Wohl in meiner Haut. Gisela Enders

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Название Wohl in meiner Haut
Автор произведения Gisela Enders
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783738033182



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fühle mich aber auch wohl in meiner Haut, wenn ich Jeans und einen Pulli trage, die meiste Zeit ist das so.

      Meine stetig wachsende Selbstliebe hat auch dazu geführt, einen wunderbaren Mann an meiner Seite zu haben. Einen Mann, der jedes Pfund an mir liebt und mich nach Kräften unterstützt. Dafür an dieser Stelle meinen herzlichen Dank, Thomas. Neulich schrieb eine Zeitung über mich: „Und sie ist sogar verheiratet!“. Ich fand, in diesem Satz steckt wieder eine gemeine versteckte Botschaft. Warum bitte sollen dicke Frauen nicht verheiratet sein?

      Seit 2008 arbeite ich als Coach und begleite Menschen bei anstehenden Entscheidungen und Veränderungen und natürlich bei der Lösung ihrer meist beruflichen Probleme und Herausforderungen. Ein Bereich meiner Coaching- und Trainerinnentätigkeit widmet sich dicken Menschen. Diese kommen zu mir, weil sie sich selbst wohler in ihrer Haut fühlen wollen und weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass sie mit Diäten nicht weiterkommen. Im Buch finden sich viele Dialoge und Geschichten von meinen Klienten. Diese haben in dieser Form nie stattgefunden. Das Gespräch und die Arbeit sind ein sehr intimer Prozess und ich will nicht, dass Menschen und ihre ganze persönliche Entwicklung eins zu eins in einem Buch nachzulesen ist. Dennoch habe ich zum besseren Verständnis abgewandelte Dialoge in dieses Buch aufgenommen. Vielleicht findet sich die eine oder andere Person wieder, hoffentlich immer so verfremdet, dass dies als ein Beitrag gewertet werden kann, der anderen hilft, mehr Frieden mit dem eigenen Körper zu schließen.

      In meiner Freizeit leite ich den Verein Dicke e. V. Hier setze ich mich für die Akzeptanz dicker Menschen ein, versuche, viele Menschen zu erreichen und zu informieren und als Lobby gegen die Diskriminierung dicker Menschen zu fungieren. Gerade der Kontakt mit vielen Menschen in diesem Netzwerk macht mir großen Spaß. Und der Online-Kurs und die Workshops „Wohl in meiner Haut“ des Vereins haben viel zur Entwicklung diesen Buches und der Übungen beigetragen.

      In diesem Sinne wünsche ich viel Spaß bei der Lektüre des Buches. Viele Übungen brauchen Zeit, deshalb macht es sicherlich Sinn, das Buch stückchenweise zu lesen und immer wieder einzelne Arbeitsschritte aus dem 2. Teil auszuprobieren und bei Wohlgefallen einzuüben.

      Viel Spaß

      Gisela Enders

      Körperliebe – ein Recht für alle

      Warum ein Buch zum Thema Körperliebe? Es ist doch ein selbstverständliches Gut, was man eigentlich gar nicht erwähnen müsste. Aber so ist es leider nicht. Im Gegenteil. Die Arbeit am eigenen Körper, die Unzufriedenheit mit dem, was da ist, nimmt immer mehr zu. Und lässt Menschen zurück, die nicht mithalten können und wollen. Die dabei aber auch keinen eigenen Weg finden, so auszusteigen, dass sie danach sagen können: Ich entspreche keinem gesellschaftlichen Schönheitsideal, aber ich fühle mich rundum wohl und gesund. Leider haben fehlende Akzeptanz und Körperliebe Auswirkungen auf das ganze Leben. Sich in seiner Haut unzufrieden zu fühlen, schränkt das gesamte Potential eines Menschen ein. Leider leben wir noch nicht in einer Gesellschaft, die darauf aus ist, das volle Potential für alle Menschen möglich zu machen. Es wurden schon viele Ratgeber zur Potentialentfaltung veröffentlicht, dieser hier konzentriert sich auf eine bestimmte Gruppe von Menschen, die sich selbst oft sehr einschränken, aber auch von der Gesellschaft eingeschränkt werden: Dicke Menschen oder auch Menschen, die das Gefühl haben, zu dick zu sein. Die Zielgruppe lässt sich noch weiter fassen, es ist geschrieben für alle Menschen, die ein Gewichtsthema mit sich rumtragen. Die sich schuldig fühlen, weil sie zu viel oder das Falsche essen, die kritisch den eigenen Körper betrachten und beim Gedanken an Bewegung nicht Spaß, sondern Soll-Erfüllung an erste Stelle setzen. Und an alle, die genervt sind von Gesprächen über Sünde am leckeren Tisch und mit tollen Nahrungsmitteln. An alle, die sich nicht mehr entschuldigen wollen für ihren Genuss und für das Leben mit Lust und Freude mit und am eigenen Körper. Hoffentlich auch für Sie!

