Название | Felix, der Erbe des Herrschers |
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Автор произведения | Anne Düpjohann |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738060928 |
Es bedeutete für uns beide eine ziemliche Überwindung, den Weg wieder zurück zu fahren. Schon als wir uns von weitem dem Krankenhaus näherten, sahen wir, dass immer noch viele Leute vor dem Krankenhaus warteten. Aber – irgendetwas hatte sich verändert.
Es herrschte eine bedrückte, angespannte Atmosphäre. Man sah viele Verletzte, einige saßen sogar auf dem Boden.
Man hatte den Eindruck, es hätte eine Massenschlägerei stattgefunden. Die Polizisten sahen entgeistert auf das Bild, das sich ihnen bot.
Anja und ich schauten uns ungläubig an. Was war hier bloß geschehen? Ich versuchte durch die Menge zu kommen, um den Polizisten den Tatort zu zeigen. In Begleitung der beiden Beamten machten uns die Leute zum Glück Platz und schauten uns dabei verwundert an, als wir auf die besagte Stelle zeigten. Ein großer Blutfleck erinnerte noch an die Tragödie.
Die Polizisten kreisten ihn mit Kreide ein. Die Umstehenden schauten uns neugierig und fragend an. Ich zog jedoch nur die Schultern hoch und schüttelte mit dem Kopf. Danach machten wir uns auf dem Weg zur Leichenhalle. Allerdings weigerte ich mich, sie noch mal zu betreten. Gott sei Dank bestanden die beiden auch nicht darauf. Sie verschwanden in der Leichenhalle und kamen einige Zeit später mit der in dem Taschentuch gewickelten Pistole wieder zurück.
Sie schrieben mir auf einen Zettel, dass der Mann in der Leichenhalle tatsächlich tot und außerdem ein alter Bekannter von ihnen sei, der seit geraumer Zeit steckbrieflich gesucht wurde.
„Aha“, dachte ich, „das hebt jetzt allerdings auch nicht wirklich mein Wohlbefinden und lässt das Grauen dieses Ortes verblassen.“
Ferner teilten sie uns mit, dass wir jetzt nach Hause fahren könnten. Nach Hause wollte ich noch nicht, aber erst einmal fort von diesem Ort.
Ich schrieb Anja, dass ich mich bei meinem Chef noch krank melden müsse und da das nicht telefonisch gehen würde, wollte ich das noch erledigen, bevor ich endgültig nach Hause fahre.
Sie nickte und deutete mir an, dass sie mich begleiten wolle.
So radelten wir zur Redaktion, die sich unweit der Polizeistation befand.
Irgendwie hatte ich damit gerechnet, dass die Redaktion geschlossen war, so wie viele andere Institutionen an diesem Tag. Denn als wir durch die Stadt fuhren, um zur Redaktion zu gelangen, hatten wir bemerkt, dass viele Läden geschlossen waren mit dem Hinweis auf eine plötzliche Krankheit.
Doch weit gefehlt!
Als ich gegen die Tür drückte, öffnete sie sich und wir gingen ins Büro meines Chefs.
Er schaute hoch, als ich die Tür aufmachte.
Demonstrativ schaute er auf seine Uhr und dann vorwurfsvoll auf mich.
Ich deutete auf meine Ohren, worauf er nickte und mir andeutete, zu ihm zu kommen und mich zu setzen.
Wie schon bei der Polizei, kommunizierten wir über den Computer. Seine erste Frage war doch allen Ernstes, warum ich einen halben Tag blau gemacht hätte.
Das war mal wieder typisch für ihn!
In seinen Augen ist man nur arbeitsunfähig, wenn man alle zehn Finger gebrochen hat. Ich seufzte und erzählte ihm mein morgendliches Erlebnis. Er nickte und schrieb:
„ Das wird eine gute Story!“, und instruierte mich dann, ich möge einen Artikel schreiben.
Wenn ich das fertig hätte, sollte ich alle Informationen, die bislang in die Redaktion gelangt waren, bearbeiten.
