Wohl in meiner Haut. Gisela Enders

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Название Wohl in meiner Haut
Автор произведения Gisela Enders
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783738033182



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Thermostat variiert unser Gewicht leicht, je nach äußeren Einflüssen, wie Temperatur, Nahrungsmenge und -qualität sowie Bewegung. Dennoch gilt dies höchstens für 10 – 15 Prozent des Gewichtes eines Menschen. So kann das Gewicht zwischen fünf und zehn Kilo pendeln, wenn das Essverhalten nicht kontrolliert wird. Dabei kommt es auch bei dieser Gewichtsregulation bereits zu Unterschieden. Das Gehirn will in jedem Fall versorgt werden. Egal, wie sehr Mangel herrschen mag, zunächst achtet das Gehirn darauf, mit Energie – konkret Glykose – versorgt zu sein. Steht dieses nicht zur Verfügung oder kann auf die entsprechenden Speicher nicht zugegriffen werden, kommt es zu Heißhungerattacken. Und alles, was dann doch nicht benötigt wird, wird gelagert. Aber auch hier gibt es Unterschiede, die Achim Peters erforscht hat.

      Ob Prüfungen, konzentrierte Bildschirmarbeit oder Spannendes im Kino, das Gehirn braucht Energie und startet sein Programm, genauso wie es dies bereits in der Steinzeit getan hat. Adrenalin und Kortisol fluten ins Blut, wie Jäger und Sammler dies für überwiegend körperliche Aktivitäten benötigen und verbrauchen würden. Doch in der Moderne wird die wieder und wieder bereitgestellte Energie so nicht benötigt – das System gerät aus dem Gleichgewicht.

      Unsere archaische Neurobiologie lässt auf Dauer nur wenige Menschen ungeschoren davonkommen. Die überwiegende Mehrheit, etwa 80 Prozent, leidet darunter. Sie lässt sich laut Peters aus noch ungeklärten Gründen in zwei etwa gleich große Gruppen aufteilen: Typ A läuft unter Stress innerlich hochtourig und wirkt zielstrebig. Sein Hirn ist dank effizienter Zuckerpeitsche reichlich mit Energie versorgt. Deshalb isst er eher zu wenig und nimmt ab. Typ B hingegen lässt es ruhiger angehen, wirkt eher hartnäckig. Dennoch haben die häufigen Stress-Signale Auswirkungen. Körpereigene Beruhigungsstoffe (Cannabinoide) beginnen die steten Stress-Signale zu dämpfen, und als Folge wird Insulin nicht mehr effizient ausgebremst. Daher fühlt sich das Hirn unterversorgt, die körpereigenen Zuckerreserven liefern ihm zu wenig Treibstoff. Als Konsequenz daraus zwingt das Hirn den Körper zu verstärkter Nahrungsaufnahme. So erhöht es den Blutzuckerspiegel weiter – und von dieser Energieeskalation profitiert auch das Fettgewebe. Das Körpergewicht steigt.

      Gesellschaftlich könnte man nun sagen, dass die Menschen vom Typ A das bessere Los gezogen haben. Denn sie bleiben trotz Stress schlank. Dafür ist ihr Risiko größer, an Depressionen und Burn-out zu erkranken. (Artikel aus der Zeit vom 13.3.2011 – „Despot im Kopf“)

      Und – wir haben nicht die Wahl nach welchem Programm unser Gehirn aktiv wird. Von daher ist es gut, um diesen Mechanismus zu wissen und es ist gut zu wissen, dass sich mit gezielter Entstressung des Lebens ein Mehrwert für das Gehirn und dessen Steuerung erreichen lässt. Aber die Wahl, welches Steinzeitprogramm unser Gehirn wählt, die haben wir nicht. Bleibt der Trost, dass beide ihre Nachteile mit sich bringen.

      Je mehr man die Biologie der Gewichtsregulation versteht, desto mehr sieht man, ungeachtet des Gewichtes, wie Diäthaltende gegen den natürlichen Widerstand ihres Körpers ankämpfen.

       Gewichtsverlust zu erreichen, ist kurzfristig relativ leicht, aber diesen Verlust aufrecht zu erhalten, ist sehr schwierig.

      In den meisten Fällen gehen wir anti-biologisch vor. Körpergewicht wird durch das Gehirn und den Stoffwechsel reguliert, ebenso wie viele andere biologische Prozesse (z. B. Körpertemperatur, Herzrhythmus und Blutdruck). Innerhalb einer gewissen Grenze geht der Körper bemerkenswert weit, um ein Gleichgewicht oder einen Ausgleich zu erhalten. In Bezug auf das Gewicht gilt für dieses Gleichgewicht eben der Set-Point des Körpers. Wenn das Körpergewicht sich reduziert, wird der Stoffwechsel verlangsamt, so dass weniger Kalorien verbraucht werden, um das niedrigere Gewicht zu halten und nicht noch mehr zu verlieren. Zusätzlich zu diesen körperlichen Veränderungen, mit denen der Körper versucht, das Ungleichgewicht, das durch den Gewichtsverlust ausgelöst wurde, zu verbessern, verstärkt sich auf natürliche Art die vorrangige gedankliche Beschäftigung des Diäthaltenden mit Nahrung und Hunger. Dies ist ebenfalls ein Teil der Bemühungen des Systems, das Gleichgewicht zu erhalten.

