Tod du Fröhliche. Martin Cordemann

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Название Tod du Fröhliche
Автор произведения Martin Cordemann
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847672746



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spielte er im Garten. Wir hatten es eilig, aber weil doch in ein paar Minuten unser Babysitter kommen sollte, dachten wir...“

      Da hatten sie sich wohl geirrt. Aber ein anderthalbjähriges Kind geht nicht einfach abends aus und kommt erst spät am nächsten Tag wieder. Das tun anderthalbjährige Kinder nicht. Jedenfalls meines Wissens nicht!

      „Wir haben alle unsere Bekannten und Nachbarn angerufen, aber er ist nirgendwo. Und... er ist doch Bluter!“

      „Haben Sie die Umgebung abgesucht? Den Keller? Vielleicht versteckt er sich irgendwo, oder... hat versucht auf einen Baum zu klettern oder sowas?“

      „Wir haben überall nachgesehen. Albert ist verschwunden!“

      „Okay...“ Ich veranlasste alles nötige, um schnell eine Suchmeldung rausgeben zu können. Wann würde nur endlich mein Chef wiederkommen? „Haben Sie ein Photo Ihres Sohnes bei sich?“

      Frau Ueter förderte eines aus ihrer Handtasche zu Tage.

      „Vielen Dank. Und dann brauche ich noch Namen und Anschrift Ihres Babysitters.“

      Ich bekam die gewünschten Informationen.

      „Ähm, Ihr Kind... hat das nicht schon öfter gemacht, oder? Ich meine, dass es einfach durch die Umgebung streift...“

      Anderthalbjährige Kinder streifen nicht einfach so durch die Umgebung!

      „Haben Sie noch andere Kinder?“

      So jung wie sie waren konnten sie höchstens welche adoptiert haben – und die wären dann älter gewesen als sie selbst!

      „Gut, ich... ich werde mich darum kümmern.“

      „Herr Rhode“, sagte Frau Ueter eindringlich, „ich möchte Sie bitten, nach meinem Kind zu suchen! Bitte, bitte finden Sie unseren Kleinen!“

      Ich nickte. Sie warfen mir noch einen flehentlichen Blick zu, dann verließen sie mein das-ist-weder-mein-noch-überhaupt-ein-Büro. Da saß ich nun, auf meinem Schreibtisch lag eine Suchmeldung, vor der sich jeder im Vermisstendezernat mit Grauen abwenden würde, wusste nicht genau was ich tun sollte und wartete auf meinen Chef. Ich hielt es ganze 20 Sekunden ruhig aus, dann ließ ich das Photo vervielfältigen, schickte eine Suchmeldung mit dem Vermerk DRINGEND raus, sah mich noch einmal um, ob mein Chef wieder zurück war und machte mich auf den Weg.

      Zuerst fuhr ich zu den Ueters. Die schienen überrascht zu sein, mich schon so bald wieder zu sehen, aber ich wollte mir mal den „Tatort“ anschauen. Wie ich erwartet hatte, hatte sich ihr kleiner Albert inzwischen nicht wieder von selbst eingefunden. Ich sah mich ein bisschen um. Einer der Sträucher im Garten war etwas lädiert, so, als wäre jemand darüber gestiegen. Der gesamte Garten wurde von einer hüfthohen Hecke umgeben, ein Teil dieser Hecke machte den Eindruck, als wäre jemand beim Drüberspringen drübergestreift. Das konnte jeder gewesen sein – abgesehen vom kleinen Albert selbst. Der konnte genau so gut in den Händen von Kindesentführern sein, wie in denen von Lustmördern. Tolle Ausgangssituation, wirklich! Ich hatte das Gefühl, dass ich solche Fälle hasste! Im Garten fanden sich keine weiteren Spuren, jedenfalls soweit ich das beurteilen konnte. Ich rief im Präsidium an und ließ die Spurensicherung kommen.

      „Glauben Sie...“ Ich wusste ziemlich genau, was Frau Ueter mich fragen wollte. Ich hob die Schultern.

      „Wir müssen alles in Betracht ziehen.“ Eine Politikerantwort! Auch das hasste ich!

      Mit der Spurensicherung tauchte auch mein Chef auf, in dessen Begleitung sich der Mann befand, dem ich überhaupt „verdankte“, dass ich jetzt bei der Polizei war.

      „Hauptkommissar Kronzucker kennen Sie ja sicher noch?“ meinte Horstmann. Kronzucker war Chef der Mordkommission.

