Название | Wohlstand, Demokratie und weiter? |
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Автор произведения | Robert Kiauka |
Жанр | Социология |
Серия | |
Издательство | Социология |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742791689 |
3 Einführung von staatlichen Kontrolleuren, die zumindest in den wichtigen Banken dauerhaft die Rechtmäßigkeit der Vorgänge prüfen, ähnlich dem Einsatz von staatlichen Kontrolleuren an Bord von Fischfangschiffen. Gedacht als Ersatz für bislang banken-interne Kontrolleure, die natürlich von ihrem Arbeitgeber abhängig sind und die, wenn sie ihre Arbeit gut im Sinne der Gesellschaft machen, ggf. mit Schikanen oder Kündigung rechnen müssen, wie Frontal 21 im April 2016 anhand von Beispielen berichtet40.
4 Einführung eines Vollgeldsystems, wie es von verschiedenen Finanzfachleuten vorgeschlagen wird. Würde im Monopoly-Modell bedeuten: Rückkehr zu den ursprünglichen Regeln und in der Wirklichkeit damit zu dem, was vielleicht von den meisten Bürgern zumindest bis vor einiger Zeit als wahr angenommen wurde: Geld wird grundsätzlich von der Zentralbank ausgegeben. Das Geld auf Ihrem Konto wird dann von der Bank nur verwaltet, ähnlich wie einem Aktiendepot. Damit wären die Konten bei einer Insolvenz der Bank nicht betroffen, die Gefahr eines Bankenruns wäre nicht mehr gegeben und wenn die Zentralbank in schlechten Zeiten ohnehin anstelle anderer Banken bei der Kreditvergabe einspringen muss, kann sie das auch in guten Zeiten und damit am Gewinn teilhaben.
Es gibt eine Reihe von Vorschlägen zu Veränderungen des Geldsystems aus der Wissenschaft und regional werden auch verschiedene Modelle in privater Eigenregie erprobt41. Unser aktuelles Geldsystem ist also weder alternativlos noch ohne jeden Zweifel das bestmögliche. Das sollte von der Politik auch außerhalb der Schweiz, wo eine Volksabstimmung dazu ansteht42, endlich aufgegriffen und diskutiert werden.
Finanzkrise und Demokratie
Verschiedene Autoren sahen im Zusammenhang mit der Finanzkrise eine Gefahr für die Demokratie, wohl unter dem Eindruck der Notwendigkeit, extrem schnell sehr weitreichende Maßnahmen wie den SoFFin zu beschließen, um Schlimmeres zu verhindern. Ob es damals wirklich notwendig war, dass das Parlament seine Kontrollmöglichkeiten weitgehend abgab, kann man natürlich bezweifeln. Die wesentliche Frage aber ist: Wie groß ist die Gefahr, dass sich eine ähnliche Fehlentwicklung in der Zukunft wiederholt, dass die Demokratie wieder aufgrund von Sachzwängen in das zweite Glied treten muss und dass es vielleicht noch schlimmer kommt und die Krise kaum noch eingedämmt werden kann? Dass sich im Folgenden kein weiterer so massiver Crash wie der Zusammenbruch von Lehmann ereignete, gab vielen Menschen sicher das Gefühl, das Schlimmste sei vorbei und die Politik habe das Problem wohl im Griff. Und mit vielleicht noch ein wenig Grummeln im Bauch ging man wieder zur Tagesordnung über. So spielte das Thema Banken bei der Bundestagswahl 2013 in Deutschland eine vergleichsweise geringe Rolle, über andere Themen, die tatsächlich viel weniger Bedeutung für die Bevölkerung haben, wie etwa die Pkw-Maut, wurde viel mehr diskutiert. Hier stellt sich die Frage, ob dies möglicherweise ein generelles Problem in unserer Demokratie ist. Es spricht jedenfalls einiges dafür, dass beim Thema Banken und Finanzbranche mehr Aufmerksamkeit angebracht gewesen wäre und auch in Zukunft sinnvoll wäre. So war ein wesentlicher Grund für die vermeintliche Stabilität der Banken nach Lehmann schlicht und einfach der Umstand, dass diese erst einmal vorsichtiger geworden sind. Nur weil eine Ratingagentur ein Wertpapier mit AAA beurteilt hat, wird eine Bank das vorerst kaum noch kaufen, sondern selber prüfen wollen. Das ist auch sinnvoll, denn die Beurteilung einer möglichen Investition wie eine Kreditvergabe gehört zu den ureigensten Aufgaben einer Bank43. Diese neue Vorsichtigkeit der Banken wird aber von alleine kaum von Dauer sein, ohne geeignete Regulierung geht irgendwann alles wieder von vorne los, nach der Krise ist vor der Krise. Die von der Politik getroffenen Maßnahmen erscheinen dabei halbherzig, wenn nicht teilweise alibimäßig, was nicht verwundern muss vor dem Hintergrund, dass die Regierung sich mit u. a. Goldman-Sachs und der Deutschen Bank gerade von den Instituten beraten ließ, die die Blase nicht unerheblich vorangetrieben haben. Jedem, der hingegen an ernst zu nehmender Stelle etwa die Einführung eines Vollgeldsystems vorschlägt, dürfte der volle Widerstand der Banken sicher sein. Das Problem dabei ist, dass die Banker ihr Geschäft natürlich besser kennen als jeder andere und es damit entsprechend verteidigen können. Aber genau das macht eine breite Diskussion notwendig, von Fachleuten so aufbereitet, dass letztlich demokratisch entschieden werden kann. Die Gefahr von neuen Fehlentwicklungen in der Finanzbranche ist also nicht gebannt. Nicht in Europa und auch nicht in den USA, wo man zwar zunächst unter Präsident Obama die Regulierungen konsequenter als in Europa verschärfte, wo aber 2017 mit dem neugewählten Präsidenten Trump alles auf wesentliche Lockerungen dieser Regulierungen hindeutet44. