Название | Zement |
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Автор произведения | Fjodor Gladkow |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783754938942 |
„Tretet zurück, Genossen! Macht dem Genossen Tschumalow Platz! Er hat für uns in der Roten Armee gekämpft. Und da er ein Arbeiter unserer großartigen Fabrik ist, müssen wir ihn überall mit der Hand an der Mütze grüßen. Hätte der Genosse Tschumalow nicht faktisch gelitten, wäre er nicht über die ,Grünen' zur Roten Armee gegangen und so weiter, dann hätten vielleicht viele nicht den Schritt getan, in die Reihen der KPR einzutreten. Jetzt wisst ihr's, Genossen, was der Genosse Tschumalow für uns bedeutet."
Erneutes Stimmengewirr, Zurufe von allen Seiten. „Noch mal heil davongekommen, Freundchen? Gut so. Hier kannst du dich jetzt erholen. Willst dich doch erholen, nicht? Ist ja sowieso alles flötengegangen."
Gromada aber schwang seine knochigen Arme und schrie mit überschnappender, krächzender Stimme: „Genossen, wir alle, die Arbeiterklasse, wir kämpfen darum, die Produktion zu meistern, aber Schmach und Schande, Genossen, was für Panikmacher wir sind. Wir haben an den Fronten gesiegt und alles liquidiert, und da sollen wir nicht die Kraft haben, wieder eine richtige Arbeit anzupacken?"
Gleb schwieg, er sah in die von Typhus gezeichneten Gesichter der Arbeiter, sah auf den ausgemergelten Gromada (russ.: Riese, Ungetüm), den kleinen Mann mit dem großen Namen, der eben so große Worte von sich gab, und auf den buckligen Loschak und empfand wieder schmerzlich, dass er auch hier nicht die Wärme und Herzlichkeit fand, von der er unterwegs die ganze Zeit geträumt hatte. Seine Ankunft war wohl für alle eine Überraschung, aber hinter ihrem Lächeln und Zurufen fühlte er Kälte und Entfremdung. Die Menschen schienen restlos ausgeglüht, ein für allemal erkaltet. Selbst in Gromadas Ausbrüchen lag etwas Gequältes, bis zur Lächerlichkeit Überspanntes, als bemühe er sich, um jeden Preis leidenschaftlich zu sein. In gewisser Weise ähnelten alle diese Leute Brynsa und Dascha. Aber vielleicht kam ihm das nur so vor, weil das eigentümliche Wiedersehen mit Dascha ihn so verstimmt hatte?
„Ja, Freunde, ihr habt hier keine Fabrik, sondern einen Schutthaufen. Was habt ihr bloß gemacht, Kumpels? Unsereins hat immerhin so etwas wie gekämpft, und ihr — was habt ihr vollbracht? Ist euch nichts Gescheiteres eingefallen als Ziegen und Feuerzeuge?"
In den hinteren Reihen lachte jemand heiser auf. „Wenn wir uns hier nicht drangehalten hätten, hol's der Geier, dann wären wir längst alle wie die Fliegen krepiert. So wichtig ist die Fabrik nun auch wieder nicht!"
Dieses Lachen und diese nüchternen Worte schmetterten Gleb nieder: sie enthielten jene Alltagswahrheit, die jeden Träumer umwerfen kann. War dies nicht auch der Grund, warum der Fanatiker Gromada mit seinem Enthusiasmus sich so lächerlich und gottserbärmlich ausnahm inmitten dieser groben, hungrigen Leute? Das bösartige Lachen, die Missachtung gegenüber ihrer Fabrik, gegenüber sich selbst und ihrer Pflicht als Arbeiter machten Gleb rasend. Er suchte sich zu beherrschen, musterte die Arbeiter, und das Blut stieg ihm zu Kopf.
„Na und? Dann wärt ihr eben krepiert, aber das Werk hättet ihr in Ordnung halten müssen. Man kann doch nicht sein eigenes Gut zerstören und sich selbst ausplündern."
„Hoho, das Lied kennen wir, damit haben uns schon ganz andere in den Ohren gelegen!"
Loschak schlug gleichmütig nach einer Fliege, die sich auf seine Stirn setzen wollte, und sagte mit seinem tiefen Bass: „Gut, dass du wieder im Werk bist, Tschumalow. Wird sich auch für dich Arbeit finden. Werden das Kind schon schaukeln."
Gromada stierte Gleb mit brennenden Augen ins Gesicht und setzte immer wieder zum Sprechen an. Große Worte lagen ihm auf der Zunge, Worte, die er jedoch nicht bewältigen konnte.
Gleb nahm den Helm ab, legte ihn auf den Tisch und lächelte verlegen. In seinen Augen aber glomm noch die Wut.
„Da bin ich nun nach Hause gekommen, aber meine Frau hat nicht einmal ein liebes Wort für mich. Heutzutage erkennt man die eigene Frau nicht wieder. Alles ist zum Teufel. Trag mich wegen der Karten ein, Loschak, für Kantinenessen und Brot."
