Mörderwelt. Wolfgang Quest

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Название Mörderwelt
Автор произведения Wolfgang Quest
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753193342



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fort.

      „Pressesprecher Lambert hat uns einen freundlichen Tipp gegeben. Wir sollen bloß nicht auf die Idee kommen,

      Aufnahmen vom Tatort zu verwenden.“

      „Von dem Zimmer haben wir gar keine Aufnahmen.“

      „Und wieso nicht?“, rutschte es Krohnke heraus. Der Reflex des alten Jagdhundes.

      „Sie meinen, wir hätten im Zimmer drehen sollen?“

      „Ach, Quatsch, ich meinte … was habt ihr denn gedreht?“ „Hotel außen und Statement vom Lambert.“

      „Aber vorher waren Sie im Hotelzimmer, das steht ja nun mal fest. Trotz der Absperrung. Das kann Sie teuer zu stehen kommen. Beschädigen eines Dienstsiegels.

      Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr.“

      Paulsen war nicht in Stimmung für Rededuelle, aber Krohnke ließ sich am ehesten mit frechen Antworten beeindrucken.

      „Juckt mich nicht“, sagte Paulsen.

      „Mich allerdings auch nicht. Wäre vielleicht gar nicht schlecht, wenn Sie mal ’ne Zeitlang aus dem Verkehr gezogen würden. Dann könnten Sie sich mal in Ruhe besinnen.“ Er lachte, stand auf und blickte auf die Straße, wo ein Polizeiwagen mit Geheul vorbeiraste.

      „Obwohl ich bezweifle, dass ein Resozialisierungsversuch bei Ihnen Erfolg hätte.“

      Paulsen belohnte Krohnkes Scherz mit einem Lächeln.

      „Wenn Sie es genau wissen wollen: Ich bin reingelegt worden.“

      Krohnke setzte sich wieder. „Sie? Wo Sie doch sonst immer so gewitzt sein wollen?“

      „Im Ernst. Ich weiß nicht, was in der Absteige für ein

      Spiel getrieben wird, aber ich gehe davon aus, es war kein Zufall, dass sein Angestellter mich in das Mordzimmer hat rennen lassen. Keine Ahnung, warum er mich reinlegen wollte, ich weiß nur eins: Wir sollten der Sache nachgehen.“

      „So, meinen Sie? Jetzt sag ich Ihnen mal, was ich meine.

      Wegen Ihnen haben wir schon Ärger genug am Hals. Ich will von dem Mist nichts mehr hören.“

      „Ich bin überrumpelt worden und will herausfinden warum.“

      „Wir bezahlen Sie nicht als Hobby-Detektiv.“

      Paulsen kannte Krohnke lange genug und wusste, er durfte jetzt nicht klein beigeben. Krohnke war aus hartem Holz geschnitzt, aber von ganzem Herzen Reporter, jederzeit bereit, für eine gute Story Kopf und Kragen zu riskieren. „Ich habe den Geruch von Trüffeln in der Nase“, lockte Paulsen ihn.

      „Pilze sammeln können Sie in Ihrer Freizeit.“

      „Ich rede von Trüffeln, um die uns alle anderen beneiden werden.“

      „Klingt nach einem Ihrer berüchtigten investigativen

      Anfälle.“

      „Ich sag nur: Quotenhit.“

      „Ja, ja.“ Krohnke winkte ab. „Mit Speck fängt man Mäuse.“ „Geben Sie mir ’ne Chance.“

      „Wie ich Ihre Anfälle so kenne, haben Sie auch schon eine

      Idee.“

      „Wenn das okay heißen soll, verrate ich Sie Ihnen: Laut

      Polizei stammt das Mädchen aus Nigeria.“

      „Ja und?“

      „Wieso wohnte sie in einem Hotel?“

      „Was weiß ich, vielleicht auf Urlaubsreise.“

      „Mit achtzehn Jahren und ohne einen Cent in der Tasche?“

      In Krohnkes Augen erschien ein verträumter Blick. „Früher sind wir auch ohne einen Pfennig losgetrampt. Isomatte gepackt und –“

      „Und unter Brücken geschlafen, ich weiß.“

      „Jawohl, unter Brücken geschlafen.“ Krohnke war eingeschnappt. „Haben Sie sonst noch was Spektakuläres auf der Pfanne?“

      „Ja, der angebliche Hoteldetektiv. Ein dubioser Typ. Dem sollten wir als erstes auf den Zahn fühlen.“

      „Das wird die Polizei schon machen. Dafür ist sie ja da.“

      „Wir könnten schneller sein.“

      Krohnke starrte aus dem Fenster und schien zu überlegen.

