Название | Felix, der Erbe des Herrschers |
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Автор произведения | Anne Düpjohann |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738060928 |
Ich teilte mir das Büro mit meinen anderen Arbeitskollegen, die inzwischen vollzählig und brav an ihren Schreibtischen saßen und konzentriert auf ihre Bildschirme starrten.
Ich startete meinen PC und stellte fest, dass mein E-Mailfach buchstäblich überlief. Ich hoffte inständig, dass wenigstens die Hälfte Spam war, doch da wir einen guten Filter hatten, befürchtete ich, dass jede Menge Arbeit auf mich wartete.
Als erstes verfasste ich den von der Polizei gewünschten Bericht, den ich, als er fertig war, meinem Chef zuschickte. Er las wichtige Artikel oft noch mal durch, um sicher zu gehen, dass sich keine Fehlerteufel eingeschlichen hatten.
Danach kämpfte ich mich durch den Wust von Mails. Die freien Reporter waren gleichmäßig arbeitstechnisch auf uns vier verteilt. Jeder bekam von seinen Reportern das Neuste zu gemailt, was dann, wenn es brauchbar war, bearbeitet wurde und natürlich auch entsprechend provisionstechnisch abgerechnet werden musste. Gottlob gab es für die Abrechnung ein Programm, in dem man nur einen Code eingeben musste, sodass der Rest dann von unserer Dame bearbeitet werden konnte.
Ich wühlte mich durch die schier unendliche Anzahl der Mails. Dabei stellte ich verblüfft fest, dass sie, obwohl von unterschiedlichen Personen aus unterschiedlichen Ländern und Regionen gesandt, alle ähnlichen Inhalts waren. Überall schienen sich ähnliche Szenen abzuspielen, wie ich sie in unserer Stadt erlebte hatte.
Nur die Mails aus den kriegsgeplagten Ländern lasen sich wie eine Horrorgeschichte. Dort schien alles aus dem Ruder zu laufen.
Tote, Verletzte gepaart mit dem absoluten Chaos. Ich schüttelte den Kopf.
Das wurde immer verrückter! Ich stand auf und ging zu meinen Kollegen. Ich schrieb auf einen Zettel die Frage:
„Habt ihr auch Mails mit ähnlichem oder sogar gleichen Inhalt von euren Informanten erhalten?“
Sie nickten mir ratlos zu. Die ganze Sache wurde immer mysteriöser. Was steckte bloß dahinter?
Verwirrt setzte ich mich wieder an meinen Platz und starrte den PC an. Ich entschloss mich, einige Mails auszudrucken, um sie dann in Ruhe miteinander zu vergleichen.
Ich stellte fest, dass es viele Parallelen gab, denn der Verlust der Hörfähigkeit schien sich wie eine Seuche auszubreiten.
Die Berichte aus den Krisengebieten ähnelten sich insofern, dass sie alle eine hohe Selbstmordrate aufwiesen. Das komische hierbei war, dass auch Soldaten, die eigentlich die Terroristen bekämpfen sollten, sich ebenfalls erschossen.
Seltsamerweise versagten die Autos auch woanders auf der Welt ihren Dienst, die Flugzeuge ließen sich nicht starten und konnten nicht abheben und die Züge fuhren nicht.
In vielen Teilen der Erde war das Stromnetz sehr labil oder war ganz zusammengebrochen.
Besonders in den Krisengebieten herrschte das totale Chaos. Aber auch die großen Industrienationen wie Indien, China und die USA waren davon betroffen. Ich begann, die Berichte zusammenzufassen, als mir einfiel, dass meine Kollegen möglicherweise genau dieselben Meldungen bekamen.
Normalerweise hatte jeder seinen eigenen Bereich, den er zu bearbeiten hatte. Aber bei der auffälligen Ähnlichkeit der Vorkommnisse machte es sicherlich Sinn, die Texte aufeinander abzustimmen. Den gleichen Gedanken schienen die anderen auch zu haben, denn wir schauten fast gleichzeitig hoch.
Ich grinste. Es war schon lustig. Ein eingespieltes Team versteht sich auch ohne Worte. Wir einigten uns darauf, dass zwei an der Zusammenfassung der zugesandten Berichte arbeiteten und die anderen regionale Begebenheiten mit eigenen Erfahrungen wiedergeben sollten.
