Violet - Die 7. Prophezeiung - Buch 1-7. Sophie Lang

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Название Violet - Die 7. Prophezeiung - Buch 1-7
Автор произведения Sophie Lang
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753189734



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aller Knochen, auffrisst.

      Ich bin es gewohnt, Schmerzen zu ertragen, aber meine Schmerzskala, die bis zehn reicht, zerreist es in diesem Moment.

      Ich beiße mir auf die Zähne, schone meine Lippen, presse meine Fäuste so krampfhaft zusammen, dass sich meine Fingernägel wie Dolche tief in meine Haut bohren. Jetzt nur nicht losbrüllen, nicht schreien, bloß keine Schwäche zeigen. 7. Gebot! Himmel! Oh Gott, hilf mir, das zu ertragen. Ich sacke zusammen und dann, plötzlich, als habe er mich tatsächlich gehört, fällt der Zeiger um zwei, drei Schmerzpunkte und ich habe Zeit durchzuatmen, mich zu erholen. Meine Kleider (beziehungsweise das, was von ihnen übrig ist) sind schweißnass. Zum Glück ist es Schweiß und kein Blut. Die Naht hält. Asha hat wieder einmal einen guten Job gemacht. Ich muss an sie denken und der Schmerz in meiner Brust, sie im Stich gelassen zu haben, ist fast schlimmer als der meiner Wunde.

      Ich wünsche mir jetzt zum ersten Mal, dass wir bald dort sind. Wo auch immer dort ist. Sind wir noch über den Vulkanen? Ich wünsche mir, dass sie sich um mich kümmern, wer auch immer sie sind. Nicht, damit ich überlebe. Zumindest nicht nur deshalb, sondern weil mein Überleben eine Notwendigkeit ist, um mein Versprechen einzulösen. Ich will endlich ankommen, weil ich nicht weiß, wie lange ich diese körperlichen Qualen noch ertragen kann. Gott, bitte hilf mir, denn wie eine Flut bricht der Schmerz erneut über mir zusammen und lässt mein Herz für eine Sekunde aussetzen und mich vergessen, wie man atmet. Meine Knie zittern und verzweifelt versuche ich, mich an das 7. Gebot zu halten. Dann, nach ein paar unendlichen Sekunden, geht der Anfall wieder vorbei.

      Die Schmerzen kommen und gehen wie Ebbe und Flut. Das ist das einzig Positive. Ich weiß, wann es wieder soweit ist. Ich zähle die Minuten bis zur nächsten Explosion. Sieben, Sechs, Fünf, gleich geht es wieder los. Sie kommen etwa alle zehn Minuten, aber die Abstände zwischen den Schmerzwellen werden von Mal zu Mal kürzer. Ich halte den Atem an. Zählen, zählen, atmen, dann geht es vorüber und so ist es auch, bis zur nächsten Welle.

      Er beobachtet mich, aber ich gestatte ihm keine Schwäche zu sehen, aber der Schweiß auf meiner Haut ist ein mieser Verräter. Vier, drei, zwei, jetzt geht es wieder los. Jetzt schon? Ich kann nicht mehr! Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, seit dem ich versuche, stark zu sein.

      ICH KANN NICHT MEHR!

      Ich klammere mich an den Sitz und schreie dagegen an. Gegen meine Schwäche und die Schmerzen. Brülle mir die Seele aus dem Leib, bis meine Stimme keine Stimme mehr ist, sondern nur noch ein ängstliches Wimmern.

      Er sagt etwas zu mir, berührt meine Hand, aber die Worte und seine Berührung schaffen es nicht bis in meinem Verstand. Ich sehe ihn kaum, er sieht aufgeschreckt und verzweifelt aus. Sein Gesicht, seine Worte, seine Hände werden fortgerissen von der nächsten Schmerzwelle, die an mir bricht wie gezündetes Dynamit.

      Noch etliche weitere schreckliche Anfälle schütteln mich durch und ich bekomme es gar nicht mit, als der Helikopter landet, bemerke nur in der kleinen, kurzen Verschnaufpause, wie still es plötzlich um mich herum geworden ist und dass ich ganz alleine bin. Er ist hinausgestürmt, nur der Schmerz ist noch bei mir geblieben und ich erwarte noch die nächste Welle, bevor er zurückkommt und sie, für die ich keine Namen habe und keine Gesichter kenne, mich endlich von diesen unmenschlichen Qualen befreien werden. Ich spüre, wie sich meine Gedärme zusammenziehen, auf die nächste Attacke vorbereiten und ich werde wieder schreien, so laut ich noch kann, weil das das Einzige ist, das ich tun kann.

      Oh Gott, dieses Mal ist es anders, noch gewaltiger. Keine Welle! Schlimmer! Ich schreie… schreie… schreie. Wünsche mir, dass es aufhört. Ich bitte. Ich fluche. Bitte um Gnade. So wie die vielen Male zuvor. Bitte, es soll einfach aufhören. Es – tut – so – weh. Die Erkenntnis, dass ich hier ganz alleine sterben könnte, macht mir eine Höllenangst. Ich schreie meine Todesangst in das Inferno aus Schweiß, Schmerzen und Blut.

