Einer von Zweien. E. K. Busch

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Название Einer von Zweien
Автор произведения E. K. Busch
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847681939



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machen, noch beteiligte ich mich an jedweden Streichen, zum andren aber konnten mich Freds Freunde schlicht nicht leiden.

      Zwar gab es einige wenige Beschäftigungen, denen ich mich nicht verwehren musste: Das Baumhaus umbauen oder ausbauen, draußen mit den Fahrrädern umherfahren, den Schiedsrichter geben für jegliche Spiele, aber mir war stets bewusst, dass ich nur meinem Bruder zuliebe geduldet wurde. Auf ihn wollte man nicht verzichten, auch wenn ich nie verstand, warum eigentlich. Fred hatte weder die ausgefallensten Einfälle, noch war er besonders sportlich oder tatkräftig. Trotzdem war er sehr beliebt. Nicht nur bei den Kindern im Dorf, auch die Erwachsenen schätzten ihn. Mein Bruder war sehr ungezwungen, spontan, offen, redselig. Selbst seine Ungeschicklichkeit schien niemanden zu stören, machte ihn nur liebenswerter. Stolperte er mal wieder über eine Türschwelle, lachte er so herzlich, dass man nicht anders konnte, als ihn anzulächeln. Auch fanden die Leute seine Bemerkungen erheiternd. Er war witzig. Ganz offensichtlich besaß er Geist, mein Bruder. Selbst die Lehrer konnten sich, hatte er mal wieder einen seiner klugen aber doch so geerdeten Bemerkungen gemacht, ein Lächeln nicht verkneifen. Er hatte einen ursprünglichen, naiven Charme, der so gar nicht aufdringlich war. Wie neidisch ich auf ihn war! Mein Hang zur Perfektion hatte mich jedweder Ungezwungenheit beraubt. Ich mochte Fred zwar in allem übertrumpfen, aber sobald er den Raum betrat, interessierte sich niemand mehr für meine Glanzleistungen. Dabei war er ebenso hässlich wie ich. Ich fühlte mich immer schrecklich unwohl in seiner Gegenwart. Ein latentes Minderwertigkeitsgefühl und doch verachtete ich ihn zutiefst, verachtete ich ihn für seine Faulheit, Bequemlichkeit, Unwissenheit. Und im Grunde auch dafür, dass er mich abgöttisch liebte. Es erstaunt daher wohl nicht, dass ich ihn nur ungern begleitete. Zumal seine Freunde mich wie gesagt nicht ausstehen konnten, besonders Thomas. Einmal bekam ich dessen Hass sogar am eigenen Leib zu spüren. Da war ich vierzehn. Es war das letzte Mal, dass ich Fred begleitete.

      Thomas, Karl und Robbi saßen bereits im Baumhaus als Fred und ich eintrafen. Es war Dienstag und eigentlich hätte ich Klavierunterricht gehabt, doch Frau Reger war krank und so hatte ich mich schließlich von Fred überreden lassen, ihn zu begleiten. Ohnehin gehörte es sich für einen anständigen Jungen, auch etwas Zeit unter Gleichaltrigen zu verbringen! Und Fred? Aus irgendeinem Grund schätzte mein Bruder tatsächlich meine Gesellschaft.

      Als ich hinter ihm die wild baumelnde Strickleiter hinaufkletterte, da wuchs in mir bereits der Unmut. Aber ich würde mich zusammennehmen! Wieso hätte ich meine Freunde denn nicht gerne treffen sollen? Doch tatsächlich waren dies nicht meine Freunde und die schmutzige Strickleiter allein war mir bereits zuwider. Und auch wenn ich mir meine Abneigung nicht eingestehen wollte, so wuchs mit jeder weiteren Sprosse der widerliche Klos in meinem Bauch. Ich griff mit schlammbeschmierten Fingern nach den Holzbrettern, aus denen der Boden zusammengeflickt war und zog mich nach oben. Es war augenscheinlich, dass ich nicht willkommen war. Ich blickte in ablehnende Gesichter. Doch Fred streckte mir seine Hand entgegen und zog mich grinsend nach oben. Er schien völlig blind für den Missmut seiner Freunde. Ich setzte mich auf den letzten verbliebenen Platz auf dem Boden: zwischen Fred und die Luke.

      „Ihr seid zu spät“, erklärte Karl, der immerhin ein falsches Lächeln zustande brachte, und klopfte auf seine Armbanduhr. Diese Geste hatte er sich bei seinem Vater abgeschaut. Der stand auch immer vor dem Laden und klopfte auf die Anzeige, während seine Frau sich mit Vater unterhielt.

      „Tut mir leid“, erwiderte Fred: „Aber wir mussten noch im Laden helfen.“

      Eigentlich hatte Fred nur dagestanden, während ich die Regalfächer ausgewischt hatte. Begeistert hatte er mir erzählt, wie geschickt er bei der Englischarbeit seinen Spickzettel im Mäppchen versteckt hatte. Ich hatte mir einen ermahnenden Kommentar verkniffen.