      Paulsen legte nach. „Ich habe nämlich nicht nur eine Idee, sondern auch schon einen Plan. Könnte fast von Ihnen sein.“

      „Das werde ich eidesstattlich bestreiten.“

      „Lassen Sie sich überraschen.“

      Krohnke setzte sich, nahm die Computermaus und klickte auf dem Bildschirm herum.

      „Verdammt, ich glaube, ich werde alt und milde. Ich gebe Ihnen eine Woche, Paulsen. Aber wenn Sie bis dahin nicht mit was Brauchbarem angetanzt kommen, wird es ungemütlich für Sie, ist das klar?“

      „Habe ich Sie schon jemals enttäuscht?“

      „Hauen Sie ab, bevor ich anfange, ernsthaft darüber nachzudenken.“

      Krohnke hackte mit zwei Fingern in die Tasten, als spiele er ‚Hänschen klein‘ auf einem Keyboard.

      Als Paulsen am nächsten Morgen zur Prärieblume kam, hockte hinter der Rezeption ein schnauzbärtiger Jüngling in dunklem Kapuzen-Shirt. Mit bleichem Gesicht und geröteten Augen verfolgte er auf dem Computerbildschirm ein Videospiel und fummelte zur gleichen Zeit an einem iPod herum. Auf dem Namensschild stand: Tilman Aschhoff, Nachtportier.

      Paulsen fragte nach Baranoff.

      „Hä?“

      Paulsen deutete auf die Stöpsel in seinen Ohren. Aschhoff nahm sie heraus und musterte ihn wie einen lästigen Eindringling. Paulsen wiederholte seine Frage, und Aschhoff ließ sich zu einer Antwort herab.

      „Dritte Etage, linke Hand, letztes Zimmer“. Mit mürrischer Miene stöpselte er die Ohren wieder zu.

      Paulsen nahm das Treppenhaus. Hier war vom Western-Stil nicht mehr viel zu sehen, die Wände waren mit Holz imitierender Tapete beklebt, als sei dem Hotelbesitzer das Geld für Historisches ausgegangen.

      Im dritten Stock klopfte Paulsen an die Tür mit dem Schild Detektivbüro Baranoff. Keine Reaktion. Er versuchte es noch mal dezent, dann hämmerte er mit der Faust. Von drinnen Poltern, Fluchen und schlurfende Schritte, die Tür öffnete sich einen Spalt, und Baranoffs aufgedunsenes Katergesicht blickte ihn an.

      „Was wollen Sie?“

      „Ein paar Takte reden.“

      „Dann kommen Sie zu meinen Bürozeiten.“

      Baranoff zog die Tür zu. Im letzten Moment stellte Paulsen den Fuß dazwischen.

      „Ich scheiße auf Ihre Bürozeiten.“

      „Die Haxen weg!“

      Baranoff trat nach Paulsens Fuß. Paulsen drückte mit dem Ellenbogen gegen die Tür und versuchte, sich hineinzuzwängen.

      „Ich lasse mich nicht gerne reinlegen.“

      Baranoff ließ die Tür los und schaute sich um, als suche er etwas, mit dem er Paulsen eins über den Schädel ziehen könnte. Er fand nichts Geeignetes.

      „Was wollen Sie? Kommen hier mir nichts, dir nichts reingeschneit … “

      „Wegen Ihnen habe ich womöglich eine Anzeige am Hals. Was sollte die Tour mit dem Zimmer?“

      Baranoff spielte den Empörten. „Ich habe gesagt, Sie sollen schon mal vorgehen, und nicht, dass Sie einbrechen sollen.“ Dabei sah er Paulsen frech in die Augen.

      Paulsen trat auf ihn zu, als