Schattenkriege. H.L. Thomas

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Название Schattenkriege
Автор произведения H.L. Thomas
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754129814



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es köstlich. Heavy in Tusker, Alabama. Großartig. Hoffentlich war der Ort wenigstens so groß, dass er auf einer Straßenkarte verzeichnet war.

      Er ging zu den Diablos zurück, um seine Satteltasche zu holen.

      „Fährt einer von euch Jungs nach Alabama?“ Er blickte in irritierte Mienen. Die Hälfte war betrunken, die anderen wussten wahrscheinlich nicht mal, wo Alabama überhaupt lag.

      Ohne ein weiteres Wort warf er die Satteltasche über die Schulter und verließ das Tal zu Fuß. Er war eine ganze Weile gelaufen, als ein Pick-up mit einer Truppe mexikanischer Wanderarbeiter neben ihm hielt. Er stieg hinten auf und schlief beinahe sofort ein.

      Bei der nächsten Kleinstadt ließ er sich an einem Motel absetzen. Die Frau an der Rezeption schaute ihn entsetzt von oben bis unten an. Immerhin ließ sie sich für 50 $ überzeugen, ihm ein Zimmer zu geben und besorgte ihm auch noch eine Flasche Whisky.

      Duschen! Tank schloss die Augen und genoss es, wie das heiße Wasser über seine Haut floss. In der Duschtasse sammelte sich eine rotbraune Brühe, als der Staub abgespült wurde. Aber es war nicht nur der Staub, der von ihm abfloss, der Ekel, die Verachtung, die er für die meisten dieser Leute hegte, floss gleichsam mit hinweg. Es fühlte sich einfach gut an.

      Er zündete sich eine Zigarette an, nahm die Flasche Whiskey und legte sich aufs Bett. Am Ortseingang hatte er im Vorbeifahren einen Gebrauchtwagenhändler gesehen. Der schwarze 67er Ford Torino Fastback war ihm direkt ins Auge gefallen. Tank wusste, was er am nächsten Morgen machen würde.

      ***

      Der schwarze Torino gullerte langsam die Straße entlang. Heavy’s Garage, Tusker, Alabama. Tank trat auf die Bremse.

      Er stieg aus und zündete sich eine Zigarette an. Die Werkstatt machte einen guten Eindruck. Es gab kein Gerümpel, keine Öllachen, keine rostzerfressenen Wracks im Hinterhof. Ein alter 51er GMC mit Werkstattlogo parkte an der Seite. Der Wagen war alt, aber gepflegt, vermutlich würde er noch mindestens zwanzig Jahre halten. Ein kräftiger Mann Mitte dreißig kam auf ihn zu. Sein Blick ging zwischen Tank und dem Torino hin und her.

      „Was kann ich für Sie tun, Sir?“ Tank überlegte einen Moment, ob er so tun sollte, als sei er wegen einer Reparatur hier. Nein, das war einfach nicht seine Art.

      „Ich suche jemanden. Einen Mann namens Luke Cavenaugh, Spitzname Cave.“

      Heavys Miene verdüsterte sich.

      „Wer will das wissen?“

      „Mein Name ist Trevor Jones. Ich bin ein Freund von Jane Mulwray.“ Tank warf die Zigarettenkippe zu Boden und trat sie aus. „Ist ’ne längere Geschichte. Sie steckt in Schwierigkeiten und ich will herausfinden, warum. Ich suche diesen Mann, weil er vermutlich der Einzige ist, der sie seit ihrer Kindheit kennt.“

      Heavy beäugte ihn misstrauisch, der Kerl hatte etwas von einem Bullen an sich. Andererseits, wer immer ihn hergeschickt hatte, war davon ausgegangen, dass der Mann sauber war.

      „Nimm mal die Sonnenbrille ab!“ Heavy erinnerte sich an ein Foto, das er mal in Janes Brieftasche gesehen hatte. Ja, das könnte der Mann von dem Foto sein. „Was hat sie angestellt?“

      Tank sah ihn irritiert an.

      „Sie? Nichts.“

      „Kommen Sie rein, Mann! Kaffee?“ Er hielt die Tür auf.

      Tank trank langsam seinen Kaffee, während er erzählte, was in Seattle passiert war. Heavy hörte mit unbewegter Miene zu. Jane und das FBI. Scheiße, die Sache in Mexico war Monate her. Er hatte sich bemüht, das alles zu vergessen. Tara und er arbeiteten hart, um sich den Traum mit der Werkstatt zu erfüllen. Es ging ihnen gut. Warum in alten Geschichten wühlen? Er sollte den Kerl rausschmeißen. Verdammte Scheiße! Heavy rang mit sich, während die Dinge, die er so lange in seinem Innersten verschlossen hatte, wieder hochkamen.

