Название | Grüße von Charon |
---|---|
Автор произведения | Reinhold Vollbom |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738062595 |
Reinhold Vollbom
Grüße von Charon
Kriminalgeschichten 5.Gruß
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Hinweis zum Titel Grüße von Charon
Hinweis zum Titel Grüße von Charon
In der griechischen Mythologie ist Charon der düstere, greise und unbestechliche Fährmann, der die Toten in einem Binsenboot über den Fluss Acheron (andere Fluss-Namen sind Lethe und Styx) zum Eingang des Hades (Unterwelt) übersetzt. Auf die Fähre durfte nur, wer die Begräbnisriten empfangen hatte. Die Überfahrt musste mit einer Geldmünze bezahlt werden. Die Münze wurde den Toten unter die Zunge gelegt.
Der Feigling
Er hatte seine Vorsätze, der wohlhabende und einflussreiche Bankier Holger Schiller. Im Kollegenkreis galt er als hart gesotten und clever. Der stets messerscharfe Blick, zwischen den graumelierten Schläfen des Endfünfzigers, mahnte seine Gegner zur Vorsicht.
In Kürze musste er für die Bank entscheidende Verhandlungen führen. Grund genug, für ihn zwei Tage hintereinander einmal richtig auszuspannen. Nur dem Vertreter wollte er noch notwendige Informationen zukommen lassen. Wenn Rosi, seine zwanzig Jahre jüngere Lebensgefährtin, nicht immer so viel telefonieren würde. Genervt sah er auf die winzige rote Lampe am Telefon. Das Zeichen, dass am zweiten Apparat ein Gespräch geführt wurde. Die anderen beiden Leitungen, des Hausanschlusses, waren als Datenleitungen für die Bank eingerichtet. So konnte er auch nach Dienstschluss, Arbeiten von zu Haus erledigen.
Ungeduldig stöhnte er halblaut vor sich hin. Fast ein Jahr lebte Rosi nun schon bei ihm. An ihr ständiges Telefonieren würde er sich wahrscheinlich nie gewöhnen. Dabei war es ihr einziges Laster, fand er. Und allen Vorhersagen zum Trotz, dass dieses Verhältnis nicht gut gehen könne, war er immer noch mit ihr zusammen. Die Mahnungen an ihn, sie wäre nur auf sein Geld scharf, hatten sich bisher als falsch erwiesen. Rosi erklärte ihm, dass sie über genügend Eigenmittel verfügte und nicht auf ihn angewiesen wäre. Holger Schiller genügte diese Aussage. Außerdem unterschrieb sie eine Verpflichtung, wonach sie keine materiellen Ansprüche an ihn stellen konnte. Sollten sie sich widererwarten einmal trennen. Rosi bestand auf diese Vereinbarung, um dem Getuschel der anderen entgegenzutreten. Selbst bei seinem plötzlichen Tod würde sie nur das Haus und mehrere kleinere Immobilien überschrieben bekommen. Im Verhältnis zum Gesamtvermögen war dies Kleinkram, wie ein Kollege von ihm einmal treffend formulierte.
»Jetzt reicht es«, schimpfte er knurrend vor sich hin. Holger Schiller stand auf, um seine Freundin aufzufordern, dass Gespräch zu beenden. Ich muss unbedingt in der Bank anrufen. Ungeduldig und mit eiligen Schritten begab er sich in Richtung des Arbeitszimmers, aus dem Rosi Spreen telefonierte. Im Grunde interessierte es ihn nicht, mit wem und über was sie sprach. Geheimnisse konnten es nicht sein. Hierzu war sie zu laut am Telefon. Auch in diesem Fall hätte er nicht darauf geachtet, mit wem sie telefonierte. Er wurde nur stutzig, nachdem er seinen Namen, etwas leiser gesprochen als gewöhnlich, vernahm. Fast automatisch verringerte sich die Geschwindigkeit der Schritte. Und wieder fiel ein Name, den er gut kannte: Doktor Delbrück. Seit Jahren war er ein Patient von diesem Arzt.
Die Stimme von Rosi Spreen wurde plötzlich seltsam leise und trat in ein Flüstern über. Für Holger Schiller jedoch laut genug. Um auch jetzt, kurz vor der angelehnten Tür stehend, jedes Wort zu verstehen.
»Ach, Doktor Delbrück, warum trifft es ausgerechnet immer die nettesten Menschen?!«
Er hörte sie schniefen.
»Wollen Sie es ihm wirklich nicht sagen, dass er das Ende des Jahres nicht mehr erleben wird?« Rosi schnäuzte in ihr Taschentuch. »Ich finde es ihm gegenüber nicht fair. Soll ich es ihm beibringen? – Na gut, dann nicht. Nachdem Holger vorgestern bei Ihnen war, konnten Sie da nicht … – Ach so, der Befund liegt erst seit einer Stunde vor. – Nein, um meine Zukunft mache ich mir keine Sorgen, Doktor Delbrück.