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass sehr bald nach der Krise in den Führungsetagen der Banken wieder kräftig verdient wurde und wird, teilweise sogar besser als zu den (aus Bankensicht) besten Zeiten der US-Immobilienblase. Hier stellt sich die Frage, ob, um mit dem Bild zu sprechen, die Geldkuriere nur gut verhandelt haben oder ob sie schon wieder Umwege fahren. Aber die Gefahr neuer Blasen ist längst nicht alles, tatsächlich ist die alte Krise noch gar nicht überwunden. Das liegt zum einen daran, dass noch genügend faule Kredite im System sind. Deshalb kam es in den Folgejahren zwar noch nicht zu großen Crashs, aber die eine oder andere Rettungsaktion wurde doch immer mal notwendig, wie am Beispiel der oben erwähnten Dexia-Bank gesehen. Mittlerweile, auch wegen des sogenannten Brexit, werden die Sorgen um ein neues Aufflammen der Bankenkrise wieder größer. Der italienische Notenbankchef geht davon aus, dass die Banken seines Landes staatliche Hilfe benötigen. Von faulen Krediten in Höhe von 360 Milliarden Euro, auf denen Italiens Banken sitzen, ist die Rede45. Zum anderen hatte sich das Problem zu einem Teil verlagert, womit auch die Banken etwas aus dem Fokus gerieten. Damit kommen wir im nächsten Kapitel zur Eurokrise.
Die Eurokrise
Moskau, ein sonniger Tag Ende Mai 2011: Nach getaner Arbeit könnte man wunderbar in einem der großen Parks spazieren gehen, einen Bummel über den Arbat machen oder sonst wie die Seele baumeln lassen. Stattdessen versammelte sich ein vergleichsweise großer Teil der deutschen Gemeinde in einem geräumigen Saal, um Ausführungen von Ex-Außenminister Joschka Fischer zur Eurokrise zu lauschen. Fischer zeigte sich als überzeugter Europäer und vertrat offensiv die mittlerweile angelaufene, aber noch junge Euro-Rettungspolitik. Eigentlich nichts Besonderes, wie schon eingangs erwähnt, waren ja bis auf die Linke alle Bundestagsparteien einhellig dafür, aber Fischer hatte seine aktive Zeit ja schon hinter sich und war damit abgeklärter. Es ging für ihn nicht mehr um Posten, Karriere und persönlichen Erfolg, was die Sache wieder interessanter machte. Und live dabei sein ist ja auch irgendwie exklusiv. Also vertröstet man die Seele und erweitert seinen Horizont. Bei den Fragen, die an Fischer aus dem Auditorium gerichtet wurden, ging es hauptsächlich um kurz- und mittelfristige wirtschaftliche Folgen der Krise, hauptsächlich Griechenlands, und der Rettungsmaßnahmen. Fischer beschwichtigte nicht rundherum, sondern machte klar, dass noch ein schwieriger Weg zu gehen sei und die eine oder andere Verwerfung auftreten würde, am Ende aber ein geeintes und gestärktes Europa hervorgehen werde. Eine Frage fiel etwas aus der Reihe, sie war längerfristig ausgerichtet, worauf Fischer antwortete, in seinem Alter fahre man auf Sicht, da könne er nur spekulieren. Meine Frage hätte sich auf mögliche moralische Auswirkungen bezogen: Hatte man keine Sorge, dass z. B. die Lust am Steuern Zahlen schrumpfen könnte? Ich kam aber nicht dran. Das Ganze war vielen Diskussionen in Talk-Shows usw. ähnlich, die häufig im Fernsehen zu sehen waren. Da wurde dann diskutiert, ob der Euro nun gut oder schlecht für Deutschland sei und natürlich, was denn zu tun sei, um aus der Krise herauszukommen. Sowohl in den Diskussionen als auch in der Literatur zeigte sich, dass die Fachwelt sich bei Weitem nicht so einig war wie die Politik. So warnten Hans-Werner Sinn vor der Target-Falle46 und Thilo Sarrazin in Europa braucht den Euro nicht47 vor einer Transfer-Union. Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger setzte sich in Deutschland braucht den Euro sehr kritisch mit einigen von Sinns Vorschlägen auseinander48 und der Währungsspezialist Wilhelm Hankel zeigte Wege auf, Die Eurobombe zu entschärfen49, um nur wenige Beispiele zu nennen. Nachdem eine ganze Weile Ruhe eingekehrt zu sein schien, kochte die Krise