Название | Irma |
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Автор произведения | Michael Tycher |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847662587 |
Irma steht an der Abfertigung im Los Angeles International Airport (LAX). Zwei freundliche Herren kommen auf sie zu.
„Prof. Dr. Mitteldorff?“
„Ja, das bin ich, aber die Titel lassen sie bitte weg, ich bin auch nur ein Mensch.“
Obwohl Irma selbstständig gehen kann, nimmt sie gerne den bereitgestellten Rollstuhl. Die Strecken auf dem LAX können gewaltig sein, und wozu soll sie sich quälen.
„In Schuss, was heißt das Irma?“
„Ach ja, das mit den Redewendungen Kindchen. Das heißt in Ordnung halten. Sorry, aber das nehmen wir auch noch durch. Meine Herren wir können gehen, ein bisschen aufgeregt bin ich schon.“
Die United Airlines fliegt nach Frankfurt am Main, von dort hat Irma einen Anschlussflug nach Berlin Tegel gebucht. Dort wird sie sicher der freundliche junge Mann vom Chauffeurdienst erwarten.
Fort Maede (Maryland, USA)
Tanner liest die internen Anweisungen. Sicherheit ist oberste Priorität bei der NSA. Immer wieder kommen neue Anweisungen zum Gebrauch der Technik. Wer darf was und von wem muss die Recherche abgezeichnet werden. In den letzten Jahren ist die NSA unter öffentlichen Beschuss geraten. Einige ehemalige Mitarbeiter waren der Meinung, dass gewisse Grenzen der Überwachung überschritten worden sind und die Ausspähmaßnahmen die Grundrechte der einzelnen Bürger verletzten. Sie stellten ihre Informationen über die Arbeit der NSA in die Öffentlichkeit. Die NSA-Administration, Militärs und das Weiße Haus reagierten darauf mit Empörung. Der Terrorismus erfordere diesen Einsatz und Anschläge konnten damit verhindert werden.
Obwohl in den USA mittlerweile nachdenkliche Stimmen zu Wort kommen und einen verstärkten Datenschutz fordern, bleibt alles beim Alten. Briggs und Tanners Abteilungsleiter Robert Flyn erklärte in einem vertraulichen Gespräch, dass dieses Land keinen Inch Know-how zurückgehen werde. Was an Überwachungstechnik geschaffen worden ist und was jetzt reibungslos funktioniert, sichert die Zukunft der Staaten. Zudem ist es sehr bedeutsam, den Anschluss an die dynamische Weiterentwicklung des Terrorismus, besonders deren steigende technische Fähigkeiten, nicht zu verlieren.
Tanner macht sich keine Sorgen über ihren Job, außerhalb des Glaspalastes weiß keiner von ihrer Arbeit. So soll es auch bleiben. Interessiert liest sie gerade eine interne Stellenausschreibung, als plötzlich auf dem Bildschirm ein Ergebnis, begleitet von einem Warnton, aufleuchtet.
„Treffer, die Stimme von Caidens Anrufer liegt in irgendeiner Datenbank vor. ‚In Deutschland’, diese zwei Worte haben gematched.“
Tanners nächster Schritt ist die Identitätsklärung, zu jeder gespeicherten Stimme gibt es einen Menschen im Hintergrund. Hier lag die Trefferquote bei annährend 99 Prozent. Alle geforderten Merkmale stimmen überein. Ermittlungstechnisch gilt dieses Ergebnis als Volltreffer und hat vor jedem US-Gericht bestand.
Jagdfieber ist es, denkt Tanner, sie spürt wie ihr Adrenalinspiegel ansteigt. Es ist immer so, wenn sie auf eine Spur gestoßen ist. Wenn sie die Identität eines Entführers entschlüsseln oder den Kreis von Zielpersonen eingrenzen konnte, die Vorbereitungen für einen Anschlag im Nahen Osten planten. Die nun folgende Meldung auf dem Bildschirm trifft sie wie ein Schlag ins Gesicht:
„Sie sind nicht autorisiert diesen Informationsstamm abzufragen. Wenden sie sich an ihren Vorgesetzten, dieser Abfrageversuch ist aus Sicherheitsgründen gespeichert worden!“
Berlin
„Es sieht bei ihnen hier in der Disposition noch immer alles aus wie früher. Auch sie, Frau Wunderlich, haben sich nicht verändert, immer noch diese Ausgeglichenheit und ihre Erfahrung, so als können sie jedes Problem lösen.“
„Danke für ihr Kompliment Herr Maibach, aber so lange sind sie nun auch nicht aus der Hauptstadt weg. Konnten sie sich in Hamburg gut einleben?“
Der Smalltalk mit Frau Wunderlich gehörte, als Lars häufiger für ’Very first class Limo’ arbeitete, regelmäßig dazu. Ein wenig kam er sich wie James Bond vor, der vor dem Einsatz belanglos mit ‚Moneypenny’ plauderte. Doch viel wichtiger als seine Träume vom globalen Agenten war die Tatsache, dass Frau Wunderlich über die Reihenfolge der anzurufenden Fahrer bei Neuaufträgen entschied. Auf dieser ominösen Liste stand Lars früher ganz weit oben. Damit es dabei blieb, musste die Beziehung zu Frau Wunderlich mit ein paar Komplimenten gepflegt werden. Dieses Rezept wendet er jetzt bei seinen Auftraggebern in Hamburg erfolgreich an.
