Das JeffelScotts. Phil Skurril

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Название Das JeffelScotts
Автор произведения Phil Skurril
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847616900



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wurde es erst richtig spannend, ging es doch nun darum, zu ermitteln, wer von allen als Erster unter den Teppich gekehrt werden würde. Beinah hätte er kotzen müssen, aber zum Glück wurde das Klima bedeutend anheimelnder. Man konnte es mit nur zwei Pelzmänteln, praktisch halbnackt, bekleidet mittlerweile schon ganz gut aushalten, wenn man wie ein Wahnsinniger um das imaginär unglaublich lodernde Flammenmeer tanzte, das in der Mitte des Raums von einem leeren Benzinfeuerzeug ausging. Und man blieb auch garnicht mehr so oft am Fußboden kleben, weil man ja sprang.

      ~ * ~

      Das Honigsüße an diesem berauschenden Fest war einfach dieser geniale Lebertranlysergpansch mit einem Hauch von Arsen, den irgendjemand nicht mitgebracht hatte. Ungemein positiv sangen einige Operetten sich selbst in einen irrsinnigen Rausch, der schwappte und übergriff. Aber da niemand zuhörte, mußte er nun unbedingt die Tür öffnen. Eine unverfrorene Hektik machte sich breiter als alles, was man sonst so um sich herum sehen konnte und man mußte befürchten, daß das nicht gutgehen könnte. Um die Scheinheiligkeit der Situation nicht zu beschreien, müßte man schon ziemlich beschissen kotzen können, aber dazu war hier bestimmt keiner fähig. Etwas fehlte ihm nun noch, um sein Wohlergehen perfekt zu machen. Und er wünschte sich sehnlichst, daß sein Bett endlich aufhören würde sich wie ein tollwütiger Hasenfuß an der Kette im Kreis zu drehen. Man mußte sich allgemein darüber sehr wundern.

      Ein zaghaftes Stimmchen hatte dieser Vogel gehabt, ein kaum hörbares helles Fiepen; vielleicht war es auch eine Ratte gewesen; vielleicht hatte die Katze sich eben eine Maus erbeutet; vielleicht schien ja die Sonne. Man konnte es einfach nicht so ganz genau wissen; man konnte nie wissen. Und ganz früher war das sowieso alles anders gewesen. Je eher man mit etwas anfing, desto länger dauerte es zumeist, bis man wieder und wieder damit aufhörte; hauptsächlich jedoch des Winters. Zuzeiten als die Polarkappenwölfe noch auf der Jagd nach roten Sonnenflecken durch Madagaskar streiften, waren die Sommertage bei uns durchwachsen mit blühenden Wiesen, Golfplätzen und Mülldeponien. Soweit du das Auge reichen konntest roch es nach frischem Mief. Herzhaft konnte sich jedermann, der noch etwas auf sich hielt, selbst übergeben. Und nach und nach stellte sich der sättigende Anblick frisch gebackenen Thunfisches ein, versetzte die Massen in hellste Lemmingtrance und dunkelste Aufregung. Trampelnd vor Eile husteten wir uns damals über die Weiten der Landzungen, eng im Schritt und ungewiß in der Richtung. Ein schrilles Pfeifen und staubiges Cowboygebrüll konnten wir schon nicht mehr wahrnehmen und auch die herunterfallenden Schüsseln bemerkten nur wenige von uns. Es war der unstillbare Hunger, die unsägliche Gier nach grossen Mengen ungelöschten Kalkes, der uns so hemmungslos vorantrieb und quälte. Da waren zwei ganz besonders Mutige unter den Bankdirektoren, die beschlossen hatten den Leitstierzins in die Knie und zu Boden zu zwingen und man hörte bereits die ersten aufmunternden Stimmen aus den hinteren Reihen:

       "ÖLE, ÖLE!"

       Und dann plötzlich alle:

       "ÖÖÖLEEE, ÖÖÖLLLEEE, ÖÖÖÖÖÖÖLE!"

      ~ * ~

      Es war die blanke Klinge des Übermuts, der uns die Lust und Laune auf unsere Lieblingsschokokriegel vergessen ließ. Vergessen, ja! Niemand von uns hatte auch nur den Hauch einer Ahnung wie spät es damals wirklich gewesen war. Und damit hatte ein hinterfotziger Gott gerechnet, sah sich um, ziemlich viel überblickend und drehte sich mehr als dreimal um die Achsen eines schwerbeladenen Siebenkommafünftonners. Die Straßen Mittelaustraliens waren zu schlecht geteert, um diese Belastung lange zu ertragen und so gab es bald schon einen guten Grund für uns alle, zu feiern. Was soll`s und was soll`s, so war es nunmal. Für ein paar lausige Mark kauften wir noch eine ordentliche Portion scharfgewordenen Senfes und waren damit komplett für das Kommende ausgestattet. Mit allem Drum und Dran versehen also, halbierten sich die Scharen schnell, scherten seit geraumer Zeit sogar schon aus und verloren sich portionsgerecht häppchenweise in den nächstgelegenen Fernsehprogrammen. Auf Nimmer und auf Wiedersehen, wie sich erst viele Jahre später zeigen sollte. Sie waren einfach zu lange und zu intensiv damit zugange dieses verfluchte BSEIC zu zelebrieren. Es entwickelte sich, wie ihr ja wißt, innerhalb kürzester Momentaufnahmen nahezu epidemisch weiter. Es verdrehte ihnen völlig den Kopf. Der Rest des Haufens, ein erbärmlicher, verfiel überwiegend dem fürchterlichen Stadium des Alleins eins und tat sich mit einer skurrilen Horde von Quarks und Sauerkrauts zusammen. Seit dieser Zeit war es praktisch vorbei mit dem tiefen Frieden auf Pferden und nur die Biber wurden immer geiler.

