Название | Natascha |
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Автор произведения | Nadja Christin |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738011333 |
»Hallo Justin, lange nicht gesehen«, meinte ich munter zu ihm, »du siehst … echt ziemlich verrückt aus.«
Er lachte nur. »Das kann sein, ich habe ja auch verrücktes Blut in mir.«
Ich blickte auf den Boden vor mir und dachte: ja mein Blut trägst du in dir.
Aber ich mag alles sein, böse, schlecht und verdorben. Ich habe vielleicht auch meine Seele verspielt, die Reinheit meiner Art verraten und meine Unschuld verloren. Aber ich bin ganz bestimmt nicht verrückt.
Ich spürte die Wut in mir hoch steigen, fühlte die Hitze, von eben. Etwas von dem roten, eisigen Nebel schien noch in mir zu sein. Er dehnte sich in meinem Inneren aus, füllte die Grenzen, gab mir die Kraft, um dieser Sache hier gewachsen zu sein. Langsam hob ich meinen Blick und sah vor meinen Augen kleine Feuerbälle explodieren.
Justin zuckte zurück, dann hob er sein Schwert.
Er hielt es mir an den Hals, seine Augen glühten gelb.
»Jetzt gleich ist es aus mit dir, Tascha Schätzchen.«
Er hob das Schwert an, presste die Lippen zusammen.
Da geschahen zwei Dinge fast gleichzeitig, ich hörte Ansgar hinter mir.
»Nein!« Seine Stimme klang rau und ich konnte einen Moment nicht sagen, ob ich sie in meinem Kopf hörte, oder in meinen Ohren.
»Doch.« Justin grinste kurz, da hatte ich meine Antwort.
Im gleichen Augenblick flogen die Türen auf und Vampire stürmten den Raum, alte Vampire, in altertümlichen Gewändern. Der hohe Rat, endlich.
Justin blickte erschrocken zu Seite und ich rammte ihm meinen Fuß in den Leib. Er klappte mit einem Keuchen zusammen.
Die Luft war erfüllt von Knurren, Brüllen und Geschrei. Überall sah ich Schwerter blitzen und Blut spritzen. Eine wunderhübsche, blonde Vampir-Frau lief an mir vorbei und warf mir ein Schwert zu, dabei sah sie mich an und zwinkerte kurz mit einem Auge, sie waren golden, wie goldene Lava. »Vae victis«, sagte sie dabei und ihre Stimme klang sanft. Das war Lea, ich war mir sicher, Lea die Löwenstarke.
Ich fing das Schwert auf, keine Sekunde zu spät, denn schon sauste Justins Stahl auf mich nieder. Ich konnte noch das Schwert hoch reißen und den Schlag abfangen, er hätte mich in der Mitte längs zerteilt. Ich sah die wütenden Augen von Justin, hörte sein Knurren und Brüllen, so hatte er sich das nicht vorgestellt.
Er wendete sich um, wollte fliehen, da wurde er von einem Vampir gerammt, ich hatte nicht gesehen, wer es war und er flog im hohen Bogen durch die Luft.
Ich lief hinterher, er prallte mit dem Rücken gegen jemand anderen und begrub ihn unter sich. Justin wollte sich hoch rappeln, er hatte sein Schwert verloren, aber ich war schneller. Mit einem Streich meiner Waffe brachte ich ihm eine tiefe Wunde quer über den Rücken bei. Er schrie auf, lief auf allen Vieren, bevor ihn mein Schwert erneut traf. Er kreischte wie verrückt und fiel hin, er drehte sich auf den Rücken und blickte mich an. Seine Augen waren riesengroß, rund und sehr braun, so normal, wie sie nur sein konnten.
»Tascha, mein Liebling, du willst mir doch nichts zu leide tun.« Seine Stimme war leise und flehend. Ich erhob mein Schwert und erstarrte in der Bewegung.
Ich sah in seine Augen, nahm den Tumult um mich herum nicht mehr wahr, starrte ihn nur noch an.
»Tascha, ich liebe dich doch, mein Monster ist nicht mehr, ich bin wieder der Alte, mein Liebling, mein kleiner Schatz. Verzeih mir, was ich dir angetan habe, ich war irre.«
Er schloss kurz die Augen und der Lärm um mich herum wurde sofort lauter. Schon schlug Justin seine Augen wieder auf und verdrängte jegliches Hintergrundgeräusch aus meinem Kopf, ich war weiterhin wie erstarrt.
