Zur buckligen Wildsau. Anke Niebuhr

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Название Zur buckligen Wildsau
Автор произведения Anke Niebuhr
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753133942



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saß da eine Gestalt am Strand. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass noch jemand hier war, im Gegenteil, Man hatte ihr versichert, dass es außer Tieren nur Wesen gab, die im Wasser lebten. Angeblich konnten nur die Dolbs das Wasser verlassen. Schwebend. Und sie waren winzig. Sie ging auf die Gestalt zu, die sich als durchgeknallt aussehender Surfertyp entpuppte und keine Gefahr darstellte. Mit dem würde sie spielend fertig werden, wenn er so blöd war, es drauf anzulegen. Er sah nicht sonderlich glücklich aus. Wie jemand, dem das Leben auch gerade einen Tritt verpasst hatte. Amanda fand das sympathisch, und bevor sie wusste, was sie tat, hatte sie sich auch schon zu ihm gesetzt. WTF?!

      „Hi”, sagte sie, von sich selbst überrascht.

      „Hi”, antwortete Josh teilnahmslos.

      Schweigen.

      Er seufzte. „Tut mir leid, ich bin gerade keine gute Gesellschaft.”

      „Passt. Ich auch nicht.”

      Schweigen.

      Erst jetzt sah Josh sie wirklich an. Ja, das schien zu stimmen. Sie machte keinen sonderlich entspannten Eindruck. Ein Cyborg, sah noch nagelneu aus, und mit Equipment im Schlepptau. Na, Cyborgs waren sowieso heftig.

      „Was treibt dich denn durch die reizende Wüste? Hast du die Reise auch so genossen wie wir?”, fragte er sie.

      „Wir?” Amanda sah sich um. Sie konnte sonst niemanden am Strand entdecken.

      „Ja, mein Freund liegt da hinten im Gras und ist kopfdoof. Deswegen sind wir hier, leider ziemlich vergeblich. Und du?”

      „Ach, ich soll nur die Dolbs entführen.” Es war raus, bevor ihr Hirn ein Veto einlegen konnte. Entsetzt starrte sie den Surfer an, diesen schrägen Typen, der aussah, als würde er gleich anfangen zu weinen hinter seiner albernen blauen Sonnenbrille – und der Blick in diese Augen gab ihr den Rest. Das letzte, mickrige bisschen Selbstbeherrschung, an dem sie sich festgeklammert hatte, zerbröselte und verschwand – und dann fing sie an zu heulen. Wie eine blöde Kuh, einfach so vor einem Wildfremden, aber selbst wenn sie gewollt hätte, sie hätte nichts dagegen tun können, es floss aus ihr raus und es gab kein Halten. Also heulte sie, heulte alles raus, was sich in den letzten drei Wochen angestaut hatte, ach Quatsch, was sich in den letzten sieben Jahren angestaut hatte. Josh legte ihr einen Arm um die Schulter, Amanda sah ihn durch ihren Tränenschleier an – und dann lagen sie sich in den Armen und heulten beide Rotz und Wasser.

      Als sie sich einigermaßen beruhigt hatten und sich verlegen und schniefend voneinander lösten, schnipste Josh zwei Taschentücher herbei und reichte eins dem Cyborg. Geräuschvoll schnäuzten sie sich die Nasen.

      „Cooler Trick, wie hast du das gemacht?”, fragte sie verrotzt nuschelnd.

      Josh zuckte mit den Schultern. „Ich bin ein Dschinn. Dinge herbeizuschnipsen ist eine meiner leichtesten Übungen.” Er hörte sich nicht viel besser an und sah erbärmlich aus mit seinen verquollenen Augen und der vom Heulen verfärbten Nase. Amanda ging davon aus, dass sie selbst einen ähnlichen Anblick bot. Na super. Sie seufzte. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor geweint zu haben und war überrascht, dass ihr Cyborg–Körper das überhaupt konnte – und dass er das zuließ.

      „Dolbs entführen, Mann. Das hört sich nicht sonderlich nett an, wenn du mich fragst.”

      „Da stimme ich dir vollumfänglich zu. Nett ist anders.” Sie verdrehte die Augen.

      „Und? Bist du nett oder wirst du es tun?”

      Amüsiert sah sie ihn an. „Das hört sich ja an, als würdest du nicht einmal in Erwägung ziehen, mich aufzuhalten.”

      „Sowas würde ich nicht tun. Selbst wenn, du würdest es später wieder versuchen, oder? Cyborgs führen ihre Aufträge aus, Mann, egal was kommt, das weiß doch jeder.”

      Amanda ließ den Kopf hängen. „Genau das ist das Problem. Ich will nicht, aber das Konglomerat, das dieses Ding hier erschaffen hat, sitzt am längeren Hebel.”

      „Ach echt?”

