Todesrot. Jannik Winter

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Название Todesrot
Автор произведения Jannik Winter
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742724380



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Notebook zu haben.

      Meine Gedanken kreisen. Zehn Schläge mit einem harten Gegenstand. Am Fluss. Blut.

      Goldkette mit Rosenanhänger …?

      Die Zeitungen hatten ein aktuelles Foto gebracht. Es folgte die Aufforderung, alle bekannten Kontakte der letzten Monate bei der Polizei zu melden. In der ›Bildzeitung‹ war es in Farbe großformatig auf Seite zwei zu sehen.

      Vollmundige rote Lippen, wie ich sie aus der Vorlesung kannte.

      Vor acht Tagen war das.

      »Susanne, fällt dir etwas zu einer Sache ein, die mich schon eine Weile bewegt? Mord am Flussufer, Mädchen mit roten Lippen wird mit einem Stein erschlagen. Sie liegt am Wasser, hat eine Goldkette mit dem Motiv Rosenblüte um den Hals? Mir schwirrt eine vage Erinnerung im Kopf herum, ich weiß nur nicht mehr, was es sein könnte.«

      Es ist ein mulmiges Gefühl, Susanne da mit hineinzuziehen. Wir haben uns gegenseitig versprochen, alles zu teilen und keine Geheimnisse voreinander zu haben. Daher muss sie es erfahren.

      »Geht es um das ermordete Mädchen? Du hast mir gesagt, der Kommissar wäre bereits argwöhnisch, weil du ihre Kleidung genau beschreiben konntest. Dann die Halskette mit der Rose! Er vermutet bestimmt Insiderwissen. Du machst dich noch mehr verdächtig. Lass es die Polizei erledigen.«

      Als sie mich ansieht, erkennt sie, dass dieses keine Lösung ist.

      »Wie kommst du überhaupt auf ›mit einem Stein erschlagen‹? ›Mit einem sehr harten Gegenstand‹ stand in der Zeitung.«

      Dabei sieht sie fragend an die Wohnzimmerdecke.

      Jetzt muss ich ihr gestehen, dass es eine Vermutung ist: harter Gegenstand, Flussufer, Steine am Flussufer.

      »Du sagst › Flussufer, Stein, Mord, Halskette mit Rose‹? Mir fällt da etwas ein. Es ist ein Beispiel aus deiner ersten Schnupperstunde. Der Fall liegt Jahre zurück. Das Mädchen wurde vom Exfreund aus dem Frauenhaus gelockt und in einem Wäldchen mit einem Stein erschlagen. Verschmähte Liebe war das Motiv. Sieh dir das Foto an, das du damals gezeigt hast. An eine Rosenkette erinnerst du dich wohl nicht mehr? Die habe ich mir gemerkt, weil so hässliche Blutspritzer auf der goldenen Rose waren.«

      »Herr Heinzinger, hören Sie mir bitte genau zu! Sehen Sie sich die Fotos zum Mordfall Rosa Bertrich an. Dann sagen Sie mir, dass es überflüssig ist, eine Hundestaffel auszuschicken. Die müssten im nächsten Weidenwald anschlagen, der flussaufwärts liegt. Die Halskette, die Johanna Bora in den Fingern hielt, ähnelte exakt der, die Rosa Bertrich trug.«

       1985 bis 2012: Herz

      Nackte Beine bis an die Decke, schwarzes Dreieck dazwischen. Das Bild hat sich eingebrannt.

      Der Schlüssel für seine jetzige Veranlagung schien in der Vergangenheit zu liegen. Wie hatte er sich in der Pubertät ein Traummädchen vorgestellt?

      So wie die Mutter sollte sie sein, natürlich nicht ganz so alt und schöner. Ihre bedingungslose Unterstützung für den Vater hatte er immer als Vorbild gesehen. Was sie für den getan hatte, war mit einer finanziellen Abhängigkeit nicht zu begründen. Willenlos und ohne eigenen Antrieb war sie auch nie gewesen.

      Ganz im Gegenteil!

      »Maria scheint ihre Periode zu haben. Heute wirst dich mit Oralverkehr begnügen müssen.«

      Diesen Satz hatte er im Schrank des Musikzimmers aufgegabelt. Wie immer lauerte er dort auf die Vorstellung, die jeden Mittag stattfand.

      »Oralverkehr. Ein zu schönes Wort für eine so böse Tat.«

      Zwei Wochen später belauschte er, wie Maria von der Mutter scharf gemaßregelt wurde.

      »Maria, sorgen Sie bitte dringend dafür, dass mein Mann nach dem Verkehr sein Glied gesäubert bekommt. Wie Sie das anstellen, ist mir egal, nur schnell muss es gehen. Jedenfalls möchte ich nicht, dass er mit beschmutzter Unterwäsche in die Firma fährt. Haben Sie denn gar keinen Sinn für Hygiene? Das ist ekelhaft und zeugt von Ihrer bäuerlichen Abstammung, die anscheinend immer noch durchschlägt.«

      Die scharfe Ermahnung klang interessant. Das Aufregendste kam später. Mit offenem Mund sah er zu, wie Maria ihm nach der Fickveranstaltung den Schwanz sauber lutschte.