      Dabei soll es Sie begleiten auf Ihrem Weg, die Welt, in der Sie leben, zu hinterfragen. Ganz individuell, so wie es für Sie passt. Immer wenn ich mit Menschen in einen tiefer gehenden Austausch gehe, bin ich irgendwann beim Du. Es ist die persönlichere vertrautere Anrede, die meist mehr in Gang setzt. Deshalb habe ich mich auch dafür entschieden, Sie in diesem Buch zu duzen. Einfach weil ich Dich möglichst nah erreichen will.

       Nun aber zurück zum Thema. Uns werden zu dem Thema Gewicht, Übergewicht, gesundes Essen und Bewegung viele Weisheiten verkauft. Jeder hat dazu etwas zu sagen, jeder will daran auch etwas verdienen. Gut ist alles, was mit Gewichtsabnahme zu tun hat. Der Mainstream vermittelt uns folgende Botschaften: Schlank ist gesund, Übergewicht ist ungesund. Dicke Menschen gefährden ihre Gesundheit und sollten ihre Anstrengungen, Gewicht zu verlieren intensivieren. Wenn es nicht klappt, haben sie nicht ausreichend lange und konsequent durchgehalten. Nur schlanke Menschen sind schön und erfolgreich... Und alles scheint zu funktionieren, auch wenn man bei genauem Nachfragen erfährt, dass der entsprechende wissenschaftliche Nachweis nur ein halbes Jahr lang geführt wurde oder Probanden, die den gewünschten Erfolg nicht aufzuweisen hatten, zur Fortführung der passenden Studie nicht mehr eingeladen wurden. Wenn eine Studie nachweist, dass eine besondere Abnehm-Methode funktioniert, wird sie reichlich in den Medien vorgestellt. Als die BMI-Grenze für Übergewicht heruntergesetzt wurde, waren die Medien voll von Nachrichten, dass eine Fett-Epidemie Deutschland überrollt. Dabei waren einfach nur Zahlen verändert worden. Es gibt aber auch Fakten jenseits des Mainstream. Und mit diesen soll dieses Buch einsteigen. Denn ohne einige flächendeckende Fehlinformationen zu hinterfragen, machen viele weitere Arbeitsschritte hin zu einem gesunden Leben, egal mit welchem Gewicht, keinen Sinn. Das wesentliche Totschlagargument auf dem Weg zu einem Leben in einem dickeren Körper ist meist die Gesundheit. Das wird dann auch oft angeführt: Du kannst Dich ja wohl fühlen und Dich hübsch finden, aber Deine Gesundheit. Du musst doch an Deine Gesundheit denken. Und dies möchte ich dann auch zunächst tun. Da eine Krankheit meine Gesundheit kurzfristig gefährden kann, aber oft nicht lebensbedrohlich ist, möchte ich dabei zunächst mit dem wichtigsten überhaupt anfangen, der Lebenserwartung.

      Lebenserwartung und Gesundheit

      Übergewicht wird in unserer Gesellschaft automatisch mit ungesund gleichgesetzt. Das zusätzliche Gewicht wird verantwortlich für viele Krankheiten und eine geringere Lebenserwartung gemacht. In der Folge verbringen viele, viele Menschen ihr Leben damit, das eigene Gewicht unter Kontrolle zu halten, zu verringern und zu bekämpfen. Denn nur so können wir lange leben.

      Ist das wirklich so? Stimmen diese Aussagen oder sitzen wir hier einer Mehrheitsmeinung auf, die sich durch ernstzunehmende wissenschaftliche Untersuchungen nicht bestätigen lässt? Ernstzunehmend, weil Studien mit einer ausreichend großen Gruppe und Kontrollgruppe durchgeführt wurden. Über einen längeren Zeitraum. Und nicht finanziert durch Interessen- und Wirtschaftsgruppen, die bereits im Vorfeld wissen, an was sie verdienen und was für uns gut ist: Die Gewichtsreduktion.

      Haben dicke Menschen per se eine andere Lebenserwartung als Menschen mit weniger Gewicht? Ja. Oder? Nein, überraschenderweise nicht. Das Gewicht ist kein Indikator für die Lebenserwartung. Wesentliche Faktoren, die die Lebenserwartung erhöhen, sind folgende Faktoren:

       Angemessene und lustvolle Bewegung

       Mäßiger Konsum industriell hergestellter Lebensmittel

       Wenig Stress

      Auf alle diese Punkte wird im Verlauf des Buches noch vertiefend eingegangen werden. Zunächst ist aber sicherlich interessant, sich einige Studienergebnisse zu Gemüte zu führen.

      Bevor ich jetzt einige Studien vorstelle und in die Statistik einsteige, vorab einige grundsätzliche Worte zu Wahrscheinlichkeit, Statistik, Schicksal und Schuld. Studien erwecken in uns oft den Eindruck, Du musst das und das tun, dann wirst Du gesund sein. Quatsch! Maximal erhöhst Du die Wahrscheinlichkeit, gesund zu sein, die sich aus statistischen Werten ergibt. Das Schicksal kann auch anders zuschlagen. Du kannst Dich Dein Leben lang ungesund verhalten (nach welchen Studien auch immer) und lebst trotzdem glücklich und gesund ein langes Leben. Und Du kannst jede Studie akribisch befolgen und plötzlich bist Du trotzdem krank. Unser Leben ist nicht planbar, wir können