Sky-Navy 06 - Der letzte Pirat. Michael Schenk

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Название Sky-Navy 06 - Der letzte Pirat
Автор произведения Michael Schenk
Жанр Языкознание
Серия Sky-Navy
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742756510



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auf dem Mars festgelegt hatte, gab es bislang keinerlei Unstimmigkeiten.

      Der Farmer sah zur Veranda des Hauses hinüber. Kara, deren Bauch sich schon sichtlich rundete, hing dort Wäsche auf. Der siebzehnjährige Jake machte Handreichungen und wirkte ein wenig genervt. Bernd wusste dass sein Sohn sich mit einigen Freunden treffen wollte, doch die Arbeit auf der Farm und die Hausarbeit gingen vor. Wie ungeduldig Jake war, erkannte Bernd an der Tatsache, dass er seinen Gehgürtel bereits umgeschnallt hatte.

      Kein Greenlander verließ das Haus ohne diesen breiten Gürtel, an dem sich ein Erste-Hilfe-Set, ein einfaches Funksprechgerät und eine nicht tödliche E-Pistole befanden. Letztere verschoss mit Hilfe von Luftdruck elektrisch geladene Kugeln. Die Elektro-Pistole benötigte einige wenige Sekunden um die Ladung aufzubauen. Versagte sie ihren Dient, dann blieb nur die Hoffnung, rechtzeitig ein schützendes Gebäude zu erreichen. In der Regel genügten sie, um die wenigen Raubtiere zu vertreiben, aber es hatte auch drei tödliche Angriffe gegeben. In solchen Fällen rückten die Jäcker und die Constabler der kleinen Polizeiwache aus, denn hatte ein Raubtier einmal begriffen, wie leicht sich ein Mensch töten ließ, dann wurde es zu einer großen Gefahr.

      Insgesamt waren die Greenlander bislang glimpflich davongekommen. Krankheiten, Raubtiere und Unfälle hatten in den vergangenen fünf Jahren zu insgesamt siebenundfünfzig Todesopfern geführt. Jeder Einzelne war ein Verlust, aber die Eroberung einer neuen Welt verlief niemals ohne Opfer.

      Bernd Rau gönnte sich die Zeit, Kara und Jake ein paar Minuten zu beobachten. Die letzten Jahre waren natürlich nicht leicht gewesen, aber keiner von ihnen hatte es bislang bereut, den Mars verlassen zu haben. Bernd war der festen Überzeugung, dass die moderne Technik die Gesellschaft entmenschlichte. In Mars-Central kannte doch kaum jemand seinen Nachbarn. Hier, auf Greenland, war das anders. Allerdings mochte sich das ändern wenn die Kolonie wuchs und immer mehr Menschen in ihr lebten. Irgendwann wurde man in jeder Masse anonym. Doch bis dahin würde es noch viele Jahrzehnte dauern. Auf Greenland kannte man sich und half sich gegenseitig. Morgen würden ein paar Siedler kommen und Bernd bei der Ernte helfen, ebenso wie er ihnen zur Hand ging, wenn ihre Felder so weit waren.

      Bernd sah wie sein Sohn ans Funkgerät langte und ein kurzes Gespräch führte. Dann blickte Jake zu ihm herüber. „Bernd!“

      Bernd Rau seufzte. Es war eine Folge der Familienpolitik auf Greenland, dass ein Kind seinen Vater niemals Vater nannte. Jedes Kind hatte nur eine Mutter, jedoch gleich mehrere Väter, um keinen der Ehemänner zu diskriminieren. Bernd mochte die Notwendigkeit akzeptieren, doch ein traditioneller Teil seiner Seele empfand einen leichten Schmerz, dass er für seinen leiblichen Sohn stets nur „Bernd“ sein würde. „Was gibt es, Jake? Probleme?“

      Jeder Siedler besaß diese einfachen Funkgeräte, die nur zur Sprachübermittlung geeignet waren. Die Gemeinschaft hatte sich für ihre Anschaffung entschieden, da sie preiswert, robust und leicht zu reparieren waren. Die hochtechnischen Ressourcen in Sanktum waren knapp und nur wenigen vorbehalten.

      Jake kam die Stufen der Veranda herab. „Frederic hat angerufen. Er hat einen Scheck-Bären in seiner Obstplantage. Einen alten Einzelgänger. Eine Pflückerin wurde angegriffen und schwer verletzt. Die Constables und Jäger sind schon auf dem Weg. Wir sollen die Augen offen halten. Der Bär ist in unsere Richtung gelaufen und er soll verletzt sein.“

      „Verdammt.“ Bernds Gedanken überschlugen sich. „Ins Haus, sofort!“, rief er den beiden zu. Er sah dass Jake an seiner Elektro-Pistole fingerte. „Vergiss, die verdammte Pistole, Jake! Ein verletzter Scheck-Bär ist unberechenbar! Verschwindet ins Haus!“

