Название | The Plateau - Aufstieg in den Tod |
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Автор произведения | John Mobray |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783754141441 |
Aus dieser Ansicht hatte die ersten Besteiger in den 70iger wohl geschlussfolgert, dass sie nur den komplizierten Vorsprung bewältigen müssten, und dann mit ihren traditionellen Techniken den restlichen Aufstieg abhaken könnten. Tatsächlich war es nicht schwierig gewesen bis unter den Vorsprung zu kommen, aber dann begannen die Probleme. Die Unterkante des Felsens hatte sich als brüchig herausgestellt. Man konnte dort Sicherungshaken nicht stabil einschlagen. Um aber diese Stelle bewältigen zu können war einer auf die Idee gekommen, eben mehrere Haken relativ eng aneinander zu setzen und damit den Zug bei einem eventuellen Absturz auf die einzelnen Haken zu verteilen. Ein erfahrener Boulder hatte sich als erster vorgewagt und war tatsächlich bis zum Ende des Vorsprungs gekommen, aber hatte dann keinen Griff mehr gefunden, war abgerutscht und in das Seil gefallen. Wenig überraschend waren alle Haken sofort aus dem porösen Gestein herausgebrochen, und der Mann war erst gegen die Felskante geschleudert worden und dort hart aufgekommen, was er aber noch überlebt hatte. Da die weiter unten angebrachten Haken aber nachlässig eingeschlagen waren, stürzte er dann bis auf den Grund der zweite Ebene etwa sechs Meter ungebremst ab. Diese Plattform war zwar eben, aber bestand nur aus Gestein. Ein nicht einmal zehn Zentimeter hohes und vor etlicher Zeit aus der Formation herausgebrochenes Gesteinsfragment lag genau dort, wo er mit dem Hinterkopf aufschlug. Obwohl der Mann einen Schutzhelm getragen hatte, war dieser an der Aufschlagstelle zerborsten und der Stein hatte den Hinterkopf des Mannes auf brutale Art aufgerissen, so dass Blut, Gehirnmasse und Knochenteile aus der zersplitterten Schädelschale ausgetreten waren.
Nach diesem üblen Misserfolg waren die Behörden eingeschritten und hatten die Besteigung des "Plateau" zunächst einmal auf unbestimmte Zeit verboten. Es war aber so, als hätte gerade dieser Unfall viele Leute angelockt, die diese Niederlage nicht auf sich sitzen lassen wollten. Natürlich war es eine absolut fehlgeleitete Aussage, sich an dem Felsen "rächen" zu wollen. Aber in der Kletterszene waren viele Dinge eben nicht mit dem normalen Menschenverstand zu erklären. Sicher konnte man verstehen, dass es Eins zu Null gegen die Bergsteiger stand, aber eine Vermenschlichung von Gestein war doch schon mehr als abwegig. Die weiteren Versuche erbrachten keine neuen Erkenntnisse, die Unterseite des Vorsprungs konnte aufgrund ihrer Porosität nicht mit Haken gesichert werden, und verhinderte zumindest an dieser Stelle einen Aufstieg.
Die halbkreisförmige "Theaterrückwand" war nicht einfacher zu bezwingen. Sie reckte sich extrem steil bis auf 40 Meter Höhe empor, aber schien auf den ersten Blick erklimmbar. Bei den ersten Aufstiegsversuchen stellte sich heraus, dass das Gestein zur Zeit seiner Entstehung aus unterschiedlichen Materialien geschichtet worden war. Bis auf etwa 15 Meter Höhe war es homogen und sehr stabil. Darüber ließ die Festigkeit nach, war aber noch ausreichend. Erst in zirka 20 Meter Höhe, also in ungefährer Höhe der auf der Vorderseite der Formation befindlichen zweiten Ebene, wurde der Fels regelrecht löchrig. Er bestand aus Serpentinit, welcher an seiner olivgrünen Farbe zu erkennen war. Die Schicht war kaum zwei Meter hoch, sie war irgendwann bei der Gebirgsbildung entstanden. Allerdings wies sie bestimmten Stellen hartes Gestein auf. Von einem Gebirge konnte man von der einzelnstehenden Formation weiß Gott nicht sprechen, aber ein Geologe hätte leicht erklären können, warum gerade diese steinerne Erhebung an dieser Stelle erhalten geblieben war, und rings um sie heute flaches Land war. Es war nur schwer mit menschlichen Zeitdimensionen zu ermessen, wie Jahrtausende eine Landschaft aus Urstromtälern geformt und abgeschliffen hatten. Auch die in den Flüssen transportierten Gesteinsarten oder die wechselnden klimatischen Bedingungen hatten einen zufälligen Brei an Sedimenten geschaffen, der sich vollkommen chaotisch irgendwo abgelagert hatte, und dann durch weitere Einflüsse zum Teil zu magmatischem Gestein verwandelt worden war. Aber es gab tausende Spielarten, wie Sedimente entstanden waren, welche Besonderheiten sie aufwiesen, und wo sie sich abgelagert hatten. Manche Formationen waren recht homogen, andere bunt durcheinandergewürfelt.
