Sein letztes Spiel. Simone Lilly

Читать онлайн.
Название Sein letztes Spiel
Автор произведения Simone Lilly
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738099003



Скачать книгу

hast dus hier.“, sagte er, kaum das Cameron neben ihm Platz genommen hatte. Mit einem stummen Lächeln stimmte er ihm zu.

       „Bist du nervös?“

       „Warum?“

       Ein anderes Auto behinderte sie, sodass Jamie unerwartet bremsen musste, gerade als er aus der Parklücke scheren wollte. „Fuck You! Du Idiot!“, brüllte er aus dem heruntergelassenen Fenster, zeigte seinen Mittelfinger und schlug auf die Hupe. „Weil es dein erstes Spiel ist.“

       Über seine Reaktion überrascht und beängstigt winkte er ab. „Nein, nicht wirklich.“

       „Wir werden dich platt walzen. Das weißt du hoffentlich.“; lachte Jamie und knuffte ihn freundschaftlich.

       Auch Cameron lachte. Doch als er sich den schmerzenden Oberarm rieb, war er sich nicht sicher, ob Jamie das wirklich nur aus Spaß gesagt hatte, oder ob es der Wahrheit entsprach.

       „Das sieht wirklich gut aus.“, stolz betrachtete er sich im Spiegel. Sein Trikot machte ihn zu etwas besonderem, zu etwas, größerem. Die Farbe und, was ihn besonders freute, die goldene Schrift, sein Name. Su – li – van. Sein Name. Verhalten grinste er in sich hinein. Bald kannte ihn die ganze Nation. Camerion Sulivan.

       „Hey, kommst du jetzt, oder willst du dich noch weiter beobachten?“, feixte Jamie und joggte vorsichtig nach draußen auf den Platz.

       „Klar.“, nuschelte Cameron schüchtern und ohne das ihn jemand hören konnte. Das allererste Aufwärmtraining seiner neuen Mannschaft wollte er auf keinen Fall verpassen, ebenso wenig das erste Spiel. Obwohl er tierisch aufgeregt war, vertraute er auf sein Können. Immerhin hatten sie ihn deswegen auserwählt. Der Vertrag war unterzeichnet und sogar ein Bild für die Lokale Zeitung von ihm geschossen worden. Folglich gehörte er ab jetzt dazu.

       5.

      „Brauchst du ein Pflaster?“, besorgt zog Jamie sein verschwitztes Oberteil aus und warf es auf die Bank. „Sieht übel aus. Tut mir echt leid“ Als Cameron nicht antwortete, griff er in seine Tasche, öffnete einen Seitenreißverschluss und fummelte eine Palette an zerknitterten Plastern heraus. „Ich hätte welche hier.“

       Dankend winkte er ab, überlegte es sich aber doch anders und ließ sich eines quer über den länglichen Riss auf seinem Schienbein kleben. Es blutete nicht schlimm, doch brannte es wie Feuer.

       Das Cameron seine Hilfe angenommen hatte, schien Jamie zu beruhigen. Schon gelassener und wieder lächelnd verräumte er alles in seine Sporttasche und zog sich an.

       „Willst du dich nicht noch duschen?“, fragte Cameron, während er sein Handtuch zur Hand nahm.

       „Nein heute nicht, das mache ich dann zuhause. Soll ich dich danach wieder zurückfahren?“

       Er nickte. „Ja, bitte.“ Dann, hielt Cameron inne. „Oder warte, ich komme gleich mit, dann musst du nicht warten.“

       Auf den Straßen herrschte wenig Verkehr. Entspannt preschten sie über die Autobahn und unterhielten sich. „Tut mir leid, dass ich dein Bein zerstört hab.“, räusperte sich Jamie und zündete sich wie bei jeder ihrer Fahrten ,eine Zigarette an.

       „Ist nicht schlimm, so etwas passiert nunmal.“, hämisch zwinkterte er ihm zu. „Obwohl das ja ein Foul war.“

       Jamie lachte auf und pustete stinkenden Rauch auf ihn. „Genützt hat es trotzdem nichts.“ Abgebrannte Asche fiel ihm hinunter auf den Boden. Fluchend trat er auf sie, damit es nicht doch begann, zu brennen. „Fuck, hab ich erst saubergemacht.“

       „Aber es hat mir Spaß gemacht, daran könnte ich mich gewöhnen.“

       „Und Rodgers war begeistert von dir. Also, wenn du eines hast, dann ist es Talent.“

       Jamies Worte machten Cameron stolz. Wenn ein gestandener Spiele so etwas zu einem Neuling sagte, musste es doch etwas bedeuten, oder?

