Raus aus der Krise. Geri Schnell

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Название Raus aus der Krise
Автор произведения Geri Schnell
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750237155



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so lange warten.

      «Herr Meier, kommen sie mit», befiehlt der Beamte von vorhin. Max läuft hinter ihm her durch einen langen dunklen Gang. In einem hellen Zimmer muss er Platz nehmen. Die Türe geht auf. Ein zivil gekleideter Beamter betritt das Zimmer. Er trägt einen leichten Sommeranzug mit Krawatte.

      «Friener!», stellt er sich vor, «Staatsanwalt Friener.»

      «Ich wurde mit der Untersuchung beauftragt», er liest kurz das ausgefüllte Protokoll durch und runzelt die Stirn.

      «Haben sie etwas dagegen, wenn wir das Gespräch aufzeichnen? Sie wissen, dass sie das Recht haben, die Aussage zu verweigern. Sie müssen sich nicht selber belasten. Also erzählen sie mir, was sie von dem Mädchen wollten?»

      Endlich kann Max seine Geschichte loswerden. Der Staatsanwalt lässt ihn tatsächlich reden, ohne zu unterbrechen. Max erzählt wie er Rebekka kennen gelernt hat und welchen guten Einfluss sie auf ihn hatte. Dann berichtet er kurz über Ägypten, ohne jedoch seine Flucht zu erwähnen, erzählt er, wie er Susanne kennen gelernt hat. Danach erklärt er, wie er in letzter Zeit immer wieder versuchte, Rebekka zu finden, um sich bei ihr zu bedanken, denn immerhin hatte sie ihn von seiner Trunksucht gerettet, auch wenn sie es selber vielleicht nicht bemerkt hat.

      «So, das wäre also kurz erzählt, warum ich Rebi angesprochen habe. Kann ich nun gehen?», fragt Max.

      «Ich hätte da doch noch ein paar Fragen», antwortet der Staatsanwalt. Es wird noch etwas länger dauern. Er zeigt ihm ein Bild von Anita, dem ermordeten Mädchen.

      «Kennen sie dieses Mädchen?»

      «Ja, das war Anita», meint Max spontan.

      «Woher kennen sie es», fragt der Beamte neugierig.

      «Nur aus der Zeitung, das ist doch das Mädchen, welches ermordet im Rechen des Kraftwerks angeschwemmt wurde. Sie wurde irgendwo am Aareufer erdrosselt und mit einem Messer ziemlich stark verstümmelt. Der Täter warf es anschliessend in die Aare, beschwert mit einem Backstein um den Hals, welcher an einem Springseil befestigt war, das Seil ist durchgescheuert und die Leiche wurde einige Tage später beim Kraftwerk angeschwemmt.»

      «So, so, in welcher Zeitung haben sie das gelesen?»

      «Ich lese viele Zeitungen, das gehört zu meinem Job.»

      «Dann hätte ich nur noch eine Frage: Wo waren sie am 14. März 2021 am Nachmittag?»

      «Das weiss ich nicht, da muss ich zuerst nachdenken. Immerhin ist es mehr als zwei Monate her und ich habe einen unregelmässigen Tagesablauf. Morgen könnte ich ihnen anhand meines Notizbuches etwas besser Auskunft geben. Kann ich jetzt gehen? Es ist schon spät und ich habe langsam Hunger.»

      «Herr Meier, es tut mir leid, aber ich muss leider einen Haftbefehl gegen sie ausstellen, sie sind verhaftet. Das Essen kriegen sie zu den normalen Essenszeiten im Untersuchungsgefängnis.»

      Max verschlägt es die Sprache, jetzt hat er gedacht, dass er alles aufgeklärt hätte und der Staatsanwalt machte den Eindruck, dass er ihm glaubt, also warum muss er nun doch in Haft bleiben?

      «Aber warum», fragt Max, «ich habe doch nichts gemacht?»

      «Ja, Herr Meier», der Staatsanwalt antwortet mit einem sorgenvollen Unterton, «sie haben über den Fall “Anita“ Details erzählt, die in keiner Zeitung standen. Aber für heute müssen wir Schluss machen, sonst verpassen sie noch das Nachtessen im Untersuchungsgefängnis und sie haben doch Hunger. Ihre Freundin ist übrigens immer noch nicht erreichbar. Darf ich mich jetzt von ihnen verabschieden, wir sprechen uns morgen wieder. Kommissar Meili wird sie in ihre Zelle bringen. Also, gute Nacht, Herr Meier.»

      Herr Friener verlässt das Zimmer und Kommissar Meili fordert ihn auf, ihm zu folgen. Max kann es nicht glauben. Er ist in Untersuchungshaft gelandet! Was wird Susi dazu sagen?

      Susi schleicht den ganzen Nachmittag um das Polizeipräsidium, aber der Verhaftete wird noch nicht freigelassen. Zwischendurch versucht sie immer wieder Max anzurufen, aber er meldet sich nicht. Immer wenn man ihn braucht, ist er nicht da. Sie hat Hunger, aber ohne Ablösung will sie die Stellung nicht verlassen.