An der "Theaterrückwand" war also die nächste Problemstelle aufgetaucht. Da es aber unterhalb der Stelle gute Tritte gab hatte man diese dann doch bewältigen und vor und nach dieser Schicht Haken stabil einschlagen können.
Dieser Weg nach oben stellte also für einen geübten Kletterer kein großes Hindernis da.
Er war gut mit Haken gesichert und wer es darauf anlegte, konnte in gut 15 Minuten auf dem hochaufragenden und doch recht breiten Grat der "Theaterrückwand" stehen.
Dave Brody
Die Abneigung seinem Vater gegenüber war im Verlauf der vergangenen Jahre nicht geringer geworden, sie hatte sich im Gegenteil immer mehr erhöht. Aus einem anfänglichen pubertären Unverständnis der Notwendigkeit, sich als Familienvater um das Auskommen der Frau und der Kinder kümmern zu müssen, und dazu auch bestimmte Dinge zähneknirschend in Kauf zu nehmen, war immer schneller der Eindruck entstanden, dass sein Vater ein mutloser und duckmäuserischer Typ war, der sich mit seinem Arsch immer ganz eng an eine imaginäre Wand herandrückte, um ja nicht einen Konflikt hineingezogen zu werden. Was den Bereich der Arbeit anging konnte sich Dave natürlich kein Urteil erlauben (weil er das nicht miterleben konnte), aber aus dem allgemeinen Verhalten seines Vaters schlussfolgerte er, dass er auch dort zu den Schwanzeinziehern gehörte. Schon die wochentägliche Prozedur des Eintretens in das durchaus attraktive einstöckige und recht solide gebaute Holzhaus sagte ihm, dass sein Vater sein devotes Verhalten, wie sicher auch im Büro praktiziert, auch zu Hause fortsetzen würde.
Dave hatte erstmalig mit ungefähr zehn Jahren mitbekommen, dass seine Mutter ein ausgewachsenes Alkoholproblem hatte, ohne dass er es damals schon so konkret hätte benennen können. Dass Mom früh kaum das Frühstück für ihn und seine Schwester Lea auf den Tisch bringen konnte (sein Vater war da schon auf dem Weg zur Arbeit), hatte er lange auf einen großen und durch irgendwelche Umstände veranlassten Schlafmangel geschoben. Etwa klarer sah er dann, als er zufällig und heimlich einmal abends durch eine angelehnte Tür spähend eine Szene mitbekommen hatte, in der seine Mutter in dem unaufgeräumten Wohnzimmer ohne einen Rest von Beherrschung über ihre den Dienst versagenden Beine gestolpert und einen Moment auf dem Teppich liegen geblieben war. Als es ihr dann gelungen war wieder aufrecht zu stehen, war ihr jegliche Körperkontrolle entglitten, und sie hangelte sich von Möbel zu Möbel bis ins Schlafzimmer.
Dave hatte zu dieser Zeit noch keinerlei Erfahrungen mit irgendwelchen Rauschmitteln gemacht, denn er wuchs ja eigentlich in einem guten bürgerlichen amerikanischen Haushalt auf. Am Wochenende saßen alle vier gemeinsam am Frühstückstisch, und obwohl er es als zehnjähriger Junge lieber nicht wahrhaben wollte sah er, dass seine Mutter ihre flatternden Hände nicht unter Kontrolle hatte und keinen Kaffee trank, weil sie die Tasse vermutlich nicht hätte halten können. Erst um die Mittagszeit herum, und vermutlich nach einigen Drinks, war seine Mom wieder als normal zu empfinden. Sie konnte hervorragend kochen und war um diese Zeit dann auch in guter Form, gesprächig und freundlich. In dieser Stimmungslage blieb sie bis nach dem Abendessen, um danach zunehmend regelrecht zusammenzufallen. Sie saß dann mit seinem Vater vor dem Fernseher und sah sich Filme an. Dave bezweifelte, dass sie der Handlung richtig folgen konnte, denn ab und zu fiel ihr Kopf gegen die Polsterwangen ihres hohen Ohrensessels. Da er und seine Schwester nach 20 Uhr ihre Zimmer nicht mehr verlassen durften und sich im Bett aufhalten mussten blieb ihnen auch noch längere Zeit verborgen, dass ihr Vater seine Frau dann stets bei ihm untergehakt zu ihrem Bett bugsieren musste. Alice Brody wirkte dann wie eine von ihren Schnüren abgetrennte Marionette, die ohne Hilfe einfach zusammenfallen würde. Warum sein Vater nichts gegen den offensichtlichen Verfall seiner Mutter unternahmen konnte er nicht verstehen, aber er sollte es später in seinen eigenen Beziehungen erleben, wie schnell jemand ohne Aufgaben den Kompass im Leben verlieren konnte.
Zwei Jahre später war die Situation dann vollends aus dem Ruder gelaufen, weil seine Mutter zunehmend aggressiver auftrat. Bis zum Mittag schien sie nicht zu trinken, und in dieser Zeit wickelte sie die nur absolut notwendigen Dinge ab, die mit der Haushaltführung zu tun hatten. Richard Brody war Bezirksleiter bei einem größeren