Название | Gefahren - Abwehr |
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Автор произведения | Jürgen Ruhr |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742716774 |
Nachdem ich mein Fahrzeug ein paar Meter weiter in eine Parklücke gezwängt hatte, kehrte ich zu dem Dicken zurück, der immer noch auf dem Gehweg stand und sich jetzt mit Gisbert unterhielt. In diesem Moment fuhr ein Wagen vor die Einfahrt. Der Mann blickte wohlwollend auf das parkende Fahrzeug.
„Na, der kann jetzt aber auch nicht dort stehen bleiben“, meinte ich und winkte der aussteigenden Frau zu: „Das ist eine Einfahrt hier, da können sie nicht stehenbleiben. Der Mann da ruft sonst die Polizei.“
Die Frau lächelte und schloss den Wagen ab. „Ich kann schon hier stehen“, grinste sie und gab dem Dicken einen Kuss auf die unrasierte Wange. „Ich wohne hier, das ist unsere Einfahrt.“
Ich hob verstehend die Hand. Was interessierten mich die merkwürdigen Besitzverhältnisse und Rituale der Eingeborenen hier überhaupt. Weser war schon merkwürdig, aber dieses Pärchen schien ihm in nichts nachzustehen.
„Kenn sie den Herrn Angerls?“, fragte ich, anstatt mich auf irgendwelche Diskussionen einzulassen.
Der Dicke sah seiner Frau hinterher, die in Richtung Haus verschwand. „Meinen sie Friedgott Angerls?“
„Ja genau, der wohnt doch hier, oder?“
„Das kommt darauf an“, gab er langsam von sich. „Wer will denn etwas von Herrn Angerls?“
Ich dachte nicht daran, mich mit langwierigen Erklärungen aufzuhalten. Was ging den Dicken an, warum wir hier waren? Doch der voreilige Praktikant mischte sich erneut und ungefragt ein.
„Es geht um Herrn Weser“, erklärte er. „Herr Angerls hat dem Herrn Weser vermutlich das Leben gerettet, indem er einen Angreifer verscheucht hat.“
„Ist gut, Gisbert“, ermahnte ich den Praktikanten, „das geht niemanden etwas an.“
„Oh doch“, ließ sich der Dicke jetzt vernehmen. „Ich bin Friedgott Angerls. Das geht mich sehr wohl etwas an! Warum haben sie denn nicht gleich gesagt, dass es um diesen merkwürdigen Alten geht?“
„Sie haben mich ja nicht zu Wort kommen lassen und direkt von dem Parkplatz hier verscheucht“, erwiderte ich. Die ganze Sache hätte eigentlich längst schon erledigt sein können. Was wohnten hier doch für merkwürdige Menschen!
„Das ist kein Parkplatz“, beharrte der Typ jetzt. „Das ist eine Einfahrt und dort steht ein gelbes Schild mit ‚Einfahrt freihalten‘ drauf. Da können sie nicht einfach parken. Haben sie das denn immer noch nicht verstanden?“
Ich seufzte auf. Der dicke Mann schien keine anderen Sorgen, als diesen dämlichen Parkplat... pardon: als diese dämliche Einfahrt zu haben. „Es geht um Herrn Weser. Sie ha...“
„Ja das sagte ihr Sohn doch schon“, unterbrach er mich und sank um einige Punkte auf meiner Beliebtheitsskala. Nicht, dass er dort schon ziemlich hoch angesiedelt gewesen wäre.
„Können sie den Mann beschreiben, der Weser angegriffen hat? Wann war das denn genau? Wie ging alles vonstatten?“
„Sind sie von der Polizei?“, knurrte er jetzt und legte eine Hand auf den Kotflügel seines Wagens. Oder des Wagens seiner Frau. Wer wusste das schon.
„Nein, ich bin Privatdetektiv. Mein Name ist Jonathan Lärpers und dies hier ist nicht mein Sohn, sondern unser Praktikant Gisbert Orbach von der Detektei ‚Argus‘. Herr Weser hat unseren Chef als seine Vertrauensperson im Krankenhaus angegeben und deswegen kümmern wir uns jetzt um die Sache.“
„Sie sind nicht von der Polizei?“
„Nein, das sagte ich doch gerade“, stöhnte ich und hoffte dieses Gespräch bald hinter mir zu haben.
„Ja kümmert sich die Polizei denn nicht um die Sache? Es wird ja immer gefährlicher hier. Jetzt werden wir schon am helllichten Tag hinterrücks überfallen. Man ist ja nirgendwo mehr sicher!“
Ich griff zu einem kleinen Block und machte mir ein paar Notizen. „Tagsüber also. Wissen sie noch, wann und um welche Uhrzeit?“ Auf seine Fragen ging ich lieber gar nicht erst ein.