Außerdem sollte ich umgehend anfangen, zu recherchieren, was diese mysteriöse Taubheit ausgelöst hat. Und – so schnell wie möglich, dafür sorgen, dass meine Kollegen ebenfalls im Büro erscheinen, um ihre Arbeit aufzunehmen. Ich dachte:
„Der ist echt lustig! Klar, ich ruf sie an!“
Ich schaute ihn fragend an und deutete auf meine Ohren. Er zuckte mit den Schultern und schrieb: „Fahr bitte hin, sie sind leider per SMS nicht zu erreichen. Du weißt ja, wo sie wohnen!“
Ich nickte und schrieb dann:
„Okay, dann muss dass andere aber erst einmal warten. Sind denn überhaupt Leute in der Druckerei, die die Zeitung erstellen?“
Er nickte:
„ Hab ich alles schon organisiert! Jetzt fehlen mir nur noch die Journalisten, damit wir vereint beginnen können, der Sache auf den Grund zu gehen. Du weißt doch, die Konkurrenz ist groß! Die Zeitung, die als erstes die Story bringt, verdient durch eine höhere Auflage das meiste Geld!“
Mein Chef hatte diese Zeitung vor 10 Jahren gegründet und sie verkaufte sich recht gut. Es war zwar nur eine kleine Redaktion, außer mir gab es noch drei weitere fest angestellte Journalisten und Susi Block, unsere kaufmännische Angestellte, die sich halbtags um den Bürokram kümmerte, aber wir konnten uns nicht über mangelnde Arbeit beklagen. Allerdings hatte mein Chef jede Menge freie Journalisten in aller Welt, die ihn mit Stories belieferten. Für Erfolg versprechende Stories zahlte er gut und das machte sich durch eine gute Auflage bezahlt.
Ich wollte mich gerade auf dem Weg machen, als er auf Anja deutete.
Ich schüttelte den Kopf und erklärte ihm, dass sie meine Nachbarin sei und nicht vom Fach.
Es sei reiner Zufall gewesen, dass wir den Morgen zusammen verbracht hätten. Er nickte enttäuscht. Vielleicht hatte er gehofft, schnell noch eine zusätzliche Kraft in die Arbeit mit einbinden zu können, denn schließlich konnte man nicht mit Sicherheit sagen, ob ich alle meine Kollegen zu Hause antreffen würde. Sie konnten sich genauso gut in irgendeiner Menschenmenge vor irgendeinem Krankenhaus oder einem Arzt, der zufällig doch arbeitete, befinden.
Ich hoffte allerdings, sie zu Hause anzutreffen. Vielleicht hatten sie dasselbe festgestellt wie ich, nämlich dass die Taubheit ein allgemeines Phänomen war.
Anja signalisierte mir, dass sie alleine nach Hause fahren wollte, da ich offensichtlich noch arbeiten müsste.
Ich nickte und fragte sie, ob ich sie begleiten solle, doch sie schüttelte mit dem Kopf. So trennten wir uns und ich schnappte mir wieder mein Fahrrad, um meine Arbeitskollegen zusammenzutrommeln.
Diesmal traute ich mich allerdings, die Straße zu nutzen, da sowieso kein einziges Auto zu sehen war.
Ich beschloss, langsam zu fahren, um einerseits so viele Eindrücke wie möglich von dieser ungewöhnlichen Lage in mich aufzusaugen, andererseits aber auch um unbeschadet an mein Ziel anzukommen, da man nie wissen konnte, was passieren würde.
Allerdings stellte ich fest, dass sehr wenig Leute unterwegs waren.
Die Stadt wirkte wie ausgestorben. Kein Auto war weit und breit zu sehen. Da die großen Geschäfte geschlossen waren, wirkte sie nahezu wie eine Geisterstadt. Ich entdeckte eine kleine Bäckerei mit Lebensmittelbereich, die geöffnet hatte. Ich beschloss, mir belegte Brötchen und Getränke zu holen, da ich mit einem langen Abend in der Redaktion rechnete. Es war schon ein komisches Gefühl, den Laden zu betreten, ohne zu wissen, ob man mich jetzt würde hören können oder nicht.
Doch die Besitzerin hatte das Problem prima gelöst. Sie hatte eine große Schiefertafel beschriftet:
„ Bitte schreiben Sie ihre Wünsche auf!“
Ich holte mir einige Getränke und schrieb dann auf eine kleine Schiefertafel, die auf der Theke lag, was ich sonst noch kaufen wollte.
Als ich aus dem Laden heraustrat, bemerkte ich zwei Männer, die ihre Kapuzen tief ins Gesicht gezogen hatten und auf mich zukamen.
Nichts Gutes ahnend schnappte ich mir mein Fahrrad und wollte die Flucht antreten, als mir klar wurde, dass nicht ich das Ziel war, sondern die Bäckerei.
Die beiden ignorierten mich und betraten den Laden. Ich dachte an die ältere, nette Frau, die mich bedient hatte