      Endlich gegen sieben Uhr verlässt Herr Staatsanwalt Friener den Polizeiposten. Susi rast über die Strasse und geht direkt auf Herr Friener zu.

      «Darf ich sie kurz etwas Fragen? Stimmt es, dass sie einen Verdächtigen im Mordfall Anita verhaftet haben?»

      «Ja, es stimmt, aber wir können noch nichts Näheres bekannt geben.»

      «Danke. Anscheinend sind die Vorwürfe so gravierend, dass er in Haft behalten wird», hartnäckig hackt Susanne nach.

      «Ja, er weiss zum Mordfall Anita Details, welche nur der Mörder wissen kann und ausserdem war er bei der Verhaftung im Begriff, mit einem Mädchen in einen Wald zu gehen. Es sind zwar erst wenige Anhaltspunkte, aber wir wollen alles genau abklären. Er hatte gute Erklärungen, warum er das Mädchen angesprochen hatte, aber bis wir sein Alibi überprüft haben, bleibt er in U-Haft. Ich bitte sie, noch keine Meldung in die Presse zu geben, wenn sie keine Klage wegen übler Nachrede am Hals haben wollen. Gute Nacht.»

      Für heute gibt es hier nichts mehr zu tun. Susanne beschliesst nach Hause zu fahren und von dort will sie nochmals Paul anrufen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

      Sie ist verwundert, dass Max immer noch nicht zu Hause ist, denn sie muss die Türe aufschliessen. Eilig geht sie durch die Wohnung, um ein Lebenszeichen von Max zu finden, sie findet aber noch alles so vor, wie sie es verlassen hat. Es sieht so aus, als ob Max noch immer nicht nach Hause gekommen ist. So langsam hat sie Angst, ist ihm etwas passiert? Es hat keinen Sinn, sich grosse Gedanken zu machen. Sie gehört nicht zu den Leuten, welche sich Sorgen machen, bevor sie wissen weshalb. Zurzeit hat sie genug zu tun. Sie holt den Ordner mit allen Unterlagen zum Mordfall Anita und beginnt, darin zu blättern. Plötzlich klingelt die Türglocke.

      «Hat Max etwa nur die Schlüssel vergessen», fragt sie sich, «der ist er sicher sehr sauer, weil sie den ganzen Nachmittag nicht nach Hause gekommen ist.»

      Sie öffnet die Tür und schaut erstaunt auf die beiden Polizisten, welche vor der Türe stehen.

      «Was gibt's?», fragt Susanne.

      «Bei ihnen wohnt doch Max Meier», fragt einer der Beamten, «wir haben einen Hausdurchsuchungsbefehl, dürfen wir reinkommen?»

      «Was habt ihr? Ist etwas mit Max passiert?»

      «Herr Meier wurde heute Nachmittag vorläufig festgenommen, dürfen wir jetzt reinkommen?»

      In Susannes Kopf beginnt es zu rumoren. Ist Max der geheimnisvolle Täter? Hatte er sie mit diesem schwarzhaarigen Mädchen betrügen wollen? Hatte Max deshalb so viel Interesse am Mordfall Anita? Ging er deshalb so oft am Nachmittag an die Aare? War der Vorwand, allein zu sein, nur eine faule Ausrede? Blitzschnell überlegt sie, ist es möglich, dass Max ein Doppelleben führt? Kennt sie ihn eigentlich gut genug? Wenn sie ehrlich ist, so ist Max für sie immer noch ein Fremder. Will er deshalb keine Publizität, damit man seine Bilder nicht in der Zeitung sehen kann und ihn eventuell auf Grund eines Bildes identifizieren könnte. Alles hält sie für möglich, rasend schnell überlegt sie weiter, wie man sich doch in einem Menschen täuschen kann. Für Susi bricht eine Welt zusammen, sie kann sich gar nicht auf die beiden Polizisten konzentrieren.

      «Besten Dank, für ihr Entgegenkommen», hört Susanne einen Beamten sagen, «wir tun nur unsere Pflicht, wir müssen uns nach verdächtigen Utensilien umsehen.»

      Als Erstes fällt den Beamten natürlich der Ordner auf, in welchem Susanne gerade geblättert hat und der noch offen auf dem Tisch liegt. Mit Handschuhen wurde der Ordner in einen Plastiksack gesteckt, dann muss sie alle Schuhe von Max aus dem Schuhkasten holen. Auch sämtlich Papiere von Max, muss sie rausrücken, Zeugnisse, Notizbuch, Scheidungsurteil, Versicherungspolicen, überhaupt, alles was Max gehörte. Er besitzt ja nicht sehr viel.

      Nach einer Stunde haben die Beamten genug gesehen.

      «Wir müssen sie auffordern, uns