       Sososo und genau so war das!

      In den leuchtenden Farben nie gesehener, fluoreszierender Insektenleiber und in der gemütlichen Faulheit von in der Sonne schmorenden Katzen, lag der Knackpunkt wirklichen Verstehens und wartete nicht darauf, von flachgedrückten Körpern aufgebläht zu werden. Aus halbgeöffnetem Schuhwerk krochen weinselige, vom Nektar der Frühlingszwiebeln berauschte Dreivierteltakter, ohne deren ungestümen Drang zur Verwandlung jeder Walzerkönig nur ein abgestellter Traktor daneben sein könnte. Ich gaubte, der volle Mond schien heller, wenn er anstatt Bier Whisky getrunken hatte. Vermutlich hing das irgendwie mit dem spirituellen Alkoholgehalt zusammen. Und in den Lüften lag bedeutungsschwer ein weiterer kurzheißer Sommer. Überall duftete es nach sexueller Aufdringlichkeit. Selbst die fleißigen Honigbienen blühten auf bei solch ausdrücklich wonniger Gelassenheit der Müllmänner. Im Großen und Ganzen war die kleine, meine Welt schon noch in Unordnung. Und das war gut so, denn auch Kaffee schmeckt besser, wenn er umgerührt ist.

      ~ * ~

      Langgestreckt lag der Horizont in der vertikalen Umarmung eines waldmeisterlichen Idylls. Kaum aufgewacht, sprangen fröhlich ziemlich durchgekaute Gummiparagraphen wie blöd durch diese Gegend, um den Cleveren und Rücksichtslosen ihre Gelegenheiten zu verschaffen, ihre Unrechte durchzuboxen. So drehte sich in naturgegebenem Gleichmut der Schwerpunkt der Welt unerschütterlich weiter um sich selbst, als ein eiriges Phänomen der Exzentrik. Und wir saßen mittendrin in diesem Geeire auf der Suche nach unserem Schwerpunkt, chancenlos und ohne die Aussicht ihn jemals zu finden, wenn wir uns nicht alle nacheinander übergeben hätten, wodurch schließlich das permanente Drehen zum Stillstand kam. Wer weiß, welch verheerende Folgen das sonst für die Geschichte mit sich gebracht hätte. So aber waren wir noch einmal mit heiler Haut einer Katerstrophe knapp entkommen.

      Hab gerade ne Horde Indianer im Haus. Sie tanzen singend und trommelnd durch die Zimmer. Sie betreiben Innenarchitektur, ihre Körper sind fingerbemalt und sie reinigen die Luft mit fächeln und hecheln; ein Herzschlag für alle. Sie entdecken ein Bleichgesicht, ein Eindringling, den sie schnell umzingeln. Er macht mit seinen Händen einige abwehrende Gesten. Er wird zum Trommler ernannt. Jetzt haben alle Hunger und Durst. Sie bilden einen Essens-, Trinkens- und Dunstkreis. Rauchgeschwängerte Ekstase. Schrille Glockentöne durchzucken sie wie Blitze, fröhlich flackernde Feuer. Sie haben ihre Frauen mitgebracht. Sie malen die Szenerie aus, ihre flinken Füße sind ziemlich braun. Langsam schwillt der Rhythmus zu einem donnernden Brausen an. Wir bewegen uns am Abgrund der Zeit, ein schönes Gefühl zu schweben. Federleicht gleiten wir durch die Räume des Hauses und hinterlassen überall bunt schillernde Duftspuren.

      ~ * ~

      Einige der Älteren weinen vor Glück. Sie strecken auf dem Boden sitzend ihre immer noch kräftigen Arme nach den Frauen aus. Niemand geht dazwischen. Wie auf ein unsichtbares Kommando hin tanzen wir einen Fruchtbarkeitstanz, trotz dieser eisigen Kälte, die uns viele Bäume kostete. Ein paar Minuten lang werden wir von Koyoten belauert, sie rochen wohl die Blumenkohlsuppe. Der Ofen heizt immer noch. Wasser. Wasser hustet eine trockene Kehle. Wir stürzen uns alle auf in den nächsten Fluß. Prall gefüllte Wolken ziehen in Gruppen südwestwärts. Der Wind weht aus Nordosten. Er trägt uns die Gesänge der alaskischen Grauwale zu. Gestern erst war Uraufführung. Auf jeden Fall hat sich niemand dabei verletzt. Ich lege mich ein wenig auf die warme, staubbedeckte Erde, um mich auszuruhen. Irgendjemand ruft nach mir. Ich höre aber nichts. Nach so etwa zehn Minuten habe