Erzählen-AG: 366 Geschichten. Andreas Dietrich

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Название Erzählen-AG: 366 Geschichten
Автор произведения Andreas Dietrich
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753171944



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durch die Stadt kamen. Dann konnte auch der Nahverkehr fahren. Bei der Glätte aber stellten sie den Betrieb ein. Es war viel zu gefährlich. Für den Busfahrer und die Fahrgäste. Für die Insassen und die anderen Verkehrsteilnehmer.

      Es fuhr kein Bus. Es fuhr keine Bahn. Die Busse und Bahnen versuchten, einen Platz zu finden, an dem keiner behindert wurde. Denn auch wenn es glatt war, auch wenn der Nahverkehr den Betrieb einstellte, andere waren unterwegs. Mit Auto. Zu Fuß. Mit Fahrrad.

      Wer am heutigen Morgen mit dem Rad unterwegs war, fuhr aber selten. Wenn, dann nur kurz bis zum ersten Sturz. Danach ging auch der Radfahrer zu Fuß. Es war viel zu gefährlich. An vielen Stellen war es glatt. Besonders auf Brücken und freiem Gelände. Damit war Verspätung vorprogrammiert. Für jeden. Die Schüler kamen nicht zur Schule, weil der Bus nicht fuhr. Der Arbeitnehmer kam nicht zur Arbeit, weil es keinen Sinn machte, bei der Glätte mit Auto loszufahren.

      Die Glätte blieb natürlich nicht ewig. Einige wenige Stunden später war es so warm, dass das Glatteis fast von selbst ging. Der Winterdienst hatte die meisten Straßen und Wege gestreut. Der Nahverkehr nahm seinen Betrieb wieder auf. Etwas verspätet kamen die Schüler in der Schule an. Sie verpassten die erste Stunde, weil sie statt den Bus die eigenen Füße nutzten. Statt den Bus zu nutzen mit Papas Auto gefahren wurden. Natürlich erst als die Glätte verschwunden war. Wenn es relativ sicher war, auf den Straßen unterwegs zu sein.

      Nachdem das Kind an der Schule abgesetzt wurde, fuhren die Eltern zur Arbeit. Am Nachmittag waren sie dann wieder zu Hause. Pünktlich, nachdem auch die Kinder aus der Schule kamen.

      Fünfter Januar

      Es war Winter. Schon seit einigen Tagen. Kalendarisch zu mindestens. Meteorologisch war der Winter schon etwas mehr als einen Monat alt. Doch heute sah keiner etwas davon.

      Wer heute hinausging, konnte keinen Schnee sehen. Es lag kein Schnee auf der Straße. Es lag kein Schnee am Wegesrand. Auch auf den Wiesen oder Bäumen lag kein Schnee. Es fiel auch kein Schnee vom Himmel. Keine großen Flocken und auch keine kleinen.

      Heute fiel überhaupt kein Niederschlag. Es fiel kein Schnee. Es hagelte nicht. Auch der Regen war heute nicht zu sehen. Kein Wunder. Am Himmel waren keine Wolken. Keine dunklen, keine hellen. Weder große noch kleine Wolken. Der Himmel war blau. Nur die Sonne schien.

      Doch das war noch nicht alles. Auch die Temperaturen waren nicht wintergerecht. Eigentlich hätte es kalt sein müssen. Eisig kalt. In einem echten Winter hätte das Thermometer Minusgrade anzeigen müssen. In der Nacht, aber auch am Tage. Doch das tat das Thermometer nicht. Es zeigte Plusgerade an. Nicht nur am Tag, sondern auch in der Nacht. In der Nacht sank das Thermometer nicht unter sieben Grad. Meist waren es bis zu zehn Grad Celsius. Am Tage stiegen die Temperaturen wieder. Bis fünfzehn Grad konnte das Thermometer anzeigen.

      Eigentlich war heute kein Winter. Es war Frühling. Zu mindestens gefühlt. Doch das störte nicht viele Menschen. Nicht jeder liebte die Kälte. Nicht jeder brauchte Schnee. Die Kinder brauchten den Schnee. Wie sollten sie einen Schneemann bauen? Ohne Schnee funktionierte dies nicht. Wenn es warm war, erst recht nicht. Ein Schneemann bestand aus Schnee. Er musste eisige Luft atmen. Warme Luft vertrug er nicht. Davon wurde er krank.

      Auch Schlittenfahren war ohne Schnee kaum möglich. Der Schlitten fuhr nur auf Schnee. Auf grünem Rasen rutschte er nicht. Und auch Schneeballschlachten konnten nicht geführt werden. Als Ersatz dazu konnte Völkerball gespielt werden. Das war aber nicht dasselbe.

      Auch wenn den Kindern der warme Winter nicht gefiel, andere freuten sich darüber. Nicht jeder liebte es, eine dicke Jacke zu tragen. Mütze und Handschuhe immer bei sich zu haben. Winterschuhe und zwei Paar Socken zu tragen. Manch einer war jetzt glücklich. Nicht nur die Frostbeulen, sondern auch Radfahrer.

      Bei warmen Wetter machte das Radfahren mehr Spaß als bei Kälte. Die Mütze konnte zu Hause bleiben. So gab es nichts, das auf dem Kopf verrutschen konnte. Und auch die dicken Handschuhe blieben zu Hause.

