Geliebter Wächter 2: Wolfsherz. Billy Remie

Читать онлайн.
Название Geliebter Wächter 2: Wolfsherz
Автор произведения Billy Remie
Жанр Языкознание
Серия Chroniken der Bruderschaft 2
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750209534



Скачать книгу

dass er gegenüber diesem Thema keinerlei Verständnis aufbringen konnte. Wenn der Kaiser seinem Sohn die Liebe zu einem Mann verbieten wollte, dann ging dessen Abneigung auch gegen Melecay.

      Und er hasste es, wenn er verurteilt wurde. Vor allem von einem Schnösel wie Eagle.

      Die Kaiserkrone hatte dem Burschen nicht gutgetan, sie hatte seine schlechtesten Seiten hervorgebracht. Aber Melecay würde sich noch etwas einfallen lassen, seine perfekte Welt brüchig werden zu lassen. Angefangen bei seinem süßen Söhnchen, das nun an seinem Tisch saß und sich den Arsch ordentlich von seinem Ziehsohn durchnehmen ließ. Vielleicht würde er ihm auch noch die Tochter nehmen, irgendwie, oder den anderen Jungen. Er könnte bei Nacht und Nebel einbrechen und sie entführen, dann würde er das Weib mit Vynsu zwangsverheiraten und den Jungen zu seinem persönlichen Lustsklaven ausbilden, wenn er alt genug dazu war und Dainty damit einverstanden wäre.

      Hm, gar keine so üble Vorstellung. Wäre da nicht Wexmell Airynn, den Melecay als Mann und Freund sehr schätzte. Immerhin waren Eagles Kinder dessen Enkel.

      Wexmell und Desiderius waren bisher der einzige Grund, warum er noch nicht zugeschlagen und einen Krieg angefangen hatte. Aber wie lange würde seine Freundschaft zu ihnen noch über seinem Zorn stehen? Er konnte es nicht sagen, er war schlicht angepisst.

      »Mein König?« Der Krieger stand noch immer im Zelteingang und trat nervös von einem auf das andere Bein. »Wir haben bereits versucht, sie abzuwimmeln. Sie will nicht gehen.«

      Seltsam, dachte Melecay für einen Moment, es hatte eine Zeit gegeben, da hatte er seine Gefolgsleute alle beim Namen gekannt, heute musste er sich anstrengen, sie überhaupt als einen der ihren zu erkennen, weil sich ihm so viele Barbaren angeschlossen hatten, dass er über die Jahre den Überblick verloren hatte. Zumal seine einstigen Kameraden mittlerweile fast alle tot oder eine Familie und sich zur Ruhe gesetzt hatten, um Mist zu schaufeln, statt Köpfe abzuschlagen.

      Plötzlich runzelte er die Stirn und sah von seiner Schüssel auf. »Hast du gerade Sie gesagt?«

      »Ja«, der Krieger räusperte sich nervös, unter dem Bart war er jünger, als seine Gesichtsbehaarung vermuten ließ. »Sie sagt, sie sei die Herrin von Zadest und möchte mit Euch über einen gemeinsamen Feind sprechen.«

      Melecay verzog die Lippen zu einem kalten Lächeln. »Na, wenn das kein glücklicher Zufall ist. Dann lasst die Dame doch nicht warten.«

      Der Krieger schmunzelte leicht und senkte vertraut die Stimme. »Von Dame kann keine Rede sein, mein König, ehe von einer vertrockneten Pflaume.«

      Melecay lachte, seine Laune hob sich allmählich.

      *~*~*~*

      Vertrocknet war genau das, was Melecay zuerst dachte, als er das gefurchte, knittrige Gesicht der Alten erblickte.

      Er hatte die Burschen rausgeschickt, damit sie aneinander rumspielen konnten und er mit dieser Herrin allein war.

      Sie brachte zwei große Leibwachen mit, deren dunkle Haut mit weißleuchtenden Zeichnungen bemalt war. Unter ihren langen Haarzöpfen lugten spitze Ohren hervor, streng und unbeweglich wie Statuen starrten sie geradeaus. Melecay bewunderte ihre Aufmachung. Oberkörperfrei, zwei Waffengürtel überkreuzten sich auf ihrer Brust, kein Hemd, keine Hosen, nur Leder, das ihnen wie ein kurzer Rock um die Lenden gebunden war. Sie trugen Säbel und Bogen am Leib. Primitive Urwaldkrieger, keine Barbaren oder feine Ritter. Nur ein paar menschliche Affen mit blanker, bemalter Haut, die ihre Leben in den Bäumen verbrachten.

      »Ich danke Euch, dass Ihr mich empfangt«, sagte die Herrin mit einer geradezu geölten Stimme, die wohltuend sein Gehör hinabrann. Sie passte nicht zu dem alten Körper, ebenso wenig wie die verrucht leuchtenden, grauen Augen.

