Waves. Charline Dreyer

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Название Waves
Автор произведения Charline Dreyer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742703866



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gelegen hatte. Niemand geht doch einfach ohne seine Personalien weg, oder?

       „Ist der Kaffee fertig?“

       Ich fahre zusammen und hätte um ein Haar das Tablett los gelassen, welches ich in der Sekunde auf die Terrasse tragen wollte. „Ja,klar. Erschreck mich doch zu Tode“, gifte ich und will ihm gerade noch mehr Beleidigungen entgegenwerfen, als ich sehe, dass er nichts anhat. Okay, bis auf ein Handtuch, welches er tief um die Hüften geschlungen trägt. Sein Haar ist nass und hängt ihm in die Stirn. Das leise Flüstern eines Deja-vus huscht mir durchs Bewusstsein, doch verschwindet wieder, ehe es irgend greifbar wird. Warum sollte mir der Anblick eines halbnackten Elijahs auch bekannt vorkommen? Schnell schüttele ich den Kopf und sage so gefasst wie möglich: „Das ging ja schnell.“ Ich zwinge mich, ihn nicht anzustarren. Klar, ich habe Elijah schon das ein oder andere Mal oben ohne gesehen, wir sind oft zu viert Schwimmen gewesen und alles. Aber das ist ein Weilchen her. Inzwischen haben sich die Tattoos seines rechten Armes erweitert und er scheint es mit dem Sport ernster zu nehmen, als damals. Joe hat in solchen Dingen meist immer mehr Motivation und Disziplin, obwohl es lange dauert, bis man bei ihm erste Trainingserfolge sehen kann. Elijah hingegen muss nur den einen oder anderen Monat ein bisschen stärker durchziehen und man sieht sofort die Ergebnisse. „Ungerecht, der Scheiß“, hatte Joe immer gejammert. Mir ist es egal gewesen, ich finde den ganzen Kram ohnehin so überhaupt nicht wichtig. Aber dennoch, ich kann schon verstehen, wieso Elijah von allen als ‚schön' bezeichnet wird und Joe dagegen eher als ‚süß'. Diesen Unterschied habe ich immer zu ignorieren versucht. Jetzt, wo Elijah jedoch halbnackt, mit nassem Haar und als frisch gebackener Single vor mir steht und Isabella so gesehen auch nicht mehr meine beste Freundin ist ... Stopp. Ich sollte diesen Gedanken nicht weiter ausführen.

       „Wenn ich allein dusche, dauert es für gewöhnlich auch nicht länger“, erwidert er nun mit einem Augenzwinkern, nimmt mir das Tablett ab und geht nach draußen.

       „Willst du dir nichts anziehen?“, rufe ich ihm mit heißen Wangen hinterher. Was ist bloß los mit mir? Oder viel eher, was ist los mit ihm? Was sollen diese Kommentare?

       „Später, wenn es dich nicht stört.“ Er wackelt mit den Augenbrauen und lässt seine Buchmuskeln spielen. Ja, genau das. Was soll das, er soll damit aufhören, und zwar sofort. Ich folge ihm und kann nur mit dem Kopf schütteln. Was für ein Mensch. Dass wir jetzt scheinbar alleine hier wohnen, stimmt mich nachdenklich. Ich wünsche mir nicht, dass Joe und Isabella wieder auftauchen, aber dass sie jetzt wegbleiben könnten, macht mich auch nervös.

       „Mach dir keinen Kopf, Kleine. Die sind ganz sicher in ein anderes Hotel umgesiedelt und fallen da jetzt ... Übereinander her“, bei den letzten beiden Worten verzieht er das Gesicht und mir wird schlecht. Das alles ist noch zu frisch, um darüber so locker zu reden. Das merkt er anscheinend auch, aber immer erst nachdem er es ausgesprochen hat.

       „Ohne Reisepass?“, frage ich vorsichtig und Elijah hört auf, an seinem Kaffee zu nippen.

       „Was?“

       Ich halte Isabellas Pass hoch, auf dem ihr definiertes, symmetrisches Gesicht abgebildet ist. Sie trägt ihr braunes Haar als strengen Bob mit geradem Pony und denkt man sich ihre Nerdbrille dazu, sieht sie aus wie eine sexy Sekretärin. Das hatte Elijah jedenfalls immer gesagt. Dazu hat sie mandelförmige, ockerfarbene Augen und hochgeschwungene Augenbrauen. Viele bezeichnen Isabella als rassig und überdurchschnittlich attraktiv. Eine italienische Schönheit. Dabei hat sie keine ausländischen Wurzeln, was niemand so richtig glaubt, der sie das erste Mal sieht. Allein schon aufgrund ihres Namens, Isabella Rosa.

       „Gut, das ist wirklich seltsam.“ Elijah nimmt mir den Ausweis ab und dreht ihn in seiner großen Hand, als würde er ihn auf seine Echtheit prüfen.