      Bei Minusgraden mussten die dicksten Handschuhe mit. In vielen Fällen waren es Fäustlinge. Doch zum Glück gab es keine Minustemperaturen. Bei niedrigen Temperaturen mussten die dünnen Handschuhe mit. Doch die Temperaturen waren nicht niedrig. Die Temperaturen waren oft zweistellig. So fuhren einige Radfahrer ohne Handschuhe oder nur mit Fahrradhandschuhen.

      Der Weg für Radfahrer war bei niedrigen Plusgraden besser zu meistern als bei Minustemperaturen. Bei Minustemperaturen fror der Radfahrer anfangs. Erst mit der Zeit kam er auf Betriebstemperatur und konnte seine Geschwindigkeit aufnehmen. Jetzt bei dem milden Wetter erreichte der Radfahrer schneller seine Betriebstemperatur. Er konnte schneller von A nach B fahren. Weniger Zeit für seine Strecke einplanen. Angst vor Glätte musste der Radfahrer nicht haben. Glätte in seine Fahrzeit einzurechnen war nicht nötig. Dank dem milden und sonnigem Wintertag.

      Sechster Januar

      Wir schreiben den sechsten Januar. Es war ein Wintertag. Das sollte wohl jeder wissen. Im Dezember begann der Winter. Im März wird der kalendarische Winter enden. Der Januar war der erste volle Monat, der im kalendarischen Winter lag. Es war ein schöner Wintertag. Am Himmel war keine Wolke. Keine kleine und keine große. Keine helle und keine dunkle. Der Himmel war strahlend blau. Nur die Sonne war am Himmel zu sehen.

      Da nur die Sonne schien, konnte es heute weder regnen noch hageln. Auch der Schnee konnte nicht vom Himmel fallen. Musste er auch nicht. Es lag genug Schnee am Boden. Genug für alle. Für Rentner. Für junge Erwachsene und für Kinder.

      Die Kinder hatten besonders viel Spaß. Es war zwar kalt, doch dagegen gab es Winterschuhe, eine dicke Jacke, Mütze und Handschuhe. Damit konnten die Kinder rodeln gehen. Natürlich durfte der Schlitten nicht fehlen. Ohne Schlitten rodelte es sich schlecht. Ein halbwegs guter Ersatz war eine Gefriertüte. Mit einer Gefriertüte konnte auch den Berg hinab gerodelt werden. Nicht so gut wie mit einem Schlitten. Aber besser also ohne Hilfsmittel zu rodeln.

      Dank dem Schnee konnten die Kinder auch einen Schneemann bauen. Im Vorgarten, hinter dem Haus und auf einer Wiese. Die Kinder begannen mit einem kleinen Schneeball. Diesen rollten sie zu einer großen Kugel. Fertig war der Unterkörper vom Schneemann. Nun folgte die Mitte. Wieder wurde ein kleiner Schneeball geformt. Dieser wurde wieder zu einer Schneekugel gerollt. Doch diese Schneekugel war kleiner als die Erste. Die Mitte des Schneemannes musste schließlich kleiner sein, als das untere Drittel. Anders ging es nicht. Anders hätte der Schneemann komisch ausgesehen. Nachdem die zweite Schneekugel fertig war, wurde diese auf die erste gesetzt. Dann wurde der Kopf des Schneemannes gerollt. Diese Schneekugel kam dann auf die zweite. Fertig war der Mann aus Schnee. Es fehlte nur noch die Verzierung.

      Dazu wurden die Eltern angebettelt. Die Kinder brauchten eine Möhre, ein paar Stücke rabenschwarzer Kohle, einen Hut und idealerweise einen Schal. Der Schal wurde um den Hals des Schneemannes gewickelt. Nun konnte er sich nicht erkälten. Vor Niederschlag war der Schneemann dank dem Hut geschützt. Die Kohlestücke wurden zu Augen und Mund des Schneemannes. Die Möhre wurde die Nase des Schneemannes. Fertig war der Schneemann nun vollkommen.

      Während die Kinder die Schneekugeln für den Schneemann rollten, konnten die Eltern einen kleinen Spaziergang machen. Den schönen Wintertag nutzen. Auch sie verließen nur selten das Haus ohne Mütze, Schal und Handschuhe. Draußen war es einfach zu kalt, um ohne diese Sachen spazieren zu gehen. Erwachsene nutzen die Zeit. Vor allem Rentner waren mehr als eine Stunde im Sonnenschein unterwegs. Sofern sie Zeit hatten. Wer natürlich auf die Enkel aufpassen musste, ging eher weniger spazieren. Das Enkelkind wollte beschäftigt werden. Ein einfacher Spaziergang reichte nicht.

      Die meisten Großeltern gingen mit den Enkelkindern spazieren. Doch es war kein normaler Spaziergang. Hinter sich zogen Oma und Opa einen Schlitten. Auf diesem saßen ihre Enkelkinder. Mit den Enkelkindern ging es quer übers Land. Bis die Großeltern keine Kraft mehr hatten. Bis die Kinder genug hatten. Dann ging es zurück. Zurück nach Hause. Dort wurde eine leckere heiße Schokolade getrunken und etwas später ging es ins Bett. Für alle. Für die Kinder. Für die Erwachsenen und für die Rentner.

      Siebter