      „Herr Kronzucker!“ Ich nickte ihm zu. „Nett, dass Sie vorbeischauen konnten. Was interessiert denn die Zivilfahndung an diesem Fall?“ Ich deutete mit meinem Kopf in Richtung des Ehepaars.

      „Och, wir dachten, wir könnten Ihnen ein bisschen zur Hand gehen.“

      Zu dritt gingen wir in den Garten.

      „Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht?“ wollte mein Chef wissen.

      „Was hätten Sie an meiner Stelle gemacht? Also, es sieht so aus, als wäre jemand über die Hecke gesprungen, hätte sich den Kleinen geschnappt und hätte den Garten dann auf die gleiche Weise wieder verlassen.“

      „Und was schließen Sie daraus?“

      „Dass alle Sportler potentiell verdächtig sind! Finden Sie es vernünftig, gleich die Mordkommission mit hierher zu bringen? Bisschen taktlos, wenn Sie mich fragen!“

      „Ich frage Sie aber nicht! Haben Sie sonst nichts herausgefunden?“

      „Nur Name und Adresse des Babysitters.“

      „Gut.“

      Kronzucker hob die Schultern und sah sich um. „Vielleicht ist das Kind nur mit Freunden unterwegs?“

      „Ja, wahrscheinlich ziehen gerade die Anderthalbjährigen um die Häuser, saufen sich einen und belästigen ein paar Rentnerinnen aus der Nachbarschaft!“

      „Entschuldigung!“ Kronzucker wurde still. „Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten!“

      „Ganz meinerseits. Was machen Sie eigentlich hier?“

      „Ich tue meine Arbeit, wie Sie!“

      „Hmm, nur, dass wir noch keine Leiche haben. Zum Glück!“

      „Da kann ich Ihnen nur zustimmen.“

      „Okay, Rhode“, meinte Horstmann, nachdem er sich umgesehen hatte. „Machen Sie hier weiter, vielleicht lernen Sie ja was dabei! Kommen Sie, Kronzucker, gehen wir.“

      „Bis dann, Harry!“ meinte Kronzucker und die beiden düsten ab.

      „Adios!“ Ich tippte mir an die Hutschnur, die ich nicht hatte und wandte mich an die Leute von der Spurensicherung. Sie hatten auch nicht mehr gefunden als ich, wenn man von einer kleinen Stoff-Faser (nach Rechtschreibreform endlich sinnigerweise auch als „Stofffaser“ statt „Stoffaser“ möglich!) absah, die an einem der Büsche hängen geblieben war, als irgendjemand hinüber gesprungen war. Ich fuhr zum Babysitter.

      Der Babysitter musste ungefähr drei Jahrhunderte älter sein als ich. Freundlich sah mich die alte Frau an, als ich vor ihrer Tür stand. Ich lächelte und vergewisserte mich, dass sie sie war; sie schien sich auch vergewissern zu müssen, dann bat sie mich herein.

      „Gnädige Frau, sind Sie... Babysitter bei den Ueters?“

      „Das stimmt.“

      „Und... waren Sie gestern bei ihnen und haben auf den kleinen Albert aufgepasst?“

      „Gestern Abend? Nein, junger Mann, gestern Abend habe ich mit einem Freund Schach gespielt.“

      „Schach?“

      Sie nickte. Ich fragte nach diesem Freund und sie schrieb mir Name und Adresse von ihm auf. Das brachte mich keinen Schritt weiter. Ich meine, diese nette ältere Dame würde doch wohl keine kleinen Kinder entführen? Vielleicht auf dem Feuer braten und essen, aber entführen? Nein! Ich untersuchte Alibi, Familienverhältnisse und alles Mögliche dieses Babysitters. Ich fand nichts.

      Das einzige was ich hatte war ein kleiner Stoff-Fetzen (Stofffetzen!), Baumwolle, wie die Untersuchung ergeben hatte. Damit stand ich vor der Schlucht, sah hinab und sah nur die beiden Möglichkeiten, umzukehren und damit den Fall aufzugeben oder zu springen und damit mich aufzugeben! Übertragen bedeutete das, dass ich... nicht weiter wusste!

      Ich fuhr in die Wohngegend der Ueters, eine hübsche ruhige Gegend. Langsam schlenderte ich herum. Von irgendwelchen Entführern war bislang keine Aufforderung eingetroffen. Wie ich es sah, hingen wir in der Luft – ich zumindest! Und wenn sich kein Entführer meldete, dann wurde es immer wahrscheinlicher, dass es sich um einen Sexualtäter handelte