So erzählte Dennis, einer meiner Kollegen, dass sein Nachbar ihn morgens abgepasst hatte, als er seine Wohnung verließ, um ihn darum zu bitten, sein Hörgerät neu einzustellen. Jener Nachbar, ein älterer Herr, war recht schwerhörig und dachte, als er nichts mehr hören konnte, es läge an seinem Gerät. Dennis versuchte vergeblich ihm klarzumachen, dass es nicht sein Hörgerät war, was versagte.
Man stelle sich einen Dialog zwischen zwei Leuten vor, die sich nicht hören können, wovon der eine aber nicht wusste, dass der andere ihn nicht hören konnte. Wenn man der Zeichensprache nicht mächtig ist, ist dies ein äußerst schwieriges Unterfangen. Es endete dann auch damit, dass der Nachbar erbost und unverstanden wieder seines Weges ging.
Natürlich konnte man das nicht veröffentlichen, aber es lockerte die doch recht seltsame Situation, in der wir uns befanden etwas auf.
Auf einmal grinste Klaus, mein anderer Kollege und meinte, jetzt könnten seine Kinder ja ruhig Krach machen, ohne dass sich die Nachbarn beschwerten.
Ich nickte. In puncto Krach waren meine Nachbarn auch sensibel. Arbeitete ich länger und wollte dann noch meine Wohnung sauber machen, klopfte garantiert der untere Mieter mit dem Besen an die Decke, wenn es nach 22 Uhr war.
Dabei war es gar nicht so einfach, alles das, was Krach machte, bis 22 Uhr zu erledigen. Wenn man nach einem langen Arbeitstag noch etwas eingekauft hatte und dann nach Hause kam, war das Zeitfenster, Lärm in seiner Wohnung zu machen, schnell geschlossen.
Ich hatte recht spezielle „ nette“ Nachbarn. Ein älteres Ehepaar, beide Rentner. Sie war zwar nicht ganz so schlimm, aber er war ein absolutes Ekel.
Er stand morgens auf und marschierte nach dem Frühstück in die Stadt, um alle Verkehrsvergehen der Autofahrer zu notieren und zur Anzeige zu bringen. Gott sei Dank reagierte die Polizei nicht mehr auf seine Flut von Anzeigen.
Was ihn allerdings nicht daran hinderte, trotzdem weiterzumachen. Da im Moment keine Autos fuhren, war Ekel-Alfred- wie ich ihn getauft hatte, da ich immer an die TV Serie „ ein Herz und eine Seele“ dachte, wenn ich ihn sah, jetzt erst einmal arbeitslos. Ein Segen für die Menschheit!
Sie hingegen hatte trotz ihres Alters ein äußerst empfindliches Gehör und Lärm machte sie krank. Als ich daran dachte, musste ich auch grinsen. Jetzt wurde ihre Ruhe durch nichts gestört. Aber wahrscheinlich war ihr die totale Stille auch nicht recht.
Ich widmete mich wieder den unzähligen Mails, um daraus einen Bericht zu verfassen.
Ich war so vertieft in meiner Arbeit, dass ich erschrak, als mich jemand auf die Schulter klopfte.
Ich blickte hoch und sah meinen Chef einen Zettel in die Hand haltend worauf stand:
„Ist der Bericht fertig?“
Ich nickte und deutete ihm an, dass ich ihm den Bericht schon längst zugeschickt hatte. Stirnrunzelnd ging er zurück in sein Büro. Ich grinste in mich hinein. Offensichtlich hatte er seine ganzen Mails auch noch nicht abgearbeitet.
Ich schaute auf meine Uhr. 21 Uhr! Meine Güte, wie schnell die Zeit vergangen war!
Ich bedauerte insgeheim die Arbeiter in der Druckerei, die in der heutigen Nachtschicht sicherlich einen Megastress haben werden.
Ich beschloss, Feierabend zu machen. Meine anderen Kollegen befanden sich auch gerade in Aufbruchstimmung und so verließen wir gemeinsam die Redaktion.
Während der Arbeit hatte ich die Stille ausblenden können, doch als ich jetzt auf der Straße stand, prallte die ungewöhnliche Situation mit aller Macht auf mich ein. Ich schaute meine Arbeitskollegen an. Auch sie schienen dasselbe zu empfinden wie ich.
Bedrückt verabschiedeten wir uns tonlos und jeder machte sich auf dem Nachhauseweg.
Während ich radelte, musste ich die Gehörlosen bewundern, die ihr ganzes Leben in dieser Stille verbringen müssen.
Erst wenn man sich selbst in derselben Lage befand, verstand man, welch eine Herausforderung dies jeden Tag aufs Neue darstellte.
Allerdings