      „Ja. Sie können mich lahmlegen oder fernsteuern, wenn es ihnen in den Kram passt. So einfach ist das.”

      „Und? Musst du mich jetzt töten, weil ich deinen Auftrag kenne?” Josh grinste schief und zog eine Grimasse.

      Amanda zuckte zusammen und starrte ihn an. Erst jetzt wurde ihr klar, was sie da angerichtet hatte. „Oh Fuck!”, fluchte sie. Nicht auch das noch. „Wenn's nach dem Konglomerat geht, ja”, brachte sie gequält heraus. „Aber sie wissen noch nicht, dass du hier bist. Du solltest abhauen, so schnell du kannst und dich verdammt gut verstecken. Ich fürchte, du bist jetzt eine wandelnde Zielscheibe.”

      Oh Gott, sie war ein Monster. Jetzt hatte sie auch noch diesen Typen da mit reingezogen. Was stimmte mit ihr eigentlich nicht?! Hatte sie komplett den Verstand verloren? Oh Fuck. Oh verdammt!

      „Kein Witz?”

      „Leider nicht.” Sie schämte sich zu Tode. „Hier auf Nesodora haben sie aber keinen Zugriff, sie wissen noch nichts, und ich werde das rauszögern, so lange ich kann, versprochen. Das verschafft dir zumindest ein bisschen Zeit. Hau ab und tauch unter.”

      Wow. Zum ersten Mal hatten sie keine Macht über sie, und dann sowas. Da konnte sie endlich mal machen, was sie wollte – und dann kam das dabei raus? Wie verkorkst war sie eigentlich? Sie war eine wandelnde Katastrophe, das musste ein Ende haben. Sie würde …

      „Entspann dich, das ist doch alles halb so wild. Du bleibst einfach hier, Problem gelöst. Ich liebe einfache Lösungen, Mann.” Josh lachte.

      „Das ist keine Lösung, du Idiot, denk doch mal nach. Es würde nur vorübergehend funktionieren. Ich kann dir maximal einen Vorsprung verschaffen, mehr nicht. Ich hab's verkackt, ich bin schuld, hass mich, aber es ist, wie es ist. Ich kann's leider nicht rückgängig machen.” Sie seufzte. „Wenn ich hier bleibe, schicken sie früher oder später ein Team, das mich zurückholt. Wenn ich versuche, von Nesodora abzuhauen, übernehmen sie die Kontrolle. Sobald ich aus dem Schutzschild trete, wissen sie über alles Bescheid. Auch über dich und dieses Gespräch. Ich hab's verkackt”, wiederholte sie und sah ihn an. „Dafür gibt's keine Entschuldigung.”

      „Geschenkt, das hilft uns jetzt nicht weiter. Und bevor du aufgibst: Es gibt für alles eine Lösung. Man muss sie nur finden wollen, Mann. Also, wieso wissen sie automatisch Bescheid, wenn du aus dem Schutzschild trittst?”

      „Ich habe eine KI–Schnittstelle und bin somit wie ein offenes Buch. Sobald ein Netzwerk da ist, werden die neuen Daten übermittelt, ich kann das nicht verhindern. Ich könnte die Schnittstelle ausschalten, ja, aber das ist nur ein Witz. Wenn sie wollen, dass das Ding an ist, schalten sie es an. Und sie haben mir garantiert einen Tracker eingebaut. Du bist doch ein Dschinn, erfüllen Dschinn nicht Wünsche?”

      „Ja, schon, Mann, ich kann Zeug erschaffen oder verändern, aber das, was du brauchst, ist nicht so einfach. Ich habe von Technik null Ahnung, ich würde dich kaputt machen, aber zufällig habe ich eine KI in Dasogra. Die könnte da vielleicht was drehen.”

      „Funktioniert nicht. Sobald ich aus dem Schutzschild trete, wissen sie Bescheid und befehlen mir, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Notfalls zerstöre ich alles, was mir in die Quere kommt, entweder freiwillig oder unter Zwang. Es bleibt nicht genug Zeit. Versuch einfach die Schnittstelle zu zerstören, mir ist es egal ob dieses Ding dabei kaputt geht, du würdest mir sogar einen Gefallen tun.”

      „Nix da. Hmmm … und wenn ich dich betäube?”

      „Wie gesagt, dieser Körper kann ferngesteuert werden. Keine Ahnung, wie effektiv ich dann noch wäre, aber das auszuprobieren könnte verdammt ungesund sein und eine Menge Zerstörung nach sich ziehen. Und danach würden sie mich eh verschrotten oder recyceln. Wenn ich mich weigere, den Auftrag auszuführen, werden sie das sowieso tun, und darauf wird es hinauslaufen. Die einzige Lösung ist, diesen Körper sofort unbrauchbar zu machen.”

      „Ach Quatsch. Bist du immer so pessimistisch und gibst gleich auf? Es