Fall eines Engels. Simone Lilly

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Название Fall eines Engels
Автор произведения Simone Lilly
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742796493



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folgte sie ihm. Sein Griff um ihre Hand tat ihm gut. Gespannt stellten sie sich vor das Tor und schritten durch es hindurch. Ein Beben überkam seinen Körper. Die Luft wurde dünner, sie begannen zu fallen. Ein lauter Schrei kam ihr über die Lippen.

      Sie setzten erst nach Langem sanft auf den Boden auf, als sie sich daran gewöhnt hatten zu fallen und ihre Flügel weit von sich breiteten. Eigentlich war ihm die Umgebung egal. Es war ihm nur darum gegangen vor Merlina mit seinem Mut zu prahlen. Obwohl alles schnell gegangen war, schneller wie einschlafen.

      „Das ist die Erde?“, obwohl Merlinas Blick gebannt auf die seltsamen Körner gerichtet war, auf denen sie standen, sie waren warm und von der Sonne aufgeheizt, wirkte sie enttäuscht.

      Raphal konnte sich nicht von ihr abwenden. In Trance ließ er sogar den ersten Moment verstreichen um zu realisieren dass er auf der Erde war, er würde nicht mehr wieder kommen.

      „Du bist wunderschön.“, brach es aus ihm heraus.

      Betreten sie sie zu Boden, immer noch auf die seltsamen Körner. „Danke.“

      Dumm von ihm! Er wusste doch am Besten dass dieses Kompliment alles andere als gut war. Immerhin waren sie alle gleich. Würde sie also wunderschön für ihn sein, war es auch jede andere. „Du weißt was ich meinte.“, fügte er schnell hinzu, da er an ihrem Blick merkte, dass sie genau das dachte.

      Kleinlaut versuchte sie zu lächeln. „Ja, ich hoffe es jedenfalls es zu wissen.“

      Ungeachtet der Gefahr die vom Boden ausgehen konnte, ließ sie sich auf ihn fallen, hob die Hände und lies ihn stückchenweise durch ihre Finger rieseln. „Sie fühlen sich wundervoll an, möchtest du auch mal?“

      „Nein.“ Dafür hatte er viel zu viel Angst.

      Allein dass seine Füße alles berührten machte ihn wahnsinnig. Am liebsten wäre er nicht einmal durch die Luft der Erde geschwebt. Um anzugeben tat er es. Um Mut zu beweisen, den sonst keiner besaß. Sah er sich um, verstand er auch warum. Abschätzend glitt sein Blick auf und ab. Alles hier war kahl und trostlos, dachte er an seinen Großvater, wer hier leben musste, tat ihm leid. Jeder Engel und sogar Teufel der gefallen war und sein Leben hier fristen musste, tat ihm leid.

      Sein Unbehagen kümmerte Merlina wenig. Glücklich breitete sie ihre Arme und Flügel von sich. Das sonst so schöne und reine Weiß ihrer Federn war nun vollkommen verdreckt. Raphal schluckte. Kräftig schütteln würde nun nicht mehr reichen, um ihren geheimen Ausflug vor anderen zu verbergen.

      „Nun komm schon!“, sagte sie, packte ihn und zog ihn zu sich hinunter. Ungewohnt nahe waren sie sich nun. Raphal überlegte. Sollte er sie jetzt Küssen? Sein Herz begann schneller zu schlagen. Ihre Augen huschten an seinem Gesicht hinauf und hinab. Als besäße er keine Macht über ihn, begann sein Kopf sich zu ihr zu neigen. Immer weiter und weiter, bis er ihren warmen Atem spürte. Auch sie schloss die Augen, ihr Atem wurde langsamer.

      Jetzt war der perfekte Moment. Doch etwas störte ihn. Schlagartig bremste er ab, räusperte sich peinlich berührt und blickte wieder geradeaus von sich. Wälzte sich von ihr fort und nahm Haltung an.

      Irritiert und traurig zu gleich dauerte es einige Sekunden, bis sie klare Worte an ihn richten konnte. „Was ist los? Stimmt etwas nicht ...?“

      „Ich finde nur.“, unterbrach er sie schnell, um sie nicht falsch von ihm denken zu lassen. „ ... das unser erster Kuss nicht in dieser Welt sein sollte.“

      „Aber es ist dann etwas Außergewöhnliches!“

      Abwertend zuckte er mit den Achseln. „Ja das schon. Besser wäre es aber, wir würden so etwas in unserer Welt lassen. Verstehst du?“

      Sie nickte. „Muss ich wohl, obwohl es mir nichts ausgemacht hätte.“

      „Das weiß ich.“

      Lange sahen sie sich an. Bevor sie es aber nocheinmal versuchten, begannen sie lieber, von unten auf ihre Heimat hinaufzusehen.

