EIN HIMMLISCHER JOB. Til Erwig

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Название EIN HIMMLISCHER JOB
Автор произведения Til Erwig
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742769114



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Menschen sind gute Christen.“

      „Oder gute Juden, Buddhisten, Hindus, Atheisten, Bahai, Agnostiker, Baptisten, griechisch Orthodoxe, russisch Orthodoxe, Muslim und weiß der Himmel was noch alles, sagt der Papa. Er hat immer Antworten auf alles. Und wenn nicht, fragen wir …“

      „Den Koran?“, fragt Fidelitas vor dem nächsten Apfelbiss.

      „Allah!“

      „Allah?“

      „Wir beten zu Allah. Und du? Zu wem betest du …?“

      Der Transporter hält vor einer Döner Bude. Mümin, der Inhaber, winkt Mehmet und ruft ihm zu „Kannst’ es anschauen, Mehmet.“

      Mehmet strotzt geradezu vor Selbstbewusstsein, zugleich mimt er vor Mümin den Fürsorglichen, den generösen Spender. Was Wunder, zum ersten Mal hat er eine große Summe Bargeld in der Tasche. Scheißegal wo die Kohle herkommt, Geld beruhigt, motiviert mächtig, macht großzügig und stolz.

      „Hunger, Kleiner?“

      Ohne die Antwort von Fidelitas abzuwarten, bestellt er Döner.

      „Gib mir zwei, Mümin. Der Kleine hat Kohldampf.“

      Mümin geht das Großkotzige der heutigen Jugend schon lange auf den Sack. Und außerdem frozzelt er gerne, in holprigem bayerisch. Hier bietet sich mal wieder eine Gelegenheit.

      „Ja da schau her, Mehmet, hast´ an neuen Freund. Bist’ a Schwuli-Schwuli jetzt, was?!“

      „Und du wieder mal neidisch, weil dir alle Kerle davon laufen!“

      „Gehn wir in die warme Sauna, Mehmet. Bringst eahm mit?“

      „Der wird an dir Saubär Freude haben. Wo hast’ es?“

      „Hinten“.

      Womit klar ist, dass neben dem Dönerverkauf im Kiosk ´hinten` noch andere Geschäfte laufen. Fidelitas ist damit beschäftigt sich Notizen zu machen,

      „Okay!“ sagt Mehmet, winkt ihr mitzukommen und gibt ihr einen Döner.

      In einem Verschlag hinter der Bude steht zwischen Kisten und Kästen ein betont sportliches Motorrad in grellen Farben.

      „Geil, he?!“ Mehmet knufft aufgeregt Fidelitas in die Rippen. Mümin streichelt mit der flachen Hand über den elegant gestylten Sattel des Ungetüms.

      „Kannst’ gleich mitnehmen. Aber vorher …“ Er macht die typisch deutsche Daumen/Zeigefinger Bewegung des Geldzählens.

      „Die Anzahlung! Zwanzig Prozent! Tausendsechshundert Euro.“

      „Oder: Zwanzig Prozent Nachlass – bei cash, okay?!

      Mehmet, ganz cooler Gewinner; Mümin, ahnungslos, will sich kaputt lachen.

      „Woher hast’ achttausend Euro, mein Freund? Vom Lotto?“

      „Heute hat Allah meine Augen geküsst!“

      In solchen Fällen, das weiß Mehmet genau, sind türkische Weisheiten immer gut angebracht. Lässig, sogar superlässig holt er den Packen Geld aus seiner Ledertasche und zählt langsam aber mit großer Geste 7.000 Euro ab, gibt Mümin dann die Hälfte und steckt den Rest wieder ein.

      „Ohne Probefahrt geht nix.“

      Mümin ist beeindruckt, ist sogar sehr beeindruckt, zählt die Scheine nach, hält sie gegen das Licht, prüft sie nochmal, zerknittert einen und ist jetzt noch mehr als außerordentlich beeindruckt, das spürt auch Fidelitas. Richtig einordnen aber kann sie dieses Prozedere nicht, macht sich dennoch Notizen.

      Mehmet startet die Maschine, lässt den Motor mehrfach aufheulen, winkt Fidelitas aufzusteigen und braust mit künstlich erzeugten Fehlzündungen vom Platz. Mümin bleibt zurück, sprachlos, immer wieder hält er die Geldscheine gegen das Licht um zu prüfen ob sie tatsächlich echt sind.