Der Dicke überlegte angestrengt. „Warten sie, gleich hab ich’s.“
Ich wartete und sah den Mann dabei an. Man konnte richtig erkennen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete und als er seine Finger zum Rechnen zu Hilfe nahm, stahl sich ein Lächeln auf das unrasierte Gesicht. Schließlich kratzte er sich unter dem linken Arm und meinte: „Das war heute Morgen. Muss so um neun Uhr herum gewesen sein, da meine Frau weggefahren ist. Ich habe sie hier noch verabschiedet und als sie fort war, wollte ich wieder ins Haus gehen. Warum soll ich auch auf der Straße herumstehen? Ich kann auch vom Haus sehen, ob hier jemand parkt. Dann aber habe ich etwas bei diesem Weser gehört, auf dem Weg da hinten, und bin hingegangen.“
Prima, jetzt kamen wir der Sache näher. Mich interessierte zwar nicht, wer weggefahren war und von wem er sich verabschiedet hatte, aber die Uhrzeit brachte mich einen kleinen Schritt weiter. ‚Neun Uhr‘ notierte ich und sah den Dicken an, der sich jetzt abwechselnd unter beiden Achseln kratzte. Zum Abschied würde ich ihm jedenfalls keine Hand reichen.
„Und dann haben sie einen Mann gesehen?“, mischte sich Gisbert jetzt ein und ich hätte vor Wut platzen können. Das hier war meine Befragung und die lief bis jetzt ganz gut.
„Ich kam über die Straße und musste noch um die Ecke herumgehen. Sehen sie, da wo die Hecke so merkwürdig gewachsen ist ... Jedenfalls habe ich natürlich erst einmal vor dem Überqueren der Straße nach links und rechts geschaut. Das ist ja mittlerweile ein Verkehr hier, das können sie kaum glauben. Und keiner hält sich an das Tempoligitt, jede...“
„Tempolimit. Limitierung der Geschwindigkeit“, stellte ich richtig und nutzte die Unterbrechung, um das Gespräch wieder in die richtige Richtung zu lenken. Gisbert mit seiner dummen Fragerei verleitete den Mann nur, unnötige Geschichten zum Besten zu geben. Und jetzt meldete sich der vorlaute Praktikant auch noch ungefragt: „Limit kommt von dem französischen ‚limite‘ und lateinischen ‚limes‘ und bezeichnet eine obere oder untere Grenze, wobei ‚limes‘ eher für ‚Grenzweg‘, ‚Grenze‘ oder ‚Grenzwall‘ steht. Der Limes stellte damals die Außengrenze des Römischen Reiches dar.“
Der dicke Nachbar blickte Gisbert irritiert an: „Ihr Sohn weiß aber eine ganze Menge“, stellte er dann tonlos fest.
„Das ist nicht mein Sohn. Und was war nun mit dem Mann?“
Jetzt schaute der Dicke wieder auf mich: „Was für ein Mann, wovon reden sie? Und wenn sie hier parken, dann rufe ich die Polizei. Sehen sie denn das Schild dort nicht? ‚Einfahrt freihalten‘!“
Ich stöhnte erneut gequält auf. War dieser Kerl jetzt schlimmer als Weser? Lag es vielleicht an der Luft in diesem Stadtteil, dass sich die Menschen so verhielten? „Der Mann, der Weser überfallen hat“, erklärte ich verzweifelt.
„Ach so, das müssen sie auch sofort sagen. Aber sie lassen mich ja nicht ausreden ... Also, ich komme da um die Ecke, also um die Hecke, ähm die Ecke mit der Hecke, und sehe, wie so ein Kerl auf den alten Weser einprügelt. Weser rief verzweifelt um Hilfe, aber nicht sehr laut. Das war aber genau das, was ich vorher hörte, bevor ich vorsichtig die Straße überquert habe, nachdem ich nach links und rechts geschaut hatte.“
„Und wie sah der Mann aus?“ Ich hielt meinen Stift bereit, um mir Notizen zu machen.
„Wie ein Mann halt aussieht. Männlich. Viel konnte ich aber nicht erkennen, da er sofort als er mich sah, von Weser abließ und den Weg entlang flüchtete.“
„Wie groß war der Mann, was würden sie schätzen?“, mischte sich Gisbert erneut ein und ich überlegte den Störenfried zum Auto zu schicken.
„Ich denke, vielleicht so groß wie dein Vater. Nein, eher etwas kleiner. So viel vielleicht.“
Der Dicke hielt Daumen und Zeigefinger übereinander und maß damit vielleicht fünf Zentimeter ab. Ich notierte, dass der Angreifer