„Ja, Hamburg ist eine wunderschöne Stadt und dort wohnen viele Wohlhabende. Für uns Chauffeure gibt es fast immer Arbeit. Der Freizeitwert ist nicht schlechter als in Berlin.“
„Sie sind ja wohl wegen der großen Liebe nach Hamburg gegangen und nicht wegen der Reeperbahn, soweit ich mich erinnern kann.“
„Da ist was dran“, stimmt Lars zu und schaut etwas verlegen.
Frau Wunderlich schiebt Lars einen Umschlag über den Schreibtisch.
„Da ist alles drin, sie arbeiten als Stand-by-Fahrer für Professor Doktor Mitteldorff und sind ihr bei allen Dingen behilflich. Das hatte ich, glaube ich, schon am Telefon zu ihnen gesagt, oder nicht?“
„Doch, das sagten sie, der Fahrgast deutete auf gewisse körperliche Handicaps hin?“
„Ach sehen sie, das Alter holt uns alle ein. Ja, sie erhalten den erhöhten Spesensatz und wenn sie mir freundlicherweise ihr Bahnticket geben würden, dann könnten wir dies schon erstatten. Geld braucht man ja schließlich immer.“
„Sehr liebenswürdig, aber ich kann das dann alles mit der Schlussabrechnung geltend machen. So behalte ich besser den Überblick.“
Lars greift sich den Umschlag und spürt sofort einen dicken Autoschlüssel. Damit wäre die sofortige Mobilität sichergestellt.
„Tanken, Waschen usw. geht alles über die beigefügte Karte, sie gilt auch im Ausland, die Kundin sagte, dass es eventuell nach Polen oder Tschechien gehen könnte. Sie fahren eine S-Klasse, sollte es Probleme wegen der körperlichen Behinderungen bei Frau Professor geben, melden sie sich. Der Wagen hier lässt sich anheben, also auf Senioreneinstiegshöhe. Das brauche ich wohl auch bald.“
„Sagen sie nicht so etwas, sie sind doch fit, Frau Wunderlich.“
„Wenn sie wüssten, Herr Maibach …“
„Zum Glück passt sich die Technik dem Menschen an, das scheint bei körperlichen Behinderungen wohl ihr einziger Vorteil zu sein.“
„Ja, ihr Humor Herr Maibach ist mir noch gut in Erinnerung, er ist so schön positiv. Sind sie in Berlin gut untergekommen?“
„Ja, bei einem Kollegen, der lässt mich in seinem Büro schlafen, das passt schon.“
„Prima, dann wünsche ich ihnen viel Spaß mit Frau Professor, alles Gute und hoffentlich nicht wieder so einen hässlichen Fall wie damals mit dem mordenden Pharma-Boss.“
„Auch ihren Humor habe ich immer sehr geschätzt, Frau Wunderlich.“
Frankfurt am Main
Pierce hasst Unpünktlichkeit. Der Airbus stand ewig auf dem Rollfeld in Singapur. Aus Erfahrung weiß Pierce, dass bei zu langer Standzeit das Zeitfenster für den Start in Gefahr gerät. Schon einmal musste er in Chicago mit einer kleinen Boing wieder zurück zum Terminal. Erst sieben Stunden später konnte der Flug neu gestartet werden.
Und jetzt steht vor ihm eine Schlange Menschen am Mietwagenschalter. Zeit hat Pierce genug, doch etwas behagt ihm nicht an diesen Job. Er möchte ihn zügig erledigt wissen. Pierce schaut sich ungeduldig in der mächtigen Halle um. Zwei Mitarbeiter vom Flughafenservice schieben mit aller Seelenruhe einen leeren Rollstuhl vor sich her.