und Hilflosigkeit werden zusätzlich zu den wirtschaftlichen Entwicklungen durch politische Entscheidungen hervorgerufen und manifestiert, die vom Großteil der Bevölkerung nicht geteilt werden und deren Konsequenzen nicht absehbar sind.
Bundeskanzlerin Angela Merkel belässt die amerikanischen Atombomben im Lande, statt sie in die USA zurückholen zu lassen und marschiert mit Friedenstruppen in Krisengebiete ein. Es braut sich in jeder Hinsicht eine bunte Mischung an Konfliktherden parallel zum favorisierten Kern des Kapitalismus zusammen, die immer weniger kontrollierbar erscheinen und sich im Kern dem tiefsten Schwarz annähern. Dennoch: Man kann nicht davon ausgehen, dass das kapitalistische Grundverhältnis noch weitere Jahrzehnte moralisch und ethisch verschleiert und verbrämt werden kann: Es liegt im Prinzip offen zutage. Das wirkliche Problem, wovor Politiker und Kapitalisten zurückschrecken und was jahrzehntelang vortrefflich durch Manipulationen in jede erdenkliche Richtung mit sehr viel Geld verdreht und entfremdet wurde, ist die moralisch-ethische Basis des Handelns. Das ist das Revier der Werbung, des Marketings und der Medien, in denen geisteswissenschaftlich studierte Akademiker in den Dienst der Ökonomie gestellt sind. Auch sie arbeiten abhängig. Schlechtes, Inakzeptables, Menschenfeindliches und Zerstörerisches wird von ihnen schlecht bezahlt in Wort, Bild und Film gefasst, um Ideen zum Zwecke der Profitsteigerung als das Gute erscheinen zu lassen.
Alles ist käuflich geworden. Das Herz von Menschen wird in einer solchen barbarischen Kultur zerstückelt, der Kopf gespalten und der Bauch in die Irre geführt – wenn sie nicht an den Produkten irgendeines Nahrungsmittelskandals sterben, vegetieren sie an Krankheiten dahin, an denen die Wirtschaft dann auch noch verdient. Die Toten werden klamm heimlich an eine Gewebeindustrie verhökert und die Menschen stehen unwissentlich vor leeren Gräbern ihrer Angehörigen. Der Mensch wird von A bis Z dumm gehalten, ausgeweidet und ausverkauft.
Festzustellen ist in diesem Zusammenhang: Die Kritik des Kapitalismus wird zum Ersatz moralischer und ethischer Grundsätze, die in einer Kultur zur Regelung des Miteinanders und des Lebens von Menschen herhalten müssen