EIN HIMMLISCHER JOB. Til Erwig

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Название EIN HIMMLISCHER JOB
Автор произведения Til Erwig
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742769114



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da ist gar nix vergammelt. Hat mein Vater heute früh erst zubereitet. Super

      frische Ware, ehrlich…“

      Der Tankwart schnüffelt an den Häppchen und belegten Brötchen – das gehört zum Spiel - und verzieht angewidert sein Gesicht. „Mann, du hast’ auch schon mal besser gelogen. Das riecht doch’ n Blinder mit Krückstock, dass die Ware stinkt! Wer soll’ n das fressen, hä …?“ Mehmet weiß, dass es wie immer nur um den Preis geht, aber er will den Kunden nicht verlieren und was er jetzt an Rabatt geben wird, hat er vorher schon draufgeschlagen. „Okay, zwanzig Prozent Abschlag, okay?!“ Der Tankwart schlägt grinsend ein, im Gegensatz zu dem Ziegenficker bin i c h jedenfalls kein Loser, denkt er, und legt das gut gefüllte Tablett in die gekühlte Truhe. Mehmet zählt mit tieftrauriger Miene das Geld nach, verlässt enttäuscht tuend die Tankstelle um sich grinsend in seinen Lieferwagen zu setzen. Ein ärmlicher arabischer Haushalt ist als nächstes auf der Liste. Seit Jahr und Tag Auflage und eine Art Spende vom Vater, das Essen ist zwar von gestern, aber unverdorben, immer noch gut genießbar. Mehmet juxt mit den zahlreichen Kindern der Familie herum und verspricht das Blaue vom Himmel, nämlich dass er bald wieder kommt und dann vielmehr Zeit mitbringt um mit den Kleinen zu spielen. Ruck zuck ist abgeladen bei einem etwas abseits gelegenen Kiosk, trotz gestenreicher Debatte mit dem türkischen Inhaber Mümin, alles ohne Problem. Im Altenheim dauert es etwas länger. Mehmet macht die Pflegerinnen an, flirtet, scherzt mit mürrischen, weil unterbezahlten Pflegern. Sie mögen ihn. Und man kann ja nie wissen. Draußen hat die Bewölkung stark zugenommen. Sieht fast nach Regen aus. Schnell vergangen, der langweilige Arbeitstag. ´Feierabend` ist ein Wort, das Mehmet beherrscht wie kein anderes. Der kleine Lieferwagen mit deutsch/türkischer Aufschrift „Feinkost Yüksel“ rast über die Landstraße. Aus dem Himmel über den Wolken löst sich eine Sternschnuppe und schlägt mit extrem lautem Knall in einer Baumgruppe ein. Die Wirkung der Explosion ist gewaltig. In der Stadt, in Bad Tölz etwa, wäre jetzt Panik ausgebrochen. Kein Wunder, die Menschen sind verängstigt, genervt, jede Detonation in dieser Größenordnung kann von einem Attentat kommen. London, Berlin, Brüssel, Paris - der ganze Orient, Nordafrika, alles gefährdet, trotz intensivster Bemühungen der internationalen Politik, der freiwilligen Helfer, der vielen Sicherheitskräfte vor Ort. Die Druckwelle lässt den Transporter schwanken, er gerät ins Schleudern, fängt sich. Mehmet hält auf dem Seitenstreifen, springt heraus, öffnet die Seitentür des Wagens und sieht nach der Ladung. Die Fress-Platten für die noch anstehende letzte Lieferung sind zu seinem Ärger durcheinander geraten.

      „Mann, Scheiße …“

      Eigentlich flucht Mehmet nie, naja, oder selten. Sein Vater darf es nicht hören, man tut es nicht, jedenfalls nicht in deutscher Sprache, das schadet dem Ansehen der Migranten, der Integration insgesamt. Yüksel ist einfach gestrickt, Mehmet hat immer wieder den Eindruck, dass sein Vater die Welt mit zwei gänzlich verschiedenen Augen sieht, einem türkischen und einem deutschen, und deshalb niemals objektiv sein kann. Im diesem Leben jedenfalls nicht.

      Eilig ordnet er die Platten neu.

      Am Straßenrand steht ein Anhalter in merkwürdiger Kleidung: dunkle Hose und hochgeschlossene Jacke (indisch), eine Turban ähnliche Strickmütze verdeckt langes Haar: Fidelitas ist gut gelandet, wenn auch mit spektakulärem Knall. Ihr winkendes Handzeichen ist für einen Anhalter eher untypisch.

      „Keine Zeit, nächstes Mal“, ruft Mehmet dem Typen zu, steigt in seinen Transporter und rast davon.

      Nach ein paar hundert Metern, im spärlichen Licht einer auch tagsüber brennenden Bogenlampe, steht schon wieder ein Anhalter. Sieht genauso aus, wie der von gerade eben. Gleiche Mütze, dieselbe Kleidung. Und macht wieder die Handbewegung, die für einen Anhalter untypisch ist. Könnte ein Gruß sein, oder eine Art Segen, ähnlich dem, wie ihn der Papst an Ostern im Fernsehen vorführt.