      Bernd machte sich selbst auf den Weg. Es waren ja nur ein paar Dutzend Meter. Während seine Frau und sein Sohn zögernd ins Haus traten, beeilte Bernd sich, ebenfalls den Schutz des Gebäudes zu finden. Ein normaler Bär ließ sich durch die Elektro-Kugeln vertreiben, aber ein verletztes Exemplar war etwas völlig anderes. Noch dazu, wenn es sich um einen alten Einzelgänger handelte. Scheck-Bären waren Rudeltiere mit einem Alpha-Männchen. Wurde dieses zu alt, dann wurde es von einem jüngeren Rivalen vertrieben und lebte als Einzelgänger. Er musste dann alleine jagen und manche Beute verstand es durchaus, sich zu wehren. Wurde ein Einzelgänger verletzt, dann wurde er oft bösartig, denn jede Verletzung beeinträchtigte seine Fähigkeiten zur Jagd. Er musste sich dann mit einfacher Beute begnügen. Beute, die nicht so schnell und stark war. Beute, wie den Menschen. Dieser Scheck-Bär hatte schon Menschenblut gekostet und würde sich nicht scheuen, dies erneut zu tun.

      Bernd war noch zwanzig Meter von der Veranda entfernt, als der Scheck-Bär um die Ecke des Hauses trottete. Es war ein Prachtexemplar, von der Größe eines Pferdes und sicherlich dem dreifachen Gewicht. Das Tier hielt einen der vier Vorderläufe angewinkelt und scheute sich, die Pfote mit den scharfen Krallen auf den Boden zu setzen. Im hellen Sonnenlicht trat die scharfe Zeichnung des gelb und braun gescheckten Pelzes deutlich hervor.

      Der Bär erblickte Bernd und stieß das seltsame Pfeifen aus, welches für seine Art typisch war. Prompt richtete er sich auf die Hinterbeine auf. Das Tier schien unsicher, ob es den Farmer angreifen solle.

      Bernd verharrte. Schnelle Bewegungen provozierten die Scheck-Bären zum Angriff. Er leckte sich über die Lippen und sah unschlüssig auf die verlockende Haustür. Sie war halb offen und Jake stand in ihrer Deckung, die Elektro-Pistole bereit, allerdings befand sich das Tier außerhalb seines Blickwinkels.

      Jake wusste nicht dass der Bär längst da war und wunderte sich wohl, dass sein Vater nicht ins Haus kam. Mit langsamer Bewegung griff dieser an das Holster an seinem Werkzeuggürtel, öffnete es und zog die eigene Elektro-Pistole. An der Waffe befand sich ein federnd gelagerter Impulsschalter. Ruhte die Waffe im Holster, war dieser Schalter gedrückt. Nun federte er nach Außen und die Waffe begann sofort aufzuladen. Innerhalb von knapp vier Sekunden stand die Kugel in der Kammer unter Spannung.

      Bernd war unschlüssig. Die Pistole war bereit, doch wenn die Kugel den Bären nicht erschreckte oder betäubte, dann würde ihn das riesige Tier ohne weiteres Zögern attackieren.

      „Was ist los, Bernd?“

      Die Frage seines Sohnes gab den Ausschlag.

      Der Scheck-Bär ließ sich nach vorne fallen, landete auf seinen Vorderpfoten und griff an.

      In diesem Augenblick hätte der Farmer lieber eine moderne Militärwaffe verfügbar gehabt, deren Hochrasanz-Projektile den Angreifer bereits aufgrund der Schockwirkung getötet hätten aber Militärwaffen erhielten nicht einmal die Constables. Das Elektroprojektil verließ die Waffe und Jake reagierte blitzartig, als der Bär so unvermittelt in seinem Gesichtsfeld erschien. Beide Kugeln trafen und gaben ihre Ladung ab.

      Das Tier knickte ein, rutschte auf dem Bauch, drehte sich dabei leicht und überschlug sich.

      Bernd wartete gar nicht erst ab, ob es auch liegen blieb, sondern rannte zur Veranda, die Stufen hinauf und keuchend durch die Tür, die Jake ihm freigab. Sein Sohn warf sie ins Schloss und klappte den Sperrriegel vor, der von Rahmen zu Rahmen reichte.

      „Grundgütiger“, ächzte Bernd und lehnte sich an das massive Holz. „Das war knapp.“

      Kara sah ihn mit großen Augen an. Ihre Stimme zitterte unmerklich. „Bist du verletzt?“

      Er schüttelte den Kopf. „Alles in Ordnung, Liebling.“ Er warf einen Blick zu Jake, der ans Fenster getreten war und hinaus spähte. „Und?“

      „Er läuft weg“, berichtete der Sohn. „Oh Mann, der hat zwei Ladungen abbekommen und rennt davon. Den hätten wir auch mit drei oder vier Kugeln nicht erledigt. Was für ein Monstrum.“

      „Ja, ein zäher alter Bursche.“ Trotz des Schreckens schwang Bewunderung in Bernds Stimme mit. „Eigentlich hätte er es verdient, zu überleben, denn wir sind Eindringlinge in seinem Revier.“

      Jake liebte die Natur und verstand ihre Zusammenhänge, doch er sah es weit pragmatischer, als sein Vater. „Jetzt ist es unser Revier. So ist die Natur nun einmal. Der Schwächere muss dem Stärkeren weichen.“

      „Das entschuldigt keine Gewalt“, hielt Bernd dagegen.

      Jake grinste. „Keine