Theo Retisch. Martin Cordemann

Читать онлайн.
Название Theo Retisch
Автор произведения Martin Cordemann
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738004489



Скачать книгу

Namen! Ich werde mich über Sie beschweren!“

      „Weswegen?“

      „Ihre Namen?

      „Das ist Inspektor Harry Wepper und ich bin Kommissar Stefan Tappert.“

      Schweigen.

      Eiskaltes.

      „Vielen Dank für das Gespräch!“

      Junge Tochter, Eltern nicht zu Hause.

      „Der Mann da unten? Nee, den hab ich nicht gesehen. Ich guck den ganzen Tag Fernsehen!“

      Frau des Hausmeisters.

      „Sie dürfen hier nicht rauchen!“

      „Ähm, dürften wir Ihnen vielleicht...“

      „Ich kaufe nix! Ham Sie das Schild nicht gelesen? Betteln und Hausieren verboten! Haut ab mit euren Zeitungsabonnements! Sowas wolln wir hier in unserem Haus nicht haben. Kapiert? Und wenn ihr unten bei meinem Mann vorbeikommt, dann sagt ihm, dass er mit seinen Zahlungen im Rückstand ist! Und jetzt haut ab!“

      „Oh – Mann!“

      Ich zündete mir eine an.

      Die Haustür fiel hinter uns ins Schloss.

      „Was ein Spaß! Dafür lohnt es sich doch, Polizist zu sein.“

      Marcsen schien sich nicht sicher zu sein, ob er rauchen oder lachen sollte. Er wählte einen Kompromiss: Husten!

      „Das gibt’s nur im Belgischen Viertel. Im selben Haus wohnen ein Vollproll, ein Rechtsanwalt und ein Krimineller. Tja, das ist Köln.“

      „Ja. Ich versteh nur nicht ganz, wo du die Grenze ziehst?“

      „Zwischen den sozialen Schichten?“

      „Nein, zwischen dem Rechtsanwalt und dem Kriminellen!“

      „Die Ausbildung! Der eine ist ein Profi, der andere ein wohlwollender Laie. Naja, wenigstens kann man nicht sagen, dass das ein verschwendeter Abend war.“

      „Ach?“ fragte er hustend. „Und warum nicht?“

      „Weil der Abend noch nicht zu ende ist!“

      „Heißt das, wir machen für heute Schluss?“

      „Heißt es!“

      „Gut.“ Er kriegte sich wieder ein. „Und? Triffst du dich mit Jasmin?“

      „Nee. Hat heut Spätschicht. Die ganze Nacht.“

      „Und was steht statt dessen auf dem Programm?“

      „Drogen!“

      Drogen

      Wir hatten die Nachbarn befragt. Nichts rausgekriegt. Das reichte für heute. Dieter Werkels Leiche würde uns schon nicht weglaufen. Das passierte selten. Obwohl... es war schon einmal passiert! Der Tote war ein angesehener Magier. Nannte sich Phineas Zapp. Er galt als genialer Entfesslungskünstler. Jedenfalls nach seiner eigenen Aussage. Eines Tages fand man seine Leiche in einem dieser Kästen, in die man sich stecken ließ, um sich mit Schwertern durchbohren zu lassen. Er war mit Schwertern durchbohrt worden. Und definitiv tot. Man brachte die Leiche ins Leichenschauhaus und untersuchte die Schwerter auf Fingerabdrücke. Man fand keine – und bevor Zapp obduziert werden konnte, war die Leiche verschwunden. Also checkten wir den Phineas Zapp Fanclub, der praktischerweise eine Homepage hatte. Aus einem Eintrag konnte man entnehmen, dass ein großer Fan von ihm es für die größte Tat von Phineas Zapp halten würde, wenn er selbst nach seinem Tod noch verschwinden würde. Wir besuchten den Fan, gruben seinen Garten um und fanden dort die Leiche des Magiers. Außerdem hing an der Wand des Fans eins von den Schwertern, die er durch Zapp gebohrt hatte – inklusive Blutspuren. Der Begriff Fan leitet sich nicht umsonst von fanatisch ab!

      Jedenfalls hatte ich für heute genug Schwachsinn gehört. Arbeit beendet. Dienstfrei. Zeit für ein paar Kölsch.

      Ich wollte ins Agnesviertel. Marcsen nahm den Wagen zurück ins Präsidium – und ich die Bahn zum Ebertplatz. Ein Tipp für alle Kölnreisenden: Wenn man sich in Köln auf die Kölner Verkehrsbetriebe (kurz: KVB) einlässt, also die öffentlichen Verkehrsmittel, ist es immer ratsam, ein Buch dabei zu haben. Das Problem war weniger, dass die Bahnen nicht pünktlich kamen oder ab und an ganz ausfielen. Das Problem war, dass man es in den seltensten Fällen für nötig hielt, die Bahnfahrer darauf hinzuweisen. Also stand man am Bahnsteig, wunderte sich, warum die Bahn nicht kam und wurde Sekunde für Sekunde älter. Ohne dass man die Zeit auch nur halbwegs sinnvoll genutzt hätte. Deshalb hatte ich immer ein Buch dabei und während der Zug durch den Untergrund ratterte, nutzte ich die Zeit zum Lesen.

      Ich traf mich mit meiner Kollegin Steffi auf ein Kölsch.

      Steffi arbeitete beim Drogendezernat.

      Wahrscheinlich, weil ihr das Kiffen nicht bekam.

      Aber das war nur meine Theorie.

      Genau genommen trafen wir uns auch nicht auf ein Kölsch.

      Meist wurden es mehr.

      Viel mehr.

      Was den nächsten Tag oft sehr müde werden ließ.

      Bestenfalls.

      Im Sommer war das anders.

      Da trafen wir uns in Nippes.

      Beim Mexikaner.

      Der die 1,6-Liter-Pitcher hatte.

      Frozen Margarita.

      Frozen Strawberry Margarita.

      Sogar Frozen Mango Margarita.

      Zur Happy Hour schafften wir drei.

      Mindestens.

      Dann war der folgende Tag nicht müde.

      Dann war er eine Katastrophe.

      Aber wir hatten Winter.

      Keinen Schnee.

      Kein Eis.

      Aber auch keinen Regen.

      Es war einfach nur kalt, ohne dass das irgendwem etwas brachte.

      Ich trat aus der Kälte hinein in die Kneipe.

      Das Melchior war eine altgediente Kölschkneipe.

      Pro Tag schloss es für etwa zwei Stunden.

      Das stand jedenfalls so angeschlagen.

      Genau wusste man es nicht.

      Einige Gäste wirkten nicht so, als würden sie gerne gehen.

      Bestenfalls zur Toilette.

      Aber nach Hause?

      Durch die Kälte?

      Durch die Hitze?

      Durch den Regen?

      Durch den Wind?

      Es gab immer Gründe.

      Und was gab es zu Hause?

      Doch keine so nette Atmosphäre.

      Keine alten Bekannten, mit denen man reden konnte.

      Die Stammgäste waren etwa 50 aufwärts.

      Steffi und ich waren etwa 30 abwärts.

      Das ganze war nicht gerade ein Undercoverjob.

      Aber wir mochten den Laden.

      Das Kölsch war billig.

      Es war nicht zu voll.

      Und die Bedienung schien einen wieder zu erkennen.

      Es gab Läden in Köln, in denen wir öfter waren.

      Und wo sie es nicht tat.

      In