       Die restliche Fahrt wurde von ihnen nicht viel gesprochen. Erst als es anfing zu nieseln ließ Jamie immer lauter werdende Flüche vernehmen. Kurz vor seinem Haus, bremste er ab. „Sag mal, hast du lust, mit mir einen Trinken zu gehen?“

       Dicke Regentropfen prasselten auf die Frontscheibe und verschlangen beinahe seine Worte. Für einen Moment überlegte Cameron. „Mein Vater wartet drinnen bestimmt schon auf mich. Er will wissen, wie es gelaufen ist.“

       Betont gleichgültig zuckte Jamie mit den Achseln und schaltete den Scheibenwischer ein. „Der wartet auch noch in zwei Stunden.“

       Noch nicht einmal fünf Minuten später, hatten sie vor einem kleinen Pup halt gemacht, das Auto geparkt und sich einen Platz abseits von den anderen gesucht. Alkohol durften sie noch keinen trinken, also mussten sich Cameron und auch Jamie mit einem schlichten Wasser zufrieden geben. Das bezeichnete Jamie also unter „lass uns einen trinken gehen.“

       „Sag mal, tust du alles, was dein Vater möchte?“ Hart und direkt blickte er Cameron in die Augen. Das tiefe Blau schien ihn das Blut in den Adern gefrieren zu lassen und er versuchte ertappt sich von ihnen zu lösen. „Nein,“, wollte er sich unbedarft aus der Sache winden. „natürlich nicht. Mir ist nur wichtig was er von mir hält.“

       Rauchend nahm Jamie einen großen Schluck und drückte die Zigarette in einem blechernen Aschenbecher aus. Die Glut brannte noch eine Weile vor sich hin, ehe sie mit einem einzigen Puster von Jamie jämmerlich erlosch. „Warum? Du bist doch alt genug? Ich bin mir sicher er wäre immer auf dich stolz, egal was du tust.“

       Call me Maybe. Das schwungvolle Lied, das den Raum erfüllte, konnte Cameron wenig aufheitern. Innerlich wusste er, dass Jamie recht hatte, kannte ihn aber zu wenig, um es ihm gegenüber zuzugeben. Umso erschreckender fand er die Tatsache, dass er für fremde Personen derart leicht durchschauber war. „Aber ich wohne bei ihm. Außerdem bin ich so erzogen worden. Es ist nunmal das Richtige. Und ich bin schon so weit gekommen, da kann ich jetzt nicht mehr aufhören.“

       Jamie lachte auf und katschte dabei belächelnd in die Hände. „Ganz ehrlich, meine Mutter wollte nie das ich spiele, doch ich hab es immer wieder getan. Als mein großer Bruder Nilley ausgezogen und hierhergezogen ist, bin ich mit ihm gegangen.“

       Verwundert hätte Cameron sich beinahe an seinem Schluck Wasser verschluckt. „Was? Du meinst, ich soll ausziehen?“

       „Nein“, genervt kam Jamie näher an ihn heran. „Ich meinte damit, du sollst so leben wie du es möchtest. Deine Eltern sind nur da, um dich großzuziehen, dich zu unterstützen, aber in dem was DU tun willst, nicht was dein Vater will.“

       Ihm fiel es schwer, Ratschläge von ihm anzunehmen. Besonders da Jamie all das verkörperte, was einen typischen Draufgänger ausmachte. Er sah unheimlich gut aus, war berühmt, hatte ein bezauberndes Lächeln und viele Fans. Er trug flippige Kleidung und besaß einen coolen Blick, der einen, wenn man nicht aufpasste, zu Eis gefrieren konnte. Auch schien er das Leben so zu nehmen, wie es kam und kannte darin womöglich keine Regeln oder Pflichten. Fußballspielen konnte er nur zu gut, das hatte Cameron feststellen müssen, aber auch hier, kannte er wenig Regeln.

       „Ok“, sagte er nach einigem Überlegen und war bereit, weiter auf das Thema einzugehen. „Was soll ich deiner Meinung nach tun?“

       „Das weiß ich doch nicht. Aber… warte.“ Rasch stand Jamie auf, huschte zu einem Nachbarstisch, auf welchem eine einsame Zeitung lag, hinüber und kam mit ihr im Schlepptau zu ihm zurück. Konzentriert blätterte er sie der Reihe nach durch, auf der Suche, nach einem bestimmten Artikel. Was wollte er ihm zeigen? Stellenanzeigen?

       Mit seiner Suche erfolgreich, reichte er ihm wenig später die aufgeschlagene Seite. „Was empfindest du wenn du das siehst?“

       Cameron. Es zeigte Cameron selbst. Tränen stiegen ihm in die Augen, als er sich selbst erkannte, auf einer einzigen Seite, ein Artikel nur für ihn. Da war er, auf einem Stuhl sitzend, mit seinem Vater und Ross neben sich. Er hielt einen Stift und schrieb auf ein Papier. Unterzeichnete den Vertrag. Neues Blut bei Liverpool. War die Überschrift. Cameron Sulivan gehört seit heute zum FC Liverpool. Mit nur achtzehn Jahren ist er nicht nur jung, dynamisch und…

       „Und?“, unterbrach Jamie