      Melecay lächelte falsch. »Hatte ich denn eine andere Wahl?«

      Ihr Schmunzeln war süß und aufrichtig, und absolut unpassend. »Nein.«

      Melecay trank von seinem Kelch und inspizierte ihren Körper. Ihre Haut war dünn wie Papier und so faltig wie das Bettlaken, nachdem er mit Dainty fertig war, aber ihre wachen Augen zeugten von einer Jugend, die unvergänglich war. Ihr Blick lockte einen Mann ein, die Hosen fallen zu lassen, er drückte Entschlossenheit und Stärke aus. Ein Blick, den er schätzte und respektierte. Sie zeigte weniger Haut als ihre Begleiter, aber mehr als es eine Frau in ihrem Alter tun sollte. Leopardenfelle bedeckten ihre Brust und Beine, ein buschiger Pelzkragen kaschierte ihre mageren Schultern, aber ihr Bauch lag frei und zeigte einen vernarbten Nabel.

      »Also«, drängte er, »Ihr seid gewiss nicht nur hier, um mich mit den Augen auszuziehen.«

      Sie lächelte wieder, doch es erreichte ihre Augen nicht. »Nein, nicht nur. Ich bin wegen unseres gemeinsamen Feindes hier.«

      Melecay schnaubte herablassend. »Ich habe keine Feinde.«

      Doch sie sah ihn wissend an. »Reden wir nicht lange drum herum, Großkönig. Carapuhr und Zadest hatten schon ein Abkommen lange bevor das Kaiserreich sich einmischte. Unsere Länder lagen vor zwanzig Jahren noch in Krieg mit Elkanasai. Ihr wisst genau, wo von ich spreche. Und ich denke, es ist an der Zeit, dass wir uns für die vielen Opfer revanchieren.«

      Melecay sah ihr unbeeindruckt in die Augen. »Wie patriotisch von Euch. Doch soweit ich mich erinnern kann, hatte mein Land ein Abkommen mit der Königin von Zadest.« Gespielt bedauernd legte er den Kopf schief. »Wo ist die Königin?«

      »Sie wich einer höheren Sache.«

      »Aha.«

      »Genau wie Euer Vater, nicht wahr?«

      Melecay entschloss sich, lediglich zu lächeln, und abzuwarten, worauf die Alte hinauswollte.

      »Wir haben viel gemein, Großkönig«, sagte sie und faltete bedächtig ihre Hände im Schoß, »Ihr regiert Euer Land mit Strenge und ebenso mit Liebe. Ihr bietet Eurem Volk Frieden und Wohlstand, solange sie gehorchen. Und das ist, was auch ich will. Gehorsam.«

      Melecay verengte die Augen. »Was genau wollt Ihr mit mir besprechen?«

      »Ein Bündnis, Großkönig, zwischen Euch und mir«, erklärte sie frei heraus. »Ihr lagert sicherlich nicht außerhalb der Stadt, weil Ihr den Kaiser so gernhabt.«

      »So sprecht nun«, drängte er ungeduldig, »meine Zeit ist begrenzt. Von meiner Geduld ganz zu schweigen.«

      Sie lächelte, als imponierte ihr, was sie hörte. »Ich schlage Euch einen Handel vor, Melecay. Ihr seid ein großer König und ein Mann, der weiß, worauf es ankommt, aber Euer Titel hat kaum Gewicht. Ich bin hier, weil ich Euch zu einem echten Großkönig machen könnte.«

      Interessiert legte er den Kopf schief, nun wurde er hellhörig.

      Sie fuhr mit einem diabolischen Lächeln fort: »Schließt Euch mit mir zusammen, und gemeinsam werden wir die Länder des Westens unterjochen. Zu ihrem eigenen Wohl, natürlich. Es geht mir nicht darum, die Länder zu vernichten, sondern um Gehorsam. Stellt es Euch vor, Melecay, Ihr könntet der Großkönig des Westens sein und für mich über alle anderen herrschen.«

      Melecay schenkte sich Wein nach, während er sich die Worte der Alten durch den Kopf gehen ließ. Dann nahm er einen Schluck und spülte seinen Mund mit dem süßen Aroma durch. Anschließend lehnte er sich nach vorne und wollte wissen: »Was verlangt Ihr im Gegenzug?«

      »Wenn wir den Kaiser von Elkanasai angreifen sollten, erwarte ich Euch und Eure Armee, die Ihr hier in der Nähe versteckt haltet, auf meiner Seite des Schlachtfeldes«, verkündete sie.

      Melecay ließ sich seine Überraschung nicht anmerken. Sie wusste mehr, als ihm lieb war.

      »Ich biete Euch die Gelegenheit, über ganz Bleyquinnt zu herrschen, Melecay.«

      Ein Lächeln schlich sich auf Melecays Züge, als er sich zurücklehnte und ihr auffordernd zunickte. »Ich bin ganz Ohr, meine Herrin.«

      Sie lächelte siegessicher zurück.

      *~*~*~*

      Rick