      Aber Mehmet schüttelt nur bedauernd den Kopf. Der Typ kann ja nicht wissen was so ein Feinkost-Spezialitäten-Lieferant für Stress hat, wenn die Zeit drängt. Memet gibt Gas, der alte Motor heult gequält auf, die Karre schleudert um eine Kurve, biegt trotz Rot an der Verkehrsampel ab – und touchiert beinahe den jetzt auf einmal dort stehenden Anhalter. So ein Idiot! Im Rückspiegel sieht Mehmet, wie sich die Person unter einer Straßenlaterne niederlässt, die extrem flackert, nicht richtig ein oder ausgeschaltet ist.

      *

      Wo junge Leute anderen Orts gern in einen Club gehen, bezeichnet man im bayerischen Voralpenland diesen Platz der ungehemmten Vergnügungen gerne mit dem traditionsreichen Namen ´Tenne`. In der Tat sind bayerische Discos oft umgebaute alte Bauernhäuser oder ehemalige Wirtschaften mit großzügig angelegtem Biergarten, schattenspendenden roten oder auch weißen Kastanienbäumen, der Boden, wenn möglich mit knirschendem Kies bestreut.

      Die offiziellen, lautstarken musikalischen Vergnügungen finden meist ebenerdig im großen Saal des Gebäudes statt. Aber selbstverständlich verfügt jede ´Tenne` auch über ein Hinterzimmer in dem unter anderem auch verbotene Glücksspiele gespielt werden und eine besondere Art von weiblicher Bedienung die meist gern gesehene, finanziell gutgestellte Stammspielerkundschaft betreut.

      In eben diesem Hinterzimmer, wer hätte das gedacht, befinden sich die Herren vom ´Underdog` Chapter, die Harley-Davidson-Motorrad Jungs Kozak, Fehrmann und Blumenauer in einem Meeting, wie man heute sagt, auch wenn

      es nur um große Sprüche und Black Jack, Siebzehn und 4 oder Seven Card Stud Poker geht.

      Der Spielergemeinschaft angeschlossen hat sich seit einiger Zeit Werner Reuss, eine seit Jahren geachtete Persönlichkeit im Landkreis, seines Zeichens Bankdirektor, in Wahrheit aber nur Filialleiter der hiesigen Sparkasse.

      Reuss teilt gerade das Blatt aus, verzählt sich, einige Karten fallen auf den Boden.

      Ein Glück, dass es gerade an der Tür klopft, in einem bestimmten Rhythmus, weil dann die Anwesenden wissen, dass kein ungebetener Fremdling Einlass begeht. Poker ist schließlich ein Glücksspiel das einer Genehmigung, einer Lizenz bedarf. Denn der Staat will am Spiel, egal wer gewinnt oder verliert,

      durch steuerliche Abschöpfung beteiligt sein.

      Blumenauer öffnet die Tür, der rhythmische Klopfer ist Mehmet, er trägt den Rest seiner täglichen Lieferung herein, diverse Platten mit leckeren türkischen Spezialitäten. „Keine Tricks, Reuss!“ sagt Fehrmann gerade, denn der starrt seit ewiger Zeit auf die Karten in seiner Hand, schüttelt ungläubig den Kopf, schwitzt stark. „So ein Scheiß Blatt gibt’s doch gar nicht!“

      „Des sagst‘ jedes Mal, wenn du verloren hast“, stellt Blumenauer nicht ohne

      Häme fest.

      „Irgendwas ist faul hier!“ quengelt Reuss und erhält einen Klatscher mit der flachen Hand ins Genick. Es ist Kozak, der gerne und überraschend mit schlagkräftigen Argumenten hantiert. Gleichzeitig wendet er sich an Mehmet, quetscht zwischen Zähnen und Zigarillo ein „Was dauert da so lange?“ hervor.

      „Sorry, aber mich hat beinahe ein Blitz erwischt, direkt vor mir bäääännnng-

      baaaaffff-wummm!“ übertreibt Mehmet das Naturereignis.

      „Selber schuld“, knurrt Kozak und legt dem Sparkassenfilialleiter einen Schuldschein vor.

      „Du hängst jetzt mit zwanzig Mille, Reuss.“

      Nacha unterschreibst jetzat´!“, kann Blumenauer zur Sache beizutragen.

      „Spielschulden sind Ehrenschulden, jep!“, mischt sich Mehmet ungefragt ein, Fehrmann fühlt sich zu einer freundlichen Reaktion veranlasst.

      „Verpiss dich, Junge. Aber plötzlich.“ Davon lässt Mehmet sich aber nicht beeindrucken, er würde nämlich gerne dazu gehören, zur Gang, zum Chapter,

      zu den ´Underdogs`. Nur fehlen ihm leider die Mittel für so ein Moped, wie Harley Fachleute ihre 20.000 Euro Krafträder gerne bezeichnen. Mehmet muss deshalb unbedingt Kohle machen, egal wie und woher der Kies kommt. Im Pokerspiel sieht er Chancen.

      „Lasst mich ´ne Runde mithalten, okay?“

      „Wie