Die Schneelandschaft und der violette Himmel. Jörg Röske

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Название Die Schneelandschaft und der violette Himmel
Автор произведения Jörg Röske
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847678748



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und Schriftrollen. Orge stand inmitten Jeros geheimer Bibliothek, von der nur wenige Eingeweihte wussten und die Ordensleute, denen Jero Zutritt gestattet hatte, waren niemals in dem Kellergewölbe gewesen. Lediglich Orge hatte für wenige Besuche Mut gehabt.

      Nun schauderte der verbliebene Ritter erneut und er suchte das Buch der roten Rose und fand es und schlug es auf. Sofort war er gefangen von dem, was er las und vergaß dabei die Düsternis, die um ihn herum wallte. Er versank in den Tiefen des Buches, das Jero selbst geschrieben hatte und fand immer wieder den Namen Jeros Drachen.

      Und er fand einen Satz, der lautete: 'Und ziehe ich das Schwert heraus aus meiner Seele, werde ich vereint sein mit Ischgatarh.'

      Orge merkte auf und allmählich breitete sich die Gewissheit in ihm aus, an das Ziel seiner Suche gelangt zu sein. Doch es hob die Frage nach dem Seelenschwert an und der Ritter begann, erneut zu grübeln.

      In der geheimen Bibliothek stöberte er erneut und wurde müde und versank in einen Schlaf. Er träumte von der Fahrt eines Mannes, der in einem Boot einen breiten Fluss überquerte. Der Mann lag reglos in dem schwarz getünchten Ruderboot und es war Frühling und ein verziertes Schwert steckte in seinem Bauch.

      Da schreckte Orge auf und Schrecken und Antwort tanzten in ihm einen seltsamen Tanz von Duft und Tod. Der Ritter kannte das Schwert, es war Jeros altes, schweres Schwert, das er damals mit dem Griff nach oben zeigend in eine Nische im Sturmfried gestellt hatte.

      Nacht war es inzwischen geworden - so stellte er fest, als er hinauf schritt und durch die offene Dachluke des Sturmfrieds einige wenige Sterne am schwarzen Himmel sah. Dabei meinte er einen kaum merklichen Schatten zu sehen, der das Schwarz ins Violette hinein fast nicht wahrnehmbar trübte.

      Dann löste er sich von dieser Entdeckung und wandte sich zur Nische und sah das matt im Fackelschein schimmernde Stahlschwert. Er nahm es, hielt es heilig und ehrfurchtsvoll und ging damit zu Jero. Die in Orge einströmende Andacht samt des ruhevollen, durch den Klang des Kosmos´ driftenden Gesichtes des Toten ließen Orge das Weitere vergessen.

      Doch es dauerte nicht lange und er entdeckte den Schnitt in Jeros roter Kleidung, der die Machenschaften Wolfslilies verriet und der hereinbrechende Schrecken machte Orges Gesicht totenbleich.

      Nacht zum Tag

      Während meines Überquerens des breiten Flusses trat von Zeit zu Zeit eine Vision vor mein inneres Auge. Seltsamerweise wärmte mich ihr Erscheinen und ein zweites Mal seltsam war dieses Phänomen, denn sie handelte von Kälte und Sterben.

      Ich sah einen Mann, gebettet auf einem Fell in einem Boot, das einen Fluss hinabtrieb. Ruhig war das Wasser, still war es in der verschneiten Landschaft und der Mann war dem Tode nahe.

      Immer wieder kam sie und jedes Mal freute ich mich mehr, denn die Wärme nahm zu.

      So ging ich unbeirrt, hielt in der rechten Hand das schwere Schwert, verwandte es als Wanderstab. Zunehmend versank ich in meine Vision - der Sterbende näherte sich immer mehr seinem Totenreich. Gesäumt war sein Weg von einer Art Sakralinsignien, die verloren und geisterhaft wirkten, an beiden Flussufern aufgestellt waren. Dechiffrieren vermochte ich sie nicht, jedoch empfand ich mich nicht in einer allzu großen Entfernung zur Deutung.

      Ich nahm die Kapuze ab, stöhnte schon fast vor Wärme, tat meinen Blick hinaus und bemerkte mich in einer Gegend, deren Boden grau war. Fest war er, Sand gab es allerorten und Steine hier und da.

      Ich hielt inne, hob meinen Blick, sah einen gelben Himmel und in der Ferne eine Kirche, die brannte.

      Das Drachenschwert

      Mit Schaudern stand Orge auf dem Sturmfried - mit erhobenem und stoßbereitem Schwert. Vor ihm lag Jero - Seelenfrieden schlummerte in seinem Antlitz, obwohl er im Reich des bleichen Wahns gefangen war - und Orge sah den Schnitt in seines Ritters Bauch und roter Jacke. Er zitterte, entschied dann und schloss die Augen, und er begann die Handlung.