      Für Tausende von Jahren der menschlichen Evolution wurden die Gene jener selektiert, die dazu bestimmt waren, dick zu sein (das heißt, die, die ihre Kalorien wirkungsvoller nutzten), da diese Menschen fähig waren, während Nahrungsknappheit zu überleben. Von Natur aus dünne Menschen starben einfach öfter angesichts der existierenden Hungersnöte. Jene, die ihr Gewicht auch mit weniger Nahrung beibehielten, überlebten. In der heutigen Gesellschaft, die es gern immer schlanker hätte, wird dieser genetische Vorteil plötzlich zum Vorwurf. Obwohl die Faktoren vielfältig und komplex sind, gilt generell, dass es natürliche Unterschiede im Körpergewicht bei den Menschen gibt, genauso wie es auch Unterschiede in anderen körperlichen Eigenschaften gibt.

      Wir akzeptieren natürliche Abweichungen vom Durchschnitt bei anderen körperlichen Attributen (z. B. Größe und Intelligenz), sogar wenn sie mit sozialen Nachteilen verbunden sind. Ich bin 1,65 Meter groß, und obwohl Größe bevorzugt wird und Kleinsein alle Arten von sozialen Nachteilen verleiht, wäre ich überrascht, wenn mich jemand anflehen würde, wegen der sozialen Vorteile zu wachsen. Genauso wenige Beweise gibt es, dass man sein Körpergewicht auf Dauer ändern kann. Aber in allen Zeitschriften und selbst durch Mediziner wird uns weisgemacht, dass die Manipulation des Körpers bei dicken Menschen möglich sei. Wie absurd würde es uns anmuten, wenn wir in einer Modezeitschrift lesen könnten: „Die wirklich hübschen Models sind 1,80 Meter, mit unseren Tipps zur Ernährung wachsen sie täglich mindestens einen Zentimeter!” Natürlich gibt es hier einen Unterschied: Kurzfristiger Gewichtsverlust ist relativ einfach. Das geringere Gewicht dann zu halten, ist statistisch eine unwahrscheinliche Begebenheit. Eine Freundin fasste den Zustand gut zusammen. Sie meinte: „Ich kann einen dünneren Körper mieten, aber ich werde ihn nie besitzen können.” Die kleine Minderheit der Menschen, die abnehmen und so bleiben, kämpfen oft mit chronischem Hunger und werden immer weniger essen müssen, als ihre von Natur aus dünnen Freunde. Es ist ein chronisches Kämpfen gegen den natürlichen Drang zu essen und zu überleben!

       Die Gefahren von Diäten

      Der Gewichtsverlust durch eine Diät ist in den meisten Fällen nicht von Dauer. Langfristig können aber die Schäden sein, die eine Diät dem Körper zufügt. Denn die weitverbreitete Annahme, der Körper würde bei verringerter Nahrungszufuhr Fett abbauen, ist falsch. Der Körper baut sich selbst ab. Bei radikalen Diäten können Muskeln, Knochen und sogar Organe abgebaut werden. Die Muskeln, die am meisten gefährdet sind, sind die Herzmuskeln. Das Risiko, am Herz zu erkranken, ist 70 Prozent höher, wenn das Gewicht stark schwankend ist. Unabhängig von der Höhe des Gewichts, des Blutdrucks, der Rauchgewohnheiten, des Cholesterinspiegels und der körperlichen Aktivitäten. (Framingham Studie, veröffentlicht im „New England Journal of Medicine“, 1991)

      Hoher Blutdruck ist ein weiterer Nebeneffekt bei Diäten, verursacht durch hohen physischen und psychischen Stress. Der ernährungsbedingte Stress kann auch zu einem elektrolytischen Ungleichgewicht führen, das heißt, im Blut befindet sich eine sehr geringe Menge an Kalium, welches zum Herzinfarkt führen kann. Und wenn der Körper zuletzt doch Fett abbaut, dann schwimmt dieses zunächst im Blut, was für längere Zeit eine dramatische Verschlechterung der Lipidwerte zur Folge hat mit dem Risiko eines Herzinfarktes. Studien darüber werden der Öffentlichkeit vorenthalten.

      Ein direkter Zusammenhang zwischen Diäten und Osteoporose konnte auch nachgewiesen werden. Osteoporose ist eine tödliche Krankheit, die aufgrund eines Kalziummangels zum Knochenabbau, bzw. zu stark zerbrechlichen Knochen, führt. Schon ein fünfmonatiges Diätprogramm kann zu einem signifikanten Knochenverlust führen.

      Die Liste der Krankheiten, die mit Diäten verbunden werden, ist lang und wird mit jedem Tag ein bisschen länger. Es weisen immer mehr Studien nach, dass unsere „Kuren” uns umbringen. Die Krankheitsliste enthält beispielsweise: Angstzustände, Depressionen, Lethargie, verringertes Selbstbewusstsein, verminderte Aufnahmefähigkeit, Schwächeanfälle, hoher Blutdruck, Haarverlust, Gallenblasenkrankheiten, Gallensteine, Herzinfarkte, Verstopfung, Anämie, trockene Haut, Schwindelanfälle, vermindertes Sexualbedürfnis, Menstruationsunregelmäßigkeiten, Unfruchtbarkeit, Nierensteine, Taubheit in den Beinen, Geschwüre, Gewichtszunahme, Essstörungen, verringerte Abwehrkräfte, Gicht, verringerte Bewegungstoleranz, elektrolytisches