Die Arbeiter kamen in Bewegung, ihre Mienen hellten sich auf.
„Siehst du! Predigen kann jeder, aber der Bauch will essen. So ist's recht — bist unser Mann. Damit hättest du gleich anfangen sollen. Wer unter die Wölfe fällt, muss mit den Wölfen heulen. Der Bauch will eben essen."
Gromada redete hitzig auf die Arbeiter ein: „Genossen, Tschumalow ist doch einer von uns, gehört doch zu uns. Er hat an der Front gekämpft und so weiter ..." „Das ist ja auch unsere Rede. Der Bauch will essen."
Gleb stand auf und überflog die staubgraue Menge mit ruhigem Blick. Diese fast hölzerne Ruhe hatte etwas Verzweifeltes und gleichzeitig Bedrohliches. „Genossen! Was wollt ihr mir eigentlich beweisen? Der Bauch hat gar nichts damit zu tun. Den Bauch soll der Teufel holen. Einen Kopf muss man auf den Schultern haben. Ihr aber habt euren Kopf verloren, denkt nur noch an euer bisschen Leben — ihr seid ja keine Arbeiter mehr! Mich kriegt ihr so schnell nicht unter. Bitte schön, schreit, soviel ihr wollt, schimpft mich einen Bauch oder sonst was — mich trifft das nicht. Ich habe euch noch nichts weggegessen. Aber ich schäme mich für euch. Eine solche Zersetzung ist schlimmer als Verrat. Ihr seid ja verrückt geworden, Genossen. Gut, ich bin gerade erst zurückgekommen ... Aber wohin bin ich denn gekommen? Nach Hause doch! Glaubt ihr, ich werde jetzt herumfaulenzen wie ihr? Nein, Herrschaften — ich werde kämpfen, was meine Kräfte hergeben. Ihr habt gedacht, ich sei verreckt? Irrtum — ich habe gekämpft und werde weiter kämpfen. Die Partei und die Armee haben mir befohlen: Geh zurück in dein Werk und schlage dich dort für den Sozialismus, wie du es an der Front getan hast."
Die Arbeiter blinzelten verwirrt und traten von einem Fuß auf den anderen.
„Bring Schwung in die Sache, Gleb, ganz meine Meinung. Recht hast du. Und mein Buckel wird's schon aushalten. Sehr recht!"
Gromada lachte, lief vor dem Tisch auf und ab und glühte wie im Fieber.
Durchs Fenster sah man einen würdigen alten Herrn mit silbergrauem Bart den zementierten Pfad heraufkommen, er ging vornübergebeugt und stützte sich schwer auf seinen Stock. Ingenieur Kleist! Wieder kreuzte er Glebs Weg — wie damals, in den Tagen des weißen Terrors. Hinauslaufen und vor ihn hintreten, Auge in Auge — das müsste jetzt gut tun. Der Alte wäre sicher zu Tode erschrocken.
II. Das rote Kopftuch
Der erloschene Herd
Tagsüber blieb Gleb zu Hause. Das verwahrloste Zimmer mit dem staubigen Fenster (selbst die Fliegen mieden es) und dem ungescheuerten Fußboden stieß ihn ab und beengte ihm die Brust. Gegen Abend schienen die Wände noch näher zusammenzurücken, und die Luft wurde noch stickiger.
Gleb irrte auf dem Werkgelände umher, stieg zu den Steinbrüchen voller Gestrüpp und Unkraut hinauf und fühlte sich hinterher immer wie zerschlagen.
Erst in der Nacht kehrte er heim. Dascha empfing ihn nicht wie in früheren Jahren.
Damals war das Zimmer freundlich und behaglich gewesen. An den Scheiben hatten sich die Mullgardinen gebauscht, und auf dem Fensterbrett leuchteten bunte Topfblumen.
Der gestrichene Fußboden hatte wie ein Spiegel geglänzt, das weißbezogene Bett sich weich gewölbt, ein duftiges Tischtuch zärtlich zum Bleiben eingeladen. Der Samowar hatte gesummt und das Teegeschirr leise geklirrt. Hier hatte einst Dascha gelebt, hatte gesungen, geseufzt, gelacht, von morgen geredet und mit der kleinen Njurka gespielt.
Der Gedanke tat weh, dass es dies alles einmal gegeben hatte. Jetzt verursachte der Anblick desselben Heimes voll Dreck und Schimmel Übelkeit.
Wie gewöhnlich kam Dascha erst nach Mitternacht.
Trübe brannte die blakende Petroleumlampe, und die Milchglasglocke am rußgeschwärzten Draht schwebte wie eine erfrorene Blume in der Luft.
Gleb lag auf dem Bett und beobachtete Dascha unter den Wimpern hervor.
Nein, das war nicht die Dascha von früher — jene Dascha war tot. Vor ihm stand eine ganz andere Frau, mit braungebranntem Gesicht und eigenwilligem Kinn. Das rote Tuch umloderte