Geliebtes Carapuhr. Billy Remie

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Название Geliebtes Carapuhr
Автор произведения Billy Remie
Жанр Языкознание
Серия Chroniken der Bruderschaft 3
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752909692



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als Vynsu zugelassen hatte, dass seine Frau ermordet wurde und daraufhin ein paar Wochen mit einer Gruppe Söldner unterwegs gewesen war, weil er sich nicht nach Hause getraut hatte, da hatte Melecay von Verrat, von Feigheit und Enttäuschung gesprochen.

      Wäre all das Derrick passiert, hätte Melecay ihm nicht die Krone aberkannt. Denn … nun ja, dann wäre es ja Derrick passiert, und nicht ihm, dem dummen Neffen.

      Aber Vynsu hegte deshalb keinen Groll gegen Derrick. Im Gegenteil, er war froh, dass Melecay diesem nichts nachtrug. Wenn Derrick den Thron von Carapuhr besteigen sollte, dann war das für Vynsu in Ordnung, er würde Derrick mit dem Herzen folgen, auch wenn er diesen nicht für einen geeigneten König hielt. Aber sie waren Brüder im Geiste, würden es immer sein.

      Derrick hatte seitjeher gezeigt, dass er besser folgte, statt führte, vielleicht würde Vynsu feststellen, dass es ihm genauso erging. Ohne Verantwortung gab es auch weniger Sorgen. Er vermisste es nicht sonderlich, aber er kam sich doch manchmal darum betrogen vor.

      Vynsu unterdrückte ein Seufzen, brach ein Stück Brot ab und tunkte es in die Brühe mit dem Hammelfleisch. Er kaute nachdenklich und schielte zu Desith.

      Der Wildfang hatte sich das feurige Haar nicht gebürstet wieder hoch oben auf dem Hinterkopf locker zusammengebunden und mit seinem roten Haarband versehen. Er wirkte erholt und seine Wangen schimmerten gesund im Schein der Kerzen. Ohne zu zetern hatte er seine Frühstücksschale bis auf den letzten Rest regelrecht leergefressen – hatte die kraftspendende Mahlzeit wohl nach der letzten Nacht nötig gehabt – und lehnte nun kerzengerade an seiner Stuhllehne und schlürfte nachdenklich seinen Met. Er trug das Hemd und die Hose von gestern, an dem Stoff glaubte Vynsu seinen eigenen Geruch noch immer wahrzunehmen.

      Man hatte sie geweckt, ein Krieger hatte den Kopf ins Zelt gesteckt und sie zu Melecay beordert, alle beide. Er war weder überrascht noch schockiert gewesen, sie zusammen schlafend vorzufinden.

      Warum hätte er auch empört sein sollen? Zwar hatte Vynsu nie einem Knecht oder sonst einem Mann beigelegen, aber in Carapuhr war es Sitte, der Lust alle Türen und Tore zu öffnen. Vynsu hatte sich auch nicht geschämt, als er mit Desith zusammen erwischt wurde und sie gemeinsam aus dem Zelt getreten waren. Die Mägde haben geschaut, natürlich hatten sie das, denn Sitte hin oder her, getratscht wurde überall. Doch kein Barbar würde sich jemals für irgendetwas schämen, ob er nun mit einem anderen Mann oder einer Ziege beim Ficken erwischt wurde. Scham war etwas für Feiglinge.

      Vynsu bereute es nicht, noch zweifelte er plötzlich an sich selbst. Er hatte nie bei einem Mann gelegen, da sein Verlangen dem schönen Geschlecht galt, aber er war nicht über sich selbst schockiert. Fleisch ist Fleisch. Er hatte nie den Wunsch verspürt, bei einem Mann zu liegen und er dachte auch an jenem Morgen nicht allzu viel über die letzte Nacht nach. Was passiert war, war passiert. Er hatte nicht Desiths Geschlecht, sondern nur Desiths enge Pforte begehrt. Der Akt war gut gewesen, es hatte sich schön angefühlt, Desith wusste, wie er ihn hatte reizen können, und sie hatten Freude miteinander gehabt.

      Deshalb stellte er jetzt aber nicht seine ganze Welt in Frage und hechelte den Stallknechten nach. Oder gar Desith. Es war eine rein körperliche Angelegenheit, die er akzeptierte, die er zugab, genossen zu haben. Und sollte irgendwann mal bei einem Gruppengerangel ein junger Bursche dazu schleichen, würde Vynsu gewiss nicht gleich der Schwanz abfallen, wenn er dessen Arsch begattete.

      Kurz um, der Begriff »Barbar« war nicht nur dem Kampfgeist eines Nordmannes geschuldet, sondern auch der Fähigkeit, all seine sexuellen Begegnungen mit einem Schulterzucken und einem schiefen Grinsen abzutun.

      Einzig und allein die Tatsache, dass Derrick ihn umbringen würde, sobald er wieder ein Mensch war, sorgte dafür, dass er an diesem Morgen einen Stein im Magen hatte.