      Trotzdem blieb einiges unverständlich. Warum hatte seine Mutter in devoter Weise die Fehltritte des Vaters toleriert? Sie wurden sogar von ihr perfekt organisiert. Daher gewann er den Eindruck, es gehöre zu einem ordentlichen deutschen Haushalt dazu. Erst im Alter von einundzwanzig Jahren hatte er sie darauf ansprechen können.

      »Eine geborene von Schwanenfeld verlässt ihren Mann niemals! Wir haben uns ewige Treue geschworen. Daran wird sein Hang zu diesen kleinen Eskapaden nichts ändern. Natürlich benötigt er so ein Ventil, um sich abzureagieren. Außerdem scheinst du in dieselben Fußstapfen zu treten. Das muss ein Erbteil aus der Linie deines Vaters sein.«

      Zu keinem Zeitpunkt hatte er bei der Mutter etwas Negatives wahrgenommen. Er musste zugestehen, Stil hatte sie. Niemals verlor sie die Kontrolle oder überschüttete den Vater mit Vorwürfen. Sie sprach auch nicht abfällig über dessen sexuelle Abenteuer. Ausschließlich Maria wurde Ziel ihrer Angriffe.

      Einige Jahre später wurde Maria durch Milana aus Estland ersetzt. Maria war angeblich zu alt. Bislang hatte er wenig auf das Alter der Frauen geachtet. Jung mussten sie also sein! Das war eine neue Erfahrung. Trotzdem kam es ihm so vor, als fehlte mit Maria ein wichtiges Mitglied in der Familie. Mit Milana konnten die Spiele ungehindert fortgesetzt werden. Die Mutter unterstützte das weiterhin tatkräftig.

      Zwei Jahre später wurde die zwanzigjährige Olga aus Polen als zusätzliche Pflegekraft eingestellt. Auch sie bekam die Regeln des Hauses zu spüren.

      »Olga, ich hoffe, Sie haben sich unten herum ordentlich gewaschen? Ich möchte nicht, dass mein Mann mir über die Wangen streichelt, wenn an seinen Fingern der Schmutz Ihres Geschlechts klebt.«

      Zu dem Zeitpunkt war die Demenz des Vaters bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. Zwischen Frauenbeine wandernde Hände wurden als Reflexe der Vergangenheit betrachtet. Olga war attraktiv und durfte im gesamten Haus keinen Slip tragen. »Der arme Mann ist verwirrt genug. Er kann damit nicht umgehen, wenn sich unerwartet Kleidung in den Weg stellt.«

      Für ihre passiven Sexdienste bekam sie von der Mutter ein fürstliches Gehalt.

      »Olga, das Geld kannst du dir nur durch einen höheren Einsatz verdienen. Hast du das verstanden? Kennst du die Alternativen?« Nach einigen Stunden der Überlegung: »Ich das machen, mein junger Herr!«

      Zusammen mit Olga und Milana ergab sich zum ersten Mal was völlig Neues: ein interessanter Dreier. Ein fader Beigeschmack blieb. Beide Frauen wurden nur durch das Geld motiviert. Sie zeigten keine Schuldgefühle, wenn er sie beschimpfte: »Ihr seid de facto bezahlte Nutten!«

      So wollte er seine Zukunft niemals gestalten!

      Die Mädchen sollen mir mit glänzenden Augen die Wünsche erfüllen. Unterwürfig dienen, aufopfernd erdulden, sie hat vorgemacht, dass eine Ehefrau dazu in der Lage ist.

      Als der Vater vor drei Jahren verstorben war, schien im Leben der Mutter eine wichtige Komponente zu fehlen. Den Verlust ihrer bisherigen Aufgaben konnte sie nicht akzeptieren und überflüssig wollte sie auf keinen Fall sein.

      »Weißt du, mein Lieber, die Fabrik hast du seit einiger Zeit im Sinne deines Vaters geführt. Das wirst du auch alleine schaffen. Der Punkt ist gekommen, an mich zu denken. In Lugano konnte ich eine gemütliche Wohnung erwerben. Dort ist das Klima deutlich angenehmer als im regnerischen Deutschland. Wir können ja telefonieren, sooft du möchtest.«

      Olga und Milana bekamen eine beträchtliche Abfindung. Ein Notar regelte mit einem Vertrag ihre Verschwiegenheit. Jetzt gehörte die Firma ihm alleine. Dazu kamen die Villa und ein dickes Aktienpaket. Erst Tage später wurde es ihm bewusst, als er vom Bankdirektor persönlich empfangen wurde.

      »Herzlichen Glückwunsch. Sie haben ein Vermögen geerbt.«

      »Wie