      In ziemlich hohem Tempo fahren Mehmet und Fidelitas durch die Innenstadt von Bad Tölz, an einem Biergarten vorbei, mitten durch den Kurpark, an der Isar entlang. Immer wieder lässt der neue Besitzer den Motor seiner Maschine im Leerlauf aufheulen. Das hat nicht überall freundliche Gesichter der Kurgäste und Spaziergänger zur Folge. Trotz des Fahrtwindes versucht Fidelitas sich bemerkbar zu machen, indem sie Mehmet ins Ohr schreit.

      „Das war ein Fehler!“

      „Jeder macht Fehler“, schreit Mehmet zurück, „ist doch normal!“

      „Das Motorrad kaufen!“

      „Was?“

      „Nicht gut!“

      Ein ganz reines Gewissen hat Mehmet natürlich nicht. Er hat ja echt keine Ahnung, wo das Geld auf dem Geschäftskonto so plötzlich herkommt. Und an Zufälle, oder Gottes Hilfe, glaubt er auch nicht. Er will einfach nur Spaß haben. Bedenkenträger machen ihn aggressiv. Das bekommt Fidelitas gleich zu spüren.

      „Nicht gut, nicht gut! Was meinst du, wofür ich arbeite Tag und Nacht. Für nix! Der Papa zahlt mir nix, bezahlt nur Miete und Steuer und Strom und was noch alles für Scheiß, keine Ahnung. Und zahlt den ...“ Der Fahrtwind reißt weitere Schimpfworte weg, verständlich für Fidelitas bleibt am Schluss der Tirade nur „Arschkozak!“

      „Arschkozak?“

      „Vergiss es!“

      „Pass auauauauffffff!!!

      Die Warnung von Fidelitas hat eine außerordentliche, fast könnte man sagen eine überirdische Qualität. Natürlich nicht von der Stärke einer Gravitationswelle wie sie der Herr aller Dinge auslösen kann, aber für einen Second Hand Engel doch von großer Kraft und Lautstärke. Das muss sogar der Bauer auf seinem Traktor gespürt haben, der mit einem Heu beladenen Anhänger unverhofft aus einer Seitenstraße herausfährt.

      Vielmehr heraus fahren wollte. Vor Schreck bremst der Mann sein Gefährt so stark ab, dass die gesamte Heuladung ins Rutschen kommt und auf dem altehrwürdigen Tölzer Kopfsteinpflaster landet. Mehmet scheint den knapp verhinderten Unfall anders zu sehen. Er ist sich seiner erstklassigen Fahrkünste absolut sicher, klar, dass immer die anderen schuld sind. Dennoch bedankt er sich bei Fidelitas auf seine nicht immer charmante Weise.

      „Ey, der hat Glück gehabt, der Sausack. Beinahe hätt´ ich ihn auf die Hörner genommen. Gut, dass du geblökt hast.

      „Okay, danken wir für die Hilfe. Tun wir was, für einen guten Zweck! “

      „Hä?“

      „Machen wir ein gutes Werk, okay?!“

      „Bist du von der Wohlfahrt, oder was?! Spenden für´ n guten Zweck?! Rotes Kreuz, Flüchtlingshilfe, Gewerkschaft, Bauernverband oder was für ein Verein?“

      „Ein ... gemeinnütziger Verein … für die Emanzipation …ein gutes Werk, jep!“

      „Gegen Sexismus und Übergriffe auf Frauen, ja? Ey, Partner, mit dem Geld von der Sparkasse machen wir sowieso schon eine Emanzipation, der Papa und ich, verstehst du? Wir sind jetzt automatisch selbstständiger.“

      Er gibt wieder Gas und fährt – diesmal aber bedeutend langsamer – weiter den

      Berg hinauf wo ein Marterl steht. Mehmet schreit gegen den Fahrtwind.

      „Ich bin emanzipiert vom Papa – und der ist emanzipiert von der Sparkasse! Voll cool, was?“

      „Die Sparkasse - ist eine Frau?“

      „Der Chef von der Sparkasse ist eine Frau.“

      „Eine Chefin?! – Ich muss fragen. Anhalten, bitte!“

      Mehmet hält an, lässt übermütig den Motor aufheulen während Fidelitas von der Maschine klettert und sofort eine Notiz ins digitale Notizbuch tickert.

      „Man sieht sich – in der Tenne auf d´ Nacht, okay?!“

      Er gibt Gas und fährt in übermütig