»Wir könnten doch wieder zusammen sein, nur du und ich.« Seine braunen Augen suchten meinen Blick, verschlangen ihn, begannen mich mit in ihre unendlichen, grausamen Tiefen zu reißen. Fast war ich versucht ihnen nachzugeben, ich brauchte nur einen Schritt nach vorne zu wagen, die alles verschlingenden Brunnen würden mich willkommen heißen, würden mich mit Freuden empfangen.
Justin versuchte sich zu erheben.
»Wir könnten zusammen sein, für immer und ewig.«
Ich zwinkerte einmal, das Gebrüll und metallische Klirren der Kämpfenden war wieder da.
»In perpetuum?«, murmelte ich heiser.
»Was…?« Justin schien kurz irritiert.
Ich hob mein Schwert an und brüllte:
»Ich hasse dich.«
Dann ließ ich meinen Stahl auf ihn niedersausen. Ich sah noch, wie seine Augen größer wurden, wie sie mich fixierten und erneut versuchten, sich mit meinem Blick zu vereinen, um mich von meinem Vorhaben abzubringen.
Aber er hatte keine Macht mehr über mich, wenn er die je gehabt hatte, wirklich besessen hatte.
Mein Schwert traf ihn im Brustkorb und bohrte sich tief hinein, er stieß ein wahres Löwengeschrei aus und krümmte sich ein bisschen. Ich stieß mein Schwert so tief hinein, dass es durch ihn hindurch, auf der anderen Seite in den Boden fuhr.
Gestützt auf den Schwertgriff, schloss ich kurz meine Augen, ging zu Justins Kopf, riss ihn schnell herum. Mit einem gewaltigen Krachen brach sein Genick.
»Wir sind Quitt, möge ein höheres Gericht über dein weiteres Schicksal entscheiden.«
Ich erhob mich und sah mich in dem Raum um, es brannte. Überall waren kleine Feuerstellen zu sehen, von den geköpften Vampiren. Die Mitglieder des hohen Rates und der Bewahrer kämpften noch vereinzelt. An der hinteren Wand standen einige Vampire, die Vernichter, sie wurden bewacht von Conrad und Oberon, der hohe Rat hatte sie als Gefangene genommen. Dennis stand auch dabei, er blutete stark und sah wütend aus.
Ich sah mich nach meinen Freunden um, die Ketten waren leer, sie schwangen noch leicht. Darunter saßen zwei Gestalten in alte Gewänder gehüllt.
Mit steifen Schritten ging ich zu ihnen. Gerade fiel neben mir der letzte Kopf. Alarich riss die Arme in die Luft und brüllte. Der letzte der Vernichter war gefallen.
Der Sieg war unser.
Vorsichtig näherte ich mich Lea und Eleonore, sie knieten bei Ansgar und Josh.
Eleonore strich Josh gerade sanft über die Stirn. Beide Frauen flüsterten miteinander, ich konnte sie nicht verstehen, es war zu schnell und zu leise für meine Ohren.
Ich ging auf die andere Seite, zu Ansgar und blickte ihn an. Er sah furchtbar aus, er sah tot aus. Ich fiel neben ihm auf die Knie.
»Ansgar, mein Geliebter«, ich hörte keine Antwort, weder in meinem Kopf noch sonst eine. Ich blickte Lea an, sah zu Josh, seine Augenlider zuckten, die Lippen bebten, zum Glück, er lebte noch.
Mein Blick fiel wieder auf Ansgar, seine weiße Haut schien noch weißer zu sein, die Lippen völlig farblos. Die tiefe Halswunde hob sich strahlend ab von seiner hellen, fast glänzenden Haut.
Erneut warf ich einen Blick auf Lea.
»Was…?«, zu mehr war ich nicht fähig. Ihre goldenen Augen sahen betrübt aus, die Lava drehte sich träge im Kreis. Lea zuckte kurz mit den Schultern und wendete ihren Blick ab.
Eleonore ergriff meinen Arm, hielt mich fest.
»Natascha.« Auch ihre Augen waren von goldener Farbe. Ich erinnerte mich, dass sie Eleonore, die Barmherzige hieß. Ich wollte aber jetzt keine Barmherzigkeit, ich wollte nur eins: Dass es Ansgar wieder gut ging, dass seine Stimme in meinem Kopf erklang, dass er lebte.
Um uns herum war es still geworden, ich blickte mich um. Der hohe Rat und einige Mitglieder von den Bewahrern standen um uns herum. Sie senkten die Köpfe, die Hände