      Er hatte mit Boyd den Brotherhood MC gegründet, nachdem sie aus Vietnam zurückgekehrt waren. Es war sein Leben gewesen. Der Traum von Freiheit. Er fluchte innerlich wieder. Der Traum hatte nicht lange gehalten. Boyd war ein Irrer, das war er schon immer gewesen, aber drüben in Nam hatte es ihm imponiert. Hier war das nicht so. Hier hatte sich Boyd mit den McManner-Brüdern zusammengetan. Sie experimentierten mit Drogen und das trieb Boyd immer weiter in seinen Wahn. Er duldete keinen mehr neben sich, er hielt sich für eine Art Guru, Gott oder was auch immer. Er tat, was ihm passte und alle anderen mussten es ausbaden. Er brachte seine Mädchen auf Drogen, er verriet seine Freunde.

      Heavy hatte die Augen vor all dem verschlossen. Für ihn gab es nur den Club, wo sollte er hin? Er sah nicht hin, mit wem Boyd Geschäfte machte. Er hörte nicht hin, als Ben von dem Deal mit dem FBI erzählte. Es ging darum, ein Mädchen fertigzumachen, richtig fertig. Im Gegenzug dazu entging Ben einer Gefängnisstrafe. Ben plagten Gewissensbisse, denn er mochte das Mädchen. Das Mädchen war eine echte Traumfrau. Lange, kastanienbraune Haare, endlose Beide, hohe Wangenknochen. Außerdem schlagfertig und schlau. Sie war Fotografin und wollte eine Fotostory machen. Ja, Ben war wirklich verliebt in diese Jane und das war bisher noch nie passiert. Boyd hatte gelacht und gesagt, Ben solle sich keine Sorgen machen. Heavy wurde heute noch schlecht bei diesem Lachen. Boyd übernahm den Deal, die Kleine würde draufgehen. Die McManners mixten einen irrsinnigen Drogencocktail und Boyd verpasste ihn ihr. Mein Gott, ihm wurde heiß und kalt, wenn er daran dachte, wie Jane abgegangen war. Ben bemerkte es nicht, natürlich nicht, er war ja selbst vollkommen stoned. Aber er, Heavy sah es und er sagte nichts. Sie erinnerte sich offenbar an nichts, was vermutlich besser war. Die McManners hatten ihr dann noch ein- zweimal Nachschub verpasst. Jane hatte sich zwischendurch immer wieder erholt. Sie musste die Konstitution eines Büffels haben. Ben war fuchsteufelswild geworden, als er mitbekam, was da lief. Ben hätte damals Jane schnappen und abhauen sollen, aber er wollte noch den Deal mit El Tupo durchziehen. Bei Clubangelegenheiten war er immer korrekt gewesen.

      Heavy stellte energisch seine Kaffeetasse auf den Tisch. Er war Jane was schuldig. Dieser Jones hier machte sich ehrlich Sorgen um sie.

      „Ich muss mal telefonieren.“

      Es dauerte eine Weile, bis er zurückkam.

      „Der Mann, den Sie sprechen wollen, ist nicht leicht zu finden. Er lebt – na ja, zurückgezogen wäre vermutlich der falsche Ausdruck.“ Heavy räusperte sich. „Wenn er mit Ihnen sprechen will, findet er Sie.“

      Tank erwartete bei einem Mann, der seinen Unterhalt mit illegalen Waffengeschäften, Drogen und sonstigen Verbrechen bestritt, nichts anderes. Er fragte sich immer noch, wie Jane sich unter diesen Leuten wohlgefühlt haben konnte. Er kannte ihre Reportage über die Biker, ihre Bilder. Irgendwie nahm sie das alles vollkommen anders wahr als er. Vermutlich war er in seinem Inneren doch mehr Bulle, als er wahrhaben wollte.

      „Und wie lange wird das dauern?“

      Heavy lachte. „Oh Mann, keine Ahnung. Aber Sie können mir zwischenzeitlich einen Gefallen tun. Ich habe da ein Bike überholt. Ne schöne alte Triumph. Meine Frau ist nicht da und ich kann nicht weg. Sie helfen mir das Ding auf den Pick-up zu laden und liefern sie aus. Dann schaue ich, was ich für Sie tun kann.“ Er machte eine kleine Pause. „Geht es ihr gut?“ Seine Stimme klang besorgt.

      Tank nickte. „Ja, als ich sie das letzte Mal gesehen habe, war sie okay.“

      Es dauerte nicht lange, bis sie mit vereinten Kräften die Triumph auf den Pick-up gehievt hatten.

      ***

      Tank musterte den Mann, der vor ihm stand. Er war groß, muskulös, dunkler Bart, strubbeliges Haar. Er trug eine Sonnenbrille – eine Pilotenbrille von Ray Ban, obwohl die Sonne nicht besonders hell schien. Eine lange, ziemlich dicke Goldkette lag auf seiner nackten Brust. Dazu ein paar Amulette mit irgendwelchem Indianerkram. Er trug eine Jeansweste mit den Emblemen seines Clubs. Ein Aufnäher wies ihn als Präsidenten aus. Seine Arme spannten sich ziemlich mächtig darunter. Schwarze Lederhose, Boots. Ein paar Tätowierungen, die meisten nicht besonders gut, vermutlich im Knast ausgeführt. Ein paar Narben. Das also war Luke Cavenaugh, genannt Cave, Janes