      Blut?

      Mir läuft es kalt über den Rücken und dann, plötzlich, ist es vorbei?

      Plötzlich!?

      Irgendwie?

      Mir fehlt das richtige Wort.

      Vielleicht: befreiend?!

      Tränen steigen in meine Augen.

      Ein Teil von mir ist gestorben, um zu leben. Ja, genauso fühlt es sich an.

      Die Schmerzen sind noch da, aber sie fließen langsam ab. Ebbe. Ich schaue unter mein durchnässtes Shirt, will meine Wunde und das Blut sehen und bin sprachlos.

      Da ist etwas. Ich habe ein neues Tattoo und seine Konturen leuchten weiß, als hätte jemand in mir ein kleines Licht angezündet. Ich lege vorsichtig meine Hand darauf. Draußen höre ich jetzt Stimmen. Seine Stimme ist auch dabei und die von anderen. Helfer, Mediziner, Unbekannte. Hoffentlich keine Vollstrecker.

      Ich spüre eine minimale Bewegung unter meiner Hand, auf meinem neuen Tattoo. Ich bin verblüfft. Es bewegt sich! Das Tattoo bewegt sich! Himmel!

      Haben mich die Schmerzen jetzt doch in den Wahnsinn getrieben? Und die Wunde? Sie blutet nicht. Ich werde das überleben.

      Gleich kommen sie zu mir in den Helikopter. Die Schmerzen sind noch immer da, aber ich kümmere mich nicht um sie, denn mich beflügelt ein Glücksgefühl, das nicht hierher passt. Sterbe ich jetzt doch noch? Ich blicke an mir hinab und betrachte erneut das Tattoo der Bestie auf meiner Haut, wie es sich zusammenringelt, einem kleinen Drachen ähnlich und nur noch sachte leuchtet. Fast so, als würde es sich auf mir Schlafen legen.

      Es existiert, es atmet auf seine Weise und es ist ein Teil von mir. Und dann hört es ganz auf zu leuchten und liegt ganz ruhig da. Nicht zu spät, damit es mein Geheimnis bleibt, denn jetzt ist er zurückgekommen.

      Kapitel 2.2

      Ich sehe nichts. Die Nacht hat ihre Flügel über der Sektion 0 ausgebreitet und der Himmel ist rabenschwarz, sternenlos. Wie lange hat der Flug gedauert?

      Ich liege auf dem Rücken, auf einer Trage mit Rädern und Ärzte in weißen Kitteln, so wie Asha, nur älter, rollen mit mir davon. Meine Hand ruht auf meinem Bauch, meinem Baby, meinem neuen lebendigen Tattoo.

      Die Lichter des Helikopters verschwinden aus meinem Blickfeld und er, ist neben der Trage und erteilt Befehle. Und es, mein lebendes Tattoo, verhält sich ganz ruhig, aber mir scheint es, als könne ich das leise Flüstern seines Atems in mir hören.

      Die Luft ist kühl, um einiges kälter als in Sektion 13. Die Trage rüttelt mich ganz schön durch, bis sie mich über eine Schwelle schieben. Eine Schwelle von kalt zu warm, von finster zu blendend hell, von natürlich zu künstlich, medizinisch rein.

      Die Wände scheinen aus purem Licht zu bestehen, sind nicht linear, nicht massiv. Einer der Menschen in weiß, eine Frau mit glänzenden, blauen Haaren, die leuchten und sich bewegen wie Flammen, beugt sich über mich.

      »Du wirst nichts spüren.« Dann schießt sie mit einer medizinischen Pistole in meinen Oberarm. Es tut kaum weh. Auf meiner ausgereizten Schmerzskala irgendwo im Nullkommanullnulleins Bereich. Die vollkommene Dunkelheit des Narkosemittels greift mit ihren Schwingen um sich und hüllt meine Sinne ein. Asha hat keine silberne Pistole, aus der sie Flüssigkeiten in Oberarme schießen kann, die die Sinne vernebeln. Das Einzige, das ich noch wahrnehme, sind seine Befehle.

      »Lösche ihre Erinnerungen. Alle! Sie soll sich an nichts erinnern.« Ich höre seine Worte. Der Klang in seiner Stimme ist nicht wiederzuerkennen. Ich verstehe, was er sagt, aber ich kann mich nicht rühren, mich nicht zur Wehr setzen. Ich kann nur hoffen, dass ich mich erinnern werde an seine Worte. Dass ich mich an das Gesicht des Mannes erinnere, den ich für diese Befehle töten werde. Dass ich mich an seinen Geruch erinnern werde. Warum tut er mir das nur an?

      Es ist nicht das erste Mal, dass sie mir alles nehmen. Smaragdgrüne Substanzen werden sie mir in den Kopf spritzen, um mich, um meine Erinnerungen zu löschen. Mir kommt ein schrecklicher Gedanke. Wie oft haben sie das schon mit mir gemacht? War er es? Erinnere ich mich aus diesem Grund an seinen Duft?

      Aber dieses Mal wird etwas