      »Hattet ihr Spaß gestern Nacht?« Die plötzlich erklingende Stimme des Großkönigs riss Vynsu aus seinen Gedanken. Natürlich war er mit allem im Bilde, vermutlich hatten seine Spione Vynsu beobachtet, oder der Krieger von heute Morgen hatte ihm mitgeteilt, dass er sie zusammen erwischt hatte.

      Über die gekerbte Tischplatte hinweg sahen sich Desith und Vynsu in die Augen, der Kerzenschein spiegelte in Desiths Iriden und sein Mund – wohlbemerkt seitjeher formvollendete und wahrlich sündhafte Schönheit – verzog sich zu einem schelmischen Schmunzeln. »Es war annehmbar.«

      Annehmbar. Vynsu ließ nur ein Schauben verlauten und griff nach seinem Met. Desiths vor Wonne zuckende Pforte hatte sich angefühlt, als wäre es mehr als nur annehmbar, seinen harten Phallus in sich zu spüren.

      Vynsu fühlte die kalten Augen seines Onkels, die zwischen ihnen hin und her blickten und verkniff sich jeglichen Kommentar. Er hatte es nicht nötig, sich zu rechtfertigen, er wusste, das Desith, Spielchen mit ihm treiben wollte. Er gab diesem keinen Zündstoff für neues Feuer.

      »Es ist mir gleich«, sagte der Großkönig trocken, »was ihr, oder was ihr nicht, in euren Nächten treibt. Aber wenn Derrick sich weigert, ein durchgerammeltes Stück Fleisch zu ehelichen, werde ich Vynsu kastrieren müssen wie einen räudigen Köter.«

      »Wetzt Euer Messer noch nicht, Onkel«, warf Vynsu gelassen ein, »es kommt nicht wieder vor.«

      Desith sah ihn mit schiefgelegtem Kopf an, in seinen Augen stand eine so deutliche Frage, dass man sie fast hören konnte. »Warum ist er so scheiße zu dir?«, schien er zu fragen. Aber Vynsu ignorierte das und hob den Becher an die Lippen.

      Der Großkönig betrachtete ihn eingehend, schien mit Vynsus Gleichgültigkeit aber zufrieden und fuhr mit seiner dunklen, rauen Stimme fort: »Derrick wird sich zurückverwandeln und dann darf einer Vermählung und einem Bündnis mit dem Kaiserreich nichts im Wege stehen.«

      Vynsu betrachtete Desith, aus dessen Augen jeglicher Glanz wich, sein Gesicht wurde hart.

      »Ich werde mich nicht wie eine Hure mit Rick vermählen lassen«, zischte er trotzig und wagte es, den Großkönig dabei wütend anzublicken.

      Ein Magenbrodeln kündigte sich in Vynsus Innerstem an, er erlaubte sich keinen Zwischenruf.

      »Seltsam«, der Großkönig gab sich trügerisch gelassen, »dabei hast du dich doch auch wie eine Hure von ihm besteigen lassen. Es erschließt sich mir nicht, warum das jetzt ein Problem darstellt.«

      Desith presste durch die Zähne: »Es ist meine Angelegenheit, bei wem ich wie und wann und wie oft liege. Ob Prinz, ob Prinzessin, ob Bauer, ob Bettler, Rind oder Ziege, ich besteige, was ich will. Aber ich vermähle mich deshalb nicht gleich mit allem, was mir vor die Schwanzspitze läuft.«

      »Nein«, stimmte Melecay zu und kaute genüsslich auf seinem Brot, »lass dich nur weichrammeln, von wem du willst, Junge, aber wenn ich sage, du wirst dich mit einem von meinem Volk vermählen, dann wirst du das tun, denn ich bin dein König, und du wirst mir Gehorsam leisten! Davon abgesehen hast du einen Treueeid geleistet, bist aber vor sieben Jahren weggegangen. Man nennt das desertiert. Die Vermählung mit Derrick ist das Einzige, was dich vor dem Schafott rettet.«

      Desith sah ihn derart ungläubig an, als hätte der Großkönig ihm offenbart, dass er gedenke, sich mit dem Kaiser zu vermählen. »Ich war wegen Rick sieben verdammte Jahre in diesem Höllendschungel! Desertiert? Wie kann ich desertiert sein, wenn ich bei Rick war, dem allein meine Treue gehörte?«

      »Du schworst mir die Treue, nicht Rick. Mein Sohn war ein freier Mann, du hingegen hast deine Pflicht verkannt«, sprach der Großkönig völlig ruhig und von sich selbst überzeugt. »Du wirst Derrick heiraten oder als Deserteur abgeführt. Eine andere Wahl bleibt dir nicht.«

      Der Tisch wackelte, als Desith von seinem Stuhl sprang, polternd fiel die Sitzmöglichkeit um. Mit aufgeblähten Nasenflügeln und zu Fäusten geballten Händen starrte Desith den Großkönig an.

      »Setzt dich«, sagte Melecay gelassen und schaute mit einem leichten Lächeln zu ihm auf, »du machst dich lächerlich.«

      »Ihr könnt mich nicht zwingen, einen Drachen zu ehelichen, der gar nicht hier sein will und für den ich nur eine Vorspeise bin!«

      Der Großkönig