      Das mit rätselhaften und seltsamen Symbolen bewehrte Schwert fuhr herab und der einstige IIWO öffnete dabei seine Lider - nicht um die Fahrt der Waffe zu überprüfen, denn den Weg kannte er genau. Stellen wollte er sich dem Ereignis, dem Tod, dem Grausigen, dem Unausweichlichen, es mit eigenen Augen sehen.

      Da fuhr das mattgraue und alte Schwert in die blutige Scheide und Jero bäumte sich auf, stöhnte dabei aus tiefstem und schwärzestem Abgrund herauf. Dann sank er wieder zurück auf sein Totenlager, blies dabei seinen Atem in die Nacht. Orge durchlebte eine Art Hölle, während des Stoßes, und dann eine unbestimmbare Unsicherheit - umwehte ihn der Nachtwind im Fackelschein.

      Heimlich vollzog Orge diese Zeremonie, dieses Unterfangen, auf dem mächtigsten Turm Jeros in stiller Mitternacht. Die Ordensleute schliefen, wussten nicht um ihres Ritters Gedanken und Tat und fürchteten zu arg die Mysterien, die ihre Ritter umgaben.

      Bis zum Morgen wartete Ritter Orge - er wusste nichts, folgte lediglich seiner Intuition.

      Da erschien er in hellem Blau - erst die Dämmerung, in der Orge noch eingenickt verharrte -, und der Ritter wurde vom frischen Frühlingswind geweckt. Orge sah die aufgegangene und gelbe Sonne am Horizont, und schwarz hob sich vor ihr der Griff des schweren Schwertes ab. Er erhob sich vom Steinboden, auf dem er an der Zinnenmauer lehnend gesessen hatte und schritt zu Jero, umgriff den Griff des alten Schwertes und zog es heraus.

      Da flatterte es unbestimmbar um Orge herum und der verwehte Atem Jeros fing die schwarzen Vögel ein.

      Und dann geschah es. Es war erst ein Huschen, ein Gleiten des Windes, das zum Schwingenhauch, dann zum Schwingenschlagen wurde. Und da saß der schwarze Drache auf der Zinnenmauer und sah Jero und sah dann zu Orge und begann schließlich, wahnsinnig zu schreien. Es war ein tiefer, voller und dröhnender Lautenwirbel, der über die Ebene hinweg fegte - so unbarmherzig wie der Stoß Wolfslilies. Und gleichzeitig war er voll Schmerz und Trauer, und Orge rannen erneut die Tränen. Er blickte auf zu Ischgatarh, und der Drache schaute in des Ritters Augen. Da sah Orge in des Drachen Augen den grünen Schimmer und des Ritters Herz hüpfte vor Freude.

      Im Schatten der erloschenen Fackeln wurde der Drache zum schwarzen Hauch und fuhr hinein durch Jeros Mund. Da öffnete dieser seine Lider und Orge sah den grünen Schimmer, der den hellblauen Morgen über der grauen Ebene begrüßte.

      Flugzeug

      Jero zuckte herum, und dann hörte auch Orge das ferne Flugzeugbrummen. Der wieder ins Leben eingetretene Ritter sprang auf, als wäre nichts gewesen, kein Schwertstoß von Wolfslilie, kein Tod und keine Auferstehung. Er schoss zur Zinnenmauer, spähte bangend hinaus gen Osten, und da sah auch Orge den schwarzen Punkt am Horizont.

      Ein merkwürdiger violetter Schimmer hatte sich über diese im Unendlichen liegende Linie gespannt, als sei dies die Ankündigung der Apokalypse der Drachen, der Vorbote, der die linde Morgenröte geraubt hatte. Und doch war diese Farbe schön, ging in die Herzen der beiden Ritter und Orge spürte eine allumfassende Bedeutung des Violetts. Er spürte den Aufgang einer neuen Zeit, einer neuen Epoche des Ritterordens des schwarzen Drachen, zu sehen an den Zeichen der Farbe und eingeläutet durch die Apokalypse der Drachen.

      Dann sah er hinüber zu Jero und Orge wusste, dass er von nun an auf diesen Ritter aufpassen musste - angeschlagen war er, verletzt. Aber er bewunderte seinen Freund, der der eigentliche Herr der Burg und des Ordens war. Er bewunderte Jeros Ungestümheit, seine Leidenstiefe, sein Kämpfertum, seine Seelenkraft, mit der er alles ausfocht, seinen Schmerz und sein Stürmen. Er kämpfte gegen Armeen und gegen Geheimnisse, gegen eine spitzbübische Walküre und gegen die grauen Horden.

      Und sein Insignum war der schwarze Drache, das Zeichen seiner Seele - Jero war ein Seelenmensch.

      Nun erwartete er die Ankunft der Drachen, die Apokalypse der schrecklichen Fabelwesen, die ihr unauslöschliches und alles verzehrendes Feuer auf die Burg, auf den Hort Jeros hernieder regnen sollten.

      Jedoch, er war gerüstet. Überall auf der Burg standen