      Es herrschte ein verlegenes Schweigen im Baumhaus.

      Thomas sah mich genervt an, meinte dann den Blick zu Fred wendend: „Und jetzt?“

      „Also“, erklärte Fred und warf einen vielsagenden Blick durch die Runde, beugte sich dann ein Stück nach vorn: „Als ich gestern von Karl nach Hause gelaufen bin, dachte ich mir: Schau doch noch mal kurz beim Haus auf dem Hügel vorbei.“

      Karl und Robbi schluckten den Köder und schauten Fred neugierig an, während Thomas die Arme verschränkte und sein Interesse noch immer meiner unerfreulichen Anwesenheit galt. Er wandte trocken ein: „Wir waren da schon hundertmal. Wird allmählich langweilig, sich in dem blöden Haus herumzutreiben.“

      „Es ist nur so, dass ich mir ganz sicher bin: Da drin muss es noch irgendein Versteck geben; so reiche Leute haben immer irgendwo ein Versteck für ihre Wertsachen.“

      Thomas schüttelte missmutig den Kopf.

      „Wir haben da schon jeden Stein drei Mal umgedreht, Fred. Da ist nichts.“

      „Wir haben aber bisher immer nur im Haus gesucht. Ich denke jetzt aber, das Versteck muss im Garten sein. Und zwar gibt es drei Gründe, die dafür sprechen. Erstens“, und Fred streckte den Daumen in die Höhe: „Es muss ein Versteck geben. Zweitens“, jetzt gesellte sich der Zeigefinger dazu: „Es ist offensichtlich nicht im Haus.“

      Und mit seinem „Drittens“, war das Dreigespann aus Daumen, Zeige- und Mittelfinger vollständig: „Und drittens“, wiederholte er: „Im Garten gibt es diverse Verstecke. Und wir haben bisher noch gar keinen Gedanken daran verschwendet, dass das Versteck auch im Garten sein könnte.“

      „Weil die Idee total bescheuert ist, Fred. Deshalb haben wir da bisher nicht gesucht!“

      „Ja, aber vielleicht hat sich das der Erbauer von dem Haus auch gedacht, dass da bestimmt niemand sucht, Thomas. Ich finde, einen Versuch ist es zumindest wert!“

      Karl, Freds treuester Freund, nickte zustimmend und meinte: „Kann auf jeden Fall nicht schaden.“

      „Macht, was ihr wollt!“, und Thomas verschränkte die Arme und ließ sich zurückfallen gegen die Wand: „Aber ich habe keine Lust, mich da durch das Dornengestrüpp zu wühlen!“

      Er war nur deshalb so feindselig gegenüber Freds Vorschlag, weil mich dieser mitgenommen hatte. Mit seinen Worten hatte Thomas meinen Bruder auf jeden Fall herausgefordert, und dieser ließ es sich nicht gefallen, wenn man seine Autorität als Leithammel untergrub.

      „Und was schlägst du vor?“, fragte Fred deshalb in arrogantem Tonfall. Das lag ihm. Und er setzte noch drauf: „Sollen wir wieder zu euch daheim gehen zum Fußball spielen? Damit deine Mutter motzt, weil wir den Rasen ruinieren?“

      „Nein. Aber wir könnten auch einfach das machen, was wir verabredet haben“, und Thomas‘ Augen funkelten triumphierend: „oder traust du dich nicht, jetzt wo dein blöder Bruder dabei ist?“

      Ich bemerkte peinlich berührt: „Ich wollte euch nicht stören. Vielleicht ist es wirklich besser, wenn ich gehe. Ich muss ohnehin noch ein paar Kapitel lesen und...“

      Ich machte mich schon an den Abstieg, als Fred mich am Arm berührte und mir so signalisierte noch einen Moment zu bleiben. Er erklärte nüchtern: „Also zu erst einmal Thomas: Wer ein Problem mit meinem Bruder hat, hat auch eines mit mir. Zum anderen: Die Idee mit dem Whiskey ist einfach doof. Und das hat überhaupt nichts mit Konrad zu tun.“

      „Du traust dich doch nur nicht, vor den Augen dieses elenden Heiligen da etwas Verbotenes zu tun!“

      „So ein Schwachsinn, Thomas. Du weißt genau, dass ich kein Feigling bin. Aber etwas Dummes zu tun, ist einfach nur dumm.“

      Mein Bruder war ganz und gar nicht auf den Mund gefallen.

      „Wisst ihr“, mischte ich mich nun ein: „ich bin ohnehin nur hier, weil Fred mich gebeten hat. Ich gehe einfach nach Hause und ihr könnt dann machen, was immer ihr wollt. Ist ja nicht schlimm.“

      „Das ist eine verdammt gute Idee“, meinte Thomas und lehnte sich wieder lässig zurück. Mein Bruder sah mich kopfschüttelnd an.

      „Du musst nicht gehen, Konrad. Du hast auch mitgeholfen, das Baumhaus zu bauen. Du darfst hier genauso sein wie wir.“

      „Ist schon gut, Fred. Ehrlich. Lass einfach