       „Ich sagte doch. Beunruhigend.“

       „Mal den Teufel nicht an die Wand, Ads“, sagt er behutsam und legt das Dokument vor sich auf den massiven Holztisch. „Was soll denn deiner Meinung nach passiert sein?“

       Ich zögere, sehe hinaus aufs Meer und blinzele der Sonne entgegen. „Überfallen? Von Einbrechern?“

       Elijah fährt sich mit der rechten Hand durchs feuchte, lange Haar. „Mit Sicherheit nicht. Dann wäre das Haus verwüstet gewesen.“

       „Als ich ... Äh, als wir gestern Abend nach Hause gekommen sind, lag Isabellas Strandtasche auf dem Boden und der Inhalt war im ganzen Zimmer verstreut.“

       „Du machst Witze.“

       „Sehe ich in deinen Augen danach aus?“, ich mustere ihn mit zusammen gekniffenen Augen und versuche mir nicht vorzustellen, wie er ohne dieses Handtuch aussehen würde ... Oh Gott, das darf doch wohl nicht wahr sein. Innerlich verpasse ich mir eine schallende Ohrfeige.

       „Komm schon“, er nimmt mein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger. „Du musst einen klaren Kopf bewahren. Deine Fantasie gewinnt mal wieder an Oberhand.“

       Ich räuspere mich und ziehe meinen Kopf weg. „Was weißt du schon von meiner Fantasie?“ Ich atme zitternd aus und bete, dass er nicht mitbekommen hat, wie ich ihm gerade ziemlich deutlich auf den Schritt gesehen habe und meine Fantasie tatsächlich in diesem Moment recht blühend gewesen ist. Jedoch nicht auf die Einbrecher-Theorie bezogen.

       „Du bist mir ähnlicher, als du denkst.“ Er hört nicht auf, mich anzusehen. „Ich kann mir gut vorstellen, was in deinem Kopf vor sich geht.“ Gott, hoffentlich nicht.

       „Wir sind wirklich alles andere, als ähnlich“, schnaube ich entsetzt und verschränke die Arme vor meiner Brust. Dabei fällt mir auf, dass ich keinen BH trage. Auch das noch.

       „Wir sind beides Künstler“, argumentiert er weiter.

       „Du malst. Ich schreibe“, erwidere ich trocken.

       „Wo liegt da der Unterschied?“

       Ich suche in seinen klaren Augen, worauf er aus ist. „Mh.“

       „Also?“, hakt er nach.

       „War ein zustimmendes ‚mh'!“, antworte ich und kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.

       „Ach, jetzt klaust du auch noch meine Angewohnheiten“, lacht er.

       „Du spinnst doch.“ Ich schüttele den Kopf und lege mir die Arme noch fester um die Brust.

       „Ob man nun mit Farbe und Stift seine Kreativität zum Leben erweckt, oder eben mit Worten, erzielt doch beides denselbigen Effekt.“ Er nimmt noch einen Schluck Kaffe und leckt sich die feuchten Lippen. Ich beobachte viel zu auffällig jede seiner Bewegung. „Man muss es nur richtig machen.“

       Völlig perplex ziehe ich beide Augenbrauen hoch. Wow, so ein Satz aus Elijah Granits Mund? Ich muss an Isabella denken, die ihn als ,zu schwärmerisch' bezeichnet hatte und dass er manchmal ,so pseudo-tiefgründiges Zeug von sich gibt'. Für mich klingt es jedoch nicht schwärmerisch und realitätsfern, sondern ich bin regelrecht fasziniert von dieser Seite an ihm. „Und dann dieses ständige Gefasel um diesen schwachsinnigen Blog“, hatte sie immer gesagt und dabei die Augen verdreht. „Es kräht am Ende kein Hahn danach, ob er dort eine halbe Millionen Follower hat oder nicht. Realistisch gesehen zählt nur das Diplom, welches er in der Hand halten wird. Nicht diese Träumerei, ein brotloser Künstler zu werden, der seine Malereien auf Instagram mit Teenagern teilt, die eigentlich nur darauf wartet, dass er ein heißes Selfie von sich postet.“ Die Verachtung in ihrem Tonfall hatte mich immer etwas schockiert. Die Art und Weise, wie sie über die Leidenschaft ihres Freundes gesprochen hat. „Ich erhoffe mir nicht, dass ich so meinen Lebensunterhalt verdienen kann“, hatte er immer dazu gesagt. „Es bereitet mir einfach Freude, andere Menschen zu inspirieren.“

       „Ja...“, beginne ich nun, „im Allgemeinen hast du recht.“

       „Im Allgemeinen, also?“ Er lächelt mich an, trinkt einen weiteren Schluck, beißt von einem Croissant ab, das ich auf dem Tablett zurückgelassen habe.

       „Okay, okay. Ich bin wahnsinnig beeindruckt von deinem Statement und gebe zu, dass wir eventuell die ein oder andere Eigenschaft besitzen, die