      „Es ist ungewohnt.“, stieß sie hervor und nickte gen Wolken. „Man sieht sie wirklich nicht. Still sieht es aus, leicht, als ob es uns gar nicht gäbe.“

      „Stimmt.“, pflichtete er ihr bei.

      Minuten verstrichen. Langsam wurde es warm, zu warm. Die Kälte waren sie gewohnt, nicht aber die erbarmungslose Sonne. Merlinas Haut war ganz und gar rot gefärbt.

      „Sollten wir nicht langsam wieder zurück?“

      „Warte noch.“, befahl sie ihm und schloss die Augen. Tief atmete sie ein, füllte ihre Lungen mit Luft, wartete mit dem Ausatmen bis sie meinte die Luft verinnerlicht zu haben und stieß sie dann wieder aus. „Gut, jetzt können wir gehen.“

      Ein Blitz durchfuhr ihn. Raphals Blut gefror augenblicklich, er wirbelte herum und funkelte sie aus erschrockenen Augen an. „Wie lange waren wir hier?“

      „Ich weiß es nicht, ist das von Bedeutung?“

      Selbst Merlina begann in Panik zu geraten. „Haben wir es verpasst?“, kreidebleich fuhr sie herum. Trotz der Wärme um sie herum, schien nun eisige Kälte in ihre Glieder zurückgekehrt zu sein. Raphals Mut schwand sofort. Schwindelnd beugte er sich vornüber um seine Angst schier auszuspeien.

      „Komm schon!“, rasend schnell packte er sie am Arm und stob mit ihr im Schlepptau nach oben. Mit einem kräftigen Schlag seiner Flügel waren sie wieder mitten am Himmel. Das Tor kam immer näher an sie heran. Sein Atem beschleunigte sich, bald hätten sie es erreicht. Nicht auzudenken war es was geschehen würde, wäre es verschlossen. Euphorisch streckte er seine Hand danach aus. Ein lauter Knall ertönte. Schmerzerfüllt rieb er sich den Kopf, zu spät hatte er innegehalten und war mit voller Wucht gegen das harte Metall geprallt. Schlauer war Merlina gewesen und hatte sich gleich in einigem Abstand weinend zurückgeworfen. Der Schall des Aufpralls hallte noch lange in Raphals Gedanken wieder.

      Beschämt sie überhaupt in diese Lage gebracht zu haben, legte er seine Hand auf ihre Schulter und rieb an ihr entlang, ignorierte den Schmerz einfach. „Das wird schon.“, säuselte er ihr entgegen, glaubte aber selbst keine Sekunde daran. Sie waren verloren. „Es tut mir so leid.“, sie waren sich so nah, dass sich ihre Flügel beinahe am Fliegen hinderten.

      „Ist nicht deine Schuld.“, sagte sie leise und senkte den Blick, wollte ihm nicht länger in die Augen sehen. „Ich mache so etwas nicht, meine Mutter hält viel von mir.“, getroffen schluckte er. „Ich werde Ärger bekommen. Wie viel wird sie von mir halten wenn sie erfährt, dass ich es mir erlaubt habe auf die Erde zu fliegen. Sie wird mich dafür hassen.“, wimmernd legte sie ihren Kopf in die gespreizten Finger. „Ich werde von ihr verstoßen!“

      Plötzlich überkam ihn ein leichter Luftzug, er wurde stärker als das Tor schwungvoll aufgeworfen wurde. Zuerst waren sie sprachlos, wurden dann aber ernst.

      „Was macht ihr hier unten?“

      Die Frage war vertraut, sie war berechtigt. Dankbar sprang er nach vorne und schlang seine Arme um Adrals Körper.

      „Ich habe euch überall gesucht.“, begann Adral ohne seinen Dank oder seine Umarmung zu erwidern. „Und Gottseidank auch gefunden. Ich wusste du bist beim Tor! Ich wusste es einfach!“

      Merlina bekam von ihm keine Beachtung, Adral hatte sie gar nicht gesehen so kam es ihm vor. Seine Aufmerksamkeit galt nur ihm, Raphal, der unter ihm war und hilflos mit den Flügeln schlug. „Nun komm schon rein!“, winkte er ihm und trat beiseite. Raphal gehorchte.

      Schattenhaft prankte eine Hand über Adral, noch ehe sein Bruder ausweichen konnte, traf ein kräftiger Schlag seinen Kopf. Er fiel getroffen auf die Wolken. Auch Raphal war sprachlos.

      Ihre Angreifer waren Wächter, welche im Begriff waren der Erde einen Besuch abzustatten.

      „Teufel!“, rief er unverblümt. Erbarmungslos kümmerte er sich gar nicht darum, dass Adral sich die schmerzende Wange hielt. „Was hast du hier zu suchen? Du darfst nicht hier sein!“ Wieder packte er ihn an den Schultern und schüttelte ihn